Protokoll der Sitzung vom 19.01.2000

„will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen den Erdteilen und Völkern der Welt sein.“

Danach haben wir uns zu richten. – Danke sehr.

(Beifall bei der CDU, bei Erhard Pumm SPD und Mahmut Erdem GAL)

Das Wort erhält Frau Goetsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Susanne Uhl! Ich will an einer anderen Stelle streiten. Ein neuer Ausschuß für Migrations- und Flüchtlingspolitik ist ein Vehikel und erfüllt eine Alibifunktion für uns alle. Dann sind wir frei und können alle Probleme wegschieben.Ich halte einen solchen Ausschuß für unsere politischen Querschnittsaufgaben für kontraproduktiv. Ein solcher Ausschuß ist segregierend und nicht integrierend.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte, daß wir uns alle mit diesem Thema beschäftigen. Gerade die Beispiele, die unter den Spiegelstrichen aufgeführt wurden, sind Themen für den Gesundheitsausschuß sowie für den Sozialausschuß. Ich bin froh, daß wir für den Bereich Kinder, Jugendliche und Schule in den letzten zwei Jahren auch über jugendliche Flüchtlinge gesprochen und dieses Thema nicht in einen anderen Ausschuß abgeschoben haben.Wir haben einen Gleichstellungsausschuß, der sich ebenfalls damit beschäftigen kann.

Ich bin der Meinung, daß wir die Themen ernst nehmen müssen, denn wir haben noch nicht alle Probleme gelöst. Es gibt genügend Debatten in bestimmten Bereichen, die natürlich auch im Innenausschuß behandelt werden müssen. Ich habe selbst leidvoll 17 Jahre im Ausländerausschuß der GEW mitgearbeitet. Wir haben diesen in den neunziger Jahren umbenannt. Wenn Sie sich das Wort „Ausländerausschuß“ einmal auf der Zunge zergehen lassen, wissen Sie warum. Aber die Umbenennung allein reicht nicht aus. Meine Ausschußkollegen und ich stellten immer eine Minderheit dar.Erst nachdem unser Kollege Dr. Hans-Peter de Lorent Vorsitzender wurde, hatten wir es besser. Probleme mit Migrantinnen in Gymnasien wurden in diesen Ausschuß abgeschoben, denn diese fühlten sich dafür nicht zuständig und wollten damit nichts zu tun haben. Aber das ist eine Querschnittsaufgabe.

Im Antrag steht, daß die Gesellschaft am Umgang mit ihren Minderheiten gemessen wird. Man kann sich nicht an einem Ausschuß messen, sondern an den Vorgaben und Leitlinien für eine Migrationspolitik. Ich möchte grüne Maximalforderungen umsetzen, die keine Sonderung sind. Ich

möchte in allen Ausschüssen zu diesem Thema heftig streiten. – Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Uhl.

Wir haben gerade ein Plädoyer dafür gehört, den Gleichstellungsausschuß abzuschaffen und die Ausländerbeauftragte nach Hause zu schicken, es soll keine besonderen Gesetze für Migrantinnen und Migranten und Flüchtlinge und auch keine Ausländerbehörde mehr geben. Hier wurden Reden gehalten unter dem Motto: Alles ist gut.

(Christa Goetsch GAL: Das ist Quatsch!)

Sie wissen alle, daß das grober Unsinn ist und daß die von uns aufgeschriebenen Aufgaben in den anderen Ausschüssen nicht besprochen werden. Ich frage, warum das nicht stattfindet.

Der Gleichstellungsausschuß ist ein Beispiel dafür, daß auch konkrete Fördermaßnahmen für eine Mehrheit entwickelt und auf den Weg gebracht werden müssen. Es gibt in dieser Stadt eine gewichtige Gruppe von Menschen, die in ihren unterschiedlichen Lebensbereichen Diskriminierungen und Ausgrenzungen ausgesetzt ist. Das Parlament hat sich mit dieser Querschnittsaufgabe in den Ausschüssen – anders als Frau Goetsch es gesagt hat – nicht befaßt. Sondern das Gegenteil ist der Fall: Es wird überhaupt nicht darüber geredet.

(Erhard Pumm SPD: Das stimmt nicht!)

Es wird zumindest nicht hauptsächlich darüber geredet. In allen Ausschüssen, in denen ich vertreten bin, findet das nicht in dem notwendigen Umfang statt.

