Denn – führen wir es uns vor Augen – nicht jedes Krankenhaus ist zu jeder Tageszeit für alle medizinischen Notfälle ausgerüstet. Das Krankenhaus – diese Vorgabe haben wir – soll nach 20 Minuten, in Ausnahmefällen nach 30 Minuten erreicht werden. Damit wird gewährleistet, dass innerhalb einer Stunde, in der sogenannten Golden hour, das auf die Verletzung zugeschnittene Krankenhaus erreicht wird.
Dafür wurde in Hessen als einzigem Bundesland eine Verknüpfung des Rettungsdienstplans mit der Krankenhausplanung vorgenommen. Auch hier ist Hessen Vorreiter in der Versorgung von Patienten im Notfallbereich.
Durch die Einführung des IVENA, des Interdisziplinären Versorgungsnachweises, wurde ein weiterer Schritt zur Sicherung einer guten Versorgung geleistet; denn durch den IVENA wird die überregionale Zusammenarbeit von Leitstellen und Krankenhäusern gesichert. So entsteht eine überregionale Ressourcenübersicht über die Behandlungsund Versorgungskapazitäten aller Akutkrankenhäuser in der Umgebung.
Diesem Tatbestand ging die Neuregelung für die Krankenhauseinsatzpläne, abgekürzt KHEP, bereits im Jahr 2007 voraus. Diese neue Regelung, die eng mit dem Rettungsdienst abgestimmt wurde, ist mittlerweile von Hessen aus in vielen anderen Bundesländern vorgestellt worden.
An die Stelle des bisherigen Musterplans, der die Mindestanforderungen des KHEP vorgab, trat nunmehr eine Neukonzeption von Notfallplanung und Risikomanagement. Hierdurch wird ein Informationsvorsprung erreicht, der den Patienten massiv zugutekommt.
Zusätzlich wurde durch die Landesregierung im September 2014 ein Erlass herausgegeben, in dem ein Rahmenkonzept vorgegeben ist, das eine überörtliche Einsatzplanung für einen Massenunfall von Verletzten und Erkrankten vorsieht.
Auch hier hat die Landesregierung gehandelt. – Sie sehen, wir sind im Rettungsdienst optimal aufgestellt. Hessen
Vielen Dank, Frau Kollegin Bächle-Scholz. – Bevor wir in der Debatte weitermachen, begrüße ich auf der Besuchertribüne unseren ehemaligen Kollegen Dr. Jürgens. Herzlich willkommen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst möchte auch ich mich für meine Fraktion bei allen, die im Rettungsdienst tätig sind, bedanken.
Dieser Arbeit gebührt unser aller Anerkennung und Wertschätzung. Sie helfen in Not, ihre Arbeit ist unverzichtbar. Herzlichen Dank dafür.
Nun aber zum Antrag. In Punkt 2 gehen Sie auf die Notfallsanitäter-Ausbildung ein. Die Gesellschaft altert, die Zahl der Rettungseinsätze steigt rapide, weil sich der medizinische Versorgungsbedarf erhöht hat. Das ist Fakt.
Der Wandel vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter hat mit dem neu geschaffenen Gesetz 2014 begonnen. Für alle Rettungsassistenten und Rettungsassistentinnen besteht eine Übergangsregelung. Bis zum 31.12.2020 können sich diese Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter qualifizieren. Derzeit setzen unsere Rettungsschulen dies um.
Darüber haben wir schon ausführlich anhand eines SPDBerichtsantrags im Ausschuss debattiert. Sie, Herr Minister Grüttner, sind und waren davon überzeugt, dass die Frist eingehalten werden kann. Was ist jedoch, wenn es doch zu Engpässen kommt? Ich möchte Ihnen mit auf den Weg geben, dass es in der Praxis anders aussieht. Nur 70 % unterziehen sich der Prüfung, nicht alle bestehen. Hier verschließen Sie leider die Augen, genauso wie bei dem Hebammenmangel. Die Praxis zeichnet ein anderes Bild, als Sie es uns darstellen.
Bei der Notfallsanitäter-Ausbildung besteht großer Handlungsbedarf, gerade weil wir jetzt schon einen enormen Fachkräftemangel haben. Dadurch, dass diese Menschen nun die Qualifizierung absolvieren sollen, bestehen Ausfallzeiten bei der Weiterbildung. Die Experten berichten aus der Praxis, dass die Stichtagsregelung nicht eingehalten werden kann.
Deswegen: Sprechen Sie bitte noch einmal mit den Experten. Denn sie wünschen sich, dass sich die Hessische Landesregierung für die Streichung der Stichtagsregelung einsetzt.
Sprechen Sie mit ihnen; denn sie wünschen sich auch hinsichtlich der Refinanzierung einen Hinweis vom Ministerium an die Krankenkassen, sodass diese sich nicht länger einer Vereinbarung zur Übernahme der Kosten für die Weiterbildung von Rettungsassistenten, die weniger als drei Jahre Berufserfahrung haben, verschließen können. Es ist dringend erforderlich, dass die Krankenkassen ihre Verweigerungshaltung aufgeben und endlich Kostenregelungen treffen.
Meine Damen und Herren, unterstützen Sie als Landesregierung diese Verhandlungen. In Bayern ist dies beispielsweise gelungen. Gute Vereinbarungen wurden bezüglich der Kosten, auch der Reise- und Unterbringungskosten, getroffen. Mir ist klar, Herr Minister, Sie werden sich jetzt wieder darauf zurückziehen, dass die Kosten im Rahmen von Budgets zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern direkt zu verhandeln sind.
