Protokoll der Sitzung vom 05.09.2001

kenkassen denken heute mehr an Kostenersparnis und Kapazitätsabbau. Diese Interessen sind legitim, aber sie unterscheiden sich eben grundsätzlich von den Interessen der Patienten, die statt dessen eine gute, sichere und vor allem auch eine menschliche Versorgung in einem Haus ihres Vertrauens wollen.

Diese Wahrnehmung von Interessen ist Aufgabe der Politik. Diese Interessen hat der Senat mit seinem Krankenhausplan 2005 in keiner Weise eingebracht.

(Beifall bei der CDU)

Es zeigen sich in unserer Großen Anfrage sogar erschreckende Defizite in diesem politischen Entscheidungsprozeß auf. Warum liegen dem Senat zur Qualität der Angebote der Hamburger Krankenhäuser keine Erkenntnisse vor? Warum werden keine Wirtschaftlichkeitsvergleiche auf Basis von Leistung und Kosten durchgeführt? Warum sind Patientenwunsch und Patientenzufriedenheit laut Senat ohne jede Relevanz für seine Planungen? Die von Krankenhäusern und Krankenkassen dazu durchgeführten Patientenbefragungen sind der Behörde offenbar unbekannt. Worauf, fragt man sich, fußt dann eigentlich Ihre Standortplanung?

Darüber hinaus schließen Sie ganze Versorgungssegmente aus, die von Tausenden von Hamburgern jährlich in Anspruch genommen werden, nämlich die Belegkrankenhäuser, wie Michaelis, Beim Andreasbrunnen, Poppenbüttel, Tabea und so weiter. Frau Roth, von Ihnen wurden sie aufgefordert, einen Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan zu stellen. Diese Leistungen wurden dann in der Kapazitätsberechnung für 2005 zugrunde gelegt, aber diese Belegkrankenhäuser sind dann selbst von Ihnen in der Verteilung der Betten am Ende nicht berücksichtigt worden. Frau Roth, Sie haben die Belegkrankenhäuser politisch ausgetrickst und getäuscht und damit den Wunsch der Patienten nach diesem Versorgungsangebot mißachtet.

(Beifall bei der CDU)

Der von Ihnen vorgelegte Krankenhausplan 2005 ist auch in vielen anderen Bereichen eine Entscheidung gegen die Menschen in der Stadt. Ich will drei Beispiele nennen.

Warum haben Sie trotz anerkannt hoher Leistungen in der Herzchirurgie die CardioClinic nicht berücksichtigt? Warum haben Sie die Geriatrieplanung in Bergedorf ganz gestrichen und mit Ihrem Planungsbeschluß das Krankenhaus Edmundsthal-Siemerswalde in Geesthacht mit seiner Geriatrie an den Rand der wirtschaftlichen Existenz gebracht? Zu Recht laufen die Vertreter der älteren Menschen in Bergedorf Sturm gegen diese, Ihre Entscheidung, wie es der Seniorenbeirat getan hat. Ehrlich gesagt, das ganze Gerede von Metropolregion Hamburg und der guten Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein wird angesichts dieser Schließungstatsache des Krankenhauses Geesthacht mit Füßen getreten.

(Beifall bei der CDU)

Warum haben Sie gegen das Votum der Harburger mit der geplanten Schließung der Chirurgie dem Krankenhaus Mariahilf die wirtschaftliche Grundlage entzogen? Die Harburger wollen beide Kliniken. Das AK Harburg ist genauso notwendig wie Mariahilf. Ihr Plan, wenn Sie die Interessen der Harburger vertreten hätten, hätte dem Krankenhaus Mariahilf nicht nur eine Chirurgie belassen müssen, sondern es auch gleich behandeln müssen, was die Finanzierung durch Krankenhausinvestitionsmittel durch die Stadt

(Vizepräsident Berndt Röder)

angeht. Aber beides haben Sie nicht getan, und deshalb sage ich Ihnen, daß Sie diese Koalition gegen die Menschen in der Stadt nicht, und zwar zu Recht nicht durchhalten werden.

(Beifall bei der CDU)

Doch schließlich – und das war ein Schwerpunkt unserer Anfrage – sind die Mißstände in der Krankenhausplanung noch größer, denn wir brauchen umfangreiche Investitionsmittel, die notwendig sind, um die Krankenhäuser den neuen Strukturen anzupassen. Diese Investitionsmittel sind übrigens verpflichtende öffentliche Aufgaben. Es sind weder Subventionen noch Almosen. Doch der noch amtierende Senat will in seinem neuen Haushaltsplan statt 685 Millionen DM bis Ende 2005 nur noch 465 Millionen DM zur Verfügung stellen. Das klingt viel im ersten Moment, aber bis vor wenigen Tagen wußte keiner der Beteiligten, daß Frau Roths Behörde davon schon 420 Millionen DM fest für laufende oder alte Krankenhausinvestitionen zugesagt und verplant hatte. Folglich bleiben für die großen Strukturmaßnahmen gemäß dem Krankenhausplan bis 2005 lediglich 45 Millionen DM übrig. Frau Roth, wie wollen Sie mit diesen 45 Millionen DM Ihre Versprechungen in der Stadt einhalten, die Krankenhäuser Alten Eichen, Bethanien, Elim und Jerusalem zum Diakonie-Klinikum zu fusionieren, Kostenpunkt etwa 200 Millionen DM, die Traditionsklinik Tabea und Rissen fusionieren, Kostenpunkt circa 160 Millionen DM, die Versorgung psychisch Kranker verbessern, neue Abteilungen im Albertinen-Krankenhaus, Ausbau im Krankenhaus Rissen, Ausbau teilstationärer Angebote?

