Es wäre wirklich fatal, wenn gerade an einer Stelle, an der wir uns eigentlich alle darin einig sind, dass es einen wichtigen Handlungsbedarf gibt, keine vernünftige Abarbeitung durch die Verwaltung erfolgen würde.
Zwei kleine Themen möchte ich noch ansprechen, bei denen wir uns ebenfalls noch Veränderungen vorstellen könnten. Zunächst ist das der Bereich der Rechtsstaatsklassen, wo man auch die Anwaltschaft hätte mit einbeziehen können. Man hätte die Möglichkeiten des Einbringens erweitern können. Das hätten wir uns gewünscht.
Die Frage einer Neuordnung der Justizvollzugsanstalten – das ist eine Haushaltsfrage – sollte oder muss man an dieser Stelle ebenfalls angehen. Hier einfach stehen zu bleiben und nicht weiterzugehen ist aus unserer Sicht ein absoluter Fehler; denn es besteht deutlicher Handlungsbedarf. Wenn man sich die Größe einiger Anstalten anschaut, wird klar, dass hier vorangeschritten werden muss. Auch der Zustand einiger Justizvollzugsanstalten ist ein wichtiges Thema. Hier gibt es überfälligen Sanierungsbedarf. Diesbezüglich hätte man mehr erwarten können.
Zu guter Letzt stellen wir als Fraktion fest, dass die Ministerin immer wieder den Eindruck erweckt, dass sie vielleicht doch lieber Innenministerin geworden wäre und dass sie den Justizbereich mehr oder minder verwaltet, aber nicht gestaltet. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gewährleistung der Sicherheit in Hessen ist ein wesentlicher Schwerpunkt der Landesregierung. Sicherheit ist nur mit einer leistungsfähigen und modern ausgestatteten Justiz zu erreichen. Nur eine starke Justiz schafft Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger unseres Bundeslands.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben im Bereich der Justiz viel bewirkt. So nimmt die hessische Justiz bundesweit, das will ich als erstes Beispiel erwähnen, eine Spitzenposition bei der Bekämpfung der Internetkriminalität ein. Die bei der Generalstaatsanwaltschaft angesiedelte Zentralstelle zur Bekämpfung von Internetkriminalität, kurz ZIT, arbeitet schon seit einigen Jahren mit großem Erfolg. Zuletzt konnte sie den mutmaßlichen Waffenhändler des Münchner Amokschützen ausfindig machen und auf diesem Wege weitere Straftaten verhindern.
Gerade die rasant fortschreitende Digitalisierung der Welt zeigt, dass wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen dürfen. Deshalb habe ich schon im Sommer hier im Parlament eine digitale Agenda für das Recht gefordert und zugleich auch eine Bundesratsinitiative zu diesem Thema eingebracht. In der letzten Woche fand eine Justizministerkonferenz statt. Diese Initiative ist nun einstimmig beschlossen worden, sodass die digitale Agenda für das Straf
recht und das Strafprozessrecht auf Bundesebene eingerichtet wird. Wir haben die Initialzündung gegeben und werden jetzt mit aller Kraft daran arbeiten, sowohl im Strafprozessrecht als auch im Strafrecht das Handwerkszeug zu bekommen, um Internetkriminelle dingfest zu machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Schwerpunkt im Justizhaushalt liegt auf der Verbesserung der Personalausstattung. Nur durch gutes, engagiertes Personal kann man den Rechtsstaat am Ende sicherstellen. Deshalb ist es ein großer Erfolg – das will ich zuallererst erwähnen –, dass der Stellenabbau gestoppt ist.
