Protokoll der Sitzung vom 12.07.2001

Wir wollen mit unserem Programm, das wir Ihnen heute vorlegen, vermeidbare Staus beseitigen. Wir wollen moderne Technik einsetzen, um den Verkehrsfluß zu erhöhen.

(Vizepräsident Röder übernimmt den Vorsitz.)

Wir müssen zusätzlichen Parkraum schaffen, und wir müssen Straßenschäden beseitigen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich mit diesem letzten Thema beginnen. Der Senator hat kürzlich verkündet, in diesem Jahr würde er 167 Millionen DM für die Straßen ausgeben. Richtig, Herr Senator. Wir haben das einmal nachgerechnet, es sind die Deckungskreise 16 und 20 zusammen. In diesen 167 Millionen DM stecken also zum Beispiel die 35 Millionen DM für die Straßenbeleuchtung. Angesichts der Schlaglöcher, die wir haben, sind diese 35 Millionen DM auch dringend nötig. Das möchte ich betonen. Nur, was der Herr Senator bei seiner Rechnung nicht getan hat, ist das Gegenrechnen. Er hat nämlich nicht die Einnahmeseite entgegengestellt, und auf der Einnahmeseite muß ich mit einrechnen, wenn ich auf der Ausgabenseite „Bewirtschaftung der Parkautomaten“ stehen habe, daß ich 13,7 Millionen DM aus den Parkgebühren einnehme. Das verglichen mit den 600 000 DM Einnahmen ist ein gewaltiger Überschuß, der hier entsteht.

Es gibt darüber hinaus 19 Millionen DM Bundeszuschüsse, die der Senator für den Straßenbereich einstreicht, und er verlangt von unseren Bürgern 12 Millionen DM an Wegebaubeiträgen. Das heißt, von diesen 167 Millionen DM sind auf jeden Fall schon einmal 45 Millionen DM glatt abzuziehen. Es bleiben gute 120 Millionen DM. Diese 120 Millionen DM setzen Sie dann in Relation zu den 260 Millionen DM Einnahmen Hamburgs aus der Kraftfahrzeugsteuer. So steht es für dieses Jahr im Haushalt.

(Beifall bei der CDU – Dr. Martin Schmidt GAL: Das ist eine Steuer und keine Abgabe!)

Herr Dr. Schmidt, das ist eine Steuer, aber trotzdem ist es hier ein eklatantes Mißverhältnis.

Wenn der Senator sich rühmt oder sich durch seinen Pressesprecher rühmen läßt, er habe seit 1990 370 Millionen DM für die Unterhaltung, Instandsetzung und Grundinstandsetzung von Straßen ausgegeben, muß man entgegenhalten, Herr Senator, Sie haben im selben Zeitraum knapp 2,9 Milliarden DM aus der Kraftfahrzeugsteuer eingenommen.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Die hat die Finanz- behörde eingenommen!)

Es kommt hinzu, daß die Baubehörde in diesem Jahr 4 Millionen DM weniger als im Vorjahr für die Erhaltung der Straßen tut. Sie haben bei unserer letzten Debatte gesagt, dann bringen Sie doch als CDU das Geld gleich mit. Das brauchen wir gar nicht mitzubringen, das haben Sie in Ihrem Haushalt als Traditionsmillionenreste bei den Erschließungstiteln, die Sie seit Jahren vor sich herschieben. Hier fordern wir, daß diese Mittel umgewidmet werden und noch im laufenden Haushalt zum Einsatz kommen, um die Straßen wieder in einen vernünftigen Zustand zu bringen.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen den Verkehr in Hamburg aber nicht nur erschütterungsfrei machen, sondern auch flüssig. Das heißt, wir wollen keine schlafenden Baustellen mehr, und wir wollen die Bauarbeiten, die auf Hamburgs Straßen dringend

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

erforderlich sind, möglichst in den verkehrsschwachen Zeiten durchführen.

(Wolfgang Baar SPD: Nachts von 12 Uhr bis 1 Uhr!)

Deswegen bedarf es eines vernünftigen Baustellenmanagements. Die KOST, die es seit Jahren gibt, beweist jährlich immer wieder ihre Unfähigkeit, große Baumaßnahmen aufeinander abzustimmen. Dann kommt man zu solchen Notmaßnahmen, über die wir auch schon vor einigen Wochen gesprochen haben.

