Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das sind Einzelhändler!)

Ob das Pendler sind oder nicht, ist mir völlig egal.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Einzelhändler!)

Herr Kollege Boddenberg!

Das sind Arbeitsplätze von Menschen, die froh sind, dass sie einen Job haben und für ihr Auskommen sorgen können.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Jeder einzelne Arbeitsplatz zählt!)

Als Nächster spricht Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst bitte ich um Entschuldigung, wenn es vorhin etwas lauter geworden ist, und ich sage ausdrücklich ein herzliches Dankeschön an den Kollegen Schäfer-Gümbel, dass er die Debatte, wie ich finde, inhaltlich an einigen Punkten nochmals vorangebracht hat und nicht so laut eingestiegen ist, wie ich es vorgelegt hatte.

Wir kommen zu den spannenden und grundsätzlichen Punkten, wie wir Politik machen, aber auch zu ein paar grundsätzlichen Punkten, die den Flughafen betreffen.

Ich finde, keine Fraktion in diesem Landtag sollte den Anspruch aufgeben, zu formulieren, wie sie sich die Welt wünscht. Das ist nämlich unsere Aufgabe: zu beschreiben, wie wir die Welt gestalten würden, wenn es nur nach uns ginge und wenn es keine Vorgeschichten und keine Festlegungen gäbe. Das ist die Aufgabe von uns allen. Das haben wir GRÜNE gemacht; so haben aber auch andere Fraktionen bei dem Thema Flughafen gehandelt.

Wir sollten es nicht diskreditieren, wenn man nach der Wahl versucht, das umzusetzen. Ja, man hat da Erfolge, und man hat Niederlagen. Der Gradmesser für die Glaubwürdigkeit ist, ob man versucht, das umzusetzen, was man sich für die Welt wünscht. Ich finde, beim Thema Frankfurter Flughafen können wir das bei jedem Punkt für uns in Anspruch nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Her- mann Schaus (DIE LINKE) – Weitere Zurufe von der LINKEN) )

Herr van Ooyen, auf DIE LINKE und auf das, was Frau Kollegin Wissler gesagt hat, wollte ich auch noch zu sprechen kommen. – Ich akzeptiere, dass DIE LINKE sehr weitreichende politische Ziele formuliert. Aber zur Verwirklichung der Ziele gehört, dass man Instrumente benennt, mit denen man das umsetzen kann.

(René Rock (FDP): Jetzt widersprechen Sie sich aber!)

Gerade bei dem Thema Flughafen habe ich noch keinen einzigen Vorschlag von der LINKEN gehört,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch gar nicht wahr!)

wie die Ziele – die wir teilweise sogar gemeinsam haben – erreicht werden könnten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die Gutachten dazu! Das stimmt doch gar nicht!)

Frau Kollegin Wissler, wenn man sich immer einen schlanken Fuß macht und nur beschreibt, wie man die Welt gern hätte, sich aber zu schade ist, in eine Regierung einzutreten, oder sich nicht die Mühe macht, zu überlegen, wie man das umsetzen könnte

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ist das ein Angebot? – Weitere Zurufe von der LINKEN)

nein, wir diskutieren jetzt ganz konkret darüber –, erreicht man für die Menschen gar nichts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Der Kollege Schäfer-Gümbel hat gesagt, die Landesregierung kann mit der Entscheidung über die Genehmigung der Entgeltordnung nicht verhindern, dass sich Ryanair am Frankfurter Flughafen ansiedelt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Aber man muss doch keine Anreize setzen!)

Ich sage ausdrücklich, ich finde es sehr fair, dass wir das in dieser Debatte festgehalten haben. Ja, das können wir nicht verhindern.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir sind uns auch politisch darin einig, dass wir den ruinösen Preiswettbewerb der Billigflieger nicht gut finden. Sie hatten gefragt, was die politische Haltung der GRÜNEN ist. Das ist unsere politische Haltung: Wir finden das nicht gut.

