Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Unter anderem, Herr Kollege Rudolph, eben schon. – Die Energiekonzerne kündigen dies an, weil sie genau wissen, dass sie den Staat nicht mit Klagen überziehen und gleichzeitig erwarten können, dass der Staat ihnen wiederum entgegenkommt bei der Finanzierung von Entsorgung und Endlagerung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich freue mich, Herr Kollege Schmitt, dass wir doch nicht so weit auseinander sind. Das ist sehr schön.

Manche Kritik ist in diesem Zusammenhang ganz schön absurd. Ich komme auf die FDP zu sprechen. Die FDP hat in der Presse angekündigt, dass sie meint, die Verhandlungsposition war durch die Klage bei Biblis zu schlecht gewesen, man hätte mehr herausholen können in diesem ganzen Komplex. – Ich frage Sie, liebe Kollegen der Freien Demokraten: Wer hat jahrzehntelang alles dafür getan, dass die Gewinne bei RWE ordentlich sprudeln, dass genau diese Frage der Endlagerung und der Rückstellungen nicht ordentlich geregelt worden ist?

(Zurufe von der SPD und der FDP – Glockenzeichen des Präsidenten)

Jetzt beschweren gerade Sie sich, dass die Atomkonzerne eine zu gute Verhandlungsposition haben. Sie haben RWE nie die Stirn geboten. Sie haben sich immer ehrfürchtig verneigt. Was Sie gerade von sich geben, ist einfach unglaubwürdig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Timon Gremmels (SPD): Meinen Sie den Ministerpräsidenten und seinen Brief, Frau Dorn?)

Damals wie heute werden wir von den LINKEN kritisiert, wir hätten in den Verhandlungen zu wenig erreicht. Ihnen war der rot-grüne Atomausstieg damals viel zu langsam.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Er hat auch nicht so lange gegolten!)

Der sofortige Atomausstieg, den die LINKEN gemacht hätten, wäre Enteignung gewesen. Wir hatten gerade die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Diese Schadenersatzzahlungen wären ganz anders ausgefallen, liebe Kollegen der LINKEN. Sie haben immer nur provokante

Forderungen beim Atomausstieg gehabt, aber nie Lösungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Die LINKEN sagen außerdem, dass die Lösung von Entsorgung und Endlagerung nicht gut genug ist. Was wurde denn erreicht? Herr Kollege Rudolph, wenn Sie sagen, die GRÜNEN hätten keinen Anteil, sage ich: Wir haben im Bundestag, obwohl wir dort in der Oppositionsrolle sind, mit Jürgen Trittin an vorderer Stelle sehr aktiv mitgearbeitet. Ich finde, CDU, SPD und GRÜNE haben gemeinsam eine Menge erreicht. Das Wichtigste ist: Es gab eine große Gefahr, dass die Rückstellungen alle flöten gehen, wenn einer der Atomkonzerne ins Straucheln gerät. – Das wurde gelöst.

Der zweite Punkt, der erreicht worden ist: Die Atomkonzerne wollten immer eine private Stiftung haben. Dann hätte es die Gefahr gegeben, dass es Schlupflöcher gegeben hätte. Jetzt haben wir einen öffentlich-rechtlichen Fonds, wie wir ihn gerade in Hessen immer gefordert haben.

Der dritte Punkt, den wir erreicht haben, ist, dass bei den Rückstellungen ordentlich draufgesattelt worden ist. Es gibt jetzt einen Risikoaufschlag von 35 %. Erst danach würde gegebenenfalls öffentliches Geld fließen müssen.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen – ich habe es vorhin schon erwähnt, man hätte das alles viel früher regeln müssen – finde ich, es ist ein verdammt gutes Ergebnis. Ich bin den Bundestagsfraktionen und der Kommission sehr dankbar für diese harten Verhandlungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben uns unsere Rolle als GRÜNE, egal ob in der Regierung oder der Opposition, nie leicht gemacht. Wir haben sie immer anders verstanden. Wir hätten immer leicht sagen können, gerade bei der Frage von Atommüll: Wir sind nicht verantwortlich, löffelt eure Suppe allein aus. – Nein, das haben wir genau nicht gemacht. Es ging uns immer um ein Ziel, um den sicheren Ausstieg aus der Atomkraft und darum, dass unsere nachfolgenden Generationen bestmöglich geschützt werden vor dem strahlenden Müll. Genau dafür haben wir Verantwortung übernommen. Dafür haben wir im Gegensatz zu den LINKEN den Atomkonzernen die Stirn geboten. Wir haben alles dafür getan, dass wir das Atomzeitalter endlich beenden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Jetzt wird man schon angegriffen, bevor man das erste Wort gesagt hat!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Das Wort hat Herr Abg. Norbert Schmitt, SPD-Fraktion.

