Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

Ich habe die Presseerklärung zur Kenntnis genommen. Möglicherweise hat die Presseabteilung kein Bild von Ihnen und hat deshalb Ihre Presseerklärung anders untertitelt. Das fand ich einen etwas eigenartigen Vorgang.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Ein bisschen Spaß muss sein! – Michael Boddenberg (CDU): Worüber reden Sie eigentlich?)

Kommen wir zum inhaltlichen Teil. Nach einiger Rhetorik wird es am Ende des ersten Absatzes interessant.

(Michael Boddenberg (CDU): Im zweiten Absatz, dritte Zeile, da ist ein Komma ein Stück zu weit rechts!)

Das fällt einem dann auch auf. Einem alten Lehrer fällt das auf.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist beachtlich! Schauen Sie einmal, ob die Unterschrift auch passt!)

Sie müssen sich bei der Presseabteilung einmal durchsetzen, Herr Boddenberg.

(Michael Boddenberg (CDU): Wann kommen die sozialistischen Kernsätze?)

Sie lassen sich dazu herab, den Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit einem verbal-feuchten Händedruck zu danken, auch wenn Sie mit Ihrem Antrag vielleicht etwas deutlicher werden könnten. Es liest sich aber natürlich nicht so schön und wäre zu offensichtlich, wenn da stehen würde, dass die Beamtinnen und Beamten in Hessen länger arbeiten müssen, dass ihnen die Beihilfe gekürzt wurde

und dass sie von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt wurden. Denn genau das ist es, wofür Sie sich mit einem mageren Satz bedanken.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie haben unfreiwillig teilgenommen! Das ist der Unterschied!)

Davon bezahlt sich im Ballungsraum aber keine Miete leichter. Die Fahrkosten sinken nicht. Die Attraktivität einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst steigt nicht dadurch, dass sich die schwarz-grüne Koalition bei den Beschäftigten bedankt.

Vielleicht wäre es angebracht, anstelle der formellen und unaufrichtigen Danksagung die Forderung der Gewerkschaften in der aktuellen Tarifauseinandersetzung zu erfüllen,

(Beifall bei der LINKEN)

statt mit vollen Kassen, aber ohne eigenes Angebot bei den Verhandlungen aufzuschlagen. Wenn Sie sich dann auch noch selbst dafür loben, dass der eingeführte Konsolidierungsrahmen jetzt greife, weiß man schon deutlich, dass das vor allem darin besteht, bei anderen zu kürzen und die Kommunen möglichst kurzzuhalten.

(Michael Boddenberg (CDU): Wie bitte? Wer hat Ihnen denn die Zahlen aufgeschrieben?)

Was dem Land einen ausgeglichenen Haushalt beschert, sind vor allem höhere Steuereinnahmen. Diese und insbesondere die höheren Einnahmen bei der Erbschaftsteuer sind nicht aufgrund herausragender Kompetenz der Landesregierung zustande gekommen, sondern diese beruhen auf der Tatsache, dass Hessen allein bei der Erbschaftsteuer 2016 460 Millionen € höhere Einnahmen hatte als noch im Jahr 2015.

(Torsten Warnecke (SPD): Wie kommt das denn?)

Wohlgemerkt: bei der Erbschaftsteuer. Ich hoffe, dass die Landesregierung damit nichts zu tun hat, dass einige besonders wohlhabende Menschen in Hessen verstorben sind.

(Torsten Warnecke (SPD): Ach so! – Beifall des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Janine Wissler (DIE LINKE): Da kannst du nicht klatschen! – Michael Boddenberg (CDU): Geschmacklos!)

Im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuer tragen Sie aber sehr wohl Verantwortung, wenn es darum geht, dass Milliardenvermögen auch in den nächsten Jahren teilweise steuerfrei vererbt oder verschenkt werden. Hierbei haben Sie sich im Bundesrat auf eine verfassungswidrige Neuregelung eingelassen, die auf Jahre hinaus reiche Erben vor einer angemessenen Besteuerung bewahrt. Dabei wäre genau das notwendig, um Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, in den Kitaausbau oder in Krankenhäuser zu erhöhen.

(Beifall bei der LINKEN)

Von fehlenden Investitionen schreiben Sie in Ihrem Antrag natürlich nichts. Wenn Sie von einer generationengerechten und nachhaltigen Finanzpolitik reden, dann meinen Sie damit vor allem unterlassene Investitionen und eine verrottende Infrastruktur, die Sie den nachfolgenden Generationen hinterlassen wollen.

(Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie noch eine alte DDR-Rede, oder was tragen Sie da vor?)

