Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

(Beifall bei der FDP – Widerspruch des Abg. Micha- el Boddenberg (CDU))

Es mag sein, dass Sie das machen, dass das der neue Stil der Union ist. Wir gewöhnen uns auch erst langsam daran. Ich habe aber auch das Gefühl, dass sich der eine oder andere in Ihren Reihen erst langsam daran gewöhnen muss, was Schwarz-Grün alles für Opfer auf der schwarzen Seite erfordert.

Drittens. Man fördert das Wachstum dieser Institution. Deshalb haben wir nämlich den Frankfurter Flughafen ausgebaut. Ich habe bei der einen oder anderen Diskussion in diesem Hause das Gefühl, dass die Union mittlerweile nicht mehr weiß, warum wir überhaupt diese Debatte, den Streit mit den Menschen in der Region ausfechten mussten, warum wir darüber diskutieren mussten, warum dieser Flughafenausbau notwendig war, warum damals Roland Koch mutig nach vorne gegangen ist. Die FDP war die Erste, die das Ganze gemacht hat. Roland Koch hatte als Ministerpräsident gemeinsam mit den Liberalen den Mut, voranzumarschieren.

Warum haben wir das gemacht? – Weil wir wissen, dass nur das Wachstum dieses wichtigen Infrastrukturprojektes in unserem Land Arbeitsplätze auch in Zukunft sichert und dafür sorgt, dass weitere Arbeitsplätze hinzukommen. Von dieser Position ist die Union mittlerweile weit entfernt. Davon ist nichts mehr übrig.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Boddenberg, wo sind denn die Argumente, dass der Frankfurter Flughafen im internationalen Wettbewerb steht, wie ich es noch im Wahlkampf von Unionsvertretern gehört habe, dass wir uns mit Istanbul, mit Middle East, mit Flughäfen in ganz Europa messen müssen? Sie sprechen nur über die Frage, was den Fluggesellschaften noch obendrauf in den Rucksack gepackt werden kann.

Die Frage, wie wir dieses wichtige Infrastrukturprojekt fördern können, spielt bei Ihnen keine Rolle mehr. Sie haben sich mittlerweile komplett von der Frage der Unterstützung für den Frankfurter Flughafen verabschiedet. Das ist die Position der hessischen Union.

(Beifall bei der FDP)

Stattdessen positioniert sich die Union mit Tatbeständen, die schon längst Realität sind. Kollege Boddenberg fordert in einem Interview, dass die Fluggesellschaften mehr in moderne und leisere Maschinen investieren.

(Günter Schork (CDU): Das ist doch richtig!)

Ich weiß nicht, ob Sie mit der neuen Legislaturperiode das eine oder andere, was wir gemeinsam gemacht haben, einfach über Bord geworfen haben. Aber Sie erinnern sich vielleicht, dass in der Vereinbarung „Allianz für mehr Lärmschutz“ als Punkt festgehalten ist, dass die Lufthansa 17 Milliarden € in neue Fluggeräte investiert – 17 Milliarden €. Das ist wesentlicher Tatbestand, den der Ministerpräsident damals gemeinsam mit den Fraktionen – Kollege Hahn, Herr Posch und andere – auf den Weg gebracht hat. 17 Milliarden € – das macht die Lufthansa.

Anstatt weiter zu fordern, dass da etwas passiert, wäre es richtig, wenn der Hessische Landtag sagte, dass wir es erstens für richtig halten, dass die Lufthansa so viel investiert, wir aber auch wissen, dass das aufgrund der hohen Belastungen, die für die Fluggesellschaften mittlerweise vorhanden sind, keine einfache Tat ist. Die Lufthansa muss sich dieses Geld aus den Rippen herausschwitzen. Es ist ein richtiger Schritt, das zu machen. Aber es ist nicht selbstverständlich, was Sie hier fordern, sehr verehrter Herr Kollege Boddenberg.

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Punkt. Sie fordern, dass lautere Maschinen höhere Gebühren haben sollen, also im Vergleich zu modernen Maschinen bestraft werden sollen. Fluglärmentgelte sind ein Tatbestand, den wir gemeinsam immer wieder auf Podiumsveranstaltungen diskutiert haben. Das ist insofern nicht neu. Die haben wir im letzten Jahr extra noch stärker auf den Weg gebracht. Denn wir wollen genau das, dass nämlich moderne Maschinen am Frankfurter Flughafen einen Vorteil finanzieller Art haben. Laute Maschinen sollen für die Fluggesellschaften teurer sein. Damit soll ein Incentive gesetzt werden, dass in Frankfurt gerade die leiseren Maschinen landen.

Denn wir wissen: Der technische Fortschritt kann eine Lösung für die Probleme der Menschen mit Lärmbelastung sein.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Augenwischerei!)

