Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

Ich begrüße es, wenn Sie als Bürgerschaftsabgeordnete mit den Kreisen, Anrainern und deren Anschlußkreisen reden und sie auffordern, in den HVV mit einzusteigen. Bitte

(Ulf Lafferenz CDU)

vergessen Sie nicht, daß dazu auch der finanzielle Background gehört.

Von den 118 000 Berufspendlern aus den vier nördlichen Randkreisen, die nach Hamburg kommen, wohnen circa 87000 Menschen im Bereich des HVV, rund 31000 Menschen außerhalb seines Einzugsgebiets.Daran können Sie erkennen, daß es sich lohnen würde, den Bedarf zufriedenzustellen. Daß die Benutzung des ÖPNV auch Entlastung auf anderen Verkehrswegen bedeutet, liegt auf der Hand und kann, wenn sie eintritt, nur von jedem begrüßt werden. Das habe ich hier auch nicht anders verstanden.

Nichtsdestotrotz müssen wir auch in diesem Falle überzeugen, daß wir als Metropole einen sehr guten Service haben. Dieses geschieht, wenn wir das Angebot, das selbstverständlich verbesserungswürdig und anpassungsbedürftig ist, tagtäglich bieten. Das kann jeder in Anspruch nehmen, der zum Beispiel im jetzigen Tarifeinzugsgebiet wohnt und lebt.Wir müssen aber darauf hinweisen, daß die Medaille in diesem Falle auch zwei Seiten hat.

Ich freue mich, daß wir endlich so weit sind, daß wir zu Gesprächen kommen, zum Beispiel mit Schleswig-Holstein. Ich freue mich ganz besonders, daß wir in der schleswigholsteinischen Landesregierung einen fruchtbaren, angenehmen und kreativen Partner haben – das gleiche gilt für die Anrainerlandkreise –, um hier zu einem vernünftigen und guten Ergebnis zu kommen.

Meine Damen und Herren, drücken Sie uns die Daumen. Es gehört auch ein bißchen dazu, daß man die Erweiterung des HVV ins Umland will. Es ist eine Frage der Finanzierung, des Wollens und natürlich auch der verkehrlichen Vernunft. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Holger Chri- stier SPD: Und des Wahlergebnisses!)

Wird zu diesem Tagesordnungspunkt noch das Wort gewünscht? – Nein.

Dann kommen wir zum letzten Thema. Die SPD-Fraktion hat hierzu angemeldet:

Hunde in der Großstadt

Wer wünscht das Wort? – Das Wort hat Frau Walther.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Mai letzten Jahres stand ich hier schon einmal. Auch damals ging es um das Thema „Hunde in der Großstadt“. Es wurde gesagt, das Thema sei nicht wichtig, und es wurde gefragt, warum wir uns damit beschäftigen und dazu einen Antrag stellen. Die letzten Wochen haben uns sehr wohl gezeigt, daß wir dieses Thema ernst zu nehmen haben. Deswegen komme ich noch einmal auf unseren Antrag zu sprechen.

Wir sind schon damals auf Übergriffe von gefährlichen Hunden auf Menschen eingegangen. Unsere Forderung war, dies in unserer Hundeverordnung zu konkretisieren, damit wir in Zukunft schneller Haltungsverbote und ähnliches aussprechen können. In der Zeitung stand oft nur die Forderung nach Leinenzwang, die auch in der Hundeverordnung steht, sowie nach Freiflächen, von denen ich jetzt – beispielsweise in Bergedorf und Hamburg-Nord – schon einige entdeckt habe; in weiteren Stadtteilen und Bezirken werden welche eingerichtet.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz)

Es ist unser Wunsch, den Hund im ÖPNV an die kurze Leine zu nehmen. Sämtliche Kann-Formulierungen möchten wir wegen der Umsetzung und der Durchsetzung in Muß-Formulierungen umformuliert haben.

Wir wollen durchsetzen, daß der Hundekot von den Hundehaltern eingesammelt wird. Dieses ist in Hamburg besonders für Familien mit kleinen Kindern ein ständiges Streßthema. Wir fordern auf Bundesebene, daß Hundehalter verpflichtet werden, für ihre Hunde eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.Die Umsetzung unseres Antrags erhofften wir uns bis zum letzten Quartal in 1999, aber bis jetzt haben wir vom Senat leider noch keine Antwort erhalten. Soviel ich weiß, ist die Hundeverordnung jetzt in der Abstimmung. Ich hoffe, daß sie demnächst vorliegt und wir mit der Umsetzung beginnen können. Dann würden vielleicht viele Probleme, die es leider im Moment immer noch gibt, nicht mehr bestehen.

