Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Man kann es ganz einfach machen und sagen: Georg August Zinn hatte einen Plan; die SPD heute hat noch keinen Plan. Wir jedoch haben einen Plan, und wir setzen ihn seit drei Jahren um.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Wir GRÜNE sind in diese Regierung eingetreten, weil wir Hessen grüner und gerechter machen wollen. Wir GRÜNE wollen uns um die zentralen Herausforderungen kümmern: Ökologie, also wie wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten; soziale Gerechtigkeit, wir fragen: Wie können alle an der Gesellschaft teilhaben? Die dritte Herausforderung lautet: die Gewährleistung der individuellen Freiheit, dass alle Menschen in diesem Land so leben können, wie sie dies wollen, dass sie ihre Träume, ihre Perspektiven verwirklichen können. Daran arbeiten wir seit drei Jahren, und darin sind wir überaus erfolgreich.

Wir kümmern uns um den Klimaschutz und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Die Energiewende hat in Hessen Fahrt aufgenommen. Wir haben seit 2013 ein Plus von 73 % beim Strom aus Windkraft. Wir haben für Menschen in sozialen Notlagen das Hessische Sozialbudget eingerichtet. Wir geben bereits 1,2 Milliarden € für den Wohnungsbau aus; damit wollen wir 12.000 Wohnungen für 36.000 Menschen schaffen. Wir machen also keine Anhörungen, wir machen Politik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der SPD: Wo denn?)

Meine Damen und Herren, ja, wir haben in der Schulpolitik beim Thema Bildungs- und Chancengerechtigkeit viel zu tun. Deshalb sind wir dies angegangen. Deshalb investieren wir in die Bereiche, die für Bildungs- und Chancengerechtigkeit so bedeutsam sind; wir geben dort so viele Stellen hinein wie noch nie.

Wir haben die Hochschulen unseres Landes für beruflich Qualifizierte geöffnet. Das ist der größte Beitrag zur Chancengleichheit und Durchlässigkeit im Bildungssystem, wie wir ihn in Hessen seit Langem nicht hatten. Wir sind bei diesem Thema bundesweit führend. Wir machen keine Anhörung, sondern wir haben einen Plan und setzen ihn um.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Wir stehen für Akzeptanz und Vielfalt in unserem Land, damit jeder sein Leben so leben kann, wie er will – unabhängig von seiner sexuellen Orientierung oder seiner geschlechtlichen Identität.

Wir haben die Verkehrspolitik verändert. Ja, da gab es auch große Erfolge unter rot-grünen Regierungen. Ich erinnere an die Gründung der hessischen Verkehrsverbünde in den Neunzigerjahren. Das war ein epochaler Schritt. Aber, wenn wir heute die Mittel für diese Verkehrsverbünde um 24 % erhöhen und für alle Schülerinnen und Schüler sowie für alle Auszubildenden ein Schülerticket einführen, dann ist das der nächste epochale Schritt in der Fortentwicklung von Bussen und Bahnen in unserem Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, wir fördern die Soziokultur. Wir haben die Mittel für die freien Theater erhöht. Die Film- und Kunstförderung ist in dieser Legislaturperiode auf eine ganz neue Grundlage gestellt worden.

Wir fördern unsere Kommunen mit einem Kommunalinvestitionsprogramm von über 1 Milliarde €. Und last, aber bei Weitem nicht least: Wir haben einen Aktionsplan für die Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Höhe von 1,6 Milliarden € aufgelegt. Das ist einer der ambitioniertesten Aktionspläne, den es in dieser Republik gibt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Mannomann!)

Wir haben einen Plan, und wir setzen diesen um.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Was?)

Natürlich bleibt eine Menge zu tun. Ja, wir haben viel erreicht. Das kann man auch einmal erwähnen. Aber wir sind natürlich weit von der Vorstellung entfernt, dass wir schon alles verwirklicht hätten. Natürlich müssen wir an diesen Herausforderungen weiterhin arbeiten. Aber dieses Oppositionsprinzip – das erleben wir ja nicht nur in dieser Debatte –, nach dem Motto: „Ich ignoriere, was die Landesregierung tut; ich stelle zu allen landespolitischen Herausforderungen Fragen, gebe aber auf nichts eine konsistente Antwort“, soll in dieser Debatte auch einmal benannt sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich fasse zusammen: Georg August Zinn hatte einen Plan. Wir haben einen Plan. Die SPD hat hoffentlich auch bald einen Plan. – Glück auf, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Kollege Wagner. – Das Wort hat Herr Staatsminister Wintermeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! An und für sich könnte ich mich den Ausführungen von Herrn Wagner vollumfänglich anschließen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das wundert mich bei Ihnen nicht!)

