Einen Moment, Frau Kollegin Schott. – Meine Damen und Herren, Zwischenrufe sind in Ordnung, nicht aber ständige Zwischenrufe, um eine Kollegin hier vorne zu stören und aus ihrer Rolle zu bringen; das geht nicht. Ich bitte deshalb, diszipliniert zu sein. – Frau Kollegin Schott, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Aber ich glaube, es wird den Kollegen nicht gelingen, mich aus dem Takt zu bringen.
Wenn Sie nämlich die Kommunen so ausstatten würden, dass sie in der Lage wären, ihre Gebäude zu erhalten, ihre Parks zu pflegen, ihre Grünanlagen schön zu gestalten und nicht minimalistisch damit umgehen zu müssen, dann wäre die Situation sehr viel besser. Dann dürften Sie sich hier auch loben, und dann wären wir auch dabei.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte es eigentlich gar nicht vor, aber, Frau Schott, eines muss ich noch einmal richtigstellen: Wenn Sie sagen, es seien alles nur EU-Mittel, möchte ich festhalten, dass die EU bei der letzten Förderperiode gerade den Tourismus aus den EFRE-Mitteln herausnehmen wollte. Es waren eine Europastaatssekretärin und ein Europaminister, die in Brüssel dafür gesorgt haben, dass genau diese Mittel für die Tourismusförderung für die nächste Förderperiode bzw. die nächste Legislaturperiode erhalten geblieben sind. Daran hat das Land einen großen Anteil, und ich bin mir relativ sicher, dass hier auch mit der neuen Landesregierung kein Paradigmenwechsel stattfinden wird.
Es ist schon angeklungen: Frau Wolff, ich habe Ihre Rede aufmerksam verfolgt. Das Erste, was mir aufgefallen ist, war, dass Sie das Reiseland Hessen beschreiben. Wir waren uns seinerzeit sehr einig darüber, dass es das Reiseland Hessen – das haben uns auch alle Experten immer wieder bestätigt – bei dem Verbraucher bzw. dem Gast eigentlich so nicht gibt. Was in Hessen stattfindet, sind Destinationen.
Ihr Problem war eben, dass Sie die touristischen Produkte als Destinationen beschrieben haben. „Destinationen“ beschreibt aber tatsächlich die Regionen wie die Rhön, das Sauerland, den Vogelsberg und den Odenwald. Wozu ich von Ihnen überhaupt nichts gehört habe, ist, dass eine der Aufgaben, die wir uns gemeinsam immer gestellt haben, darin besteht, wie wir länderübergreifend diese Destinationen voranbringen und gemeinsam vermarkten können. Da haben wir nämlich ein klares Problem: Wir haben nur eine einzige Destination, die allein in Hessen liegt. Alle anderen Destinationen sind länderübergreifend. – Daran müsste die
Meine Damen und Herren, bei dem Begriff „Hessen als Reiseland“ ist es schon ein bisschen angeklungen, dass es einen gewissen Konflikt zwischen dem ländlichen Raum und dem Ballungsraum gibt. Frau Wolff, ich habe es durchaus vernommen, und es zeigt auch diese Vier-Punkte-Strategie, dass sowohl Stadt wie auch Messe und Kongresse eine wichtige Rolle spielen. Da hat es mit der neuen Landesregierung eine Veränderung gegeben. Das kann man durchaus so machen. Nur muss man dann auch sagen, dass es sich bei den Menschen, die nach Frankfurt kommen, den Menschen, die in Wiesbaden übernachten, in der Regel um fremdbestimmte Gäste handelt. Oftmals trifft er selbst gar nicht die Entscheidung, dass er dort übernachtet, sondern ist von seinem Arbeitgeber dorthin geschickt worden, oder er muss am Frankfurter Flughafen umsteigen.
Herr Minister Al-Wazir, der Flughafen wächst – und mit ihm wachsen auch die Übernachtungszahlen. Die Menschen kommen in die Rhein-Main-Region, weil sie verkehrstechnische Anbindungen haben und oftmals dort übernachten müssen. Sie kommen nicht, weil sie einmal die schwarz-grüne Landesregierung besichtigen wollen, so viel sollten wir uns einmal hinter die Ohren schreiben.
(Beifall bei der FDP und der Abg. Angelika Löber (SPD) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Der eine oder andere kommt auch deswegen, aber nur Einzelne!)
Das kann durchaus sein. – Dann muss sich die Landesregierung auch Strategien überlegen, wie man genau an diese Entscheider herankommt.
Meine Damen und Herren, es wäre richtig, wenn wir den Tourismus wirklich voranbringen wollen, vor allen Dingen im ländlichen Raum. Dann bliebe noch die Frage zu beantworten, was wir mit den „Ferien auf dem Bauernhof“ machen. Wie bekommen wir dort auf Dauer eine institutionelle Förderung hin? Auch stellt sich die Frage, wie wir Hemmnisse abbauen, etwa wie Bettensteuer oder die von Ihnen geforderte Tourismusabgabe. Entrümpeln Sie die
Vorschriften für den Tourismus; denn die Infrastruktur, Übernachtungsmöglichkeiten, Gaststätten – das ist es, was ein Land mit seiner Kultur attraktiv hält. Darauf aber geben Sie keine Antworten, Sie setzen allein auf einen Städtetourismus. Für ein Reiseland Hessen ist das allerdings viel zu wenig. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Hessen purzeln die Rekorde: Nachdem bereits 2014 ein neuer Höchststand erreicht war, wurden im vergangenen Jahr erstmals über 32 Millionen Übernachtungen gezählt. Wenn wir auf die letzten zehn Jahre schauen, dann stellen wir fest, die Übernachtungszahlen sind seit 2005 um mehr als 30 % gestiegen. Das sind sehr gute Daten für das hessische Gastgewerbe. Sie belegen, dass Hessen als touristische Destination stetig attraktiver wird, und sie zeigen auch, dass Hessen ein gastfreundliches Land ist.
