Das ist nicht der Grund, warum wir diesen Gesetzentwurf ablehnen werden. Vielmehr bleibt es dabei: Ein Gesetzentwurf über die Betreuung behinderter und nicht behinderter Kinder, mit dem im Zeitalter der UN-Behindertenrechtskonvention keine Standards gesetzt werden, kann unsere Zustimmung nicht finden.
Ich will einige letzte Sätze zur Tagespflege sagen. Wir haben uns darüber während einer Ausschusssitzung ausgetauscht. Liebe Kollegin, auch das ist wie irgendetwas als eine Ausrede sehr erkennbar. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass Sie das zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht wollen.
Das bleibt auf Wiedervorlage für Ende nächsten Jahres. Man sieht sich immer zweimal. Das gilt auch hinsichtlich dieser Frage. Bei dieser Frage sind es sogar ein paar Mal mehr.
Herr Kollege Merz, danke. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Rock für die FDP-Fraktion. Herr Kollege, bitte sehr, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gerade eben zwei konträre Positionen gehört. Ich möchte hier meine Position nicht noch einmal wiederholen, die ich schon in der zweiten Lesung vorgetragen habe. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
Es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein, dass wir über diesen Bereich gesprochen haben. Spätestens nächstes Jahr wird die nächste Debatte auf uns zukommen. Dann werden wir uns mit den Details weiter befassen können.
Uns geht es darum, diesen Befriedungsprozess, der zwischen der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, den Kommunalen Spitzenverbänden, den Kommunen und dem Land Hessen jetzt hergestellt worden ist, mitzutragen, auch wenn wir unsere Kritik geäußert haben. Das alles habe ich bereits während der zweiten Lesung ausgeführt. Das möchte ich hier nicht wiederholen. Wir werden diesen Gesetzentwurf mittragen. – Vielen Dank.
Herr Kollege Rock, vielen Dank. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE. Frau Kollegin, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich auf einen einzigen Punkt beschränken. Denn alles andere wurde hinlänglich ausgeführt.
Eine Regierung und die sie tragenden Fraktionen müssen natürlich von dem, was sie tun, überzeugt sein.
Eine Regierung und die sie tragenden Fraktionen müssen auch glauben, dass sie genau wissen, was gut und richtig für dieses Land ist. So weit ist das auch nachvollziehbar. Dass Sie aber die Arroganz besitzen, es für komplett ausgeschlossen zu halten, dass auch andere Menschen in diesem Land klar denken können, Fehler und Schwächen anderer sehen können und Formulierungen finden können, die wichtig, richtig und hilfreich sind, die von den handelnden Personen draußen im Land geteilt werden, dass Sie dazu nicht in der Lage sind, ist für mich eine Schwäche.
Es ist die Schwäche, die daraus resultiert, dass es in dieser Regierung offensichtlich keine Souveränität gibt. Denn wenn diese Regierung souverän wäre, wäre sie in der Lage, zu erkennen, dass es eine ganz kleine Stelle ist, um die es geht, nämlich dass man die Tagesmütter und die Tagespflege behinderter Kinder mit der der Kinder in den Kitas gleichstellt.
Da kann man doch sagen: Okay, es ist sehr sinnvoll, an dieser Stelle hier und heute nachzubessern. – Meine Damen und Herren, nicht einmal dazu sind Sie in der Lage.
Für mich ist das das Gegenteil von Stärke und das Gegenteil von Souveränität. Das ist das Demonstrieren von Macht, selbst wenn es komplett sinnlos ist und selbst wenn es den Menschen schadet. Es hilft den Kindern, den Tagesmüttern und den Eltern dieser Kinder nicht weiter.
Das ist stures Verharren, weil es Ihnen nicht rechtzeitig genug eingefallen ist. Sie haben es auch nicht geschafft, das rechtzeitig genug zu ändern, nachdem die Kritik kam.
Ich finde, das ist schlichtweg unterirdisch. Machen Sie eine solche Regierungspolitik. Die Menschen im Land werden das hoffentlich erfahren.
Frau Kollegin Schott, danke. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Herr Kollege, bitte, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn der Gesetzentwurf eine Mehrheit erlangt, wird er heute in dritter Lesung zum Gesetz erhoben werden. Damit wird es eine finanzielle Absicherung der Betreuung der Kinder mit Behinderungen geben. Damit wird zukünftig auch eine gemeinsame Betreuung der behinderten und nicht behinderten Kinder auf qualitativ hohem Niveau möglich werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist das heute ein guter Tag für die Kinderbetreuung in Hessen.