Deswegen ist unser Antrag der Versuch, die Kampagne zu begleiten und gemeinsam Strategien zu entwickeln, zusammenzutragen und dann aufzuschreiben.Im Prinzip soll die von der Ausländerbeauftragten geleistete Arbeit von diesem Ausschuß gestützt und vor allen Dingen alle offenen Fragen besprochen werden. Es ist demagogisch, zu sagen, daß dieses Vorhaben die Menschen spaltet und nicht integriert.Das Gegenteil ist der Fall.Ihr versucht auch immer, dieses mit dem Gleichstellungsausschuß nachzuweisen. – Danke.

(Beifall bei der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.Wer will dem Antrag zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig abgelehnt worden.

(Zurufe von der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Es tut mir leid, Sie haben sich nicht gemeldet.

(Erhard Pumm SPD: Dann hat die Diskussion ja wenigstens etwas gebracht!)

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 17: Bericht der Polizeikommission.

[Senatsmitteilung: Bericht der Polizeikommission – Drucksache 16/3382 –]

(Jürgen Klimke CDU)

A C

B D

Diese Vorlage möchte die Gruppe REGENBOGEN an den Innenausschuß überweisen.Wer möchte hierzu das Wort? – Das Wort hat Herr Mahr.

Frau Präsident, meine Damen und Herren! Am 30. November vergangenen Jahres hat die Polizeikommission ihren ersten Rechenschaftsbericht der Öffentlichkeit vorgestellt. Die daraufhin von der CDU und Polizeigewerkschaften verbreitete Aufregung zeigt mir allzu deutlich, wie wichtig diese Einrichtung ist. Denn die vorgetragene Kritik könnte substanzloser nicht sein. Wahrscheinlich müßten wir uns ernsthaft Gedanken machen, wenn die erklärten Gegner der Polizeikommission geschwiegen hätten.

Es ist zum Beispiel von unberechtigter pauschaler Kritik die Rede. Ich habe beim Durchlesen des Berichtes beim besten Willen nicht erkennen können, daß durch einen Rundumschlag die Arbeit der Polizei in Hamburg schlechtgemacht wird. Die Polizeikommission hat anhand konkreter Einzelfälle Arbeitsabläufe bei der Polizei analysiert und daraus Empfehlungen abgeleitet. Das ist ihre Aufgabe. Auch während des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Hamburger Polizei“ wurde von Einzelfällen auf Fehler im System geschlossen.Nur so kann es funktionieren;über diesen Weg bestand seinerzeit jedenfalls fraktionsübergreifend Konsens.

Daß die Gewerkschaft der Polizei jetzt bemängelt, daß „Roß und Reiter“ nicht genannt würden, ist ziemlich absurd. Denn das Gesetz läßt es aus gutem Grund nicht zu, Einzelfälle personenbezogen zu thematisieren. Darüber hinaus würden gerade diejenigen, die jetzt diesen Umstand beklagen, die ersten sein, die bei einer personenbezogenen Berichterstattung von Prangerwirkung des Kommissionsberichtes sprechen würden. Der geniale Vorschlag meines Kollegen Freiberg, für die Kosten der Polizeikommission sollten doch besser fünf Polizisten eingestellt werden, spricht Bände. Zustimmung aus den eigenen Reihen heischend, zeigt hier ein Gewerkschaftsvertreter, daß er aus den unbestreitbaren Erkenntnissen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses keine Konsequenzen gezogen hat und sie auch nicht ziehen will; das ist bitter. Es ist vor allem deshalb höchst bedauerlich, weil Funktionäre der Polizeigewerkschaften eine wichtige Rolle im Meinungsbildungsprozeß der Polizei spielen und damit auch ein besonders hohes Maß an Verantwortung tragen.

Der Bericht der Polizeikommission zeigt, daß die vom Untersuchungsausschuß analysierten Mechanismen von negativem Korpsgeist, Schweigemauern, Fremdenfeindlichkeit und strukturellen Führungsproblemen weiterhin existieren. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. Organisationen wie die Polizei, die als Träger des Gewaltmonopols in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen dürfen, werden immer dieser Gefahr ausgesetzt sein. Ich kann mich noch an unseren Abschlußbericht und die Aussagen von Herrn Dr. Karpen erinnern, daß nämlich die strukturellen Probleme für die Polizei in Großstädten nicht nur in Deutschland, sondern auch grundsätzlich typisch seien. Die Frage ist aber, in welchem Maß es uns gelingt, derartige Erscheinungsformen zurückzudrängen und damit das Vertrauen in die Polizei zu stärken. Denn es geht gerade nicht darum, gute Arbeit zu diskreditieren.Sondern es geht darum, Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Dies stärkt das Ansehen der Polizei in der Demokratie, stärkt aber auch denjenigen den Rücken, die ihren Polizeidienst verantwortungsvoll verrichten wollen.