Er ist aber nicht nur gestoppt, sondern es war auch möglich, insgesamt 250 neue Stellen zu schaffen. Damit können Straftaten noch schneller und effizienter aufgeklärt werden und die Täter einer gerechten Bestrafung zugeführt werden. Wir brauchen mehr Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und auch mehr Richter, damit wir die Justiz in Hessen sicherstellen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Beitrag der Justiz für die Sicherheit der Bevölkerung endet aber nicht mit der Verurteilung. Die Strafe ist zu vollstrecken. Der Verurteilte soll möglichst resozialisiert und wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden, um weitere Straftaten zu verhindern. Deshalb kann man nicht oft genug wiederholen, dass die beste Art, Kriminalität zu bekämpfen, die ist, solche gar nicht erst entstehen zu lassen. Das ist der beste Opferschutz.
Deswegen werden wir auch weiterhin unsere Präventionsund Resozialisierungsarbeit verstärken und haben den Justizhaushalt insgesamt – so steht es im Entwurf – um 14 Millionen € erhöht. Wenn man die Anträge der Koalitionsfraktionen, die jetzt eingebracht worden sind, aber hinzuzählt, dann sind es 15,5 Millionen €, die der Justizhaushalt zusätzlich bekommen soll – eine stattliche Summe, so viel wie nie in den letzten Jahren.
Die Beendigung des Personalabbaus betrifft alle im Justizapparat befindlichen Berufe: Rechtspfleger, Mitarbeiter in den Serviceeinheiten, Kostenbeamte, Gerichtsvollzieher, Wachtmeister und natürlich auch das Personal in den Justizvollzugsanstalten.
Die Schaffung der neuen Stellen – die 250, die schon erwähnt sind – hat auch damit zu tun, dass wir neue Aufgaben zu bewältigen haben. Knapp 9 Millionen € stehen für den Aufwuchs der Stellen im Justizhaushalt zur Verfügung. Die Aufgaben, die neu auf uns zugekommen sind, resultieren z. B. aus den Gefahren, die aus religiösem und politischem Extremismus erwachsen, aus der Bekämpfung der expandierenden Internetkriminalität, aus den Verfahren bei Familiengerichten im Kontext des Flüchtlingszustroms – Stichwort: Vormundschaft, die bei minderjährigen Flüchtlingen entschieden werden muss – oder auch aus den immer umfangreicher werdenden Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einen wichtigen Punkt nennen, nämlich die Investitionen in die IT-Ausstattung. Insgesamt sind im Haushaltsentwurf
8,3 Millionen € vorgesehen, die eine bessere Ausstattung bei der IT gewährleisten sollen. Mit 6,5 Millionen € soll das Geld hauptsächlich in die Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs gehen. Qualitativ hochwertige Rechtsfindung ist heute ohne die Instrumente moderner Büro- und Kommunikationstechnik nicht mehr denkbar. Auch die Verfahrensführung wird erleichtert.
Da kann man als Beispiel unsere hessischen Verwaltungsgerichte anführen, die zu den bundesweit ersten Gerichten gehörten, die bei ihrer Kommunikation mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vollständig auf die elektronischen Akten umgestellt haben. Dadurch können die Aufenthalts- und Asylverfahren, deren Zahl stark gestiegen ist, viel effizienter und schneller geführt werden. Das ist vielleicht für den Kollegen Rock noch einmal spannend: Der Zeitgewinn beträgt sechs Monate. Meine sehr geehrten Damen und Herren, all das, was Sie zu den Verwaltungsgerichten vorgetragen haben, entbehrt jeglicher Grundlage.
„Fit für den Rechtsstaat – Fit für Hessen!“ ist ein Erfolgsmodell. Im Jahr 2016 standen dafür 100.000 € zur Verfügung. Wir haben heute über 300 Dozenten an 78 Standorten. Es handelt sich ausschließlich um Profis, die diese Klassen führen. Es ist möglich gewesen, da noch einmal etwas draufzusatteln. Es wird auf 200.000 € verdoppelt werden. Wir können heute sagen: Wir haben 6.000 Bescheinigungen ausgestellt. Die Rechtsstaatklassen sind so, wie wir das machen, in Deutschland einmalig. Sie sind erfolgreich. Sie werden von anderen nachgefragt. Wir werden auf diesem Weg weitergehen.
