Protokoll der Sitzung vom 13.03.2014

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben wohl nicht zugehört!)

Herr Kollege Frömmrich, hören Sie genau zu. – Denn eines wollen wir genau festhalten: Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft hat mit ihrer Arbeit dafür gesorgt, dass die Zahlen tödlicher Badeunfälle seit Jahren rückläufig sind.

(Beifall bei der FDP)

Die Zahl ertrunkener Opfer betrug im Jahr 2010 noch 438 im Gegensatz zu 410 im Jahr 2011. 2012 ist sie auf 383 zurückgegangen. Das ist ein Rückgang von 15 bis 20 %. Die Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor.

Eines ist auch klar: Jeder, der bei einem solchen Badeunfall stirbt, ist ein Toter zu viel. Daran muss weitergearbeitet werden. Aber ich will – erlauben Sie mir diese Bemerkung am Schluss – doch darauf hinweisen: Es sind nicht die Kinder, die die größte Gefährdungsgruppe darstellen, sondern mehr als die Hälfte der Ertrinkenden gehört zur Altersgruppe der Senioren. Auch dort setzt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft mit ihrer Aufklärungsarbeit an. Man muss eben zugestehen, wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, dass man nicht mehr so leistungsfähig ist wie ein Jugendlicher oder ein Kind.

Ich kann zusammenfassend und abschließend nur sagen: Merken Sie sich auch bei der Linksfraktion, dass Geld nicht alles ist. Letztlich kommt es auf das Ehrenamt an.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Man kann nicht alles privatisieren!)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Innenminister, Herr Staatsminister Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst dem Kollegen Greilich dankbar sein, dass er die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft und das Ehrenamt hier besonders gewürdigt hat. In der Tat wird dort großartige Arbeit geleistet, um in Schwimmbädern oder an Badeseen dafür Sorge zu tragen, dass die Sicherheit im Wesentlichen gewährleistet ist. Dafür können wir sehr dankbar sein; denn das ist nicht selbstverständlich.

Lassen Sie mich zwei Vorbemerkungen machen, bevor ich zum Thema Schwimmbäder anschließen möchte.

Erstens. Natürlich ist es so, dass wir für das Schwimmen eine entsprechende Infrastruktur in unserem Lande brauchen. Das ist völlig klar. Aber hier in der Debatte ist auch die Verantwortlichkeit klar und deutlich geworden. Wir als Land halten keine Schwimmbäder vor, sondern es ist am Ende eine Aufgabe, die die kommunale Seite stemmen muss und die sie auch stemmt. Das will ich hier noch einmal deutlich sagen.

Der zweite Punkt, der mir wichtig ist: Wer ist dafür verantwortlich, dass Kinder schwimmen lernen? Ja, in der Tat, es gibt einen Erlass und Rahmenlehrpläne, in denen das Schwimmen in der Schule vorgesehen ist. Aber seien Sie mir nicht böse: Ich finde, dass Eltern irgendwie auch eine Verantwortung dafür haben, dass ihre Kinder schwimmen können.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Erlauben Sie mir, dass ich das vorweg als selbstverständlich unterstelle, weil mir das in der Debatte bisher ein wenig zu kurz gekommen ist.

Die Frage der Infrastruktur will ich nur ganz kurz beleuchten, indem ich Sie daran erinnere, dass wir gerade als Land Hessen in den vergangenen Jahren ein sehr ausgiebiges Programm, das Hallenbad-Investitionsprogramm – kurz HAI genannt –, mit 50 Millionen € dotiert haben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dann kann das Land doch etwas machen!)

Es wurden 105 Maßnahmen unterstützt. Wir haben Geld in die kommunale Infrastruktur gesteckt, damit die Kommunen die Schwimmbäder und Hallenbäder sicherstellen konnten. Ich finde, das ist ein nennenswerter Beitrag, den wir in einem Teil geleistet haben, wo wir nicht unmittelbar die Verantwortung tragen. Das ist eine große Kraftanstrengung auch des Landes gewesen, weil wir genau die Problematik gesehen haben, was die kommunale Infrastruktur bei den Schwimmbädern angeht.