Wir machen den Verkehr auch dadurch flüssiger, daß wir unnötige geschäftsschädigende Poller beseitigen

(Dr. Martin Schmidt GAL: Wo denn?)

und daß wir Stellplätze für gewerblichen Lieferverkehr schaffen. Überhaupt müssen mehr Stellplätze geschaffen werden dadurch, daß diese Stellplatzbauverbote oder – wie es im Behördendeutsch heißt – die Abminderungsgebiete entfallen.

(Beifall bei der CDU – Wolfgang Baar SPD: Durch Wiederholungen wird es doch nicht richtiger!)

Der letzte Bereich, auf den ich eingehen möchte: Wir brauchen in Hamburg endlich auch moderne Verkehrsleittechnik. Es ist bezeichnend, daß wir nur auf der Autobahn 7 seit kurzen eine Verkehrsbeeinflussungsanlage haben, die Staus verhindern oder minimieren soll. Wir brauchen so etwas auch auf den Hauptquerverbindungen durch unsere Stadt, denn wir haben keinen Autobahnring, der den Verkehr außen herumführt, wie es in anderen Städten bekanntlich der Fall ist.

(Wolfgang Baar SPD: Den Ring 3 haben Sie ver- gessen!)

Berlin etabliert ein sogenanntes Kompetenzzentrum Verkehr. Was wir hier haben, ist ein Inkompetenzzentrum.

(Beifall bei der CDU)

Angesichts volkswirtschaftlicher Staukosten in Hamburg, die in der Höhe umstritten sind, aber von vorsichtigen Schätzern bei 110 Millionen DM und bei etwas großzügiger Rechnenden bei 250 Millionen DM taxiert werden, ist ein sofortiges Umsteuern erforderlich.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Duden.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren und liebe restliche Verbliebenen, die den Verlockungen des Weindorfs noch nicht erlegen sind! Wir haben jetzt vermutlich die Aufgabe, auch Redezeit einzusparen. Deshalb kann man natürlich mit einem einzigen Satz sagen, die CDU ist sich treu geblieben. Sie hat heute in der Debatte von Herrn Reinert deutlich gemacht, daß die CDU seit vier Jahren vorwiegend Verkehrspolitik aus Autofahrersicht betreibt. Andere Leute kommen in dieser Stadt als Verkehrsteilnehmer nicht vor.

(Jürgen Mehlfeldt CDU: Doch, aus Kammersicht auch!)

Diese revolutionäre Idee, die Behörden könnten die Gelder, die sie als Steuereinnahmen bekommen, ausgeben, sollten sie der Finanzsenatorin einmal vortragen. Ich glaube nicht, daß die Baubehörde über die Kraftfahrzeugsteuer, die Hamburg anteilig zufällt, bestimmen kann, sondern sie

geht in den Finanzierungstopf der Finanzbehörde. Das wissen Sie, das unterstelle ich Ihnen, aber das sagt sich hier so schlankweg.

Wir können uns natürlich mit Ihren Wünschen, die Sie vortragen und die für alle diejenigen, die sich in den letzten vier Jahren intensiv mit Verkehrspolitik beschäftigt haben, nicht neu sind, auch heute noch einmal auseinandersetzen. Ich will das nur in einer ganz begrenzten Anzahl von Punkten tun, weil ich glaube, daß – um mit Goethe zu sprechen – „getretener Quark“ – das ist in diesem Fall Ihre Verkehrspolitik – „wird auch breit nicht stark“. Man realisiert bestimmte Dinge auch nicht dadurch besser, indem man sie hier immer wieder wie einen Weihnachtswunschzettel vorträgt. Dazu gehört im übrigen bei Ihrem Wunschkatalog – da gebe ich meinem Kollegen Baar recht – der Ring 3, der mir sehr schmerzlich gefehlt hat.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ach, Übereinstimmung!)

Es wäre an dieser Stelle noch einmal notwendig gewesen, daß Sie auch dazu noch etwas sagen.

