Protokoll der Sitzung vom 17.05.2016

Dieser muntere und in diesem Punkt auch sehr mutige Landrat musste mit der Unterstützung der Ampel leider zur Kenntnis nehmen, dass die Kollegen der Christdemokraten im Kreistag nicht mit großer Begeisterung – um es höflich auszudrücken – diese Maßnahmen begleitet haben und sich nicht immer positiv an den Haushaltsentscheidungen beteiligt haben. So viel auch zum Thema, wie man sich auf Landesebene und auf kommunaler Ebene benimmt.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich würde sagen: Die Einzigen, die sich konsequent dort verhalten haben, waren die Freien Demokraten.

(Beifall bei der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Wie immer!)

Es ist eine sehr späte Einsicht, Kollege Nobert Schmitt, die ich schon Ende der Siebzigerjahre während unserer gemeinsamen Uni-Zeit erwartet hätte. Aber wenn sie jetzt im Jahr 2016 kommt und Sie sagen, dass die FDP sich immer – ich würde sagen, meistens – sehr konsequent verhält, dann sage ich vielen herzlichen Dank für diese Unterstützung.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Da würde ich gerne noch eine Zwischenfrage stellen!)

Wir haben hier im Lande – darauf habe ich schon ausdrücklich hingewiesen – dieses Gesetz mitgestaltet und mitgeformt. Meine Kolleginnen und Kollegen in der Kreistagsfraktion in der Wetterau haben bei der Umsetzung entsprechende Beschlüsse initiiert und mitgetragen, die natürlich auch etwas mit dem Geheimnis des Sparens, nämlich mit dem Verzicht, zu tun haben. Andere Fraktionen haben hier das Gesetz gemacht, aber zu Hause nicht verzichten wollen, und wiederum andere haben das Gesetz hier bekrittelt und als alles Mögliche beschrieben, und die Sozialdemokraten in der Wetterau haben es umgesetzt. Ein bisschen mehr Stringenz wäre vielleicht ganz klug; denn es würde die Bürgerinnen und Bürger auch, so glaube ich, weniger verwirren. Aber jeder kann das machen, wie er es für richtig hält.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen – ich möchte die 20 Minuten überhaupt nicht auskosten –: Bedenken haben wir, dass diese positive Entwicklung, die mit dem Kommunalen Schutzschirm eingeleitet worden ist, durch die sogenannten Beuth-Erlasse – Thomas Schäfer hat sie ausdrücklich noch einmal gelobt – wieder umgedreht wird. Die Kommunalpolitiker vor Ort sagen wieder: Ja, das hat mit Freiwilligkeit nichts mehr zu tun. Diejenigen, die freiwillig unter den Schutzschirm gegangen sind, konnten selbst entscheiden, wie sie es machen. Und denen, die nicht unter den Schutzschirm gegangen sind, wird jetzt mit Erlassen aufoktroyiert, was sie zu tun haben.

Ich kann nachvollziehen, dass es Regeln gibt und dass Gebührenhaushalte mit einigen Ausnahmen kostendeckend sein sollen. Aber mit der Logik der Beuth-Erlasse und mit der Stringenz, wie diese von der Kommunalaufsicht auf kommunaler Ebene umgesetzt werden – ich könnte wieder den Wetteraukreis nennen –, haben Sie die Freiwilligkeit vollkommen weggenommen. Sie haben den Kommunalabgeordneten, den Ehrenamtlern, von denen gerade noch die Kollegin der GRÜNEN so positiv gesprochen hat, jegliche Entscheidungskompetenz genommen. Es ist nur noch das zu vollziehen, was in der Arithmetik Ihrer Erlasse drin ist. Das ist dann keine kommunalfreundliche Politik mehr.

Da hilft es auch nicht, dass Sie gerade versuchen, diese Politik mit Geld – ich sage es einmal ganz frech – zuzuschmeißen. Ich sage das einmal ganz frech. Es wird da noch etwas dazugegeben, und es wird da noch etwas dazugegeben. Es wird ein Bundesprogramm weiter ausgebaut. Ich habe nichts dagegen, dass die Kommunen mehr Geld bekommen. Ich habe nur etwas dagegen, wie das organisiert wird und dass das nicht selbstständig den Kommunen zur Verfügung gestellt worden ist. Hätte man das Thüringer Korridormodell verschoben, hätte man den Kommunen

das ihnen zustehende Geld selbst in die Hand gegeben und nicht mit den Verpflichtungsmaßnahmen, die Sie, Herr Beuth, jetzt als Kommunalaufsicht eingesetzt haben. – Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Das Wort hat nun für die Fraktion der CDU Herr Kollege Dr. Arnold. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nach dieser Regierungserklärung von Finanzminister Thomas Schäfer die wichtigste Erkenntnis für heute noch einmal klar herausarbeiten: Der Kommunale Schutzschirm ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Es ist eine überzeugende Maßnahme der Landespolitik für eine nachhaltige Stärkung der kommunalen Finanzen. Das wurde heute durch diese Bilanz eindrucksvoll dargestellt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Minister Schäfer heute und auch in seiner Pressekonferenz am 3. Mai berichten konnte, dass von den 100 teilnehmenden Kommunen 94 die mit dem Land geschlossenen Verträge übererfüllt haben, 89 dieser Kommunen ihre Vorgaben übertroffen haben, mehr als die Hälfte dieser Kommunen bereits nach drei Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen konnte und sogar acht in drei Jahren hintereinander, sodass sie aus dem Kommunalen Schutzschirm ausscheiden können, dann ist das ein unerwarteter Erfolg einer Maßnahme, die ergriffen wurde, Herr Kollege Schmitt, um von den 426 Kommunen, die wir hier haben, 106 Kommunen die Möglichkeit zu geben, ihre äußerst schwierige Situation zu verbessern.