Ich will auch dazu sagen, wir haben uns in den vergangenen Jahren darüber gefreut, ein großes Konjunkturprogramm seit 2008 auf den Weg gebracht zu haben. Dort ha

ben wir enorm in die kommunale Infrastruktur investiert. Unter anderem haben Kommunen – das haben wir nicht vorgegeben – die Entscheidung getroffen, dass sie damit auch in Sportanlagen vor Ort investieren. Sie haben auch entschieden, zumindest in einer Größenordnung von 9 Millionen €, dass sie in die Schwimmbäder und gerade in die Freibäder investieren. Sie hatten die Gelegenheit, für die Hallenbäder das Investitionsprogramm in Anspruch zu nehmen, das es vorher schon gab.

Ich will hier deutlich machen, dass wir das insgesamt im Blick haben und diese Unterstützungsleistung auch tatsächlich geben. Immerhin sind 53 Freibäder in den Genuss von Zuschüssen gekommen, um die Infrastruktur für das Schwimmen vor Ort aufrechtzuerhalten.

Meine Damen und Herren, ja, es ist so. Die Kommunen haben sich damit auseinanderzusetzen, wie sie ihre Haushalte vernünftig und ausgeglichen fahren. Unser früherer Kollege, Herr Patrick Koch – Kollegin Faeser hat ihn heute Morgen schon erwähnt –, der in Pfungstadt Bürgermeister ist, hat im Moment die Problematik, dass er die Sanierung eines Bades vor Augen hat. Die Kommunen müssen entscheiden, wie sie damit umgehen.

Der Kollege Veyhelmann, der eben seine erste Rede gehalten hat, hat in seinem Wahlkreis ein Schwimmbad, das von einem Verein getragen wird. Die Stadt könnte gar nicht anders, als zu sagen: Dieses können wir als Stadt nicht aufrechterhalten. – Wir haben in Limburg-Offheim ein Freibad, das von einem Förderverein aufrechterhalten wird. Das ist etwas, was wir vom Land aus überhaupt nicht steuern könnten. Insofern will ich zumindest erwähnen, inwieweit dort mit intelligenten Ideen in die Infrastruktur investiert und sie aufrechterhalten wird.

Ich glaube, wir haben uns an der Stelle nichts vorzumachen. Wir können als Land nicht mit unserem Geld dafür Sorge tragen, dass das letzte Freibad in diesem Land tatsächlich saniert und so frisch dasteht, wie wir uns das wünschen. Aber wir können unseren Beitrag leisten, dass die Kommunen ihre Aufgabe erfüllen können. Das tun wir mit dem Sonderinvestitionsprogramm, das wir im Rahmen des Konjunkturprogramms gemacht haben, und mit dem Programm HAI.

(Zuruf von der LINKEN: Das ist doch ausgelaufen!)

Ich finde, damit können wir uns sehen lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist der Tagesordnungspunkt 39 besprochen.

Ich rufe den Punkt 40 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Fehlende Fachkräfte und steigende Lohnne- benkosten – Große Koalition gefährdet mit Rentenre- form Handwerk und Mittelstand in Hessen) – Drucks. 19/171 –

Wer möchte von der FDP? – Der Fraktionsvorsitzende Florian Rentsch hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Land hat weiß Gott einige Herausforderungen, die es die nächsten Jahre stemmen muss. Die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung hängt sehr stark davon ab, ob Deutschland in der Lage ist, weiterhin qualifiziertes Personal nicht nur bei den GRÜNEN oder bei anderen Fraktionen, sondern insgesamt auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen,

(Zuruf von der LINKEN)

junge Menschen, ältere Menschen, die in der Lage sind, das, was wir an Wirtschaftsaufschwung haben, weiter zu tragen. Deshalb ist es für mich schon – das Wort verwende ich nicht häufig, andere Fraktionen verwenden dieses Wort eigentlich regelmäßig – ein gesellschaftspolitischer Skandal, was die Große Koalition als Rentenreform auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der FDP)

Heute sind hier im Landtag viele junge Leute, die demnächst wahrscheinlich einmal in die Rentenversicherung einzahlen werden. Es ist auch dringend, dass sie einzahlen, weil sie das bezahlen, was sich Frau Nahles und andere ausgedacht haben, was die Union auf Bundesebene mitgetragen hat. Konservative Berechnungen der Bundesregierung gehen von 160 Milliarden € aus, die das zusätzlich kostet. Realistischere Schätzungen – aus meiner Sicht – gehen von 233, 240 Milliarden € aus.

