Protokoll der Sitzung vom 11.07.2001

Zum Hamburger Flughafen: Er ist der älteste bestehende deutsche Flughafen und einer der ertragsstärksten. Mit der Teilprivatisierung ist eine strategische Allianz für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung des Flughafens und seiner Positionierung im internationalen Wettbewerb geschaffen worden.

Sie sehen: Die öffentlichen Unternehmen erbringen nicht nur wichtige Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, sie wirtschaften auch überaus erfolgreich.

(Beifall bei der SPD)

Öffentliche Unternehmen stellen hochwertige harte und weiche Infrastrukturfaktoren zur Verfügung, die für den Standort Hamburg unverzichtbar sind. Ohne diese Beteiligungen in ihrem Besitz könnte die Stadt nicht annähernd so aktiv, flexibel und wirtschaftlich erfolgreich die Bereitstellung dieser Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gewährleisten.

Die Entscheidung der Stadt, diesen Sicherstellungsauftrag durch eigene Unternehmen zu erfüllen, ist ökonomisch und politisch vernünftig. Die Unternehmen sind aber auch geeignete Instrumente, um die Lebensverhältnisse in Hamburg sozial zu gestalten. Und das ist unsere Aufgabe. Nur so werden wir den berechtigten Ansprüchen der Ham

(Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

burgerinnen und Hamburger gerecht. Dieser Senat, meine Damen und Herren, will einen aktiven Staat, keinen Nachtwächterstaat ordoliberaler Prägung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir wollen kein Verschleudern von Staatseigentum. Im Interesse der Menschen, der Hamburgerinnen und Hamburger: Wir brauchen öffentliche Unternehmen. Die wichtigen Leistungen der Daseinsvorsorge in Hamburg dürfen nicht von kurzfristigen Profitinteressen abhängen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Professor Hajen.

(Rolf Kruse CDU: Wollen Sie zu den Ordoliberalen etwas sagen?)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kruse, natürlich kann ich etwas zu den Ordoliberalen sagen. Der große Walter Euken hat gesagt, es käme immer auf Prinzip und Moment an.

(Rolf Kruse CDU: Aber jenseits von Angebot und Nachfrage!)

Es kann im Prinzip etwas richtig sein und im historischen Moment falsch. Was die CDU ständig falsch macht, ist, daß Sie Prinzipienreiter sind, daß Sie Ideologen sind, daß Sie Maßstäbe setzen und sagen, hier ist der Markt, und definieren diesen im Sinne eines falsch verstandenen Walter Euken dann als ein Idealbild der vollkommenen Konkurrenz und sagen, alles, was über den Markt läuft, ist besser. Und das ist einfach falsch.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Michael Freytag CDU: Das ist Ihre Wahrnehmung!)

Es ist doch eine Frage des Maßstabes, und unser Maßstab ist nicht die Ideologie,

(Barbara Ahrons CDU: Das ist nur Ideologie, staat- liches Lenken!)

daß wir sagen, Markt – der unbestritten große Erfolge hat –, sondern unser Maßstab als Politiker in dieser Bürgerschaft ist: Was ist gut für Hamburg, was ist gut für die Hamburger Bürger, und was ist gut für die Hamburger Unternehmen?

(Beifall bei der SPD)

Insofern hat Herr Waldhelm die richtige Frage gestellt, daß er gesagt hat, was soll der Staat tun? Und da geht es um Kriterien. Ich glaube auch, daß es nicht beliebig ist, sondern wir müssen entscheiden. Der Staat soll das Richtige tun,

(Barbara Ahrons CDU: Richtig, staatliches Lenken!)

und dann soll er es auch möglichst noch richtig machen. Da geht manchmal etwas schief – so ist das in der Realität –, aber die Kriterien sind eindeutig, daß wir sagen, wir wollen öffentliche Unternehmen als Instrumente benutzen, als Instrumente auch für Politik. Es ist hier schon viel dazu gesagt worden. Wir brauchen das für Verteilungszwecke. Wo ist denn Ihre Antwort auf sozialverträgliche Privatisierung, wenn wir über Wohnungsbestände reden.

(Dr. Michael Freytag CDU: Wozu brauchen wir die Landesbank?)

Gucken Sie sich das Mietniveau in Hamburg im Vergleich zu anderen Städten an. Gucken Sie sich die Problemgruppen auf dem Wohnungsmarkt an. Wie wollen wir das denn anders lösen als mit unseren eigenen Instrumenten?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es geht aber nicht nur um personelle Verteilung, sondern ich möchte auch als Politik dazu beitragen, daß zum Beispiel ökonomische Aktivität in Hamburg stattfindet.

