Zugleich wissen wir von den letzten Spielstätten – und das reicht zurück bis München –, daß Olympia alle Lebensbereiche einer Stadt durchdringt, nicht nur die Verkehrspolitik und Stadtentwicklung, sondern darüber hinaus gibt es durch die Olympischen Spiele in einer Region auch wichtige Impulse für den Schul- und den Hochschulbereich, für den Wissenschafts- und Forschungsbereich sowie für den Bereich der Wirtschaft mit einer anhaltenden Förderung der Arbeitsplätze.
Aber was müssen wir erleben? Wie geht der Senat mit der Steilvorlage der Handelskammer um? Zunächst hat der Bürgermeister abgewiegelt und die IGA für wichtiger erklärt als die Olympischen Spiele. Das hat er zwischenzeitlich dankenswerterweise korrigiert. Herr de Lorent, eine große Einmütigkeit, die Sie hier für den Senat erklären, überrascht mich schon sehr. Es gibt ein Senatsmitglied aus Ihrer Fraktion, nämlich die Bürgermeisterin, das sich noch nicht erklärt hat, das aber früher, 1988, die Olympischen Spiele als „eine perfide Geschichte“ bezeichnet hat. Ich denke, dies sollte in Ihrer Fraktion noch einmal aufgeklärt werden oder die Bürgermeisterin sollte erklären, wie sie heute dazu steht. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, daß es eine große Gemeinsamkeit in dieser Frage im Senat gibt, solange diese Dinge nicht nachdrücklich ausgeräumt worden sind.
Was ist also passiert? Im August wird der Sportsenator Scholz beauftragt, ein Konzept zu entwickeln. Statt dessen erscheint aber verblüffenderweise im August schließlich ein Konzept des Stadtentwicklungssenators für Olympia unter dem Motto: „Im Herzen Hamburgs“, von dem aber keiner etwas weiß. Deswegen sind Anfragen mitunter wichtig und richtig, Herr Kollege Schmidt, ob es ein Behördenentwurf ist, ein abgestimmtes Senatskonzept oder was es sonst eigentlich ist. Das weiß doch in der Öffentlichkeit keiner.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von offenen Fragen, Herr Schmidt, Sie haben es ja eingeräumt. Für uns sind die Fragen für die Ja-Nein-Entscheidung von existentieller Wichtigkeit, wovon ich Ihnen vier aufzeigen will. Sie sind nämlich die wichtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung, und meine Sorge ist, daß es daran hapert.
Erstens: Wie ist der Stand zur Gründung einer Planungsgesellschaft für die Erarbeitung der Bewerbungsunterlagen. Wir wissen aus Düsseldorf, daß Nordrhein-Westfalen in dieser Frage längst weiter ist.
Zweitens: Wer soll eigentlich der Senatsbeauftragte für eine Bewerbung werden, und wie erfolgt die Findung?
Das ist eine ganz wichtige Frage, und da Sie das fragen, macht es mir deutlich, daß Sie sich mit den Inhalten einer Vorgehensweise gar nicht vertraut gemacht haben.
Drittens: Wer übernimmt die Koordinierungsfunktionen für die erforderliche Vernetzung von Politik und Wirtschaft mit Finanzierungen der Verkehrsinfrastruktur und dem Sportstättenbau?
Viertens: Wir wissen alle, daß am 3. November das NOK in Hamburg tagt. Wie ist die Planung für ein Rahmenprogramm? Jeder, der sich in Sport und Events auskennt, weiß, wie wichtig das ist.
Ich komme zum Schluß, Herr Präsident. Es kommt entscheidend darauf an, daß Sport und Politik mit der Wirtschaft ein gemeinsames Konzept entwickeln. Ich habe den Eindruck, daß der Senat dazu noch tüchtig seine Schularbeiten machen muß. – Vielen Dank.
Herr Okun, Ihr Rahmenprogramm wird ja noch mal spannend werden, da das Rahmenprogramm beim NOK gelegentlich durchaus aus schwarzen Koffern besteht;
Es wundert mich aber nicht, daß Herr de Lorent und noch andere mittlerweile am Olympia-Fieber leiden. Wir haben inzwischen gelernt: Olympia ist toll. Endlich bekommt Hamburg alle Sportstätten, die es sich immer gewünscht hat; auch die, die nicht gewünscht waren, Hunderttausender-Stadien. Endlich bekommt Hamburg die Leistungssportförderung, die bisher auch nicht gut war.
Ich muß mal kurz fragen: Es leuchtet jetzt schon; so lange sabbel ich doch noch gar nicht, ich habe gerade erst angefangen.