Gerade diesen Beamten werden von Kolleginnen und Kollegen häufig Knüppel zwischen die Beine geworfen, die ihre Position zum Mißbrauch der ihnen übertragenen Macht ausnutzen. Wir haben die Polizeikommission beauftragt, derartige Mißstände aufzuzeigen. Deshalb sollten wir sie dafür jetzt nicht kritisieren.

Ich gestehe gern ein, daß auch ich etwas ungeduldig wurde, als die Polizeikommission nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt im September 1998 lange nichts von sich hören ließ. Denn betroffene Bürgerinnen und Bürger werden sich nur dann an die Kommission wenden können, wenn sie wissen, daß es eine solche Einrichtung gibt.Wiederholt haben mir ratsuchende Personen, die ich an die Kommission verwiesen habe, deutlich gemacht, daß sie von der Arbeit der Polizeikommission oder ihrer Existenz bisher noch nichts gehört hätten. Diese Situation den Polizeikommissionsmitgliedern vorzuwerfen, wäre ungerecht. Die Kommission hat deutlich gemacht, welche organisatorischen Anlaufschwierigkeiten es gegeben und in welchem Maße sie sich engagiert hat. Gegenstand unserer Beratungen wird es sicher auch sein müssen, inwieweit die Ehrenamtlichkeit eine professionelle Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben sicherstellt und wie die faktische Behinderung der Arbeit durch die verzögerte Herausgabe von Akten durch die Hamburger Staatsanwaltschaft minimiert werden kann. Denn die lange Bearbeitungsdauer durch die Kommission hat zum Teil Unmut bei den betroffenen Menschen ausgelöst.

Ich werde nicht auf alle Punkte des Berichtes eingehen; wir werden dazu noch genügend Zeit im Innenausschuß haben. Dort können sicher auch an die Kommissionsmitglieder Fragen gestellt und diese auch von ihnen beantwortet werden. Auf einige Dinge möchte ich aber hinweisen.

Die von der Kommission festgestellte sogenannte Hierarchie der Glaubwürdigkeit kann Fachleute ernsthaft nicht überraschen. Es ist menschlich verständlich, daß Staatsanwaltschaft und Gerichte Polizisten eher Glauben schenken als beschuldigten Bürgerinnen und Bürgern. Denn grundsätzlich sollte man davon ausgehen dürfen, daß nur solche Menschen Polizisten mit derart weitreichenden Eingriffsbefugnissen werden können, die auch als Personen integer sind. Wenn aber Polizisten einer Straftat oder anderer Fehlverhalten beschuldigt werden und wenn – wie es in dem Bericht heißt – „entsprechende Aussagen im Falle mehrerer Polizeizeugen häufig bis in Formulierungen hinein identisch ausfallen“ – wir erinnern uns an den Untersuchungsausschuß –, sollten alle Alarmglocken klingeln. Dann muß es schon bitter aufstoßen, wenn die Staatsanwaltschaft durch diese Merkmale nicht aufmerksam wird und nachermitteln läßt. Das Thema „Abgesprochene Aussagen“ war doch eines der zentralen Themen, die wir behandelt haben.

Auch der Umgang der Polizei mit Ausländern ist ein zentraler Punkt des Kommissionsberichtes. Nur so viel: Der Kommissionsbericht macht anschaulich deutlich, auf welcher Gratwanderung sich Polizistinnen und Polizisten bewegen, wenn sie Kontrollen bei Nichtdeutschen durchführen. Hier nicht der Gefahr zu unterliegen, sich von Vorurteilen leiten zu lassen und sich vorwerfen lassen zu müssen – ich sage dies einmal so deutlich –, nach Hautfarbe zu kontrollieren, setzt angesichts der politischen und polizeilichen Vorgaben zur Drogenbekämpfung und der vorhandenen polizeirechtlich geschaffenen Möglichkeiten zur Personenüberprüfung ein hohes Maß an Reflexion und Selbstbewußtsein, an Rollendistanz und Professionalität voraus. Deshalb wird dieses Spannungsfeld auch künftig

(Vizepräsidentin Sonja Deuter)

eine wichtige Aufgabe der Polizeikommission sein müssen. Denn häufig fühlen sich Betroffene bei entsprechenden Personenkontrollen der Situation hilflos ausgeliefert und gedemütigt.