Das ist eine aktuelle Rede. Das bezieht sich auf die Reinvestitionspolitik in Hessen.

(Manfred Pentz (CDU): Verrottende Infrastruktur?)

Allein 200 Millionen € weniger für Investitionen hat diese Landesregierung im letzten Jahr ausgegeben.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wurden also die ohnehin schon viel zu niedrig geplanten Investitionsausgaben im Haushaltsvollzug deutlich unterschritten. Gleichzeitig wurde ein dreistelliger Millionenbetrag in die Rücklagen gesteckt. Das ist die Schuldenbremse in Reinform.

Insofern haben die Anträge von FDP und SPD für einen Nachtragshaushalt sicher ihren Sinn. Schließlich gehört es zur demokratischen Kultur, im Parlament darüber zu entscheiden, was mit diesen Geldern passiert. Es sollte sich nicht einfach bei den Rücklagen bedient werden.

(Beifall bei der LINKEN)

In einer historischen Niedrigzinsphase Investitionen zu unterlassen, Rücklagen zu bilden und dann auch noch zu behaupten, das sei eine generationengerechte Finanzpolitik, das kann nicht wahr sein.

In Ihrem Antrag fällt auch auf, dass Sie zwar einen Teil der Rücklagen erwähnen, die Sie nach den gesetzlichen Bestimmunen bilden müssen, einen anderen Teil erwähnen Sie aber nicht, nämlich 380 Millionen €, die Sie in den Rücklagen in den Ministerien verstecken. Insofern wäre es angemessen, dem Haushaltsgesetzgeber deutlich zu machen, wofür die Landesregierung dieses Geld tatsächlich verwenden will, um nicht sozusagen eine Kriegskasse für die nächsten Wahlen zu bilden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ob Sie vorhaben, Wohnungen zu bauen, Straßen zu sanieren, Kitas gebührenfrei zu machen und Krankenhäuser zu sanieren, davon hört man kein Wort. Stattdessen hört man von Ihnen immer nur die hohle Phrase der Generationengerechtigkeit.

Was aber soll daran gerecht sein, wenn Sie heute die Investitionen unterlassen, die zukünftig den Menschen ein gutes Leben ermöglichen? Diese Art der Politik gefährdet und beeinträchtigt gleichzeitig massiv unsere Gegenwart und kann somit auch die Zukunft künftiger Generationen grundlegend verbauen, indem ihr heute Leistungen der öffentlichen Hand vorenthalten werden, die sie dringend brauchen. Wo bleibt die Logik?

Wenn man in vielen Orten in Hessen die jeweiligen Schulen sucht, braucht man oft nur das heruntergekommenste Gebäude zu suchen oder nach Containern Ausschau zu halten.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Ach du lieber Gott!)

Aber die Landesregierung feiert die schwarze Null. Darüber, dass die öffentlichen Kassen und insbesondere viele Kommunen dauerhaft strukturell unterfinanziert sind,

(Manfred Pentz (CDU): Wo leben Sie eigentlich?)

täuscht die aktuelle Entwicklung der Einnahmen nur teilweise hinweg. Deshalb ist es an der Zeit, endlich aufzuhören, verdrehte Gerechtigkeitsbegriffe in die Welt zu setzen. Stattdessen sollten Sie sich endlich für ein gerechtes Steuersystem einsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier müsste die Landesregierung ansetzen. Das wäre dann aber auch eine Landesregierung, die ihr Fundament sicherlich nicht in der Finanzwirtschaft sieht, sondern in einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz mehrerer gerade gehörter krauser Reden ist der heutige Tag für mich ein guter Tag, aber nicht nur in finanzpolitischer Hinsicht.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie es gespürt haben, aber der Frühling kommt. Heute Morgen um halb fünf hörte ich zum ersten Mal in diesem Jahr Vogelgezwitscher. Zweiter guter Punkt des Tages: Der Finanzminister hat heute Geburtstag. Auch das kann den Tag nur gut machen.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich höre das schon seit Wochen, Herr Kollege! – Weitere Zurufe)

Der dritte Grund meiner Zufriedenheit ist: Wir würdigen heute die Tatsache, dass wir dabei sind, eine Ära zunehmender Düsternis am fiskalischen Horizont zu beenden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Mit dem Jahr 2016 haben wir es nicht nur erstmals seit 48 Jahren geschafft, keine neuen Schulden aufzunehmen, sondern wir haben sogar Schulden zurückgezahlt, wie es von Vorrednern ansatzweise gefordert wurde.