Das Kinderförderungsgesetz trat zum 1. Januar 2014 in Kraft. Das darf ich vielleicht noch einmal zur Erinnerung sagen. Unserer Meinung nach hatte es ein großes Defizit. Die Absicherung der Qualität der Betreuung der Kinder mit Behinderungen war nur unzureichend bedacht. Wir alle hier in diesem Raum wissen, dass es hartnäckigste Verhandlungen über eine Rahmenvereinbarung zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege gab, die sich nicht auf ein Betreuungsverfahren und eine weitere Rahmenvereinbarung einigen konnten.
Das wurde dann möglich, als das Land gesagt hat: Das ist ein unsäglicher Stillstand und ein unsäglicher Streit. Deshalb wird das Land Hessen 10 Millionen € zur Verfügung stellen, damit Kinder mit Behinderungen auch in Zukunft ohne Probleme weiterhin in Einrichtungen betreut werden können. – Was, bitte schön, kann man dagegen haben?
(Beifall der Abg. Mathias Wagner (Taunus) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)
Weil wir nur hinsichtlich dieses Punktes die bisher bestehende freiwillige Verordnung in einen Gesetzestext gießen, ist das der richtige Schritt. Genau nur darum geht es heute. Wir werden damit eine gesetzliche Absicherung vollziehen. Das ist richtig, das ist wichtig.
Alle andere Kritik an dem Kinderförderungsgesetz, die der Kollege Merz unter anderem weitschweifig versucht hat ins Feld zu führen, wird an dem Tag diskutiert werden, an dem die wissenschaftliche Evaluation vorliegen wird, die begonnen wurde und die auf einem guten Weg ist. Wenn sie vorliegt, werden wir darüber reden, was wir nachzusteuern haben, sofern sich das anbietet.
Herr Kollege Merz hat erhobenen Hauptes gesagt, man sehe sich immer zweimal, wenn nicht sogar öfter. Herr Merz, wir haben uns schon zweimal gesehen. Wir sahen uns nämlich schon beim Betreuungsgipfel. Jede und jeder, der dabei anwesend war, muss doch konstatieren, dass von den alten Grabenkämpfen nicht mehr viel übrig geblieben ist. Vielmehr haben wir dort einen sachlichen diskursiven Austausch geführt, so wie wir ihn, Herr Gremmels, mit ganz vielen Gruppen an ganz vielen runden Tischen führen.
Dort sitzen die Interessenvertreter, die ihre Interessen einbringen. Sie kritisieren, sie loben. Im Kern sind sie zufrieden. Alle sagen unisono: Seit September 2015 haben alle auf die Bestimmungen des KiföG umgestellt. Nach eineinhalb Jahren gibt es immer noch keine Schließungen.
Katastrophenmeldungen haben wir immer noch nicht. Aber wir haben Verbesserungswünsche. Dazu sagen wir von der CDU und den GRÜNEN in unserer Koalitionsvereinbarung: Wenn es zu großen Verwerfungen kommen und sich die Sorge der GRÜNEN bewahrheiten sollte, dass im ländlichen Raum kleingruppige Einrichtungen gefährdet sind, ist die Koalition bereit, nachzusteuern – aber erst, nachdem die Evaluation beendet ist, die sich auf Befragungen von Betroffenen und Einrichtungen stützt. Die Ergebnisse der Befragung trudeln langsam ein. Von Katastrophenmeldungen sind wir weit entfernt. Dennoch konstatieren wir alle – vom Minister über die GRÜNEN bis zur CDU –: Wenn es
weitere nachvollziehbare Kritik gibt, werden wir selbstverständlich nachsteuern. – Sie von der Opposition, gerade Sie, Herr Merz: Kommen Sie doch endlich von Ihrem Baum herunter und hören Sie auf, so zu tun, als ob alles noch so wäre wie im Jahre 2012.
Wir sind nicht mehr im Jahre 2012, wir sind im Jahre 2015. Vieles wurde inzwischen verbessert, und heute wird ein weiteres Mal etwas verbessert, nämlich die Betreuung von behinderten Kindern. Das ist richtig und wichtig. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Als nächster Redner spricht Herr Staatsminister Grüttner für die Landesregierung. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der ersten und zweiten Lesung sind die Argumente und die Vorstellungen der Hessischen Landesregierung dargelegt worden. Deswegen will ich sie an dieser Stelle nicht wiederholen, sondern versuchen, noch einmal zu verdeutlichen, warum wir so lange gebraucht haben, um einen solchen Gesetzesentwurf vorzulegen. Als Zweites möchte ich etwas zu der Tagespflege sagen.
Vorab will ich aber richtigstellen, was Herr Kollege Merz eben gesagt hat. Es lag nicht daran, dass es ein Kinderförderungsgesetz gab. Sie haben zu uns gesagt, wir lösen ein Problem, das wir durch das Kinderförderungsgesetz selbst geschaffen haben. Das würde bedeuten, dass allein die kinderbezogene Förderung und die Abschaffung der gruppenbezogenen Förderung das Problem beinhaltete.