Meine Damen und Herren! Mit dieser Liste an Beispielen, die Sie nicht finanziert haben, ist die Liste absolut nicht vollständig. Dieser Senat bringt es fertig, am 3. April des Jahres einen Krankenhausplan zu beschließen und drei Monate später mit dem Haushaltsplan nicht die Voraussetzung zu schaffen, damit dieser Plan Wirklichkeit werden kann. Deshalb ist dieser Plan und diese Politik unsolide.

(Beifall bei der CDU)

Frau Roth, ich werfe Ihnen vor, daß Sie sich hoffnungslos in die Fallstricke Ihrer eigenen Politik verfangen haben und jetzt versuchen, mit Tricks und Täuschung dieses Versagen abzudecken. In Ihrer Haushaltspressekonferenz haben Sie der Öffentlichkeit verschwiegen, daß Sie die Krankenhausinvestitionsmittel um 75 Millionen DM absenken wollen, und damit die Ursache verschwiegen, warum Ihr Haushalt 50 Millionen DM weniger hat. In den kommenden Jahren wollen Sie in den Krankenhausinvestitionsmitteln sogar 220 Millionen DM streichen und begründen das mit der Barmbek-Finanzierung, von der Sie neulich noch stolz gesagt hatten, sie würde nur 198 Millionen DM kosten.

Schließlich ist der Senat dabei, die Verteilung der Krankenhausfördermittel in der Stadt gezielt zu vertuschen. Sie haben bereits seit mehreren Jahren darauf verzichtet, gemäß Krankenhausgesetz eine mehrjährige Vorschau der Krankenhausinvestitionsmaßnahmen zu veröffentlichen. Die Folge davon war, daß keiner der Beteiligten in der Stadt wußte, daß von den 465 Millionen DM schon 420 Millionen DM weg sind, ohne diese Strukturmaßnahmen.

Meine Damen und Herren! Diese Trickserei und Täuscherei tragen Sie eiskalt auf dem Rücken der Mitarbeiter und Patienten der Krankenhäuser in Hamburg aus. Mit dem Wechsel in dieser Stadt muß auch der Krankenhausplan 2005 im Interesse der Hamburger Patientinnen und Pati

enten gründlich überarbeitet werden. Diese kranke Gesundheitspolitik muß weg.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Petersen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um so näher der Wahltag kommt, um so größer scheint bei der CDU der Realitätsverlust zu sein.

(Petra Brinkmann SPD: Richtig!)

Ihre Äußerungen zur Finanzierung im Krankenhausbereich sprechen für sich. Sie reden Hamburg schlecht und schüren Ängste. Da machen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg ist und bleibt eine Gesundheitsmetropole im Norden. Viele Zehntausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bereich des Gesundheitswesens geben Tag und Nacht ihr Bestes für die Gesundheit der Bevölkerung, und wir danken ihnen dafür.

(Beifall bei der SPD)

Es hat sich in den letzten Jahren viel getan. Es wird viele Fusionen geben, und da stellt sich die Frage, warum Fusionen im Krankenhausbereich denn überhaupt notwendig sind? Fusionen sind deswegen notwendig, weil es zum einen ein wirtschaftlicher Aspekt und zum anderen ein qualitativer Aspekt ist. Wir können nicht jedes Kleinstkrankenhaus erhalten unter dem Aspekt der gleichen Qualität. Wenn in einem kleinen Krankenhaus eine schwierige Operation nur einmal im Monat durchgeführt wird, dann können wir nicht erwarten, daß diese Operation unter der gleichen Qualität durchgeführt wird wie in einem größeren Haus, wo sie fünfmal in der Woche durchgeführt wird. Es hat in Bergedorf eine Fusion zwischen einem städtischen und einem freigemeinnützigen Krankenhaus gegeben. In Barmbek wird ein neues Krankenhaus gebaut, das zukunftsweisend sein wird. In den Elbvororten wird eine Fusion zwischen den freigemeinnützigen Krankenhäusern Rissen und Tabea stattfinden. Tabea ist tatsächlich ein Belegkrankenhaus, und es wird einige Belegkrankenhäuser betreffen.

