Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, für alle aber fängt erst jetzt die Arbeit richtig an. Hessen hat ein ehrgeiziges langfristiges Ziel: Bis zum Jahr 2050 wollen wir klimaneutral sein. Das deckt sich mit den Zielen von Paris. Herr Rock, das ist auch der Punkt, der wichtig ist. Dort wurde Emissionsneutralität ab dem Jahr 2050 vereinbart. Das bedeutet auch die Minderung der Treibhausgase durch die Kohleverstromung – und das ist notwendig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Hessen haben wir ehrgeizige Zwischenziele beschlossen: minus 30 % bis 2020, minus 40 % bis zum Jahr 2025. Herr Gremmels, in anderen Bundesländern, in denen entweder schon ein Klimaschutzgesetz verabschiedet wurde oder jetzt in dieser Woche zur Verabschiedung ansteht – wie in NRW –, wurden, man staune, 25 % Minderung bis zum Jahr 2020 beschlossen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ah!)

In Hessen sind es 30 %. Soll ich Ihnen einmal sagen, woran das liegt? Vielleicht können Sie einfach einmal darüber nachdenken, dass das nicht so sehr etwas mit Parteipolitik zu tun hat, sondern mit wissenschaftlicher Ableitung. Das hat etwas mit wissenschaftlichen Vorstudien und Studien zu tun; denn man muss auch berücksichtigen, was bereits in den internationalen Emissionshandel einbezogen wurde. Hessen hat einen großen Block Verkehr; im Bund ist der viel kleiner. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine hohe Kohlebelastung – deswegen kommen die nicht so schnell herunter. In Baden-Württemberg ist ebenfalls der Bereich Verkehr sehr groß, und der ist nicht in den europäischen Emissionshandel einbezogen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Deswegen gibt es unterschiedliche Ziele, die aber gleichwohl ehrgeizig sind. Alle Länder haben zum Ziel, im Jahr 2050 klimaneutral zu sein. Deswegen sind wir hier auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir brauchen eine Beteiligung aller Menschen und die Einbeziehung aller Bereiche, um den Klimaschutz tatsächlich durchzusetzen. Deswegen beteiligen wir die Kommunen, die Verbände, Unternehmen, Wissenschaft, Bürgerinnen und Bürger. Erstaunlicherweise – und auch hier ein Gruß an die SPD – führt die Bundesumweltministerin ab Januar eine große öffentliche Beteiligung aller Gremien, aller Bürgerinnen und Bürger, sogar online, zu dem Klimaschutzplan 2050 durch.

(René Rock (FDP): Ein Gipfel!)

Es kann also nicht so furchtbar sein, dass auch Hessen diesen Weg geht. Vielleicht ist es so, dass die Bundesumweltministerin gesehen hat: Hessen hat da eine schlaue Idee – das machen wir denen doch nach.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Das glaube ich allerdings weniger!)

In Hessen brauchen wir auf jeden Fall auch die Unterstützung der Kommunen. Deswegen ist unser Programm „100 Kommunen für den Klimaschutz“ auch so wichtig.

Wir haben schon einiges auf den Weg gebracht: 4,4 Millionen € für Klimaschutzkonzepte und investive Maßnahmen. Unternehmen werden vom Land unterstützt, z. B. bei der Energieberatung des Mittelstandes. Wir unterstützen innovative Projekte wie CO2-Reduzierung beim Catering und in Kantinen. Wir bauen die ökologische Landwirtschaft aus. Wir fördern das Radwegenetz. Wir haben das Ziel 100 % erneuerbare Energien. Bei den registrierten Windkraftanlagen sind wir in diesem Jahr auf Platz 6 aller Bundesländer gerutscht. Meine Damen und Herren, wir sind auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Horst Klee (CDU))

Es ist Zeit für einen ambitionierten Klimaschutz, der konsequent betrieben wird. Ich lade Sie alle herzlich ein, sich an der Arbeit für ein besseres Klima zu beteiligen, und das nicht nur in Hessen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zum Punkt 61. Damit ist er erledigt.

Ich habe Ihnen noch mitzuteilen, dass ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Mineralölsteuererhöhung verhindern, Drucks. 19/2998, eingegangen ist. Die Dringlichkeit wird bejaht?

(Günter Rudolph (SPD): Na ja!)

Dann wird dieser Antrag Tagesordnungspunkt 74. Er könnte nach Tagesordnungspunkt 64, der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, aufgerufen werden.

(René Rock (FDP): Sehr gut!)

Alle sind einverstanden, auch der Kollege Rock. Das ist kein Wunder. Gut.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 62 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Die Fraktionen der CDU und BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag müssen endlich handeln – Herr Irmer muss als Vorsitzender des Unter- ausschusses für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Wiedergutmachung (UHW) abberufen werden) – Drucks. 19/2946 –

Es beginnt Kollege Günter Rudolph, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag fordert die Abberufung von Herrn Irmer als Vorsitzender des Unterausschusses für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Wiedergutmachung, weil wir es endgültig leid sind, dass ein Ausschuss des Hessischen Landtags von einer Person repräsentiert wird, die nicht die gesamten Interessen des Landtags vernünftig und neutral repräsentiert.