Aber Sie wissen doch besser, dass das nicht stimmt. Das Problem ist durch den Rechtsanspruch für Kinder unter drei Jahren entstanden. Die Rahmenvereinbarung, die die Kommunalen Spitzenverbände und die Liga abgeschlossen hatten, umfasste nur die Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen. Der Punkt war, wie der Rechtsanspruch für unter Dreijährige in den Kindertagesstätten umgesetzt wird.
Das eigentliche Problem dabei war, um das noch einmal in der Vergangenheit zu sagen – ich muss jetzt aufpassen, wie ich es formuliere –: Ich finde es ausgesprochen bedenklich, dass sich die Träger der Wohlfahrtspflege und Kommunen über ein Jahr lang nicht einigen konnten. Dies betraf nicht nur die Ergänzung und Fortschreibung der Rahmenvereinbarung, die einseitig durch einen Kommunalen Spitzenverband gekündigt wurde, sondern gleichzeitig auch die Ergänzung für die Kinder unter drei Jahren. Dabei hat man letztendlich mit der Angst der Eltern gespielt, die zukünftig ihre Kinder in Kindertagesstätten betreuen lassen. Erst das Land hat es erreicht – durch die Bereitstellung einer Fördersumme von 10 Millionen €, verbunden mit der Forderung, dass diese nur ausbezahlt werden, wenn sich die Beteiligten auf ihre Verantwortung besinnen und die Rahmenvereinbarung verändern und abschließen –, dass sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt etwas bewegt hat. Das war das Problem. Wir haben es für die Kommunen und die Li
ga gelöst. Aber vor allem haben wir es für die Eltern von Kindern mit Behinderungen gelöst. Das ist der entscheidende Punkt.
Der zweite, ebenfalls bedenkliche Punkt ist – das haben wir in der Anhörung bemerkt –, dass sich die Vertragspartner länger als ein halbes Jahr nicht darüber einig werden konnten, wie sie die 10 Millionen € erhalten. Ich bitte Sie. Das habe ich überhaupt nicht verstanden. Wenn ich für die Weiterleitung von 10 Millionen € zuständig wäre, dann würde ich als Vertragspartner zunächst feststellen, dass es nicht mehr unser Geld ist. Wir müssten uns lediglich darüber einigen, wie wir es bekommen. Dazu waren die Vertragspartner nicht in der Lage. Wir haben versucht, den Kompromiss, der jetzt in diesem Gesetz festgelegt wurde, moderierend zu erreichen.
An der Stelle muss man sagen: Irgendwann muss man den Knoten einmal durchschlagen, und er ist mit diesem Kompromiss durchschlagen worden. Wir haben aber immer gesagt, wir beobachten das und sind gerne bereit, nachzusteuern, wenn es notwendig ist.
Unter dem Strich haben wir endlich Sicherheit für Eltern mit behinderten Kindern dadurch erreicht, dass sowohl für die unter als auch die über Dreijährigen eine qualitativ gute Betreuung in Kindertagesstätten gesichert ist. Das wird durch dieses Gesetz gewährleistet, und das ist eine gute Nachricht für die Eltern und die Kinder.
Die Förderung der Tagespflege ist überlegenswert. Herr Staatssekretär Dr. Dippel hat das in der zweiten Lesung bereits dargestellt. Aber Ihnen ist bekannt: Die Qualitätsstandards in der Tagespflege im Hinblick auf die Qualifizierung der Betreuungspersonen, die Anzahl der betreuten Kinder und vieles andere mehr werden von den Jugendämtern festgelegt. Wir geben nur den Rahmen vor. Deswegen kann man nicht einfach eine Umsetzung eines solchen Bereiches in die Tagepflege vornehmen, ohne vorher mit den Jugendämtern einmal über die Strukturen vor Ort gesprochen zu haben. Wir wissen doch alle, dass es Jugendämter gibt, die die Tagespflege forcieren, und solche, die die Tagespflege eher verhindern. Deswegen wäre es an dieser Stelle wichtig, zu einem Konsens mit den Jugendämtern über die Umsetzung zu kommen. Dafür hat schlicht und einfach die Zeit gefehlt. Die hat aber auch in den letzten drei Monaten gefehlt, zumal erst einmal von beiden Seiten Gesprächsbereitschaft vorhanden sein muss.
Das loten wir jetzt aus. Ich bin der Meinung, dass es ein überlegenswerter Vorschlag ist. Aber auch ein guter Vorschlag könnte sich ins Negative verkehren, wenn er nicht richtig umgesetzt wird. Unser Anspruch als Landesregierung ist es, gute Umsetzungen vorzunehmen. Mit diesem Gesetz, das heute zur Abstimmung steht, ist uns das sicher auch gelungen.