Protokoll der Sitzung vom 21.02.2017

Da es im Kern um das Deutschlandradio geht, ist dies natürlich der Ort – das will ich unterstreichen –, um auch die Bedeutung des Deutschlandradios zu würdigen. Herr Wintermeyer hat es zum Ausdruck gebracht: Sowohl die Anzahl der Hörer ist beachtlich als auch – das möchte ich besonders hervorheben – die Qualität des Programms immer ein Genuss, besonders wenn über Themen teilweise auch etwas länger berichtet wird, als wir es aus anderen Formaten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kennen. Das passiert an einem Ort, der auch uns wichtig ist: im Deutschlandradio. Dies zu unterstreichen ist mir wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nicht zu erwähnen brauche ich die Änderungen im Rundfunkstaatsvertrag zu den Bezeichnungen. Ich möchte stattdessen einige wenige Punkte akzentuieren, die mir – ich sagte es schon – aus sozialdemokratischer Sicht wichtig sind.

Erstens werden mit dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag in den §§ 21 und 24 Vorschriften zur gleichmäßigen Besetzung der Gremien mit Frauen und Männern vorgesehen.

Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag setzt sich mit Transparenzvorschriften auseinander, die erweitert werden: Öffentlichkeit der Sitzungen des Hörfunkrats sowie bestimmte Formen der Veröffentlichungspflichten unterschiedlicher Informationen, die damit zusammenhängen.

Besonders hervorheben möchte ich, dass zur Verbesserung der Personalvertretung der festen freien Mitarbeiter die Schaffung einer sogenannten Freienvertretung avisiert wird. Auch das ist etwas, was ich zumindest für erwähnenswert halte.

Der Staatsvertrag sieht darüber hinaus vor, die staatsvertragliche Beauftragung des Deutschlandradios auch auf das Angebot der Telemedien zu erstrecken. Das ist ja immer wieder umstritten. Ich finde es gut und richtig, dass auch dieser Teil jetzt entsprechend festgestellt wird.

Schlussendlich zur bisherigen Praxis der Liveübertragung aus dem Europäischen Parlament, dem Deutschen Bundestag oder den Landtagen: Das Programm des Deutschlandfunks auf digitale Frequenzen zu schalten wird ausdrücklich gestattet. Damit ist auch ein Teil dessen gewährleistet, was wir für besonders erwähnenswert und wichtig halten, dass nämlich auch die Übertragung von Debatten in den unterschiedlichen Parlamenten, die ich genannt habe, möglich ist.

Die Verständigung über die prozentuale Aufteilung der Rundfunkbeiträge ist insofern nicht relevant, als diese Veränderungen nur gradueller Natur sind. Sie sind zwischen den Ländern entsprechend ausgehandelt. Herr Wintermeyer hat schon erwähnt, dass sich die Länder in den Gremien wiederfinden. Das ist richtig und sinnvoll, auch die Verteilung auf die jeweiligen Verbände.

Dieser Entwurf ist, auch das will ich erwähnen, die Folge einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Staatsferne. Insofern folgen wir dem Grundprinzip, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk staatsfern und transparent zu organisieren ist, sodass er dem Kern seiner Aufgaben gut nachkommen kann. Das gewährleistet dieser Staatsvertrag. Deshalb habe ich meiner Fraktion empfohlen, ihm zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Mathias Wag- ner (Taunus) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Clemens Reif (CDU): Großmütig: „habe ich meiner Fraktion empfohlen“!)

Nächster Redner ist Herr Abg. Rock für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, beschäftigt sich aus unserer Sicht vor allem mit drei Teilen.

Der erste Teil betrifft das Deutschlandradio. Darüber ist schon ausführlich gesprochen worden; daran gibt es von unserer Seite keine besondere Kritik.

Der zweite Teil betrifft die Frage der Staatsferne. An dieser Stelle sind wir, muss ich sagen, mit dem Gesetzentwurf nicht zufrieden. Sie kennen ja unsere Kritik zur Quotenregelung – auf Mann folgt Frau. Ich glaube, das sollte wie überall in unserer Gesellschaft nach Qualifikation entschieden werden und nicht über eine Quote.

(Lachen der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir sind auch der Meinung, dass nicht ausreichend geregelt ist, wer dort wen wie politikfern vertreten soll. Diesbezüglich sind wir mit dem Gesetzentwurf nicht glücklich.

Natürlich muss ich auch das Thema Rundfunkfinanzierung ansprechen. Es gibt eine Empfehlung der KEF in Bezug auf die Bildung einer Rücklage. Aus unserer Sicht ist der Weg, den wir hier jetzt gehen, nicht der richtige Weg, um die Rücklage weiter aufzubauen. Wir haben an dieser Stelle kein Vertrauen, dass dem Reformbedarf, den es im öffentlich-rechtlichen Bereich bereits gibt, dann auch mit dem notwendigen Nachdruck entsprochen wird.