Das braucht Sie nicht zu wundern.

Mich wundert auch nicht, dass der Kollege Rock in seiner Rede alles madig gemacht hat, bar jeder Realität. Hessen hat die höchsten Einkommen; Hessen hat das größte Bruttoinlandsprodukt. Hessen ist nicht nur das stärkste Flächenland in Deutschland, sondern wahrscheinlich auch in Europa. Noch schlimmer ist: Sie stellen alles infrage, woran Sie früher mitgewirkt haben. Aber das haben wir ja auch in der Debatte um die Kernkraft bestens mitbekommen.

(Beifall bei der CDU)

Der Hessenplan von Georg August Zinn war ein erfolgreiches Instrument zur Stärkung unseres Landes. Das müssen und wollen wir anerkennen. Er war eine wichtige Grundlage dafür, dass die verheerenden Kriegsfolgen bewältigt werden konnten. Er hat maßgeblich zur besseren Eingliederung der Vertriebenen beigetragen. Ich kann sagen: Der Hessenplan hat dieses Land vorangebracht, und darauf kann man noch heute völlig zu Recht stolz sein.

Doch bei aller Anerkennung hat der Hessenplan auch seine Grenzen. Mitte der Siebziger- und Achtzigerjahre wurde das immer deutlicher. Die Planungen der Fünfziger- und Sechzigerjahre passten nicht mehr zu den tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklungen. Hessen war in den Siebziger- und Achtzigerjahren nämlich nicht mehr vorn. Der Hessenplan war nicht flexibel und offen genug, um auf geänderte Verhältnisse zu reagieren. Die letzte Fördermaßnahme des Hessenplans – das muss man sich einmal bewusst machen – lief erst 1988 aus, also ein Jahr vor der Wiedervereinigung, 37 Jahre nach seiner Verkündung. Aber da war die Welt schon längst eine völlig andere. Wir sollten deshalb im 21. Jahrhundert nicht mehr versuchen, für Jahrzehnte im Voraus das Leben der Bürger zu bestimmen. Eine, wie es im Vorwort zum Großen Hessenplan von 1965 noch hieß, „umfassende Programmierung der Zukunftsaufgaben“ wollen wir nicht mehr, meine Damen und Herren.

(Stephan Grüger (SPD): Davon profitieren Sie aber heute!)

Herr Kollege, jede Zeit erfordert eigene Antworten. Unsere Zeit erfordert – Herr Wagner hat hierauf hingewiesen – mehr denn je Flexibilität und Offenheit.

Meine Damen und Herren, Digitalisierung und Globalisierung haben unsere Welt vollkommen verändert. Niemand kann präzise vorhersagen, wohin die Reise geht, was in 20 oder 30 Jahren Herausforderungen sein werden. Die Flüchtlingskrise hat uns doch gezeigt, wie schnell unerwartet große Herausforderungen auf uns zukommen können. Demografische Prognosen, Vorhersagen zu Schülerzahlen, Vorhersagen zum Wohnraumbedarf und vieles mehr sind sprichwörtlich über Nacht hinfällig geworden. Die neuen Aufgaben mussten schnell und unbürokratisch angepackt werden. Ich bin froh, dass uns bereits vieles gelungen ist, auch ohne dafür eine Blaupause in der Schublade gehabt zu haben. Denn Unvorhersehbares kann man nicht planen.