Finanzminister Schäfer hat deutlich gemacht, dass das Kommunen sind, in denen gerade auch die ehrenamtlichen Verantwortungsträger nicht mehr wissen, wie sie aus ihrer Situation etwas Besseres machen können, und die so hohe Kassenkredite haben, dass sie kaum wissen, wie sie ihre Investitionen oder ihre Aufgaben finanzieren sollen, die ein so negatives ordentliches Ergebnis haben. Wir beide wissen, dass das ordentliche Ergebnis im kameralen Haushalt vor allen Dingen durch die Zinsbelastung verschlechtert wird. Sie wissen nicht, wie sie aus dieser Situation herauskommen sollen.

In diesem Moment wurde mit dem Kommunalen Schutzschirm ein Instrument geschaffen, um 25 % der 426 Kommunen, also 106, die Möglichkeit zu bieten, sich nachhaltig zu entschulden und, was ich für mindestens genauso wichtig halte, mit entsprechenden Gesprächen – da möchte ich gerade auch die Landesmitarbeiter auf Ministerialebene, die zusammen mit den Verantwortlichen in den Regierungsgremien die Kommunen beraten haben – und gezielten Maßnahmen dafür zu sorgen, dass ihre Haushalte besser werden. Das, was vorgetragen wurde, ist eine überzeugende Bilanz, und das ist ein Erfolg, den ich hier noch einmal ganz deutlich hervorheben will.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe Sie nicht ohne Grund angesprochen, Herr Kollege Schmitt, weil ich das, was Sie gesagt haben, nicht durchgehen lassen möchte.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ui!)

Den Begriff „Bilanzfälschung“ halte ich für eine Frechheit – gerade im Zusammenhang mit dem, was hier gesagt wurde.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie uns doch einmal gemeinsam einen Blick auf die Finanzierungssalden der Kernhaushalte unserer hessischen Gemeinden und Gemeindeverbände werfen. Natürlich haben wir noch keine positive Situation.

(Norbert Schmitt (SPD): Aha!)

Da gebe ich Ihnen völlig recht. Mit einem Saldo von 60 Millionen € 2014

(Norbert Schmitt (SPD): Und 2015?)

und von 145 Millionen € 2015 – kann niemand sagen, dass das zufriedenstellend ist. Da gebe ich Ihnen recht.

Wir beide wissen aber auch, dass hier Aufgaben des Bundes eine Rolle spielen, die nur zum Teil abfinanziert sind. Sicherlich: Was der Bund zur Verstärkung der Grundsicherung im Alter gemacht hat, hilft dabei – andere Dinge auch. Lassen Sie uns aber einmal die Zahlen seit der Finanzkrise 2009 in den Blick nehmen.

Kollege Dr. Arnold, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Boddenberg?

(Dr. Walter Arnold (CDU): Immer gerne!)

Entschuldigung, ich glaube, ich habe Sie jetzt bei dem unterbrochen, was Sie sowieso gerade sagen wollten. Ich wollte fragen, wie die Zahlen früher waren. Ich meine, mich zu erinnern, dass das einmal ganz anders aussah. – Danke.

Ja, das wollte ich gerade einmal dem Kollegen Schmitt in Erinnerung rufen. Wir hatten im Jahr 2009 1 Milliarde €, 2010 2,5 Milliarden € und 2011 fast die gleiche Zahl: 2 Milliarden €. Das hat sich immens gebessert. Das sind kamerale Ergebnisse, wie wir wissen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das hat doch nichts mit der Landesregierung zu tun! – Gegenrufe der Abg. Judith Lannert und Michael Boddenberg (CDU))

Nun lassen Sie mich doch einmal weitererzählen. Schauen wir uns einmal an, wie die Kommunen im Moment auf einem Konsolidierungskurs sind: die 21 Landkreise, die fünf kreisfreien Städte und die sieben Sonderstatusstädte in Hessen haben im Jahr 2015 nach Berichten der Regierungspräsidien in ihren Rechnungsergebnissen, in ihren Haushalten, nämlich einen Überschuss von nahezu 300 Millionen € erwirtschaftet, mit weiterhin positivem Resultat.

Was sind denn die Gründe dafür? – Ein Grund dafür ist der Kommunale Schutzschirm, der Wesentliches dazu beigetragen hat. Ein weiterer Grund ist der Kommunale Finanzausgleich.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie springen von der Kameralistik auf die Doppik!)

