So wenig, wie eine Schwalbe einen Sommer macht, so wenig macht ein Müller aus dem Saarland oder ein Wersich aus Hamburg aus der CDU eine soziale Partei.
Aber auch die SPD ist nicht viel besser. Beim Durchsehen der Abstimmungsliste, Herr Christier, habe ich fast eine Krise bekommen. Für die Zustimmung des Gesetzes fehlten zwei Stimmen; Bremen hat drei Stimmen, hat aber nicht zugestimmt. Henning Scherf war in diesem Bereich doch einmal Hoffnungsträger für eine fortschrittliche und sozial gerechte Politik.
Diese Hoffnung hat sich damit wohl endgültig erledigt. Wer zu Recht der CDU Vorwürfe macht, daß sie in diesen Fragen keine einheitliche Meinung vertritt, soll gefälligst vor der eigenen Tür kehren. Hier hat auch die SPD und nicht zuletzt auch die rotgrüne Regierung in Berlin versagt.
Denn ein Desaster war vorprogrammiert. Warum hat die rotgrüne Regierungskoalition den Entwurf so formuliert, daß dieser von der Länderkammer genehmigt werden muß? Haben Sie den Blick für die realpolitischen Zustände in diesem Land verloren, daß Sie die auf Sie zukommenden Probleme übersehen haben?
Ich stimme Herrn Bossong nicht oft zu, aber in einem Punkt seiner Ausführungen in der „taz“ hat er recht: Über eine schlichte Ausnahmeregelung im BTMG zur Straffreiheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Gesundheitsräumen hätte nicht im Bundesrat abgestimmt werden müssen. Aber auch wenn der Entwurf vom Bundestag tatsächlich beschlossen werden sollte – Peter Zamory, findest du den wirklich gut? –, kann keine Euphorie aufkommen, wenn Altersbegrenzungen für Nutzerinnen und Nutzer und der Ausschluß von Gelegenheitskonsumenten fixiert worden sind. Selbst wenn dieser Entwurf tatsächlich durchkommt, kann ich diese Euphorie nicht nachvollziehen. Dieser Entwurf ist höchstens ein erster Schritt auf dem Weg zu einem vernünftigen Rahmenkonzept.
Wenn aber schon bei diesem ersten Schritt die Regierungskoalition so auf die Nase fällt, dann wird damit keine Kompetenz gezeigt.
Aber auch in Hamburg sollte man mit dem Klopfen auf die eigenen Schultern etwas vorsichtiger sein. Es hat hier doch lange gedauert, bis die Politik so hinter den Druckräumen gestanden hat, wie sie es jetzt tut. Die bestehenden Gesundheitsräume sind maßgeblich durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Träger vorangebracht worden. Sie sind dafür von der Staatsanwaltschaft verfolgt und mit Kriminalisierung bedroht worden. Es darf nicht sein, daß eine notwendige Weiterentwicklung eines Hilfesystems auf dem Rücken einzelner ausgetragen wird.
Eines muß für Hamburg klar sein: Unter diesen negativen Entscheidungen des Bundesrates, die beide großen Parteien zu verantworten haben, dürfen nicht die hilfesuchenden Menschen in dieser Stadt leiden. Hier können und müssen wir die Debatte an den Notwendigkeiten orientieren. Notwendig ist es, daß Menschen, die von Rauschmitteln abhängig geworden sind, eine Chance bekommen, ihre Sucht zu überleben. Dafür brauchen wir neben anderen Instrumenten einen bedarfsgerechten Ausbau von Druckräumen, und zwar nicht irgendwo, sondern genau dort, wo sie effektiv helfen können.
Als Kompensation für die Fehler von SPD und CDU bleibt in Hamburg nur eines: Stellen Sie sich alle hinter das Konzept bedarfsorientierter Fixerstuben, und sorgen Sie für weitere Druckräume in der Schanze, in St. Georg, und zwar sofort. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man die Geschichte der Drogenpolitik ansieht, bedeutete dies immer das Bohren harter Bretter. Das wird beim Thema Gesundheitsräume deutlich. Erste Vorstöße Hamburgs hat es dazu bereits zu
Beginn der neunziger Jahre gegeben. Diejenigen Helden, die ständig Forderungen erheben, haben die gesamte Geschichte der Drogenpolitik irgendwie nicht verstanden. Ich freue mich, wenn der frühere Drogenbeauftragte Horst Bossong bei seinen früheren Kritikern und Verleumdern plötzlich wieder zitierfähig wird. Das ist eine Rehabilitation, über die er sich freuen wird. Aber, Herr Jobs, dann muß man auch die anderen von ihm gemachten Ausführungen mitzitieren. Gegen diese haben Sie sich immer heftig gewehrt.
Gesundheitsräume sind erforderlich, um dem offenkundigen Drogenelend von Süchtigen entgegenzuwirken, aber sie sind auch erforderlich, um der Belastung, die diese Drogenabhängigen in bestimmten Stadtteilen darstellen, wenn sie sich dort Spritzen in Hauseingängen, auf Kindertagesheimplätzen oder in der Nähe von Kindergärten setzen, entgegenzuwirken. Auch das gehört dazu, hier zu einer besseren Situation für das gesamte Umfeld zu kommen. In Hamburg ist es gelungen. Das wird dadurch deutlich, wenn man die Situation mit anderen Städten vergleicht, die sich bisher gegen Gesundheitsräume gewehrt haben.