(Beifall bei der FDP)

Zudem wird darauf hingewiesen, dass im Jahr 2020 noch einmal mit einer deutlichen Erhöhung der Beiträge zu rechnen wäre. Ich glaube, dass das, was wir hier auf den Weg bringen, dazu führen wird, dass es eben keinen ausreichenden Druck im System geben wird, um die notwendigen Reformen umzusetzen. Wir werden in wenigen Jahren wieder hier stehen und uns in genau der gleichen schwierigen Situation befinden. Dann werden wir drei Jahre verschenkt haben. Die Bedarfe zur Anpassung wird man nicht mit der entsprechenden Energie vorangetrieben haben. Deswegen will ich für die Mitglieder meiner Fraktion schon einmal sagen, dass wir dem Gesetzentwurf so nicht zustimmen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Staatsminister Wintermeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Rock, ich will nur darauf hinweisen, damit nicht der falsche Eindruck entsteht, dass wir mit dem vorliegenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag über Rundfunkbeitragssenkungen, Rundfunkbeitragserhöhungen oder Rücklagenbildung entscheiden würden: Das wurde lediglich nachrichtlich in die Begründung aufgenommen. Wir müssten darüber nur entscheiden, wenn wir die Beiträge senken oder erhöhen würden. Eine Rücklagenbildung enthält dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht. Darüber ist auch nicht zu entscheiden.

Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Abg. Dorn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorgänger haben das Deutschlandradio zu Recht gewürdigt. Das möchte ich hier ebenso tun. Gerade in der heutigen Zeit kann man so ein Angebot nicht genug schätzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Michael Siebel (SPD))

Wir finden, dass der Staatsvertrag durchaus sehr wichtige Veränderungen beinhaltet. Bei dem einen großen Block geht es um die Frage der Zusammensetzung der Gremien. Das wurde entsprechend dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes angepasst. Mehr Staatsfunkferne im Hörfunk begrüßen wir.

Im Gegensatz zu den Mitgliedern der FDP begrüßen wir selbstverständlich auch die paritätische Besetzung mit Frauen und Männern. Künftig soll bei den Neubenennungen nach einem Mann eine Frau folgen. Das haben wir beim Hessischen Rundfunk bereits geregelt. Ich freue mich sehr, dass wir in der neuen Periode des Rundfunkrates künftig zwölf Frauen dort haben werden. Vorher waren es sieben Frauen.

Wie so oft ist es auch hier so: Herr Kollege Rock, mit einem bisschen Druck merkt man, dass genug kompetente Frauen in den Reihen zu finden sind. Ich finde, das ist ein Beweis dafür, wie wichtig es ist, mit solchen Regelungen manchmal zu zeigen, dass eine paritätische Besetzung angestrebt werden muss. Es zeigt sich auch, dass es sinnvoll war, neue Gruppen für mehr Vielfalt aufzunehmen. Auch das wird mit diesem Staatsvertrag verankert werden.

Herr Kollege Rock, Sie haben gerade das mit den Rundfunkbeiträgen kritisiert. Es stimmt: Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten hat vorgeschlagen, den Rundfunkbeitrag um 30 Cent zu senken. Herr Kollege Rock, es ist aber absehbar, dass er nach kurzer Zeit wieder erhöht werden müsste. Ich finde es sehr sinnvoll, dass man gesagt hat, der Beitrag bleibt stabil. Das ist sinnvoll. Denn eine Veränderung um 30 Cent kann man den Menschen draußen nur schwer erklären. Aber es macht für die Rundfunkanstalten viel aus. Es ist sinnvoll, bei einem stabilen Beitrag zu bleiben.

Sie haben gesagt, Sie hätten Sorge, dass der Reformbedarf nicht klar angegangen werde. Das sehe ich nicht. Ich sehe durchaus sehr starken Druck aus den Ländern für Strukturreformen. Sie werden nicht einfach werden. Es ist aber auch richtig, dass es zu Strukturveränderungen kommen wird. Der Druck besteht. Es gibt immer mehr Ideen, wie man zu mehr Effizienz kommen könnte. Das muss angegangen werden. Herr Kollege Rock, jetzt aber alles infrage zu stellen und diese Periode gleich so schwierig zu starten, indem man die Rundfunkbeiträge senken möchte, finde ich, ist der falsche Weg.

Drittens geht es um die Transparenz. Herr Kollege Siebel hat schon gesagt, dass das ein wichtiger Punkt ist.

Ich freue mich auf die Unterlagen der Fachanhörung, die durchgeführt wurde. Ich denke, das ist ein sehr sinnvoller Vertrag. Wir können dem sehr gut folgen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Dr. Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden mit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag für das Deutschlandradio jetzt das regeln, was wir unter anderem für das ZDF schon geregelt haben. Was wir unserer Ansicht nach dort falsch geregelt haben, wird auch hier falsch bleiben. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass das für jemanden von Ihnen von Interesse ist, können Sie das in meinen dazu gehaltenen Reden in früheren Debatten nachlesen.