Ein paar Worte zum Bundesverfassungsgerichtsurteil, in dem es um die sogenannte Sondersteuer für bestimmte Hunderassen geht, das aber noch nicht bestätigt worden ist. Nach meiner Auffassung wäre die Sondersteuer kein großer Gewinn, weil sie die verantwortungsbewußten Halter treffen würde, die wohlerzogene Hunde haben und sich dann wahrscheinlich keinen dieser Hunde mehr leisten könnten. Den anderen Hundehaltern, die wir aber damit treffen wollen, wäre es egal, ob sie 2000 DM oder 3000 DM Hundesteuer bezahlen müßten.

Es gibt sicherlich auch illegale Hunde, aber die Hunde, die wir auf dem Kiez antreffen, werden angemeldet sein, denn auch jetzt haben wir Möglichkeiten, dieses zu erzwingen.

Ich möchte noch einige Worte zu den Themen Zucht, Haltung, Einfuhr und Handel sagen. Diese Themen müssen auf Bundesebene konsequent bearbeitet werden.Vom Tierschutzbund gibt es den Vorschlag eines Heimtierzuchtgesetzes und von den Innensenatoren der SPD-geführten Länder weitere Vorschläge. Es wurde ein Papier ausgearbeitet, in dem sowohl auf Zucht, Haltung, Kastration als auch auf die Pflichtversicherung eingegangen wird. Es wurde bereits im Juni zur Prüfung und Bearbeitung verabschiedet und liegt den Ländern sowie dem Bund seit geraumer Zeit vor. Ich schlage vor, daß sich Tierschutzbund und die Innenminister zusammensetzen und ein gutes Papier daraus entwickeln, das für alle Seiten annehmbar ist.

Im Hamburger Tierschutzverein gibt es zur Zeit circa 60 Pitbullterrier. Davon wurden 20 in der Weise so sozialisiert, daß sie in Familien abgegeben werden können. Für ein Jahr wird die Hundesteuer bezahlt, und außerdem können die Familien mit ihrem Hund in eine Hundeschule gehen. Seit gestern haben Sozialhilfeempfänger die Möglichkeit, ihren Pitbull beim Hamburger Tierschutzverein kostenlos kastrieren zu lassen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Herr Fuchs.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wären wir beim Film, würde ich jetzt sagen „Klappe, Hunde in der Großstadt, SPD, die fünfzehnte“.Wir sind aber nicht beim Film, sondern in der Hamburger Bürgerschaft.

Liebe Frau Walther, durch mehrere Diskussionen, die wir bereits gemeinsam geführt haben, ist bereits deutlich geworden, daß wir im wesentlichen die gleiche Sprache spre

(Senator Eugen Wagner)

chen. Ich kann Frau Walther in einem recht geben: Als wir im Mai vergangenen Jahres die Debatte über dieses Thema geführt haben, haben wir sehr lustig darüber gesprochen. Auch ohne Pathos kann ich feststellen, daß die Vorfälle in der jüngeren Vergangenheit alles andere als spaßig zu gelten haben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei der GAL – Dr. Mathias Petersen SPD: Richtig!)

Eine Hundeattacke, zumal von einem Pitbull ausgeführt, vergessen Sie bestimmt Ihr ganzes Leben nicht. Wenn es sich dann noch um ein Kind handelt, ist davon auszugehen, daß es, auch wenn die Narben schon lange verwachsen sind, zu schweren seelischen und psychischen Schäden kommt. Hier ist wirklich Handlungsbedarf. Im September 1999 sollte uns vorliegen, was im einzelnen zu unternehmen ist.Die CDU-Fraktion wartet gespannt darauf, denn wir meinen, den Handlungsbedarf in den Vordergrund rücken zu müssen. Wir haben schon genug Schwierigkeiten, davon Kenntnis zu nehmen, wenn kleine Kinder beispielsweise Opfer im Straßenverkehr werden.Es kann nicht sein, nun auch noch die Gefahr heraufzubeschwören, wonach kleine Kinder – es sind ja immer die Schwächsten, die getroffen werden – Opfer von Hundeattacken werden. Wir wollen alles diskutieren und warten darauf, daß der Senat seine Pflicht tut. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Steffen.

Wir haben wieder einmal das Thema „Hunde in der Großstadt“, das, wie wir alle feststellen, große Emotionen in der einen oder anderen Richtung weckt. Die einen sagen: Am besten alle in die Wurst.