Das ist nichts Neues. Sie verkaufen alten Wein in neuen Schläuchen. Das ist zurzeit die Position der Union. Ich hätte mir gewünscht, wir würden auch etwas Neues erfahren.

(Beifall bei der FDP)

Ich komme jetzt zu dem, was in der Koalition das Spannende ist. Deshalb ist zu fragen: Was machen Sie gerade?

Ich habe das Gefühl, dass die hessische CDU immer da, wo ein Vertreter von ihr gerade redet – das gilt auch für den Herrn Ministerpräsidenten, der beim DGB war und von 8,50 € sprach; so schnell kann man, was das neue Vergabegesetz angeht, die FPD vergessen, wenn man mit den GRÜNEN regiert – –

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da kann man einmal klatschen!)

Ja, da kann man einmal klatschen. Mach das. – Ich halte es für grob falsch, so einen Mindestlohn in Hessen einzuführen. Ob es das Thema Windkraft ist, ob es das Thema Fluglärm ist, ich habe schon das Gefühl, dass die hessische Union in der Lage ist, vor Ort immer die Töne zu treffen, die notwendig sind, um das Gefühl der Menschen zu erreichen. Herr Ministerpräsident, ich bin sehr gespannt, ob Sie dann auch immer gleichzeitig in beide Richtungen handeln werden. Denn Sie sagen einmal das und einmal das. Ich bin wirklich auf das Ergebnis gespannt, was nach fünf Jahren zum Schluss bei diesem Thema steht. Da werden wir abrechnen.

Es gibt da eine zweite Frage. Schadet der Weg, den Sie gehen, dem Frankfurter Flughafen? Schadet er dieser wichtigen Institution? Was wird am Schluss eigentlich dabei herauskommen?

Das, was die GRÜNEN einmal in einem Gutachten zugrunde gelegt haben, ist das, was mir eigentlich Angst macht. Die GRÜNEN haben ein Gutachten in Auftrag gegeben – das ist vom 15. März 2013 –, bei dem es um die Frage geht, wie man sozusagen mehr Einfluss auf den Flughafen bekommen kann. Da steht:

Da die Fraport eine AG ist, sind hier die direkten Einflussmöglichkeiten der Aktionäre noch geringer.

Dass man dafür Geld bezahlen muss, wusste ich nicht. Das steht aber auf jedem Fall in diesem Gutachten.

Gleichwohl kann sich im Zuge geänderter politischer Verhältnisse und bei weiterer Zuspitzung der Konflikte mit der Umgebungsbevölkerung für die Fraport eine Situation ergeben, die es auch aus der Sicht des Vorstands selbst klug erscheinen lässt, durch Einschränkung der Nutzung der gesetzlichen Nacht für planmäßige Flugbewegungen ein höheres Einvernehmen mit der Umgebungsbevölkerung herzustellen. Ein entsprechendes Verfahren kann der Betreiber durch einen Planfeststellungsantrag auf Einschränkung der Zulässigkeit von Nachtflügen einleiten.

Das, was die GRÜNEN damit planen, ist, mehr Einfluss auf den Flughafen von innen und außen auszuüben. Das, was wir jetzt hier erleben – das ist es, was mich so stört –, ist, dass die Union dieser Politik die Hand reicht, die den Flughafen von innen und außen kaputt macht.

(Beifall bei der FDP)

Das wird mit dem Dringlichen Antrag, den Sie gestern vorgelegt haben, belegt. Dieser Antrag sieht etwas in Punkt 2 vor. Ich muss sagen, ich habe es zweimal lesen müssen. Da steht auch Fraktion der CDU Hessens darüber und nicht nur BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dieser Dringliche Antrag sieht vor – ich sage das jetzt einmal umgangssprachlich –, den Bau des Terminals 3 so lange auf Eis zu legen, bis Sie der Auffassung sind, die Koalition könnte mittlerweile auch mit dem Terminal 3 leben.

Dass der Landtag mittlerweile feststellt, dass privatwirtschaftliche Unternehmen in irgendeiner Form handeln müssen, sollte man grundsätzlich ablehnen. Es war auch einmal die Position der Union, dass wir keinen Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen. Auch von dieser Position haben Sie sich mittlerweile komplett abgewandt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mittlerweile sind Sie da kein Stück besser als andere.

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Beim Flughafen Kassel-Calden haben Sie damit auch keine Probleme!)

Frau Wissler, das ist das Problem. Wenn Sie schon der Meinung der Union sind, dann wissen wir, wo die CDU mittlerweile steht. Das ist das Problem.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der SPD)

Das ist das Problem, das wir hier im Lande haben. Soziale Marktwirtschaft sieht anders aus. Zum Abschluss meiner Rede kann ich nur sagen: Dieser Landtag wäre gut beraten, wenn er sich bei unternehmerischen Entscheidungen weiterhin zurückhalten würde. Man kann sehen, wie viel die öffentliche Hand schon in den Sand gesetzt hat.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Der Sozialismus droht von allen Seiten!)

