Protokoll der Sitzung vom 23.11.2016

auf. Es beginnt Herr Kollege Nobert Schmitt von der SPDFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! So erfreulich es ist, dass die Landesregierung mit dem Entwurf des Haushalts für das Jahr 2017 endlich unseren Forderungen nach mehr Steuergerechtigkeit und mehr Steuerfahndern nachgekommen ist, so unerfreulich ist es allerdings, dass es mehr als zehn Jahre gedauert hat, bis diese Forderungen endlich aufgegriffen wurden. Deswegen kann man nur sagen: Es wurde endlich Zeit, dass da eine Umkehr bei der Landesregierung stattfindet.

(Beifall bei der SPD)

Dennoch ist für Euphorie überhaupt kein Platz. Denn die Versäumnisse in der Vergangenheit sind groß. Da gibt es noch einiges aufzuholen.

So befinden sich die Steuerverwaltung und die Finanzverwaltung in Hessen im Vergleich zu den anderen Bundesländern bei der Personalausstattung auf dem vorletzten Platz, wenn man sich am Bruttoinlandsprodukt orientiert. Sie sind auf dem vorletzten Platz. Das muss Schritt für Schritt korrigiert werden.

Es wurde wieder einmal die Hoffnung geweckt, dass die Landesregierung endlich begriffen hat, dass die Finanzverwaltung nachhaltig gestärkt werden muss. Herr Minister, dieser Eindruck ist in der vergangenen Woche wie eine Seifenblase zerplatzt. Die Versäumnisse der Landesregierung im Kampf gegen die Steuerhinterziehung füllen bereits Register. Nun kommt eine dubiose Rolle Hessens beim Anwendungserlass des Bundesfinanzministers hinzu. Das Stichwort lautet Cum-Cum-Geschäfte. Das hat zur Folge, dass Banken dreistellige Millionen-Euro-Summen, vielleicht sogar Milliardenbeträge aus ihrem Steuerbetrug bei den Aktienausleihen behalten bzw. retten können.

(Zuruf von der SPD: So ist das!)

Herr Minister, dieser Legitimationsschein für den Steuerbetrug der Großbanken muss außer Kraft gesetzt werden. Wir fordern Sie auf – Sie werden dazu nachher sicherlich Stellung nehmen –, dass dieser Erlass bei der nächsten Finanzministerkonferenz besprochen wird und dass Sie auf den Bundesfinanzminister einwirken, dass dieser Erlass zurückgenommen wird.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Haushaltsänderungsanträge, die unser Fraktionsvorsitzender gestern erläutert hat, sollen dazu dienen, die große Investitionsschwäche des Landes zu beheben. Der Ministerpräsident hat dazu gestern auf unsere Einlassungen erwidert, es gebe doch noch ein Land, das schlechter sei. Ich weiß nicht, wie lange er danach hat suchen müssen. In der Tat, das stimmt. Es gibt sogar noch ein weiteres Land, das schlechter ist. Es gibt also zwei Länder, die bei der Investitionsquote schlechter als Hessen sind. Was ist denn das für ein Argument? Das ist doch schlichtweg lächerlich.

(Beifall bei der SPD)

Zu sozialdemokratischen Zeiten, Stichwort: „Hessen vorn“, haben wir uns an den Besten orientiert. Wir haben

nicht verzweifelt nach den Schlechtesten gesucht, um uns daran zu orientieren.

(Beifall bei der SPD)

Allein im Vergleich zum Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer fehlen 61 € pro Einwohner bei den Investitionen. Wenn Sie das hochrechnen, sind das etwa 370 Millionen €, die Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern bei den Investitionen hinterherhängt. Insbesondere die Kommunen – wir reden ja auch über den Einzelplan 17 – haben bei den Investitionen historische Tiefstände. Das muss korrigiert werden. Wir haben entsprechende Änderungsanträge zur zweiten Lesung im Haushaltsausschuss vorgelegt. Meine Damen und Herren, Sie sind dem leider nicht gefolgt.