(Heiterkeit im ganzen Hause)

Das sind diejenigen, die sich – durchaus zu Recht – darüber beschweren, daß sie das „Glück“ hatten, in Hundekot zu treten, oder entnervte Mütter,

(Ole von Beust CDU: Die kommen nicht in die Wurst!)

die sich – auch zu Recht – darüber aufregen, daß die Spielplätze und Sandkisten verdreckt sind.Oder es sind die Jogger im Park, die sich von einer Hundemeute verfolgt fühlen, oder einfach nur Spaziergänger, die vielleicht die Straßenseite wechseln, weil ihnen ein freilaufender großer Hund entgegenkommt und sie sich nicht sicher sind, ob er gehorcht. Die anderen sagen – das ist die andere Seite der großen Emotionen –, das sei nicht die Schuld der Hunde. Das ist grundsätzlich richtig.Wir alle in der Hamburgischen Bürgerschaft hatten uns anläßlich der Diskussion zu dem Antrag, der noch in der Bearbeitung ist, wie meine beiden Vorredner bereits festgestellt haben, in diese Richtung geäußert.

Mir ist bei den beiden vorigen Beiträgen noch ein Aspekt aufgefallen, und als dritte Rednerin bleibt mir, ihn aufzugreifen: Es ist die Verantwortung der Menschen. Es kann natürlich nicht angehen, daß verantwortungslose Hundehalter dazu beitragen, daß wir solche Diskussionen führen müssen. Herr Fuchs hat eben auf die erheblichen Verletzungen hingewiesen, die Schäden im weiteren Leben hinterlassen, weil man Ängste entwickelt, überhaupt noch mit Tieren und insbesondere mit Hunden umzugehen. Mein

Appell geht dahin, nicht nur darüber zu diskutieren, ob die Hunde schuld sind oder ob wir bestimmte Hunderassen vielleicht nicht mehr zulassen sollten, sondern man muß auch Parallelmaßnahmen bedenken. Es gibt bereits Länder, die Einfuhrstopps für bestimmte Hunderassen verhängt haben. Das ist aber das Verwechseln von Ursache und Wirkung, weil letztlich die Hundehalter, die verantwortungslos mit dem Tier umgehen, die Ursache sind.

(Beifall bei der GAL, der SPD und bei Michael Fuchs CDU)

Frau Walther hat auch schon darauf hingewiesen, daß der Antrag in der Bearbeitung ist. Es gilt zu überlegen, ob beispielsweise ein Hundeführerschein, eine Hundeprüfung, gemacht werden muß. Als Hundehalterin würde ich es jedem anraten. Es nützt nicht nur dem Halter oder der Halterin, es nützt auch dem Hund, sich fortzubilden. Das wird aber mit dem Antrag abgearbeitet sein.

Begrüßenswert ist es, eine Haftpflichtversicherung für Hunde einzuführen. Es gibt immer noch genügend Hundehalterinnen und Hundehalter, die keine Haftpflichtversicherung für ihr Tier abgeschlossen haben. Wenn es dann zu Schäden kommt, hat das Hundebißopfer auch noch den Ärger, gegebenenfalls hinter Schmerzensgeld und ähnlichem hinterherzulaufen.Wenn wir eine Möglichkeit haben, dann sollten wir diesem Problem begegnen können.

Die Freilaufflächen – ich habe selber welche besucht – finde ich sehr gelungen. Wir sollten weitere schaffen.

(Heiterkeit bei der GAL und der SPD – Dr. Holger Christier SPD: Da würde ich gerne mal gucken! – Manfred Mahr GAL: Auf dem Rathausmarkt!)

Allerdings gilt es festzustellen, daß diese Flächen nicht nur an den Stadträndern liegen sollten.Wir brauchen sie natürlich auch in der Innenstadt, weil es nicht allen Hundehalterinnen und Hundehaltern zuzumuten ist, weite Wege zu machen.Wir halten es nicht für sinnvoll, das Autofahren zu fördern, um den Hund mit dem Auto an den Stadtrand zu bringen.

Ein weiterer Punkt ist die Verwendung der Hundesteuer. Man könnte überlegen, wie man über Infrastrukturmaßnahmen eine friedliche Koexistenz von Nicht-Hundehaltern und Hundehaltern fördern könnte. Auch da würden mir einige Maßnahmen einfallen.

Ich komme zum Schluß.

(Ole von Beust CDU: Oder Sie kommen in die Wurst!)

Es kann nicht nur um die Hunde gehen, sondern auch darum – dieser Aspekt geht leider in der Diskussion immer unter –, daß wir Großstadtmenschen uns wieder an den Umgang mit Tieren gewöhnen müssen, denn viele Menschen, die in der Großstadt leben, sind von Tieren entwöhnt. Sie müssen lernen, auf Tiere zuzugehen und mit ihnen umzugehen.