(Beifall bei der SPD)

Herr Irmer fehlt natürlich auch bei der Debatte. Dieses Wegtauchen ist symptomatisch; denn er lässt seine Tiraden immer dann los, wenn andere nicht reagieren können. Auch die Fraktionsspitze der CDU meint, bei dem Thema abtauchen zu können.

(Zurufe von der CDU)

Herr Irmer ist in den letzten Wochen – wie so oft in den vergangenen Jahren – dadurch aufgefallen, dass er durch seine politischen Erklärungen und Verhaltensweisen nicht für Verständigung, Integration und Toleranz, sondern für Spaltung, Ressentiments und Vorurteile steht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)

Herr Irmer ist sich nicht zu schade, in der neurechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ Beiträge abzuliefern – zuletzt ein mehr als unangemessener Artikel. Da waren selbst die GRÜNEN zur Kritik bereit und haben gesagt: Dieser Populismus ist gefährlich und verantwortungslos. – Das ist zutreffend. Dann muss man aber auch die richtigen Konsequenzen ziehen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Auch in der November-Ausgabe des „Wetzlar Kuriers“ wird eine angeblich zunehmende Islamisierung mit zum Teil absurden Behauptungen dargestellt. In angeblichen Leserbriefen dürfen sich dann Personen unter der Überschrift „Asyl und kein Ende“ undifferenziert und beleidigend zu dieser Thematik äußern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Irmer überschreitet immer wieder die Grenzen zwischen rechtskonservativen und rechtspopulistischen Äußerungen und ist damit ein gefährlicher politischer Agitator, der die Grenzen überschreitet. Nach unserer Auffassung tut er das bewusst.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Das wird aus den Reihen der CDU verbrämend so dargestellt: Man wird doch wohl noch Fragen stellen dürfen. – Herr Irmer stellt z. B. folgende Frage: Wie sieht es mit erhöhter Kriminalität von Flüchtlingen aus? – Er braucht nur die Polizei zu fragen. Die Statistiken sind eindeutig. Es gibt keine Belege für eine erhöhte Kriminalität aufgrund höherer Flüchtlingszahlen.

Die nächste Frage betrifft die Belegung von Turnhallen. Sowohl Herr Irmer als auch die gesamte CDU-Fraktion wissen: Das machen Landräte und Oberbürgermeister nur dann, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, kurzfristig zu reagieren und Menschen unterzubringen.

Außerdem fragt er: Wann werden Ferienwohnungen und Zweitwohnungen beschlagnahmt, um Flüchtlinge unterzubringen? – Das ist in Hessen überhaupt kein Thema und steht nicht zur Diskussion.

Deshalb sage ich sehr deutlich: Herr Irmer agiert bewusst am rechten Rand, und die CDU lässt es zu. Das ist eine Doppelstrategie.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Er ist nicht nur Mitglied der CDU-Fraktion – das muss die CDU für sich entscheiden, das ist Sache jeder Fraktion –, sondern er repräsentiert auch einen Ausschuss des Hessischen Landtags. Die CDU hat für die Besetzung des Vorsitzes in diesem Ausschuss das Vorschlagsrecht. Auch ein Unterausschuss ist ein Ausschuss des Hessischen Landtags. Daher gilt § 53 der Geschäftsordnung, in dem es heißt: „Die Vorsitzenden der Ausschüsse … werden vom Ältestenrat auf Vorschlag der Fraktionen benannt.“ Sie von der CDU meinten ja, man könne über dieses Thema nicht diskutieren. Das ist ziemlich konzentrierter Blödsinn. Die Fraktionen haben ein Vorschlagsrecht, und die Fraktionen können abberufen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, die Fraktion der GRÜNEN argumentiert, der Unterausschuss behandle im Regelfall keine parlamentarischen Initiativen, und ein Ausschussvorsitzender bestimme nicht die Politik der Regierungsfraktionen. Na ja, der Ausschussvorsitzende referiert auch nicht nur über den Speiseplan des Hessischen Landtags, sondern er hat eine offizielle Funktion. Sie von den GRÜNEN haben gemeinsam mit uns das Verhalten des Vizepräsidenten Dr. Wilken – Stichwort: Blockupy – kritisiert und die LINKEN aufgefordert, Konsequenzen zu ziehen. Wer an der Stelle gesagt hat, ein Verhalten sei nicht akzeptabel, und auch Herrn Irmer kritisiert hat, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, der muss endlich die notwendigen und richtigen Konsequenzen ziehen. Doppelmoral geht nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Deswegen fordern wir die CDU-Fraktion auf: Ziehen Sie Herrn Irmer als Ausschussvorsitzenden zurück. Unterbreiten Sie einen neuen Personalvorschlag. – Die GRÜNEN müssen endlich Farbe bekennen. Ein permanentes Wegtauchen bei diesem Thema geht nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wer sich diesem berechtigten Anliegen der SPD-Fraktion verweigert, nimmt billigend und bewusst in Kauf, dass Herr Irmer weiterhin am rechten Rand und darüber hinaus politisch agieren darf. Wir sind nicht mehr bereit, dieses Doppelspiel hinzunehmen. Auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN muss sich endlich entscheiden.

Wenn Sie Herrn Irmer nicht abberufen, werden wir an Sitzungen des Unterausschusses, die von Herrn Irmer geführt werden, nicht mehr teilnehmen.