Es ist nicht weiter verwunderlich, daß in städtischen Bereichen – vom Saarland bis Frankfurt und Hannover – die Politik unter dem Druck der Verhältnisse ihre Einstellungen verändert hat. Daß die CDU in Hamburg in den verschiedenen Bereichen ihre Haltung schrittweise geändert hat, ist auch eine Anpassung an die Realität und die schrittweise Entwicklung von Realitätssinn.
Daß dieses Gesetzesvorhaben im Bundesrat an der CDU/ CSU-Mehrheit gescheitert ist, ist Ausdruck einer ideologischen Fixierung, die im Süden Deutschlands ihren Ursprung hat. Herr Jobs, es ist exakt daran gescheitert, denn es gibt für die beiden Großen Koalitionen von SPD und CDU entsprechende Bundesratsklauseln, die es den SPDgeführten Regierungen nicht möglich gemacht haben mitzustimmen.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Dietrich Wersich CDU: Stimmt doch gar nicht! – Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Bremen ist doch gar nicht so weit weg!)
Daß neben den Gesundheitsräumen mit diesem Gesetzentwurf auch Verbesserungen im Bereich der MethadonSubstitution und eine diesbezügliche Qualifizierung – Einführung eines Methadon-Zentralregisters, die qualifiziertere Behandlung von Methadon-Substituierten – verhindert wurden, haben diejenigen zu verantworten, die das bewirkt haben.
Man kann bezüglich der zunehmenden Zahl von Drogentoten, die Methadon konsumiert haben, keine Krokodilstränen vergießen. Dazu gab es auf zwei Probleme in dem Gesetzentwurf eine Antwort. Ich bin der Bundesregierung dankbar, daß sie den Vermittlungsausschuß angerufen hat. Wir werden in Kürze im Vermittlungsausschuß versuchen, zu einem anderen Ergebnis zu kommen.
Ich habe die Hoffnung, daß es auf seiten der Union zu Einsichten kommen wird. Denn wir brauchen eine realistische Drogenpolitik, die möglichst von vielen Gruppen getragen werden sollte. Das gehört mit zu den Grunderkenntnissen. Wenn wir diese Situation wirklich verbessern wollen, nützt es nichts, in irgendwelchen Städten dieser Republik ledig
lich Modellversuche durchzuführen, sondern wir müssen immer versuchen, diese Vorhaben breit anzulegen. Das ist Hamburg mit seinem Ansatz bei der Methadon-Substitution gelungen. Herr Jobs, die Frage nach dem Ansatz und der Konzeption, auf die Verbreiterung oder allein auf Schnelligkeit zu setzen, war auch hier eine interessante Auseinandersetzung. Ich weiß, wie Sie und andere Ihrer Anhänger von uns immer staatliche Sofortprogramme für die Methadon-Substitution gefordert haben. Von seiten der BAGS ist ein Konzept der Verankerung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung dagegengesetzt worden, so daß dieses republikweit allen zugute kommt. Für die Zukunft halte ich es für einen wichtigen und zentralen Ansatz, so weiterzugehen. Ich würde mir auch wünschen, daß von seiten der hamburgischen CDU die Telefonkontakte nach Süddeutschland mit mehr Intensität betrieben werden, um dort die Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen.
(Ole von Beust CDU: Fangen Sie mit dem Trans- rapid an, dann machen wir das andere! Selber in Berlin nichts zu melden haben und von uns den Transrapid fordern!)
Das wäre entgegen Ihren Ausführungen im zweiten Teil Ihrer Rede viel sinnvoller. Den ersten Teil habe ich schon mit einer gewissen Freude wahrgenommen. – Vielen Dank.
Zunächst zu Ihnen, Herr Jobs. Keiner ist aufgrund des gescheiterten Gesetzentwurfes euphorisch. Dieser Gesetzentwurf enthält für Hamburg, wenn er so umgesetzt wird, auch bittere Pillen; das ist völlig richtig. Trotzdem ist es auch richtig, daß es darum geht, eine gesellschaftliche Basis für die Einrichtung und Absicherung der Gesundheitsräume auf lange Zeit herzustellen, die breiter ist als eine jeweilige Bundestagsmehrheit. Dafür ist das Vorgehen letztlich so notwendig gewesen.
Zu Ihnen, Herr Wersich, möchte ich sagen: Ihre guten Ratschläge an uns sollten Sie sich für die Bundesländer aufheben, die von der CDU regiert werden oder wo diese mitregieren und die gegen den Gesetzentwurf gestimmt haben.
Es geht hier nicht um billige Polemik, es klingt nicht nur dramatisch, sondern es ist auch so: Wer den Verlust von Menschenleben dadurch in Kauf nimmt, daß er die Gesundheitsräume nicht einrichtet oder verhindert, enthebt sich christlicher Politik. Das ist eine Position, die ich selbstverständlich unterstreiche und nicht zurückzunehmen habe.
Herr von Beust, ich möchte Sie noch einmal fragen, welche Telefonate Sie in den letzten Wochen geführt haben, um Ihre Kollegen Schönbohm, Perschau und Diepgen davon zu überzeugen, daß Gesundheitsräume eine notwendige Maßnahme sind. Was gedenken Sie zu tun, damit jetzt endlich im Vermittlungsausschuß eine menschenwürdige vernünftige Regelung zustande kommt?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bürgermeister, Sie haben vielleicht mit Recht die früheren Gesetzentwürfe Ihrer Regierung gelobt. Hätten Sie den Entwurf Ihres Vorgängers Voscherau von 1995 aus dem Koffer gezogen,