Zudem hat der Ministerpräsident gestern kritisiert, dass wir für diese Investitionen die Rücklage verwenden. Diese Kritik ist schon bemerkenswert, und sie zeigt eine ziemlich erstaunliche Unkenntnis. Herr Dr. Arnold, da greift doch die Landesregierung allein in diesem Jahr mit 450 Millionen € in die Rücklage.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Die Landesregierung hat im Haushaltsentwurf vorgesehen, nächstes Jahr 327 Millionen € aus der Rücklage zu entnehmen.

Meine Damen und Herren, wenn CDU und GRÜNE in die Rücklage greifen, finden das der Ministerpräsident und der Finanzminister offensichtlich okay. Wenn aber die SPD die Rücklage für Investitionen – das ist für mich wichtig – verwenden möchte, wird das kritisiert. Wie vordergründig, wie pharisäerhaft ist das denn?

(Beifall bei der SPD)

Ich komme noch einmal zu unseren Kürzungsanträgen, die wir gestellt haben. Gestern hat der Ministerpräsident bewusst einen Zwischenruf von mir verfälscht. Es geht um unseren Kürzungsvorschlag, 32 Stellen bei den Ministerien zu streichen. Ich lese Ihnen einfach einmal dazu unseren Änderungsantrag vor. Dann kann sich jeder eine Meinung darüber bilden, was wir vorhaben und ob die Behauptung des Ministerpräsidenten, wir wollten kleine Verwaltungsstellen streichen, richtig ist. In unserem Änderungsantrag zur Streichung von 32 Stellen in den Ministerien heißt es:

Angesichts des von der Haushaltsstrukturkommission festgestellten erheblichen Personalüberhangs im Bereich der politischen Führung ist die Arbeitszeitverkürzung durch das vorhandene Personal abzufangen. Eine Neuschaffung von Stellen im Ministerium ist deshalb nicht erforderlich. In den Ministerien sollen deshalb insgesamt 32 Stellen … gestrichen werden.

Meine Damen und Herren, es handelt sich um eine B-2Stelle in der Staatskanzlei, hier eine A-16-Stelle, da eine A-15-Stelle und dort eine A-14-Stelle. Es geht doch nicht um kleine Verwaltungsstellen. Es geht darum, dass die Ministerien in den vergangenen Jahren riesig aufgebläht worden sind, ohne dass es dafür ein Erfordernis gab. Es geht darum, dass sogar zusätzliche Stellen geschaffen worden sind. Wir denken, dass die Arbeitszeitverkürzung von einer Stunde sehr gut mit dem vorhandenen Personal aufgefangen werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Schluss. Wir können uns jetzt kurz fassen. Wir haben das auch schon ausführlich in der ersten Lesung besprochen. Ich erwarte, dass endlich in der Landesregierung verstanden wird, dass wir die Finanzverwaltung nicht schwächen dürfen, sondern alles dafür tun müssen, die Finanzverwaltung zu stärken, um endlich auch in Hessen Steuergerechtigkeit herzustellen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Das Wort hat Abg. Dr. Arnold, CDU-Fraktion.

Herr Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu Einzelheiten im Einzelplan 06 komme, möchte ich eine Vorbemerkung machen. Herr Kollege Schmitt, ich habe bisher Ihre Argumentation zwar in vielerlei Hinsicht nicht geteilt, aber ich habe geschätzt, dass Sie die Dinge solide und wahrheitsgemäß vorgetragen haben. Das haben Sie mit dieser Rede nicht getan. Ich will das an zwei Punkten festmachen.

Erstens. Sie haben die Cum-Cum-Geschäfte erwähnt, also das, was bei Wertpapierleihgeschäften in der Vergangenheit geschehen ist. Das war moralisch verwerflich, aber nach der Gesetzeslage nicht direkt illegal.

(Norbert Schmitt (SPD): Doch!)

Sie haben nicht erwähnt – –

(Zurufe von der SPD)

Es war nicht gesetzeswidrig.

(Norbert Schmitt (SPD): Doch!)

