Herr Hesse, Sie stehen in der Tradition der Herren Mattner und Kelber sowie derjenigen, die für diesen Bereich vorher
in der CDU Verantwortung getragen haben. Aber es ist immer alter Wein in neuen Schläuchen, teilweise wortwörtlich abgeschrieben von Ihren Vorgängern. Es ist nichts Neues.
Ich will ernsthaft auf den Antrag und Ihre Äußerungen eingehen, weil das Thema ernst ist und wir uns durchaus Gedanken um diesen Bereich machen und, wie ich glaube, eine Reihe sinnvoller Lösungsansätze haben. Zweifellos ist es der Wunsch vieler Bürger, Wohneigentum zu schaffen. Wenn Sie die Bewohner der 130 000 städtischen Wohnungen befragen würden, ob sie ihre Wohnung kaufen möchten, würden dies wahrscheinlich mehr als 1000 Bürger mit Ja beantworten. Das hat beispielsweise etwas mit Konditionen und mit der Lage zu tun.
Aus Umfragen geht hervor, daß sich der Bürger in erster Linie ein freistehendes Häuschen wünscht, um das er herumlaufen kann, auf möglichst großem Grundstück, im Grünen, möglichst verkehrsnah. Das verstehe ich. In zweiter Linie – so zeigen alle Befragungen – möchte der Bürger oder die Familie ein Reihenhaus. Das hat etwas mit Angebot, Nachfrage und Geld zu tun. Zuletzt kommt dann, wenn man Eigentum schaffen will, die Eigentumswohnung in Betracht.
Das eigene Häuschen in der Großstadt ist nicht ganz unproblematisch, das wissen wir alle, und auch nur bedingt möglich. Es ist im wesentlichen eine Frage fehlender Fläche, aber auch ein ökonomisches Problem, denn Verkehrsinfrastruktur zu jedem Einzelhaus zu bringen, ist natürlich nicht einfach. Aber auch ökologische Probleme sind uns in den letzten Jahrzehnten zunehmend ins Bewußtsein gerückt, unter anderem die Versiegelung von Boden.
Herr Hesse, meine Damen und Herren! Die moderne Großstadtbevölkerung will nicht in erster Linie Eigentum schaffen. Sie ist nicht mehr so seßhaft und unbeweglich wie in den vergangenen Jahrzehnten, sondern sehr mobil. Dieses hat nicht immer etwas damit zu tun, Eigentum zu bilden, in dem man selber wohnen kann.
Trotzdem muß die Stadt auf die Wünsche der Bürger eingehen. Seit 1978 haben wir in Hamburg ein Programm laufen, das Eigentum von Bürgern in der Stadt fördert. Das geschieht auf der einen Seite mit städtischen Grundstücken. Die Grundstücke sind relativ klein und werden an einen bestimmten Bevölkerungskreis, der dafür in Betracht kommt, weil er förderungswürdig ist, nach einem Punktesystem vergeben: Das Einkommen ist nicht so hoch, die Familie hat mehrere Kinder, oder eine Sozialwohnung wird freigemacht. Zum anderen werden die Bürger über Darlehen der Wohnungsbaukreditanstalt gefördert.
Ziel ist es dabei, den Wünschen des Bürgers nach Eigentum Rechnung zu tragen und natürlich, Herr Hesse, die Bürger in der Stadt zu halten. Dieses Anliegen haben wir genauso wie alle anderen Großstädte. Denken Sie an Berlin. Dort hat eine riesige Stadtflucht eingesetzt, als die Mauer verschwand. Denken Sie an Bremen. Selbst München und Stuttgart sind von dieser Entwicklung nicht verschont, daß aus der Kernstadt heraus Bürger, die große Grundstücke erwerben wollen, ins Umland gehen, weil sie ihren Wunsch in der Stadt nicht befriedigen können.