Die tourismuspolitischen Trends der letzten Jahre bilden sich natürlich auch bei uns in Hessen ab: Die Zahl der Kurzreisen und der Tagesbesucher steigt, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer unserer Gäste ist nämlich innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte von 3,2 auf 2,2 Tage gesunken.
Natürlich ist es so, Herr Lenders, dass dieser Trend insbesondere den Städten zugutekommt. Das ist nicht nur in Hessen so, sondern im ganzen Bundesgebiet, übrigens auch in Europa insgesamt zu beobachten.
Mehr als ein Viertel aller Übernachtungen in Hessen findet in Frankfurt statt. Unsere Metropole verfügt inzwischen mit über 45.000 Betten in 265 Hotels über einen neuen Rekord. In den nächsten Jahren sollen dort nochmals 4.000 Betten hinzukommen. Es sind dabei gerade die internationalen Touristinnen und Touristen, deren Anteil besonders steigt. Frau Kollegin Wolff hat bereits auf den wachsenden Anteil der US-amerikanischen Gäste hingewiesen. Es sind aber auch aufstrebende Volkswirtschaften wie China, Indien oder die Staaten des Nahen Ostens, die wichtige Quellmärkte sind.
2013 entfielen beispielsweise 17,6 % aller Übernachtungen durch chinesische Urlauber oder Geschäftsreisende in Deutschland auf Hessen. Deshalb ist es gut und richtig, dass die Landesregierung durch gezielte Informationen, beispielsweise für chinesische Reisende, einen besonderen Schwerpunkt setzt. Es war eine kluge Entscheidung, durch eine chinesischsprachige Webseite touristische Informationen in und über Hessen zu bündeln.
Gerade im Bereich Tourismus ist es wichtig, immer am Puls der Zeit zu bleiben; denn Hessen ist kein klassisches Tourismusland, wie es die Bundesländer an den Küsten oder in der Alpenregion sind. Es gehört dann schon zur Wahrheit, zu sagen: Nicht jede hessische Region, so schön wir sie auch finden mögen, verfügt durch besondere oder
gar einzigartige Landschaftsbilder oder kulturhistorische Besonderheiten über großes touristisches Potenzial.
Dennoch ist es inzwischen gelungen, touristische Marken zu etablieren, z. B. die Grimmheimat Nordhessen, die eine beispielhafte Kooperation verschiedener Landkreise, der Stadt Kassel und der Industrie- und Handelskammern ist.
Solche Destinationsverbünde sind gerade für die ländlichen Räume der richtige Weg. Daran müssen wir anknüpfen, auch über die Landesgrenzen hinweg.
Denn die Zuwächse konzentrieren sich tatsächlich zunehmend auf die Ballungszentren. Bei der Vorlage unseres tourismuspolitischen Konzepts im Jahr 2012 haben wir die Frage gestellt: Ist Hessen zu nah, um schön zu sein? – Ein Stück weit stellt sich diese Frage weiterhin. Denn wenn wir über Tourismus sprechen, dann ist es wichtig, uns immer vor Augen zu führen, dass die Steigerung der touristischen Attraktivität einer Region immer auch eine Steigerung der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner mit sich bringt.
Da besteht weiteres Potenzial, beispielsweise im Bereich Wellness- und Medizintourismus – Stichwort: ehemalige Kurorte –, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Mit der Möglichkeit, eine Tourismusabgabe zu erheben, haben wir den Kommunen neue Möglichkeiten der Finanzierung eingeräumt.
Frau Schott, an der Stelle will ich auf einen Aspekt eingehen, den Sie genannt haben. Sie haben über die Kanu-Anlegestellen gesprochen. Wahrscheinlich gibt es niemanden hier im Raum, der größeres Interesse an guten Kanu-Anlegestellen hat als Staatsminister Al-Wazir. Der ist nämlich beim Einstieg an einer solchen schon einmal gekentert und in der Werra gelandet. Von daher wird er darauf bestimmt ein besonderes Augenmerk legen.
(Allgemeine Heiterkeit – Minister Tarek Al-Wazir: Das war aber in Thüringen zwischen Wasungen und Schwallungen!)
Gleichzeitig stehen in vielen Restaurants und Beherbergungsbetrieben Unternehmensnachfolgen an. Der DEHOGA ist da mit einer beispielhaften Initiative unterwegs. Wir sollten darüber sprechen, dass es auch darauf ankommt, das Arbeiten im Tourismus attraktiver zu machen.
Wir haben gehört, über 200.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Tourismus ab. Das ist ein wichtiger Faktor, und zwar gerade auch, weil die Ausbildungsqualität von heute die Servicequalität von morgen ist.
Meine Damen und Herren, am Freitag setzt die Internationale Tourismusbörse mit dem Tag des barrierefreien Tourismus einen wichtigen Schwerpunkt. Für etwa 10 % der Bevölkerung ist eine barrierefrei zugängliche Umwelt zwingend erforderlich, für rund 35 % notwendig und für uns alle in jedem Fall komfortabel. Deshalb ist der Schwerpunkt, den auch die Landesregierung beim Thema Barrierefreiheit setzt, genau der richtige.