Sie haben unterschlagen, dass gerade unser Finanzminister Thomas Schäfer dafür gesorgt hat, dass es ab 1. Januar 2016 eine neue Rechtslage gibt und dass mit dem Investmentsteuerreformgesetz Cum-Cum-Geschäfte künftig illegal sind. Meine Damen und Herren, das ist der entscheidende Punkt zu dieser Vorgehensweise.

Zweitens. Wir haben im Einzelplan 06 für das Hessische Ministerium der Finanzen ebenfalls einen deutlichen Ausbau des Personals vorgesehen, der dafür sorgen wird, dass die Steuerfahndung und die Betriebsprüfer verstärkt werden. Wir haben 35 neue Stellen im Bereich der Internationalisierung des Steuerrechts. Wir haben im Haushalt weitere 35 neue Anwärterstellen zugunsten der Steuerfahndung vorgesehen. Das ist eine signifikante Stärkung unserer Steuerverwaltung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das möchte ich hier ausdrücklich hervorheben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die hessische Steuerverwaltung ist bereits sehr schlagkräftig. Sie kann im Kampf gegen die Steuerkriminalität im Vergleich der Bundesländer auf durchaus beachtliche Erfolge verweisen. Was Sie auch nicht erwähnt haben, was ich aber deutlich machen möchte, ist: Gerade im Bereich der Betriebsprüfer wurde in den letzten zehn Jahren rund 25 % mehr Personal eingesetzt. Auch das ist eine Verstärkung der Steuerverwaltung.

Wenn ich darauf hinweise, dass wir für 2017 650 neue Anwärter für den mittleren und höheren Dienst einstellen, dann ist das ebenfalls eine deutliche Stärkung. Bis zum Jahr 2019 sind das insgesamt 1.700 neue Anwärter im mittleren und gehobenen Dienst. Meine Damen und Herren, das ist eine gute Nachricht für die hessische Steuerverwaltung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Haushalt 2017 ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie die Landespolitik angemessen auf aktuelle Herausforderungen reagiert.

(Günter Rudolph (SPD): So? Komisch!)

Die Schwerpunkte sind Sicherheit, Bildung, Arbeitsplätze und auch die Integration der Flüchtlinge.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Vor allen Dingen ist ein Markenzeichen – Herr Kollege Rudolph, hören Sie gut zu – die solide Finanzierung. Das ist die Handschrift von Schwarz-Grün und auch die Handschrift unseres Finanzministers Thomas Schäfer in diesem Haushalt.

(Beifall bei der CDU)

Das unterscheidet sich sehr deutlich von der Politik der leichten Hand der hessischen Sozialdemokratie. Leider ist Kollege Schäfer-Gümbel im Moment nicht da. Ich richte mich deswegen an Sie, Herr Kollege Schmitt; denn Sie haben es auch erwähnt, nämlich die Entnahme aus der allgemeinen Rücklage.

Wir haben durch ein Schreiben des Finanzministers vom 15. November, das er dem Landtag zugänglich gemacht hat, feststellen können, dass die allgemeine Rücklage erwartungsgemäß zum 1. Januar 2017 mit einem Betrag von 545 Millionen € ausgestattet sein wird. Der jetzige Haushaltsentwurf der Landesregierung sieht eine Entnahme von 198 Millionen € aus der allgemeinen Rücklage vor. Da ist dann noch ein verbleibender Betrag von 350 Millionen €. Das sind gut 1,2 % des gesamten Haushaltsvolumens. Das ist sicherlich eine zulässige Maßnahme.

Was aber macht hier die SPD? Die SPD reicht Haushaltsanträge von rund 443 Millionen € ein und finanziert das unter anderem durch Entnahmen aus der allgemeinen Rücklage in einer Höhe von knapp 290 Millionen € – Rest in der allgemeinen Rücklage: 60 Millionen €.

(Norbert Schmitt (SPD): Können Sie noch etwas dazu sagen?)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die Rücklage auf magere 60 Millionen € zu verringern, ist unseriös und eine Plünderung der Rücklage.