Das Ministerium könnte hier aber die Leistungserbringer unterstützen und stärken. Denn es geht um die Personalsituation und damit um die Zukunft der Rettungsdienste. Schließlich geht es auch um die Sicherstellung der Notfallversorgung. Die dürfen Sie nicht gefährden.
Auch die Refinanzierung der Praxisanleiter ist bis heute nicht geklärt, ganz zu schweigen von den Unklarheiten bei den Vorkursen, Crashkursen und den Ergänzungsprüfungen. Das würde jetzt aber zu weit führen.
Frau Bächle-Scholz hat die Hilfsfrist angesprochen. Ich kann mich an eine Berichterstattung des Hessischen Rundfunks erinnern. Da ging es darum, dass die Hilfsfrist nicht immer eingehalten wird. Es ging darum, dass die Quote von 80 bis 90 % in Hessen kritisiert wurde. Herr Minister, vielleicht können Sie gleich noch etwas zur derzeitigen Quote berichten.
Die gesetzliche Hilfsfrist ist nämlich keine unverbindliche Wunschvorstellung. Vielmehr handelt es sich um eine verbindliche Zielsetzung, um Menschen in Not schnell zu helfen. Es ist die Aufgabe des Sozialministers, die in Hessen geltenden Vorgaben durchzusetzen und die Qualität und die Schnelligkeit des Rettungsdienstes zu gewährleisten.
Die Hilfsfrist von zehn Minuten ist gut. Wer es vergessen hat, dem möchte ich sagen: 1989 wurde sie von der SPDgeführten Landesregierung geschaffen.
Das Land muss allerdings darauf achten, dass sie eingehalten wird. Wenn sie nicht eingehalten wird, muss sich das Land darum kümmern. Es muss nach den Gründen fragen und Abhilfe schaffen.
Gerade im ländlichen Raum ist es oft schwer, diese Hilfsfrist einzuhalten, weil es einfach weite Wege sind. Wenn personeller, fachlicher, organisatorischer oder technischer Nachholbedarf festgestellt wird, dann braucht man eben entsprechende Anordnungen. Das kann eine Personalaufstockung oder die Intensivierung der Schwachstellenanalyse sein, um lösungsorientierte Verbesserungen zu bewerkstelligen.
Herr Minister Grüttner, da wünsche ich mir für die Landkreise eine weiter gehende Unterstützung des Landes. Herr Minister, wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen, dass Sie Verbesserungen und Unterstützung auf den Weg hätten bringen können, wenn es gelungen wäre, die Kassenärztliche Vereinigung davon zu überzeugen, dass man die Leitstellen für die Rettungsdienste und des ärztlichen Notdienstes zusammenlegen sollte. Sicherlich wäre dann die Einhaltung der Hilfsfrist noch besser möglich.
Da hätten sich die Landesregierung, aber natürlich auch die Kassenärztliche Vereinigung mehr engagieren müssen, damit man dort innovative Wege hätte beschreiten können. Sie haben den Standpunkt vertreten, das sei die Sache der Kassenärztlichen Vereinigung. Wenn sie nicht wolle, könne man halt nichts machen.
Das ist schade. Denn es gab doch diesbezüglich Pilotprojekte. Die haben bestens funktioniert. Diese Erfahrung hätte man nutzen können, um entsprechende Handlungsempfehlungen auszusprechen. Vielleicht wollen Sie das noch einmal angehen. Für die Versorgung wäre das der richtige Schritt.
Ich möchte auch auf die Golden hour zu sprechen kommen. Das erklärte Ziel der Golden hour ist, dass der Patient spätestens eine Stunde nach dem Unfall in der Klinik ankommt, damit die Wahrscheinlichkeit einer Verschlechterung des Gesundheitszustands möglichst gering bleibt. Diese 60 Minuten wurden aus einer Vielzahl an Statistiken und Studien abgeleitet.
Die Verschlechterung des Gesundheitszustandes erfolgt vor allem aufgrund der Unterversorgung der Organe oder beispielsweise bei einer Vergiftung durch Zirkulationsstörungen. Ein halbwegs gesunder Mensch kann das etwa eine Stunde lang kompensieren, bevor es zum Versagen einzelner Organe kommt.
Dass die Golden hour in Hessen erreicht wird, ist ein Pfund. Ich möchte noch einmal einen herzlichen Dank an die kompetenten Rettungskräfte und die in den Krankenhäusern Tätigen richten, die ihr Möglichstes tun, um Menschenleben zu retten.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Initiative der SPD-Fraktion zur Rettungsstaffel noch einmal ins Gedächtnis bringen. Die hatten Sie damals abgelehnt. Inzwischen wurde sie eingeführt. Auch das hilft, Menschenleben zu retten.
Da hilft übrigens auch das von der Kollegin bereits erwähnte Informationssoftwareprogramm IVENA. Dieser Interdisziplinäre Versorgungsnachweis ersetzt zu einem großen Teil die bislang erforderliche telefonische Kommunikation zwischen den Mitarbeitern der Leitstelle und der Kliniken. Damit wird die Kommunikation schneller.
Hinter dem etwas sperrigen Namen verbirgt sich eine deutlich verbesserte Überlebenschance für Unfallopfer und Patienten. IVENA sagt nämlich nicht nur dem Fahrer des Notarztwagens quasi auf Knopfdruck, in welchem Krankenhaus ein freies Bett zur Verfügung steht. Zudem alarmiert es die Spezialisten, die dann vor Ort gebraucht wer