Ausgerichtet ist die Eigentumsförderung Hamburgs auf den Neubau. Das ist vernünftig, denn es schafft in der Stadt mehr Wohnraum. Und wenn mehr Wohnraum geschaffen
wird, entspannt sich der Markt und Wohneigentum wird günstiger. Das ist gut für diejenigen, die so etwas erwerben wollen. Darum ist der Grundsatz bei der Förderung mit öffentlichen Mitteln – bei der Subventionierung von Bürgern –, darauf zu achten, daß er etwas Neues schafft, ein wichtiges Kriterium. Würde Hamburg den Erwerb von gebrauchten Immobilien – das ist Ihr Ansatz – stärker fördern, was in geringem Ausmaß geschieht, hätten wir deutlich weniger Neubau als heute. Dann würden die Fördermittel und die Mittel des Bürgers nicht in den Neubau investiert, sondern natürlich in gebrauchte Immobilien. Das würde heißen, daß gebrauchte Immobilien stärker am Markt nachgefragt werden. Sie werden teurer, und der Bürger kann nicht so leicht Eigentum erwerben. Dies wäre ein Teufelskreis, denn der Nachfragedruck, zumal ein staatlich subventionierter, läßt zweifelsohne Preise klettern, ohne daß gleichzeitig das Angebot erhöht würde. Das wäre sogar kontraproduktiv, wie man so schön in neudeutsch sagt. Steigende Nachfrage, staatlich subventioniert, schafft steigende Preise und macht es dann für viele Interessenten wieder unbezahlbar, sich Wohneigentum zu erlauben. Im übrigen fördert auch das Umland keine gebrauchten Immobilien.
Warum in diesem Bereich noch mehr Subventionen? Wir sollten uns immer die Frage stellen, ob man Subventionen abbauen kann. In diesem Falle wollen Sie Subventionen noch verstärken.
Wenn Sie das „Hamburger Abendblatt“ aufschlagen – Norddeutschlands größten Immobilienmarkt –, sehen Sie, daß in der Zeitung seitenweise gebrauchte Immobilien angeboten werden, und die Preise sind zur Zeit nicht sehr hoch.
Daß Hamburg den Ankauf von Altbauten überhaupt fördert – das geschieht in einem bescheidenen Maße –, hat eine familienpolitische Komponente. Für Familien mit mindestens drei noch nicht volljährigen Kindern oder zwei Kindern plus einem behinderten Kind, die Anspruch auf öffentlich geförderten Wohnraum haben – also ein Dringlichkeitsschein vorliegen soll –, werden Ausnahmen gemacht. Da wird im Ausnahmefall auch der Erwerb einer gebrauchten Immobilie gefördert. Diese Förderregelung sollte prinzipiell die Ausnahme bleiben und nicht verallgemeinert werden. Aber man muß, Herr Hesse, den Schlenker haben Sie hinbekommen, diesen Antrag auf zusätzliche Förderung im Zusammenhang mit Ihrer Drucksache 16/3750 – Förderung des Wohneigentums – sehen. Zielrichtung ist, städtischen Wohnraum zu verkaufen. Das haben all Ihre Vorgänger in der Bürgerschaft immer gefordert, das fordern Sie, das fordern Ihre Kollegen in vielen anderen deutschen Großstädten auch. Aus dem Erlös soll Eigentumsbildung gefördert werden. Es soll Nachfrage von Mietern entstehen, die ihre Wohnung dann auch erwerben können. Das ist ein Teufelskreis.
Ich sage etwas salopp: Wohnung verscherbeln und den Leuten aus dem Erlös Geld in die Hand drücken, damit sie eine Wohnung kaufen können. Ein Nullsummenspiel. Das reduziert den Bestand verfügbaren städtischen Wohnraums, und diejenigen, die nicht selbst für ihren Wohnraum sorgen können, haben künftig ein kleineres Angebot vor sich. Es trägt zur Entsolidarisierung der Gesellschaft bei, weil soziale Entmischung stattfindet. Es wird wahrscheinlich nicht derjenige seine Wohnung kaufen wollen, der im zwölften Stock in Kirchdorf-Süd wohnt. Ich vermute aus meiner persönlichen Kenntnis, daß aber derjenige, der in Marienthal eine Sozialwohnung in einem dreigeschossi
gen Gebäude der SAGA bewohnt, sie wahrscheinlich eher erwerben wird. Das nennen wir „Rosinenpickerei“, und darunter verstehen wir, daß die guten Bestände privatisiert werden und die schwierigen Bestände bei der Stadt bleiben. Das ist Ghettobildung mit staatlicher Förderung.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Zur Förderung von Wohnungseigentum im Neubau sagen wir ja. Das geschieht und wollen wir auch beibehalten. Gebrauchte Immobilien wollen wir nur in den wenigen genannten besonderen sozialen Fällen fördern, und zur Verscherbelung der guten Bestände der Stadt sagen wir nein. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! SAGA und GWG sind die Steckenpferde von Herrn Tants, der heute leider fehlt. Wir haben heute wieder einen Antrag der CDU zu diesem Thema, der dieses Mal mit der Forderung verknüpft ist, Familien zu Eigentum zu verhelfen, indem man landeseigene Wohnungen privatisiert. Diese Vorgehensweise lehnt die GAL ab, und ich werde Ihnen kurz erklären, weshalb.