Einen Vorschlag der Kommission möchte ich schon jetzt positiv herausstellen. Sie erinnern sich sicher alle an die Berichterstattung über einen HEW-Mitarbeiter, der in den frühen Morgenstunden von Beamten in Zivil für einen Einbrecher gehalten und bei der Festnahme schwer verletzt wurde. Im Ergebnis befanden sich die Beamten in rechtmäßiger Amtsausübung, weil sie von einer Anscheinsgefahr ausgingen. Der HEW-Mitarbeiter durfte sich aber wehren, weil er die Beamten nicht als Polizeibeamten identifizieren konnte und von einem Überfall ausging. Nach geltendem Recht steht in solchen Fällen den Opfern leider kein Schadensersatz zu. Ich habe es nicht glauben wollen, aber es ist so. Das ist in der Tat unerträglich. Für solche Fälle schlägt die Kommission – es ist dort offensichtlich nicht nur ein, sondern ein weiterer vergleichbarer Fall anhängig – die Bildung eines Fonds vor, aus dem derartige Schäden beglichen werden könnten. Hier sollten wir über Lösungsmöglichkeiten wie beispielsweise über einen Fonds oder anderes nachdenken. Aber es besteht Handlungsbedarf, um Entscheidungen herbeizuführen; die bisherige Regelung ist ungerecht.

Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Mit dem ersten Bericht hat die Polizeikommission Geschichte geschrieben. Erstmals ist eine extern wirkende Einrichtung zur Kontrolle der Polizei in einem Land der Bundesrepublik tätig geworden und schickt sich an, zu einer festen Einrichtung zu werden. Dies wird mittelfristig, wenn wir das parlamentarisch unterstützen – das ist natürlich Voraussetzung –, nicht ohne Auswirkung auf die anderen Bundesländer bleiben können.Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei haben einen Anspruch auf eine professionelle und gut funktionierende Kontrolle. Ich empfehle ihnen, dies als positives Angebot für eine Verbesserung der Polizeiarbeit anzunehmen und zu nutzen.Ich bin mir sicher, daß sich die mißtrauische Ablehnung und Haltung von Teilen – das sage ich bewußt, denn es gibt auch andere Stimmen – innerhalb der Polizei legen wird.Vergleichbare Entwicklungen im Ausland lassen das erwarten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der SPD und bei Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort erhält Herr Dr. Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Anläßlich der Einweihung des neuen Polizeipräsidiums sprachen sowohl der Erste Bürgermeister als auch der Innensenator im Zusammenhang mit unserer Polizei von Offenheit, Modernität und Bürgernähe. Ich halte diese Grundprinzipien im Bereich der staatlichen Sicherheitsorgane für unabdingbar und selbstverständlich.

Der Bericht der Polizeikommission spricht für die Modernität und Aufgeschlossenheit der Hamburger Polizei. Die Einrichtung dieser Kommission ist ein Zeichen von Stärke. Wir wollen und können es uns erlauben, mögliche Konflikte offen anzusprechen, und bieten Betroffenen die Möglichkeit, sich an eine externe Instanz zu wenden, die Probleme mit und in der Polizei zu lösen versucht.

Hinter der Kommission liegt ein Jahr Arbeit. Für ihre Akzeptanz spricht unter anderem die Tatsache, daß Be

schwerden auch aus Reihen der Polizistinnen und Polizisten an die Kommission gerichtet worden sind. Die Kommission selbst spricht davon, daß sie von den Beamten nur schleppend angenommen worden sei. Ich bin davon nicht überrascht. Es ist nachvollziehbar, wenn sich die Polizeivertreter zunächst abwartend verhalten.Eine neue und von außen beobachtende Instanz kann eher leicht als Belastung denn als Bereicherung begriffen werden. Dennoch haben sich einige von ihnen dieser Einrichtung bedient. Das ist durchaus positiv.

Erfreulicherweise fallen die insgesamt 47 relevanten Beschwerden mit den in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Konflikten tatsächlich ausgesprochen gering aus. Besonders augenfällig wird dies dann, wenn man dazu die etwa 8000 Vollzugsbeamten in Relation setzt.

Verfehlungen, so bedauerlich sie auch sind, wird es in einer solchen Organisation immer geben. Um solchen Situationen vorzubeugen und Versäumnisse adäquat aufzuarbeiten, gibt es neben anderen effektiv arbeitenden Instanzen – wie etwa dem Dezernat Interne Ermittlungen – auch diese Kommission.