Das ist nicht etwas, was einfach mit einem Federstrich weggewischt werden kann, sondern es belastet junge Menschen, die möglicherweise selbst niemals in den Genuss kommen werden, wenn sich die Rentenkassen so weiterentwickeln, an diesen Rentenkassen zu partizipieren. Es belastet den Arbeitsmarkt, und es belastet vor allen Dingen die Generationengerechtigkeit in unserem Land – ein wirklicher sozialpolitischer Skandal, den die Große Koalition durchgesetzt hat.

(Beifall bei der FDP)

Es ist deshalb so fatal, weil wir eigentlich genau das Gegenteil bräuchten. Wir bräuchten eine Reform der sozialen Sicherungssysteme, wie sie die Agenda 2010 angestoßen hat, eigentlich eine Agenda 2020, die jetzt weitermacht, die Deutschland für die nächsten Jahre für die Herausforderungen im Wettbewerb mit anderen Ländern fit macht. Vor allen Dingen bräuchten wir eine Reform der sozialen Sicherungssysteme und eine Politik, die dafür Sorge trägt, dass wir mehr Fachkräfte haben, dass gerade ältere Menschen einen Anreiz bekommen, länger als künftig zu arbeiten.

Diese älteren Menschen brauchen wir am Arbeitsmarkt. Dort hätte die Große Koalition Anreize bieten müssen, Incentives setzen müssen, länger zu arbeiten. Sie macht das Gegenteil. Das haben sogar die GRÜNEN in RheinlandPfalz mit Frau Lemke erkannt. Ich kann Frau Lemke nur zustimmen. Das, was die Große Koalition an dieser Stelle macht, schadet unserem Arbeitsmarkt derart fatal, dass es gar nicht mehr anders zu beschreiben ist.

(Beifall bei der FDP)

Die Wirtschaftsinstitute sind sprachlos. Die Mitglieder des Sachverständigenrates sind sprachlos. Der ZDH spricht von einem Vorhaben, das das Vertrauen in eine demografiefeste Rentenpolitik massiv beschädigt. Herr von Stetten, seines Zeichens ein sehr kluger CDU-Kollege, sagt: Die

Rentenpläne von Frau Nahles sind völlig falsch, nicht finanzierbar. – Ich frage mich nur: Warum stimmt dann die Union bei diesem Paket mit? Das muss doch hier die Frage sein.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Gerhard Schröder hat in einem interessanten Interview, wo er sich einmal nicht zu Russland geäußert hat, was ich auch in diesem Fall sehr gut finde, gesagt: Das Problem dieser Koalition ist, dass sie die Entscheidung weiter aufschiebt. Wenn das so weitergeht,

… stehen wir wieder vor Entscheidungen wie zu Zeiten der Agenda 2010. Dann wird es wieder neue, schmerzhafte Rentenreformen geben müssen, damit die Rentenbeiträge für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber bezahlbar bleiben. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle hat Gerhard Schröder völlig recht. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

(Beifall bei der FDP)

Sie bedienen sich mit dieser Reform an den jungen Menschen in diesem Land. Sie schaden unserem Arbeitsmarkt. Sie schaden damit der mittelständischen Wirtschaft, die dringend Arbeitskräfte braucht. Und Sie schaden auch dem Handwerk, das genau in diesem Bereich in den letzten Monaten formuliert hat: Wir brauchen ältere Arbeitnehmer mit ihrem großen Know-how; da müsste man Incentives setzen, länger zu arbeiten, anstatt jetzt früher mit 63 in Rente zu gehen. – Meine Damen und Herren, eine völlig falsche Programmatik, die Sie auf Bundesebene vorlegen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb will ich abschließend sagen, mich wundert nicht, dass die Sozialdemokraten wiederholt das, was sie mit der Agenda 2010 richtig gemacht haben, über Bord werfen. Das haben sie lange angekündigt. Das ist nicht überraschend. Mich wundert, dass die CDU, die an dieser Stelle aus meiner Sicht bislang an vielen Stellen richtig gehandelt hat, bei diesem Thema vollständig umkippt und der SPD die Hoheit über die Rentenpolitik überlässt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der FDP)