Dann gilt wiederum dieser Satz: Ja, wir wollen das nicht, aber wir müssen in einer Welt arbeiten, in der es sein kann, dass man etwas, was man politisch nicht will, unter den Rahmenbedingungen, die man vorgefunden hat, doch genehmigen muss. Das ändert nichts an der politischen Meinung, und das ändert auch nichts daran, dass wir weiter daran arbeiten, die politischen Rahmenbedingungen zu ändern. Aber, meine Damen und Herren, das ist der politische Prozess, in dem wir uns alle bewegen, und das sollten wir uns nicht gegenseitig vorwerfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Kollege Schäfer-Gümbel hat gesagt, er wolle in einen Dialog zu den Themen Lärmpausen und Lärmobergrenzen eintreten. Auch das nehme ich ausdrücklich auf. Ich bitte nur darum, zu beachten, dass ein Dialog besser zu führen ist, wenn es zwei Modelle gibt. Einen Dialog einzufordern, ohne selbst eine Positionsbestimmung vorgenommen zu haben und zu sagen, wo man eine Lärmobergrenze einziehen und inwiefern man die Lärmpausen besser gestalten würde als diese Regierung, reicht nicht aus.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Nachtflugverbot!)

Insofern greife ich dieses Angebot auf. Wenn Sie von der SPD ein besseres Modell für Lärmpausen haben, stellen Sie es vor, und lassen Sie uns darüber reden. Wenn Sie ein besseres Modell für Lärmobergrenzen haben, stellen Sie es vor, und lassen Sie uns darüber reden. Dann hätten wir, trotz meines etwas lauten Einstiegs, mit dieser Debatte einen wesentlichen Schritt getan, um in der Sache, d. h. für den Lärmschutz und die Entwicklung des Frankfurter Flughafens, etwas zu erreichen. Darum geht es nämlich eigentlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Als Nächster spricht der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten, Herr Kollege Rentsch. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Wagner, ich hätte mich gefreut, wenn Sie auf die Fragen geantwortet hätten, die der Kollege Rock gestellt hat. Sie haben nämlich gerade gesagt, wir kämen bei der Debatte voran. Dann ist es aber auch wichtig, dass die Fragen zum Thema Glaubwürdigkeit, die im Raum stehen – Kollege Boddenberg hat das ebenfalls angesprochen –, beantwortet werden: Was hat man vorher gesagt und versprochen? Mit welchen Positionen hat man um die Wähler geworben? Was hat man nachher umgesetzt?

Ich glaube, der Verkehrsminister hat gelernt – ich meine auch, dass er es schon vorher wusste, aber das kann ich jetzt nicht mit Sicherheit sagen –, dass es ein rechtliches

Umfeld gibt, das man sich nicht backen kann, und dass man deshalb an einigen Stellen möglicherweise zur Realität zurückkehren muss. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Offenbach lässt sich das sicherlich schlechter verkaufen; aber gelegentlich muss man das anerkennen. Insofern sage ich: Die Frage, was es nun war – Unwissenheit oder nicht –, hätte ich gern beantwortet. Herr Kollege Wagner, Sie haben noch die Möglichkeit, diese Frage zu beantworten.

Ich will aber ein bisschen herauskommen; das ist wichtig, wenn man diese Debatte verfolgt. Ich würde gern wissen, wie viele der Bürger, die heute zusehen, zu Hause oder im Parlament, das aufnehmen.

(Zurufe)

Sie haben recht, es gibt keinen Livestream mehr. Möglicherweise berichtet aber der Hessische Rundfunk über diese Debatte. – Ich wüsste gern, wie die Bürger es aufnehmen, wenn sie sehen, wo der Frankfurter Flughafen im Vergleich zu seinen Wettbewerbern steht und was wir hier für eine Debatte führen.