Guten Morgen, Herr Präsident, guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich begrüßt auch die SPD den Rückbau der Atomkraftwerke in Biblis.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich ist die Kernbrennstofffreiheit – ein schwieriges Wort – in Block A ein wichtiger Schritt dabei. Wir haben gerade nach den Ereignissen in Fukushima gesehen, dass auch von einem Nasslager weitere Gefährdungen ausgehen können. Deswegen ist es ein Meilenstein, dass wir jetzt in Block A keine atomaren Brennstoffe mehr haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dennoch muss festgestellt werden, dass es bei der Informationspolitik der Landesregierung zum Rückbau in Biblis einiges zu kritisieren gibt. Denn es gab und gibt ein völlig verkorkstes Informationsforum, das eigentlich das Ziel hat, die Region über die Rückbauschritte umfassend zu informieren. Mit diesem Informationsforum hat es leider keinen Vertrauensgewinn gegeben.

Das Konzept des Infoforums war und ist falsch und hat am Ende dazu geführt, dass, man höre und staune, der BUND gegen die Genehmigung des LAW-Lagers 2 geklagt hat, weil dazu – Frau Kollegin Hinz, das müsste insbesondere jemandem von den GRÜNEN peinlich sein – keine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden hat.

(Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

Es gibt dazu auch eine erste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt, das das Verfahren an den VGH in Kassel verwiesen hat. Da sollte Ihnen angst und bange werden. In seiner Begründung hat das Verwaltungsgericht Darmstadt festgestellt, dass ein besonders enger Zusammenhang zwischen dem LAW-Lager 2 und der Rückbaugenehmigung für die Atomkraftwerke in Biblis besteht. Ebenso sei das Zwischenlager für einen zügigen Rückbau zwingend erforderlich.

Genau das war vom Umweltministerium bestritten worden. Der Verweis vom VG an den VGH zeigt, dass der Bau des LAW-Lagers nicht vom eigentlichen Rückbauverfahren zu trennen ist. Deswegen sage ich: handwerklich miserabel gemacht.

Ich habe lange Zeit, bevor diese Genehmigung herausgegangen ist, gesagt: Redet auch im Infoforum darüber. – Meines Erachtens wären die Klagen vom BUND abzuwenden gewesen. Es wäre möglich gewesen, da zu einem Konsens zu kommen, wenn man sich hinreichend um diese Frage gekümmert und den Dialog vor Ort geführt hätte.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Die SPD begrüßt natürlich auch die angekündigte Rücknahme der Klage von RWE. Natürlich begrüßen wir die Klagerücknahme.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, da fällt insbesondere dem Ministerpräsidenten und Frau Puttrich – die ist heute nicht da – ein richtiger Stein vom Herzen, man könnte auch sagen,

ein Felsbrocken vom Hals. Sie hätten nämlich durch die Klage versinken können. – Deswegen: Beide haben in selten dusseliger Art und Weise der Atomwirtschaft Klagemöglichkeit und damit auch Schadenersatzmöglichkeiten eröffnet.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dorn, es ist doch entscheidend: Der Klageverzicht ist nicht umsonst. Der Klageverzicht wird doch jetzt eingepreist in die Verhandlungen, die es nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu geben wird, wie eine mögliche Entschädigung oder Kompensation ausfällt. An dieser Stelle wird es eingepreist. Das ist doch offenkundig.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf von der CDU: Ei, ei, ei! – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dieses Moratorium – –

(Zuruf von der CDU)

Haben Sie zugehört, was ich eben gesagt habe? Mir geht es nicht um die Frage der Finanzierung des Endlagers. Da sind die Kosten mit 23,55 Milliarden € ausgehandelt. Es geht doch jetzt darum, was nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stattfinden wird. Es geht darum, wie hoch die Kompensation dafür ist, dass der Ausstieg teilweise rechtswidrig war.

(Beifall bei der SPD)

Es geht auch um das Moratorium und darum, wer in der Zeit davor Investitionen getätigt hat.

Für den Steuerzahler wird das alles noch teuer genug sein. An dem Schaden in Höhe von 3 Millionen €, der in Hessen durch das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eingetreten ist, ändert der Klageverzicht überhaupt nichts.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme zum Schluss meiner Rede und sage: Die Behauptung der GRÜNEN, Hessen sei atomfrei, ist ein ziemlicher Quatsch. Wir werden in Biblis noch Jahrzehnte ein Zwischenlager haben, das bewacht werden muss. Von einer grünen Wiese in Biblis sind wir noch weit entfernt. Deswegen sage ich: Auch da muss man offen und ehrlich mit den Bürgern umgehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schmitt, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. René Rock aus Seligenstadt für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, wie ich das umschreiben soll. Wahrscheinlich würde man Chuzpe sagen, weil die GRÜNEN heute dieses Thema gesetzt haben. Das ist geradezu eine Provokation.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)