Zusammenfassend will ich einfach nur sagen: Es werden nach wie vor im Rundfunkrat wichtige Personengruppen fehlen. Unserer Ansicht nach ist die Methode, wie man zu einer Erhöhung des Frauenanteils kommen wird, nach wie vor nicht ausreichend. Frau Dorn, wenn Sie von der leichten Erhöhung im Rundfunkrat reden, dürfen Sie natürlich nicht verschweigen, dass wir dann immer noch von der Parität weit entfernt sein werden. Für uns ist das ein hohes Gut. So kommen wir da leider nur viel zu langsam hin.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Wintermeyer, ich erspare mir jetzt Bemerkungen zu den Rücklagen, damit Sie mich nicht auch noch zurechtweisen müssen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält Frau Wolff für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir führen immer wieder Diskussionen um die Qualität des Journalismus. Ich denke, wenn man das Deutschlandradio betrachtet – besser gesagt, wenn man es hört –, dann hat man durchaus ein gutes Beispiel für qualitativ hochwertigen Journalismus. Das bedeutet, dass wir dort vertiefte Beiträge hören und dass wir dort ein Angebot an Diskussionen haben, aus denen sich die Menschen dann ihre Meinung bilden können.

Das ist ein wichtiges und ein gutes Angebot. Deswegen glaube ich, dass es gut ist, solch wertschätzende Bemerkungen heute von Rednern verschiedener Fraktionen gehört zu haben. Das wird zu Protokoll genommen. Damit wird auch das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet.

Im Übrigen ist dieses Gesetzgebungsverfahren mit einem Rundfunkänderungsstaatsvertrag freilich die logische Konsequenz aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF. Es ist damit in der Folge dessen, was wir schon einmal bei der Änderung des Staatsvertrags des ZDF und schon einmal beim Gesetz über den Hessischen Rundfunk diskutiert haben. Das wird jetzt erneut mit den Begriffen aufgenommen, die wir damals schon diskutiert haben: die Reduktion der Zahl der politischen Vertreter, die Verhinderung der Versteinerung. Die Versteinerung soll mit Vertretern neuer, zusätzlicher Gruppierungen aufgebohrt werden. Es geht um die Karenzzeit, die wir haben, und um die Transparenz. All das sind die wesentlichen Grundsätze, die wir in diesem Haus schon ein paarmal miteinander besprochen haben.

Insofern glaube ich, dass wir zu einer großen Mehrheit zu diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag kommen können. Ich will allerdings auch noch eines sagen: Man hat kein Alibi, wenn man jetzt, um dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen, das Thema Beitrag aufmacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Mathias Wagner (Taunus) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Dorn hat das eben schon einmal leise angedeutet: Wenn wir jetzt über die Vorstellungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten diskutieren, die empfohlen hat, den Beitrag zu senken, dann gehört zur Wahrheit zumindest dazu, dass die KEF in demselben Atemzug darauf hingewiesen hat, dass es in dem nächsten Bericht nicht um eine Erhöhung des Beitrags um 30 Cent, sondern um eine Erhöhung des Beitrags von über 2 € zusätzlich pro Monat gehen würde. Herr Kollege Rock, die Ehrlichkeit würde gebieten, das dann in eine solche Debatte mit hineinzuwerfen, obwohl es heute überhaupt nicht zu beschließen ist. Das gehört mit in die Debatte hinein.

Ich stimme Frau Dorn sehr klar zu, dass ich bei der ganzen ARD nur feststellen kann, dass dort die Reformbemühungen und die Überlegungen hinsichtlich der Strukturen sehr vertieft angegangen wurden. Das geschah in allen einzelnen Rundfunkanstalten der ARD zusammen. Deswegen glaube ich, dass das zu guten Ergebnissen kommen wird.

Heute haben wir aber ein anderes Thema. Dabei geht es um das Deutschlandradio. Ich glaube, da wurde ein solider Vertrag entworfen, den die Mitglieder meiner Fraktion im Prinzip schon heute beschließen könnten. Dabei gibt es eine einzige Ausnahme, bei der wir, wenn wir dürften und wenn wir könnten, anders wählen würden. Ich glaube nicht, dass Transparenz im Sinne der öffentlichen Sitzung eines Gremiums der Weisheit letzter Schluss ist. Dann werden vor manchen Sitzungen die wirklichen Beratungen vorher hinter verschlossenen Türen geführt werden. Ob das wirklich weiterführt, weiß ich nicht.

Im Übrigen denke ich aber, dass wir einen soliden Staatsvertrag vor uns haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)