Herr Wersich, Sie haben dargelegt, daß wir uns nicht um die Belegkrankenhäuser kümmern. Durchaus kümmern wir uns darum, und es gibt viele Prüfaufträge. Die Fusion der vier Krankenhäuser in Eimsbüttel betrifft durchaus Belegkrankenhäuser. In Harburg kommt man sich auch näher, und daneben gibt es in den letzten Jahren eine Vielzahl von Modernisierungen, die Hamburgs Kliniken schlagkräftiger gemacht haben. Die Modernisierung der Krankenversorgung führt natürlich zu einer schnelleren und besseren Versorgung der Patientinnen und Patienten. Das führt zu einer Verkürzung der Liegezeit, und daraus folgt natürlich, daß wir weniger Betten benötigen, und der neue Krankenhausplan hat dies berücksichtigt. Eine Überversorgung kann und darf es nicht geben.

Der Krankenhausplan 2005, der mit allen Beteiligten, das heißt den Krankenkassen und der Hamburger Krankenhausgesellschaft gemeinsam nach gutachterlicher Stellungnahme erstellt worden ist, enthält diverse Prüfaufträge. Weil es durch die Einführung eines neuen Entgeltsystems zu einer weiteren Dynamik in der Entwicklung kommen wird, ist vorgesehen, im Jahre 2003 eine Anpas

(Dietrich Wersich CDU)

sung vorzunehmen. Das heißt, daß noch nichts endgültig festgeschrieben ist. Alle Beteiligten sind sich übrigens einig, daß die im Krankenhausplan aufgeführte Überkapazität im kardiochirurgischen Bereich Betten reduzieren wird.

(Vizepräsidentin Sonja Deuter übernimmt den Vor- sitz.)

Daß die im Insolvenzverfahren befindliche CardioClinic gerade jetzt einen entsprechenden Bescheid bekommen hat, war sicherlich kein glücklicher Zeitpunkt, aber das Widerspruchsverfahren, zu dem ein erneutes Gutachten erstellt wird, wird zu einer objektiven Entscheidung führen. Es muß unter der Prämisse der Überkapazität in diesem Bereich schon geklärt werden, ob in der CardioClinic, im UKE, im AK St. Georg oder im Albertinen-Krankenhaus die überzähligen Betten abgebaut werden. Eine engere Zusammenarbeit oder gar eine Kooperation dieser Kliniken wäre wünschenswert.

Abschließend noch einmal eine Bemerkung zu Ihrer These, die Sie heute nicht so deutlich dargestellt haben.

(Dietrich Wersich CDU: Wie Sie die Pläne finanzie- ren wollen!)

Zu der Finanzierung habe ich etwas gesagt. Das reicht. Das können Sie im Haushalt nachlesen. Das ist abgedeckt.

(Dietrich Wersich CDU: Nein!)

Ich möchte noch eine Bemerkung zu Ihrer These machen, daß die Krankenhäuser des LBK bevorzugt werden. Da hat sich anscheinend bei Ihnen eine Wahnvorstellung entwickelt. Der LBK hat seit 1995 den größten Teil des Bettenabbaus getragen. Die 13 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LBK haben mit sehr großem Engagement und unbeschreiblich großem Einsatz für eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des LBK gesorgt. Dafür danken wir ihnen sehr.

(Beifall bei der SPD)

Der LBK ist auch nicht im Besitz der SPD. Der LBK gehört uns allen, und der Senat hat verdammt noch mal die Aufgabe, sich um diesen LBK zu kümmern. Auch die Lebensinteressen der Stadt hängen übrigens davon ab.

Herr von Beust, der nun nicht da ist, hat ja auf diese Tradition hingewiesen und daß er die auch weiterführen will. Als Wähler der CDU kann man ihm nur dankbar sein, daß Sie heute noch einmal deutlich gemacht haben, wie Sie mit dem Besitz der Hamburgerinnen und Hamburger umgehen wollen.

(Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Nein, nein, das ist so. Sie haben das eindeutig gesagt und uns bei der Finanzierung Täuschung und Trickserei vorgeworfen. Das haben Sie auch auf den LBK bezogen. Das brauchen Sie jetzt nicht zu verneinen, Herr Wersich. Sie haben den Wählerinnen und Wählern klargemacht, wie Sie mit dem Besitz der Hamburgerinnen und Hamburger umgehen wollen. Wir gehen damit patriotisch um, Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Zamory.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Herr Wersich, bei Ihrer Rede habe ich wirklich gestaunt, denn ich konnte eigentlich vermuten, daß Sie sich in der Stadt geirrt und über Berlin und nicht über Hamburg gesprochen haben. Dort gibt es marode Kliniken. Sie sind so marode, daß es einen Versuch gegeben hat, Herrn Lohmann nach Berlin abzuwerben. Ich bin froh, daß er in Hamburg geblieben ist.