Mangels Sanktionen sind die Vereinbarungen rechtlich nicht durchsetzbar, auch wenn es theoretisch um bindendes Völkerrecht geht. Aber der amtierende Mehrheitsführer der Republikaner im US-Senat hat bereits angekündigt, dass das Abkommen nach der US-Wahl – sollten die Republikaner sie gewinnen – „in den Schredder komme“. Das vorliegende Abkommen ist also nur so viel wert, wie es real zu Veränderungen führt. Es sollte uns nicht in falscher Sicherheit wiegen, jetzt in den Bemühungen um den Klimaschutz nachzulassen. Das Motto muss sein: „Global denken, aber lokal handeln.“
Ja, den Sekt ausgetrunken und wieder zu Hause – ich befürchte, die Bundesregierung wird so weitermachen wie bisher. Sie hat das Klima jetzt auf dem Papier gerettet. Aber dann wird hier in Deutschland das erfolgreiche Erneuerbare-Energien-Gesetz weiter ausgehöhlt. Das ist keine konsequente Politik für den Klimaschutz.
Die angestrebten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und Co. konterkarieren den Klimaschutz ebenso. Denn wenn diese Abkommen in der derzeit diskutierten Form Wirklichkeit würden, hätten die beteiligten Staaten deutlich weniger Möglichkeiten, ihre Energiepolitik nach ökologischen Kriterien auszurichten. Das derzeit verhandelte Abkommen TiSA sieht beispielsweise ausdrücklich eine Technologieneutralität im weltweiten Energiehandel vor. Ein Land könnte dann nicht mehr vorgeben, welche Energieträger aktive Stromkonzerne nutzen dürfen und welche nicht.
Auch die Ausschreibungspflicht für Windräder bedeutet, dass lokale Bürgerprojekte oder Genossenschaften nicht mehr bevorzugt werden könnten.
In Paris wurde ein hehres Ziel beschlossen. Aber gleichzeitig verpflichten sich die Industriestaaten vertraglich, über Freihandelsabkommen den dazu notwendigen Werkzeugkasten zu verbieten. Ich sage Ihnen: Die Energiewende funktioniert nur mit mehr Regulierungen des Marktes und nicht mit weniger.
Die Hessische Landesregierung bekleckert sich wahrlich nicht mit Ruhm. Denn die Landesregierung baut gerade einen Flughafen aus – das ist sicher kein Beitrag zum Klimaschutz. Die Verkehrswende wird auch nicht finanziert. Nicht nur FDP-, sondern auch CDU-Abgeordnete kämpfen in ihren Wahlkreisen gegen neue Windräder. Die Umweltministerin lässt sich für Klimaschutzziele feiern, hat aber die in der Nachhaltigkeitsstrategie vereinbarten Zwischenziele des Landes offenbar aufgegeben oder zumindest deutlich nach unten korrigiert.
Trotz aller Bekenntnisse zum Klimaschutz treffen die geringsten Maßnahmen oft auf erbitterten Widerstand. Wenn es an die Wirtschaftsinteressen geht, werden diese Widerstände oft unüberwindbar.
Die kanadische Publizistin Naomi Klein hat es auf den Punkt gebracht. Wer heute noch die menschengemachte Erwärmung des Weltklimas leugnet, der gehört zu den Nutznießern der fossilen Energiekonzerne.
Um die Klimaziele zu erreichen, müssen einige der gewinnträchtigsten Konzerne des Planeten gezwungen werden, ihre Produktion umzustellen und den Großteil der nachgewiesenen fossilen Brennstoffe im Boden zu lassen. Dem stehen Profitinteressen entgegen. Klimaschutz wird sich nicht mit den Unternehmen, die viel Geld mit der Zerstörung unseres Klimas verdienen, ausdealen lassen – auch nicht im Rahmen eines Green New Deal. Wer Klimaschutz will, muss auch bereit sein, sich mit Konzerninteressen anzulegen.
Wie Naomi Klein richtig sagt, müssen wir uns entscheiden. Wollen wir das Klima retten oder den Kapitalismus? – Wir sind für Ersteres. In dem Sinne wünsche ich schöne Weihnachtsfeiertage.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde kommt nicht überraschend. Es war eigentlich nur die Frage, wer sie zuerst einbringt. Die Überschriften in der Berichterstattung und das Jubeln über das Abkommen sind antiproportional zu den Ergebnissen des Abkommens.
Ich habe im Vorfeld dieser Aktuellen Stunde verzweifelt versucht, konkrete Festlegungen oder Aussagen, die die nächsten Jahre betreffen, zu finden. Es sind keine zu finden. Die 21. UN-Klimakonferenz, das 11. Nachfolgetreffen zum Kyoto-Protokoll, wird genauso starke Spuren hin
terlassen wie alle anderen Vereinbarungen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben. Ich möchte daran erinnern: Die Vereinbarungen des Kyoto-Protokolls und die Auswirkungen kann man jeden Tag und überall nachvollziehen. Schauen Sie sich einmal die Entwicklung der Treibhausgasausstöße an. Das Bejubeln jeder einzelnen Klimakonferenz, das wir hier veranstalten, hat am Ende nichts verändert. Dieses Abkommen muss ratifiziert werden. Das wird im April 2016 sein. Wir werden dann sehen, wer am Ende noch unterschreibt, nachdem er sich zu Hause überlegt hat, welche Klimaschutzziele er erreichen möchte. Wir werden das beobachten.