Zu Ihrem Sofortprogramm, Straßen zu bauen und Ausweichmöglichkeiten zu schaffen: Wenn das wirklich so kommen würde, haben wir es natürlich – was ich nicht wünsche – in Zukunft mit vielen Leuen zu tun, die sich zu Recht darüber beklagen, daß wir es zulassen, daß sie versuchen, sich auf irgendwelchen Wegen, die wir nicht vorsehen, durch die Stadt zu fransen. Da Sie wie wir alle sehr viel lesen – auch gerade zu diesen Bereichen –, werden Sie erfahren haben, daß die Durchfahrtsgeschwindigkeiten für diese Stadt gut sind. Die Leute stehen nicht an jeder Ampel oder wo auch immer im Stau. Das ist ein Märchen, das auch dadurch, daß sie es immer wieder vortragen, nicht besser wird. Sie haben sehr vorsichtig gesagt, Staukosten seien nicht seriös zu berechnen. Was wir in den Anhörungen zum Verkehrsentwicklungsplan als Staukosten vorgetragen bekommen haben, war teilweise abenteuerlich und endete damit, daß jede rote Ampel in Wirklichkeit von vielen Leuten schon als Stau empfunden wird.

Tempo 60 auf Hamburgs Hauptverkehrsstraßen: Ich glaube, es war gestern der Kollege Martin Schmidt, der gesagt hat, früher sei man in dieser Stadt schneller gefahren. Jetzt fahren auch immer noch viele Leute in dieser Stadt schneller. Ob man das gut findet oder nicht, brauchen wir hier nicht zu diskutieren, aber wir können nicht so tun, als wenn wir hier niemals Diskussionen über Verkehrssicherheit geführt haben.

(Jürgen Mehlfeldt CDU: Aber wir können auch nicht so tun, als hätten wir keine Staus!)

Herr Mehlfeldt, es wird hier doch niemand sagen, daß es in dieser Stadt 24 Stunden am Tag reibungslosen Autoverkehr gibt. Es gibt keine Metropole – und wir sind stolz darauf, eine Metropole zu sein –, die von sich behaupten kann, sie habe keine Staus. Wenn der Verkehr so fließen würde wie in Hamburg, wären viele stolz darauf.

(Beifall bei der SPD)

Gucken Sie beispielsweise nach Paris und London. Selbst in Berlin

(Wolfgang Baar SPD: Trotz Stadtautobahn!)

mit dem wahnsinnigen Autobahnring, wie sie immer sagen, kann niemand behaupten, daß es dort einen durchgängigen fließenden Verkehr gibt, oder er war zu selten da. Das können wir in der Tat nicht.

(Bernd Reinert CDU)

Ich will noch ein paar Punkte benennen, beispielsweise das Parkleitsystem. Wer in dieser Stadt die neuen Parkleitsysteme gesehen hat, wird auch bemerkt haben, daß es bis auf wenige Tage vor Weihnachten, in denen alle dem Einkaufsrausch erliegen, in allen Parkhäusern in der Innenstadt immer noch freie Plätze gibt. Der Bedarf und das, was die Leute suchen, ist kein Platz in irgendeinem Parkhaus – machen wir uns doch nichts vor –, sondern ein Platz, an dem man stehen kann und möglichst nichts bezahlen muß.

(Elisabeth Schilling SPD: Genau!)

Das läßt mich zu dem Punkt der Verpollerung bringen.

Ich habe mit Vergnügen gelesen, daß Sie immer dort Stellplatzmöglichkeiten abschaffen wollen, soweit sie nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit zwingend geboten sind. Wo bleibt denn das Herz des gesetzestreuen Staatsbürgers? „Zwingend notwendig“? Viele dieser Stellplätze, die in dieser Stadt von Autofahrern genutzt werden, sind halb legal, aber auch halb illegal. Daß das von Ihnen in irgendeiner Form als die Lösungsmöglichkeit propagiert wird, ist ein bißchen schwierig. Ich glaube nicht, daß wir in dieser Stadt – da sind Sie auch immer die Beispiele schuldig geblieben – wild irgendwelche Straßen verpollern. Das ist sowieso ein bescheuerter Begriff, um das deutlich zu sagen. Da müssen Sie uns sagen, wo Sie das als sehr belastend empfinden.

(Bernd Reinert CDU: Lesen Sie doch mal Zeitung!)