Nächstes Thema: Dabei geht es um die Resozialisierung der Gefangenen. Es wurde von den Kollegen schon erwähnt. NeDiS heißt das Stichwort. Es geht um die Deradikalisierung religiös motivierter Straftäter in der Haft, um ihnen eine Zukunft zu ermöglichen. Das geschieht mit externen Partnern.
Auch dieses Projekt wurde in Hessen begonnen. Wir sind diejenigen, die von anderen Bundesländern angefragt werden, um das Modell zu erklären und um das am Ende in anderen Ländern mit aufzubauen.
Im Justizvollzug sind die Ausbildung in den Arbeitsbetrieben und natürlich auch die Resozialisierung wichtige Faktoren. Auch dafür wird mehr Geld zur Verfügung stehen. Wir werden ein Investitionsvolumen von 1 Million € haben, mit dem in die Betriebe investiert werden wird, damit da weiter gearbeitet und ausgebildet werden kann.
Ich will noch etwas zum Opferschutz sagen. Die psychosoziale Prozessbegleitung ist angesichts der Regeln, die es jetzt auf Bundesebene gibt, ein neues Thema. Dafür haben wir 250.000 € neu vorgesehen.
Die Häuser des Jugendrechts sind ein Erfolgsmodell. Sie wurden schon erwähnt. Sie werden in dieser Plenarsitzungsrunde noch ein Thema sein. Wir haben nicht nur zwei in Frankfurt und werden noch ein drittes hinzubekommen. Vielmehr wird es durch einen Änderungsantrag noch ein viertes in Offenbach geben.
Diesen Weg müssen wir weitergehen, damit die Jugendkriminalität am Ende sozusagen an der Wurzel gepackt wird. Der Rückgang der Jugendkriminalität in den letzten Jahren durch die Häuser des Jugendrechts liegt bei 30 %. Das ist eine hohe Zahl.
Wer als Jugendlicher merkt, dass es ein Stoppschild gibt und dass man kriminelles Handeln besser lassen sollte, den werden wir später nicht in der Justiz haben. Das ist ein riesiger Erfolg bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität, und zwar mit dem hessischen Modell der Häuser des Jugendrechts, auf die wir wirklich stolz sein können.
Der letzte Punkt. Dabei geht es um die Gewährleistung der Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten. Das wurde schon von Frau Kollegin Müller erwähnt. Da geht es um Investitionen, auch in die Bauten, und um hohe Summen. Auch diese Investitionen sind für die Sicherheit wichtig.
Zum Schluss will ich erwähnen: Mit dem Haushalt des Jahres 2017 wird die hessische Justiz stärker, effektiver und zukunftsfähiger werden. Wir werden einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger leisten. Gut aufgestellte Ermittlungsbehörden und eine unabhängige, kompetente und effektive dritte Gewalt sind entscheidende Faktoren für die Funktionsfähigkeit eines Rechtsstaats.
Hier ist viel mehr Licht als Schatten. Selbst bei den Rednern der Opposition konnte man den Eindruck gewinnen, dass wir so viel bewegt haben, dass es schwerfällt, dem nicht zuzustimmen.
Frau Ministerin, vielen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zum Einzelplan 05. Damit ist der Einzelplan 05 behandelt.
Jetzt darf ich zunächst einmal auf der Besuchertribüne ganz herzlich den neuen Generalkonsul von Montenegro, seine Exzellenz Herrn Branislav Karadzic, begrüßen. Seien Sie uns nicht nur heute, sondern immer, wenn Sie da sind, herzlich willkommen. Glück auf und alles Gute.
Bevor wir weitermachen, habe ich noch etwas. Eingegangen und an den Plätzen verteilt ist der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und DIE LINKE sowie der Abg. Öztürk betreffend Solidaritätserklärung des Hessischen Landtags mit den Journalistinnen und Journalisten, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, den Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern und Abgeordneten der HDP in der Türkei, Drucks. 19/4118. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist offensichtlich der Fall. Damit wird der Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 45 mit fünf Minuten Redezeit. Okay?