Herr Kollege, ich habe das Mikrofon. Wenn Sie etwas sagen wollen, melden Sie sich bitte. Stellen Sie mir eine Frage, dann können wir uns gern darüber unterhalten. Oder kommen Sie hier vorne ans Mikrofon, und halten Sie Ihre Gegenrede. – Aber der Kommunale Finanzausgleich im letzten Jahr lag immerhin bei einer Summe von 4,1 Milliarden € und in diesem Jahr bei einer Summe von 4,37 Milliarden €. Auch dies trägt dazu bei, dass sich die Situation entsprechend bessert.

(Norbert Schmitt (SPD): Das hat sich doch verschlechtert!)

Was wir heute diskutieren, ist die Regierungserklärung von Finanzminister Schäfer zum Kommunalen Schutzschirm. Es ist peinlich, da von einem „löchrigen Knirps“ zu sprechen

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

oder – wie haben Sie es genannt? – von einem „Schlagstock“ – ich greife diesen Zwischenruf ausdrücklich auf –, weil er die kommunalen Verantwortlichen im Grunde genommen desavouiert; denn der Kommunale Schutzschirm ist ein Angebot des Landes. Wir haben gesagt: Wer eine bestimmte Höhe der Kassenkredite überschreitet, wer eine bestimmte Höhe des negativen ordentlichen Ergebnisses hat, kommt in den Genuss dieser Möglichkeit, dieser 2,8 Milliarden € als Ersatz der Altschulden. Das waren 106 Kommunen. Es war ganz klar festgelegt in dem Gesetz von 2012, dass die Frage, wer dort beitritt, völlig freiwillig ist. Es ist niemand gezwungen worden – anders in anderen Bundesländern wie in Nordrhein-Westfalen, wo die Kommunen sogar gezwungen worden sind.

Wir haben auch gesagt, dass die Antwort auf die Frage, was dort im Einzelnen gemacht wird, um die Haushaltssituation zu verbessern, nicht vom Land vorgegeben wird. Das war und ist vielmehr eine Entscheidung der einzelnen Kommunen. Was ich hier nämlich zum einen bezüglich dieses Prinzips der Freiwilligkeit, aber auch bezüglich des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung anmerken möchte, ist die Tatsache, dass in vielen – insgesamt fast 200 – Gesprächen mit diesen betroffenen Kommunen das richtige Haushaltskonsolidierungskonzept herausgearbeitet wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist in meinen Augen ein weiteres Erfolgskonzept, dass die Landesmitarbeiter in diesen Gesprächen in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen für Hilfe zur Selbsthilfe und für die Erarbeitung einer Methodenkompetenz gesorgt haben, die dazu geführt hat, dass die kommunalen Verantwortlichen die richtigen Wege eingeschlagen haben. Es ist aber niemand dazu gezwungen worden. Wenn Sie das mit dem Begriff „Schlagstock“ charakterisieren, ist das in meinen Augen eine Beleidigung der kommunal Verantwortlichen; denn die haben das entsprechend entschieden und dafür gesorgt, dass die richtigen Maßnahmen getroffen wurden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Deswegen möchte ich zum einen einen herzlichen Dank an die Mitarbeiter des Finanzministeriums und des Innenministeriums, zum anderen auch an die der Regierungspräsidien sagen, die exzellente Beratungsarbeit gemacht haben. Finanzminister Schäfer hat gesagt, dass diese Beratungsarbeit auch den Kommunen zur Verfügung steht, die nicht zu den Schutzschirmkommunen gehören. Da ist sicherlich eine Menge an Kompetenz aufgebaut worden, um dafür zu sorgen, was alle 102 Schutzschirmkommunen in den Verträgen vereinbart haben, nämlich bis 2020 zu einem ausgeglichenen Ergebnis zu kommen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich glaube, dass das zu einer solchen Erfolgsstory werden konnte, wusste am Anfang dieser Aktivitäten zum Kommunalen Schutzschirm niemand, als im September 2010 der Hessische Ministerpräsident, Volker Bouffier, erstmalig den Kommunen das Angebot gemacht hat: Wir wollen helfen, dass die Kommunalfinanzen sich verbessern, wir wollen einen Kommunalen Schutzschirm auflegen.

Dass etwa 46 % der Schulden bei Städten und Gemeinden und 34 % der Schulden bei den Landkreisen weggenommen wurden, zeigt, dass das genau der richtige Hebel und Ansatz war, um Hilfe zur Selbsthilfe zu betreiben.

(Norbert Schmitt (SPD): Die Schulden sind gestiegen!)

Finanzminister Schäfer hat davon berichtet, dass er Anfang Mai die acht Kommunen aufgesucht hat, die jetzt dreimal hintereinander ein ausgeglichenes Ergebnis hatten. Ich glaube, er konnte sich vor Ort sehr genau ein Bild davon machen, dass die Menschen begriffen haben, dass man Gebühren kostendeckend gestalten und die Einnahmen so verändern muss, dass sie den Ausgaben entsprechen.