Protocol of the Session on June 14, 2001

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An Pfingstsonntag ist der aus dem Klinikum Nord entwichene Patient Peter H. von der Polizei festgenommen worden. Peter H. soll am Freitag von einem Hofgang nicht in die geschlossene Abteilung zurückgekehrt sein. Bei der Fahndung wurde bekannt, daß es sich bei dem Gesuchten um einen extrem gewalttätigen und als gefährlich eingestuften Patienten des Klinikums Nord handeln soll. Die Senatoren Roth und Scholz sollen während der Fahndung laufend informiert worden sein.

Erstens: Warum konnte Peter H. das Klinikum unbeaufsichtigt verlassen?

Zweitens: Warum wurde beim Zugriff auf die Mitwirkung des Mobilen Einsatzkommandos verzichtet?

Für den Senat antwortet Frau Senatorin Roth.

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter Hesse! Bei dem Patienten handelt es sich um einen Patienten in der Allgemeinpsychiatrie, der am 28. Mai zugewiesen worden ist. Nach der in den Folgetagen durchgeführten Behandlung und einem längeren therapeutischen Gespräch am 1. Juni wurde ihm in Begleitung seiner Ehefrau im Klinikgelände ein Freigang gestattet. Entgegen den getroffenen Absprachen sind beide dann in die gemeinsame Wohnung zurückgefahren. Der Patient wurde am Vormittag des 3. Juni von der Polizei wieder in das Klinikum Nord zurückgebracht.

Zur zweiten Frage: Das Mobile Einsatzkommando unterstützt andere Dienststellen auf Anforderung bei der Bekämpfung der Schwerkriminalität und der Abwehr schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch qualifizierte Observationen, Fahndungen und Zugriffsmaßnahmen. Im vorliegenden Fall war eine solche, über das normale Maß polizeilicher Arbeit hinausgehende, schwerwiegende Gefährdungssituation bei Ingewahrsamnahme weder zu erwarten noch traf sie ein. Eine Einbindung des MEK war deshalb nicht erforderlich.

Herr Hesse.

Frau Präsidentin, Frau Senatorin! Wie konnte denn der neue kommissarische Leiter des Klinikums Nord, Herr Lutz Hoffmann, davon ausgehen, daß Peter H. nach diesen genehmigten zwei Stunden Freigang wieder zurückkehren würde, wenn er doch wußte, daß Peter H. zu einer Familienfeier nach Dänemark wollte?

Frau Senatorin.

Ich kann nicht bestätigen, ob der Klinikdirektor das wußte. Insofern kann ich Ihnen diese Frage nicht beantworten.

Haben Sie noch eine weitere Frage, Herr Hesse?

(Klaus-Dieter Hesse CDU: Später vielleicht!)

Frau Röder, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, Frau Senatorin! Ich möchte noch einmal zu Peter H. fragen: Ist dem Senat bekannt, wie viele weitere Fälle es in den letzten

sechs Monaten gab, bei denen Personen, die in der Psychiatrie behandelt wurden, vom Freigang oder aus dem Urlaub nicht zurückgekehrt sind?

Zweite Frage: Hat dieser erneute Fall des Entweichens personelle Konsequenzen im Klinikum Nord mit sich gebracht?

Frau Senatorin.

Die erste Frage kann ich im Moment nicht beantworten; ich gebe das dann zu Protokoll.

Zur zweiten Frage: Es handelt sich bei diesem Patienten um einen Patienten in der Allgemeinpsychiatrie, und von daher sind ganz andere Regelungen notwendig und auch von seiten der Klinikleitung zu treffen als beim Maßregelvollzug. Es sind auch keine personellen Konsequenzen gezogen worden.

Herr Roock.

Frau Präsidentin! Ich möchte noch einmal auf den Zugriff unter Verzicht des Einsatzes des MEK zurückkommen. Ist es richtig, daß Peter H. als sehr gefährlich eingestuft wurde und daher auch die Beamten, die beim G-Move für allgemeine, Alkohol- und Drogenkontrollen eingesetzt wurden, vor Peter H. gewarnt wurden?

Frau Senatorin.

Es ist, bezogen auf den Patienten, eine Einschätzung vorgenommen worden. Die Einschätzung war aber so, daß dieser Patient aufgrund der therapeutischen Maßnahmen von seiten des Klinikums in der Lage war, einen Freigang gemeinsam mit seiner Frau zu machen.

In bezug auf die Gefährlichkeit wurde dies für die Fahndung so dargestellt, aber es wurde von seiten der Polizei nicht die Notwendigkeit erachtet, das MEK einzuschalten.

Herr Roock, eine weitere Frage?

Eine weitere Frage in bezug auf die Gefährlichkeit. Ist es nicht vielmehr so, daß sich die beteiligten Polizeibeamten mit dieser Situation überfordert gefühlt haben und man zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutze der Frau und der Kinder das MEK hätte einsetzen müssen?

Frau Senatorin.

Nachdem der Patient diesen Freigang bekommen hat, war es aus Sicht des Klinikums nicht so. Aber bezogen auf die Frage der polizeilichen Maßnahmen hielt die Polizei einen Einsatz des MEK nicht für erforderlich.

Herr Tants.

Frau Senatorin, hat es denn während der Flucht des Patienten einen Krisenstab im Polizeipräsidium gegeben? Wenn ja, wer war daran beteiligt?

(Manfred Mahr GAL: Wozu denn ein Krisenstab?)

Frau Senatorin.

Unseres Wissens nach nicht, und es ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig gewesen.

Herr Tants.

Eine zweite Frage. Ist es richtig, daß Sie und Ihr Kollege Scholz sich direkt über die Festnahme des Patienten informieren ließen? Wenn ja, ist dieses Verfahren so üblich?

Frau Senatorin.

Aufgrund der außerordentlichen Situation in dieser Zeit wurden sowohl Senator Scholz als auch ich darüber informiert, daß der Patient wieder im Klinikum Nord sei.

Herr Frommann.

Frau Senatorin, warum wurde die Öffentlichkeit erneut nur durch die Presse informiert und nicht durch die Klinikleitung oder durch die zuständige Behörde?

Zweitens: Gedenkt der Senat, die Öffentlichkeit in Zukunft rechtzeitig über nicht genehmigte Entweichungen aus der Psychiatrie des Klinikums Nord zu informieren,

(Antje Möller GAL: Gibt es auch genehmigte?)

oder soll die Bevölkerung auch zukünftig im unklaren über derartige Fälle gelassen werden?

Frau Senatorin.

Der zuständige Landesbetrieb Krankenhäuser hat die Presse informiert. Andere Verfahren sind nicht vorgesehen.

Gibt es weitere Fragen? – Herr Waldhelm.

Noch einmal zur Familie und den Kindern. War zu jeder Zeit die Sicherheit der Ehefrau und seiner Kinder gewährleistet, wo wurden sie während dessen Flucht untergebracht, und standen sie während des gesamten Zeitraums unter Polizeischutz?