Herr Kollege Boddenberg, ich will gern das aufnehmen, was Sie gesagt haben, und auch das von Ihnen immer wieder zitierte Erlebnis, das Sie anlässlich einer Podiumsdiskussion mit einem FDP-Abgeordneten – oder einem Kollegen – aus Rheinland-Pfalz hatten. Wir haben einmal zusammen regiert, und ich kann mich noch an viele Debatten erinnern – ich habe die Sachen immer dabei –, in denen Sie die GRÜNEN nach dem Motto beschimpft haben, sie würden die Schaffung von Arbeitsplätzen verhindern. Das sind übrigens die Argumente, die Sie jetzt anbringen, wenn Frau Wissler redet. Da stand früher Herr Kaufmann. Ansonsten gibt es da keine Unterschiede. Das ist ungefähr die gleiche Qualität. Aber, Herr Boddenberg, Sie sind flexibel genug.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich habe das Gutachten der Wirtschaftsweisen zur wirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik auf dem Tisch liegen. Die Kanzlerin hat sich jetzt mit Herrn Prof. Bofinger gemein gemacht, der sagt, wir brauchen eigentlich keine Reformen. Aber alle anderen, die ein bisschen Sachverstand haben, und dazu gehörte lange Zeit der Wirtschaftsflügel der Union, sagen, bei dem, was hier passiert, nämlich dem Steigen der Lohnstückkosten, dem geringen Wachstum und den entsprechenden Rahmenbedingungen – Niedrigzinsphase und Ölpreis –, sollte man wirklich auf die Details achten.

Außerdem verlieren wir zurzeit an Wettbewerbsfähigkeit. Das kann man wunderbar an der Entwicklung des Frankfurter Flughafens ablesen. Natürlich ist das, worüber wir hier diskutieren, interessant. Es ist wichtig, dass wir darüber diskutieren. Es ist auch richtig, dass wir versuchen, Modelle dafür zu finden, wie man den Lärm minimieren kann. Das haben wir gemeinsam gemacht, und das machen jetzt Sie – wenn auch mithilfe eines Modells, das ich an einigen Stellen nicht für richtig halte. Aber glauben Sie denn ernsthaft, dass es die Menschen, die den Flughafen in Istanbul betreiben, die Menschen, die den Flughafen in Paris betreiben, oder die Menschen, die den Flughafen in London betreiben, interessiert, was für eine Binnendiskussion wir führen?

Herr Kollege Boddenberg, deshalb hätte ich mir gerade von Ihnen, der Sie früher sehr – wie ich es einmal aus

drücken will – prosperierende Reden zum Thema Wachstum gehalten haben, gewünscht, dass Sie sagen, wie Sie es mit dem Thema Wachstum halten und wie Sie die Strategie im Hinblick auf die Frage beschreiben, wie der Flughafen im Vergleich zu seinen Konkurrenten in den nächsten Jahren eine Chance haben soll, zu wachsen. Deshalb ist das Beispiel Ryanair ein Beleg für die Richtigkeit dessen, was wir geplant hatten. Deshalb haben wir den Flughafenausbau auch unterstützt, als die Weltwirtschaft eingebrochen ist und Herr Schulte und sein Team versucht haben, auf diese Situation und auf die Kundenwünsche zu reagieren.

Daher sage ich – Kollege Schäfer-Gümbel, ich bin bei Ihnen –: Man kann und sollte auch über die Arbeitsbedingungen diskutieren. Ich glaube, das hat Kollege Lenders schon für uns gesagt. Aber das entbindet uns als Parlament doch nicht von der Pflicht – die Fraport AG gehört übrigens zu einem Drittel dem Land Hessen –, über die Wettbewerbsbedingungen zu diskutieren. Dazu muss ich sagen: Herr Boddenberg, bei Ihnen kann man alles kaufen. Die CDU ist ein Gemischtwarenladen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben alles im Angebot. Als vorhin Herr Wagner so nett mit Frau Wissler geredet hat, hat jemand scherzhaft gesagt: nicht dass es demnächst noch Schwarz-Grün-Dunkelrot gibt. – Darauf meinte jemand: Das kommt auf keinen Fall infrage. – Das habe ich das letzte Mal vom Herrn Ministerpräsidenten gehört, als es hier um Schwarz-Grün ging. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich schließe hier nichts mehr aus.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Jetzt sagt Frau Wissler, sie macht es nicht. Frau Kollegin Wissler, werden Sie nicht zum zweiten Volker Bouffier. Das will ich an dieser Stelle sagen. Das ist eine gefährliche Frage. Darum müssen Sie sich kümmern.