Frau Abgeordnete, zunächst einmal stelle ich fest, daß kein Abgeordneter dieses Hauses sabbelt, und das Licht habe ich nun ausgeschaltet, Sie können jetzt weiter reden.
Hamburg bekommt durch Olympia auch endlich die Stadtbahn, und was für mich das Wichtigste ist, Veddel, Rothenburgsort und Wilhelmsburg bekommen endlich die Stadtentwicklung, die sie immer gebraucht haben. Das ist doch toll; und Hamburg wird nicht einen Pfennig dazubezahlen, Hamburg wird hinterher im Geld schwimmen.
Das glauben Sie alle, das Fieber trägt bestimmt dazu bei. Dummerweise sind die Erfahrungen in allen Städten eine andere. Gucken wir uns Sydney an. Sydney sollte ursprünglich 2 Milliarden DM kosten, herausgekommen sind aber 6 Milliarden DM; allein die Hälfte davon sind aus Steuergeldern bezahlt worden.
Wenn es ein Symbol für Olympia gibt, was einerseits bestimmt aus den fünf Ringen und aus sehr viel Geld für die Wirtschaft besteht, gibt es auch ein anderes Symbol für Olympia. Dieses Symbol habe ich Ihnen mitgebracht, weil es sehr eindeutig aussieht. Das sind die Steuersäcke, die wir nach Olympia haben, nämlich völlig offen und leer, denn um Olympia zu bezahlen, wird es in Hamburg ganz heftige Einschnitte geben. Sie werden das Geld weiter suchen müssen, Sie werden das Geld im sozialen Bereich einsparen müssen, Sie werden das Geld auch bei der Sportförderung einsparen.
Das war gestern abend auch der Punkt, wo beim HSB auf einmal dann doch etwas Erschrecken auftauchte.
Wir werden das Geld bei den Rentnerinnen einsparen, die an dem griechischen Programm weiterarbeiten – gar keine Frage –, es wird Geld in der Bildung eingespart werden.
Um noch einmal auf das Beispiel München zurückzukommen. München hat ja wirklich von Olympia profitiert, und jetzt glauben alle, man kann München wiederholen. Man kann aber die Zeit nicht 30 Jahre zurückdrehen.
Vor 30 Jahren waren die öffentlichen Verhältnisse ganz andere, und die öffentlichen Finanzen waren gut. Das wird sich nicht wiederholen. Es wird ein teures Debakel werden. Olympia als Allheilmittel verdeckt doch all die Fehler, die die Jahre über in der Stadtentwicklung gemacht wurden. Ich frage den Stadtentwicklungssenator: Hat die Veddel, hat Rothenburgsort, hat Wilhelmsburg ohne Olympia keine Chance? Wird es dort keine Entwicklung geben? Werden Sie die Leute darauf vertrösten? Wir wollen nicht Brot und Spiele für das Volk, um abzulenken von einer schlechten Sozial- und Bildungspolitik.
Wir erinnern uns doch noch einmal an die Expo. Bei der Expo waren auch alle begeistert. Die Expo wird uns das große Geld bringen, und Expo ist ganz toll. Zur Zeit wird darüber gestritten, wer es bezahlt.
Herr Schmidt, ich habe mitbekommen, daß die Grünen ein neues Politikfeld entdeckt haben, das Standortpolitik heißt – Herr de Lorent hat es wunderbar dargestellt –, aber es wird Ihnen nicht helfen, daß Olympia für diese Stadt nichts bringen wird. Da Sie sich so sicher sind und glauben, daß die Hamburgerinnen und Hamburger alle laut hurra schreien, finde ich, sollten die Hamburgerinnen und Hamburger auch mitentscheiden können. Wir haben das Instrument des Volksentscheides. Lassen Sie uns die öffentliche Debatte führen. Lassen Sie uns öffentlich darüber streiten, was Olympia kostet und was nicht. Der Anfang, die erste Umfrage sagte, 60 Prozent seien dafür, 38 Pro
zent seien dagegen. Ich bin mir sicher, daß es nach einem Offenlegen aller finanziellen Auswirkungen ganz anders aussehen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Okun, nur um da keine Geschichtsklitterung zu begehen, wenn Sie das „Hamburger Abendblatt“ vom 17. Juli 2001 nehmen, dann heißt es da:
„Mit Blick auf die gesamtdeutschen Interessen und das Zusammenwachsen von Ost und West komme jedoch der Bewerbung Leipzigs eine höhere Priorität zu.“