Schauen wir uns kurz die Situation in Hamburg an. Hier hat es in den letzten Jahren einen rapiden Verlust von preiswertem Wohnraum gegeben. Auf der anderen Seite wächst die Anzahl der Menschen, die preiswerten Wohnraum benötigen. In Zukunft werden sehr viele Sozialwohnungen aus der Bindung herausfallen, und dieser Verlust kann durch Neubau nicht ausgeglichen werden. Vor diesem Hintergrund hatten SPD und GAL in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, daß für breite Bevölkerungsschichten preiswerter Wohnraum erhalten und geschaffen werden soll. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, müssen wir natürlich an dem Bestand der landeseigenen Wohngesellschaften SAGA und GWG festhalten. Erstens brauchen wir den direkten Zugriff auf diese Wohnungen, weil wir darüber Wohnungen für Familien mit geringem Einkommen sicherstellen. Zweitens – diese Debatte hatten wir schon zweimal zum Mietenspiegel – können wir nur über den Besitz einer Masse von eigenen Wohnungen regulierend auf den allgemeinen Wohnungsmarkt eingreifen, was zum Beispiel in Hamburg zu Mietsenkungen geführt hat. Das ist sehr wichtig, und deswegen sind wir auf keinen Fall für die Privatisierung von Wohnungen bei der SAGA und der GWG.
Weil wir in diesem Altbaubereich keine Ausweitung der Eigentumsförderung wollen, brauchen wir dementsprechend auch nicht die Förderkriterien der Wohnungsbaukreditanstalt zu ändern.
Rotgrün fühlte sich aber nicht nur der sozialen Wohnungspolitik verpflichtet, indem sie preiswerte Wohnungen im Bestand erhält, sondern wir wollen natürlich auch dem Wunsch vieler Menschen nach eigenen vier Wänden Rechnung tragen. Deshalb sind im Wohnungsbauprogramm der Regierung 700 Wohneinheiten in der Eigentumsförderung vorgesehen. Das ist auch der richtige Weg.
Es sollte hier nicht der Eindruck entstehen, daß Rotgrün die Stadtflucht vieler Menschen nicht ernst nimmt. Ob die Flucht allein darum angetreten wird, weil wir keinen bezahlbaren Wohnraum anbieten, sehe ich nicht. Die Gründe, weshalb Menschen die Stadt verlassen, sind sehr vielfältig.
Deswegen muß sehr differenziert mit dieser Angelegenheit umgegangen werden. Anstatt solche Anträge zu stellen, könnte sich die CDU dafür einsetzen, daß es eine lebenswerte Stadt für Menschen mit Kindern gibt. Denken wir an die gestrige Debatte im Bau- und Verkehrsausschuß, in der die CDU mehr eine Verkehrspolitik unterstützte, die den Wirtschaftsverkehr in den Mittelpunkt stellt und nicht die Interessen der Straßenanwohner. „Lebenswerte Stadt“ heißt auch für uns, sich einsetzen für Tempo 30, 50, 100, für Verkehrsberuhigung, und machen Sie keine Politik für lebensgefährliche Schnellstraßen und Stadtautobahnen. Dann wären wir ein Stück weiter und verhindern vielleicht, daß noch mehr Familien die Stadt verlassen. – Danke.