Ich wage zu bezweifeln, dass Sie, die Mitglieder der CDU und der GRÜNEN, besser als der Vorstand der Fraport wissen, wie die Fraport zu handeln hat. Aber dass Sie Einfluss auf diese Institution, auf den Flughafenbetreiber, nehmen wollen, ist mittlerweile so offensichtlich wie nichts anderes. Das war unter Rot-Grün und Joschka Fischa auch nicht schlimmer. Deshalb sage ich: Da gibt es keinen Unterschied.

(Beifall bei der FDP)

Zum Abschluss will ich Folgendes sagen: Ich bin dafür dankbar, dass der amtierende Verkehrsminister gerade noch einmal klargestellt hat, dass die Luftaufsicht richtig handelt. Herr Kollege Al-Wazir, ich erwarte schon – das haben Sie gerade auch gemacht –, dass Sie sich, auch dann, wenn Herr Kaufmann gleich geredet hat, weiterhin vor die Luftaufsicht stellen. Denn es ist keine politische Opportunität, ob es Ausnahmen beim Nachtflugverbot gibt oder nicht. Das ist in diesem Land ein Rechtstatbestand. Wenn der Tatbestand erfüllt ist, gibt es eine Ausnahmegenehmigung. Da geht es nicht, dass Herr Kaufmann sagt: Wir wollen das aus politischen Gründen halbieren.

Ich hoffe, dass in diesem Land trotz Schwarz-Grün auch weiterhin die Prinzipien des Rechtsstaats gelten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Rechtsstaat darf von Ihnen nicht politisch ausgehöhlt werden.

(Anhaltender Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort zu einer Kurzintervention erhält Herr Abg. Boddenberg.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Rentsch, da Sie mich mehrfach angesprochen haben, will ich die Kurzintervention nutzen – das sind nur zwei Minuten –, um zwei oder drei Punkte aufzugreifen, die Sie angesprochen haben.

Zunächst einmal dachte ich – ich hoffe das –, dass es auch weiterhin so ist, dass wir in diesem Haus dazu großen Konsens haben. Wir wissen, dass das ein großes Projekt von zentraler Bedeutung ist, das für uns alle wichtig ist. Das muss am Ende in einer Form weiterentwickelt werden, in der wir es schaffen, eine breite Akzeptanz bei der Bevölkerung insgesamt und insbesondere bei der im unmittelbaren

Umfeld zu erreichen. Das heißt, das muss im Dialog geschehen. Davon ist heute schon mehrfach gesprochen worden.

Herr Kollege Rentsch, zu diesem Dialog gehört dann auch dazu, dass wir uns durchaus kritisch mit den betroffenen Unternehmen befassen. Ich habe jetzt nicht das Gefühl, dass Herr Schulte, der Vorstandsvorsitzende der Fraport, darunter leidet, dass ich hin und wieder einmal den Finger in die Wunde lege und dass ich erwarte, dass Fraport, aber auch die Fluggesellschaften mehr Geld in die Hand nehmen, um ihre Fluggeräte zu erneuern, d. h. leiser zu machen. Das Gefühl habe ich nicht. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Ich habe das Gefühl, dass man dort sehr gut zuhört.

Ich könnte jetzt aus einem Gratulationsbrief zitieren, den mir der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa geschickt hat, in dem er sich für die konstruktiven und auch für die kritischen Gespräche bedankt. Ich mache das an sehr konkreten Dingen fest.

Ich will das versinnbildlichen. Herr Kollege Rentsch, es geht hier nicht immer um ganz viel Geld. Häufig geht es nur darum, etwas bewusst zu machen. Beispielsweise geht es bei der Lufthansa darum, dass das Thema Lärm von zentraler Bedeutung ist.

Seinerzeit waren wir beide noch Mitglieder des Kabinetts. Wir haben doch in der letzten Legislaturperiode gemeinsam viele Gespräche geführt. Sie haben sich auch darüber geärgert, dass manches, was technisch möglich gewesen wäre und keine Unsummen gekostet hätte, am Ende unterblieben ist.

Ich halte die Finger so. Das ist nicht die Merkelraute. Vielmehr ist das ungefähr die Größe eines sogenannten Wirbelgenerators. Der ist wirklich nur so groß. Das ist ein kleines Stück Metall. Ich habe einmal gesagt, dass der Materialwert wahrscheinlich 90 Cent beträgt. Den schraubt man neuerdings bei Lufthansa unter zwei Öffnungen im Flügel des Airbus A 319 und A 320. Ich und andere haben da massiv Druck gemacht – ich glaube, Sie auch –, damit das endlich umgesetzt wird. Denn seit fünf oder sechs Jahren weiß man, dass das eineinhalb Dezibel weniger Lärm bedeutet.

Herr Boddenberg, Sie müssen bitte zum Schluss Ihrer Rede kommen.