Man muss feststellen – und das haben auch viele kritische Kommentatoren zu diesem Vertrag gesagt –: Die Ergebnisse sind sehr vage, und die Mittel sind absolut unverbindlich.
Ich möchte das einmal an einem Beispiel darstellen, bei dem viel gejubelt wird. Das sind die sogenannten 100 Milliarden €, die als Ausgleich – ich weiß es gar nicht so genau, die Ministerin weiß das besser – im Jahr 2023 oder 2025, irgendwann, eingezahlt sein sollen. Es gab die Diskussion: Soll das verbindlich sein? Dann hat man das im unverbindlichen Teil verabschiedet. Diese Vereinbarung ist schon sechs Jahre alt. Es erscheint mir so, als sei der Glaube, dass das je umgesetzt wird, doch sehr gering. Und bei vielen anderen Versprechen haben wir das auch erlebt.
Wir müssen uns einfach daran gewöhnen: Wenn man mit vielen Tausend Menschen zusammenkommt, ein positives Vorhaben hat, wenn alle glücklich sind und sich in den Armen liegen – dann muss das noch nicht zwingend dazu führen, dass sich die Realität verändert.
Frau Dorn, wissen Sie, Klimaschutz kann man auch durch Innovation erreichen, durch Forschung, Weiterentwicklung. Durch
aber bei Ihren Ideen, die Sie hier vortragen, habe ich meine Zweifel. Warum habe ich da Zweifel? Ich will versuchen, Ihnen das an zwei Punkten zu erklären.
Das liegt natürlich daran, dass es ein systemisches Problem gibt: Je mehr wir in den Industriestaaten Energie einsparen, desto günstiger werden die Rohstoffe. Dadurch aber entsteht für ärmere Länder eine Möglichkeit, günstiger Energie zu erzeugen, gerade mit Kohle oder mit anderen derartigen Rohstoffen. Wir haben diese systemische Situation, und die können Sie auch nicht leugnen. Überlegen wir einmal: Als wir im Jahr 2011 über den Klimaschutz und vor allem über den Atomausstieg diskutiert haben, von welchen Rohstoffpreisen sind wir da ausgegangen? Welche Erwartungen hatten wir daran, wo heute der Ölpreis stehen würde? Hätte damals jemand geglaubt, dass der Ölpreis
Das sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sich Klimaschutz bewähren muss. Da werden sich diese Versprechungen, die man sich auf solchen Konferenzen in die Hand gibt, nie durchsetzen.
Es gibt ein ganz einfaches Problem. Beim Thema Zertifikathandel war das schon immer das grundsätzliche Problem: Die Industriestaaten sagen: Wir haben einen schönen Wohlstand, den können wir leicht steigern, und dabei können wir durch technische Innovationen den Energieverbrauch senken. – Die nicht industrialisierten und die Schwellenländer sagen: Wir wollen aber genau den gleichen Wohlstand wie ihr, und dazu müssen wir die Chance haben, zu wachsen und unsere Energieversorgung auszuweiten. – Denn wir alle wissen natürlich: Die Grundlage unseres Wohlstandes setzt die günstige Verfügbarkeit von Energie voraus.
Das sind einfach Widersprüche, die auch diese Klimakonferenz nicht auflösen konnte. Deshalb sind meine Erwartungen genau antiproportional zu diesen tollen Überschriften, die ich nach dem Abkommen gelesen habe. Es wird ein Déjà-vu sein, wenn wir in wenigen Jahren wieder hier stehen und ein neues Klimaschutzabkommen feiern, das wahrscheinlich genauso effizient sein wird. Dass man jetzt noch sagt, das 2-%-Ziel, von dem die GRÜNEN oft genug selbst gesagt haben, das ist eigentlich nicht oder nur noch schwer zu erreichen – –
2°, Entschuldigung. Ich bin schon wieder bei der Windkraft gewesen, entschuldigen Sie bitte. Das ist richtig, es geht um das 2°-Ziel. Herr Wagner, vielen Dank.
Es waren oft Ihre Aussagen hier, dass wir das nicht erreichen können. Dass wir jetzt einen Schritt weitergekommen sind und einfach sagen, jetzt wollen wir 1,5°, das ist für mich nicht mehr ganz nachvollziehbar.
Lassen Sie also meine Skepsis hier im Raum stehen. Sie müssen sich auch nicht daran abarbeiten. Unsere Ansichten stimmen hier einfach nicht überein.
Die Ministerin wird jetzt wahrscheinlich die Rede von Frau Dorn nochmals halten, aber mein Glaube, dass das zum Erfolg führen wird, ist eben gering. – Vielen Dank.
Ich möchte in der Tat die in Paris getroffene Vereinbarung „historisch“ nennen. Denn nach sehr harten Verhandlungen wurde ein Abkommen verabschiedet, in dem sich 195 Staaten zum 2°-Ziel bekennen und Anstrengungen zur Begrenzung der Erderwärmung auf unter 1,5° unternehmen wollen. Das ist historisch. Alle fünf Jahre werden zum Erreichen der Ziele Nachverhandlungen stattfinden.
Im Gegensatz zur SPD, die mich erst im Jahr 2075 loben will, bin ich durchaus in der Lage, zu gönnen. Ich will mich bei der Bundesumweltministerin für ihre durchaus erfolgreiche Verhandlungsführung bedanken, die mit zum Durchbruch geführt hat.