Das heißt aber nicht, dass wir planlos voranschreiten, ganz im Gegenteil. Ich erinnere, wie einige meiner Vorredner, an unseren bundesweit herausragenden Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Ich erinnere an die 1,3 Milliarden €, die wir bereits dafür bereitgestellt haben. Ich erinnere an über 6.000 neue Intensivklassenplätze, an 2.200 zusätzliche Stellen aus unterschiedlichsten Bereichen der Landesverwaltung, um nur einige Beispiele zu nennen. Ich erinnere an die im Haushaltsplanentwurf vorgesehenen 1,13 Milliarden € für den sozialen Wohnungsbau, eine noch nie da gewesene Höhe der Mittel für Wohnraumförderung für alle.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dabei geht es nicht um eine große Zukunftsutopie, sondern es geht um Maßnahmen, die bereits heute greifen und den Menschen die Hilfe bieten, die sie jetzt brauchen. Zugleich geht es um die Schaffung längerfristiger Grundlagen für die Zukunft von Flüchtlingen genauso wie von Einheimischen. Hier darf keiner gegen den anderen ausgespielt werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für diese dringenden Maßnahmen brauchen wir auch keine langwierigen Anhörungen, so wie auch Georg August Zinn – wie der Blick in die Geschichtsbücher von 1951 zeigt – bei der Verkündung seines ersten Hessenplans keine Anhörung nötig hatte. Was wir aber brauchen, ist das Engagement vieler haupt- und ehrenamtlicher Helfer. Ihnen sind wir nach wie vor dankbar und bitten sie um weitere Unterstützung. Nur eine lebendige humane Gesellschaft entwickelt sich wirklich planvoll weiter.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Flüchtlingskrise heute ist nur in wenigen Punkten vergleichbar mit der Nachkriegssituation,

(Zuruf des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

und zwar nur vergleichbar in der Ablehnung der Fremden, der zurückgelassenen Heimat, der Versorgung mit Wohnung, Arbeit und Gütern des täglichen Lebens. Es gibt eben doch Unterschiede, z. B. sprachliche Probleme, Kultur und Bildung der Asylsuchenden. Die Ressourcen, die uns heute zur Verfügung stehen, sind mit der Zeit des Mangels nach dem Krieg und in den Aufbaujahren ebenfalls nicht vergleichbar.

Deshalb hilft uns heute kein Hessenplan. Es braucht neue Lösungen. Es braucht zur Wahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts heute etwas anderes als Industriepolitik in Zehnjahresintervallen oder gar Fünfjahrespläne wie von den LINKEN, Quoten für Dorfgemeinschaftshäuser oder Kultuspolitik nach Kennziffern. Wer die aktuellen Ängste und Sorgen der Menschen aufgreifen und Lösungen für die Herausforderungen haben will, braucht keine Planwirtschaft.

(Widerspruch bei der SPD)

Nötig ist eine Politik, die Orientierung gibt, die einen Kompass hat, die weiß, wohin sie will. Meine Damen und Herren, dazu haben wir einen Plan. Wir haben auch ein gutes Regierungsprogramm. Vor allem haben wir aber die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit. Die Opposition hat diese nicht.

(Norbert Schmitt (SPD): Ihr habt keinen Plan, das ist das Problem!)

Der Ministerpräsident hat Ihnen bereits in seiner Rede zum Haushaltsplanentwurf die zentralen Fragen genannt, die für diese Hessische Landesregierung leitend sind: Wie gelingt Integration, und wie halten wir die Gesellschaft zusammen? Wie bleibt unser Land sicher? Wie stärken wir Bildung, Wissenschaft und Forschung? Wie bewahren wir Wachstum und Wohlstand? – Das sind die Kernfragen, die man so zusammenfassen könnte: Wie bleibt unsere Heimat Hessen zukunftsfähig und lebenswert?

(Norbert Schmitt (SPD): Wie lauten die Antworten?)

Meine Damen und Herren, die Antworten darauf verschieben wir nicht auf die kommenden Jahrzehnte, sondern wir geben sie heute.

Der aktuelle Haushaltsplanentwurf sieht allein für die Fortführung unserer Integrationsaufgaben 1,6 Milliarden € vor. Das ist eine bundesweit herausragende Investitionssumme, die alles übersteigt, was in diesem Land jemals für eine solche Aufgabe bereitgestellt wurde. So setzen wir die begonnene Arbeit fort, damit Integration gelingt und die Gesellschaft zusammenbleibt.

Wir sorgen weiter dafür, dass Hessen eines der sichersten Länder bleibt. Verbrechen hält sich nämlich nicht an Pläne. Es gilt, permanent wachsam und vorbereitet zu sein. Im nächsten Jahr haben wir den größten Ausbildungslehrgang, den es je bei der hessischen Polizei geben wird: Bis 2020 werden über 1.000 zusätzliche Polizeivollzugsbeamte eingestellt. 75 neue Stellen erhält der Verfassungsschutz und 250 Stellen die Justiz.