(Dr. Michael Freytag CDU: Die findet ja nur im Staat statt. Gut, daß wir den Staat haben!)

Stichwort Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft. Was meinen Sie, wie leidenschaftlich Bremer Bürgerschaftsabgeordnete noch darüber reden können, was bremische Hafenpolitik ist? Nämlich gar nicht. Da habe ich sehr wohl ein Interesse, daß wir uns in Europa an der Nordseeküste positionieren und auch Handlungsinstrumente haben.

(Beifall bei der SPD)

Es ist für mich völlig unbestritten, daß wir wahrscheinlich einen tollen Gewinn mit der HHLA machen können, daß da internationale Investoren Schlange stehen würden, um dieses Unternehmen in die Hand zu bekommen, aber, ob wir hinterher noch die Verkehre in Hamburg haben, das können Sie mir nicht beantworten, und darum geht es bei Politik.

(Beifall bei der SPD – Dr. Michael Freytag CDU: Der Flughafen wird auch zugemacht!)

Sie spielen sich ja gerne als die Robin Hoods für die kleinen und mittelständischen Betriebe auf. Was passiert denn im Moment im Bankensektor? Wo bleibt denn der Mittelstand, wenn wir die öffentlichen Sparkassen nicht mehr haben, wenn wir nicht mehr den Genossenschaftssektor Banken haben?

(Barbara Ahrons CDU: Und jetzt tun Sie noch so, als würden die öffentlichen Banken Ihnen gehören!)

Darüber laufen Dreiviertel der Kredit- und Gründungsgeschäfte. Was interessiert das denn noch die Großbanken? Sehr wohl spielt Eigentum hier eine wichtige Rolle, und wir müssen bei allen unseren Handlungen gucken, was Konzentration auf Märkte bedeutet und wo öffentliche Unternehmen auch Handlungsinstrumente sein können.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Und der letzte Punkt. Das alles fällt zusammen im Shareholder-value-Begriff. Mit Verlaub, wenn das Interesse der Unternehmensleitung ausgerichtet sein muß auf den Aktienwert, dann schließt es langfristige Ziele häufig aus. Dann geht es um die kurzfristige Maximierung von Aktienkursen. Selbst das Unternehmen, das sagt, daß es falsch ist, wird sich dem nicht entziehen können, weil der, der nicht auf seinen Aktienkurs achtet und ihn niedrig hält, morgen aufgekauft ist. Möchten Sie eine Situation haben, daß in Deutschland die Wasserwerke nur noch von einem französischen Großunternehmen betrieben werden? Ich nicht.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das will keiner! Wir auch nicht!)

Deswegen ist eine Antwort auf Shareholder value, daß wir öffentliches Eigentum auch durchsetzen müssen, um öffentliche Ziele durchsetzen und die Interessen von kleinen und mittleren Betrieben und der Menschen in Hamburg wahren zu können.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

(Senatorin Dr. Ingrid Nümann-Seidewinkel)

Das Wort hat Frau Ahorns.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Das war nun eine ideologische Rede pur, Herr Senator a.D. Hajen.

(Beifall bei der CDU)

Sie wissen doch, daß die Zahl der öffentlichen Unternehmen in Hamburg unaufhaltsam weiter wächst, und die Senatorin ist auch noch sehr stolz darauf. Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es nach meiner Kenntnis ein derart weit verzweigtes Netz von öffentlichen Unternehmen.

Es ist ein unübersichtlicher Wirtschaftsriese mit über 46 000 Mitarbeitern entstanden,

(Dr. Martin Schmidt GAL: Nur für Sie unübersicht- lich! – Dr. Holger Christier SPD: Gucken Sie doch rein! Nichts ist unübersichtlich!)

der sich nicht an die strengen Veröffentlichungsregeln einer Aktiengesellschaft oder der öffentlichen Hand halten muß. Ein Wirtschaftsriese, der so konstruiert ist, daß er jederzeit die Gewinne von einem starken Bereich zu einem schwächeren umleiten kann. Es gibt zum Beispiel öffentliche Handwerksbetriebe, die – in Konkurrenz zu den privaten – seit über 20 Jahren keinen Gewinn mehr machen. Jedes private Unternehmen wäre längst weg vom Markt. Diese völlig falsche Entwicklung hat Anfang der neunziger Jahre ihren Ursprung genommen. Bürger und Steuerzahler auf der einen, leere Staatskassen auf der anderen Seite zwangen Hamburg zu mehr Wirtschaftlichkeit und Kostenbewußtsein.

(Günter Frank SPD: Das ist doch gut!)