Es gibt eigentlich nur eine ganz einfache Frage zu beantworten: Macht die Umsetzung des CDU-Antrags irgend jemanden in dieser Stadt glücklicher?
Die CDU möchte, daß Drei-, Vierzimmermietwohnungen künftig mit Geldern der Stadt aus dem Bestand aufgekauft werden. Wer wohnt denn in diesen Wohnungen? Das sind doch Familien, Herr Hesse! Sie möchten, daß die Stadt in die Rolle kommt, die Umwandlerin zu werden. Damit drängt sie natürlich Familien aus ihren Wohnungen, damit andere dort einziehen können. Das ist ein etwas merkwürdiges Konzept.
Die Finanzierung – das haben Sie sich auch so überlegt – läuft dann darüber, daß die Stadt Wohnungen verkauft. Mieter und Mieterinnen müssen dann also ihre Wohnungen kaufen. Das lohnt natürlich nur für möglichst viel Geld, denn sonst würde nichts übrigbleiben, um die anderen zu fördern, die man hineinbringen will. Der städtische Bestand ist nicht so wahnsinnig üppig. Ich hatte dem Kollegen Mattner schon gelegentlich vorgerechnet, daß die monatliche Belastung für die einzelnen Haushalte, die angeregt würden, ihre Wohnung zu kaufen, so hoch wäre, daß sie sie nicht tragen könnten. Auch diese Leute würden Sie unglücklich machen. Würden Sie sie glücklicher machen, indem Sie ihnen die Wohnungen schenkten, könnten Sie aber wiederum Ihr kleines Programmsegment nicht erfüllen. Es gibt in dieser Stadt weit bessere Vorschläge und Ideen, um Mieter und Mieterinnen glücklicher zu machen. Dazu gehört durchaus der Ankauf von Belegungsbindungen, um Menschen Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört die Förderung von genossenschaftlichen Wohnungen. Dazu gehört ein sozialer Wohnungsbau, der den Namen verdient, mit Grundrissen, daß dort auch Familien wohnen wollen und jeder sein eigenes Zimmer hat. Dazu gehört, daß die Mieten nicht mehr so hoch sind, daß sie keiner bezahlen kann. Damit könnte man Mieter und Mieterinnen glücklich machen, aber nicht mit Ihrem Programm.
Nein, meine Damen und Herren, Herr Präsident, es kommt keine weitere Wette. Ich hätte eigentlich gewünscht, daß der Senator die Wette annimmt. Aber da dies anscheinend nicht der Fall ist, weil er weiß, daß ich mit meinen Äußerungen recht habe,
würde ich zumindest vorschlagen, Herr Senator – die Hüpfburg kommt auf jeden Fall von mir –, Sie begeben sich dann mit mir gemeinsam auf ein Mieterfest der SAGA oder GWG,
und wir unterhalten uns mit Ihren Mieterinnen und Mietern und fragen sie, ob sie grundsätzlich Interesse haben, ihr Eigentum zu erwerben.
Meine Damen und Herren, Herr Lange, Frau Franken! Selbstverständlich befinde ich mich sehr gern in einer Tradition, wenn ich einen solchen Antrag begründe, denn was richtig ist, soll und kann auch öfter gesagt werden. Das wird die CDU-Fraktion auch weiterhin tun. Es ist nicht das einzige Thema, zu dem wir Anträge stellen, die von Ihnen schon mehrfach abgelehnt wurden. Deswegen, seien Sie versichert, wird der Verkauf städtischer Wohnungen auch weiterhin ein fester Bestandteil der christlich-demokratischen Wohnungspolitik sein. Aber, meine Damen und Herren, wir machen es uns nicht so einfach, wie Sie es versucht haben, hier wieder darzustellen.
Ich möchte Frau Uhl bitten zu gucken, was in einem Bundesland passiert, das gar nicht so weit weg liegt, in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel. Herr Lange hat dargestellt, daß es sich hauptsächlich nur um die guten, interessanten Wohnlagen handeln würde, wenn ein Verkauf stattfindet. Ich glaube das nicht. Zum einen ist mir kein Grund bekannt, der dagegen spricht, daß wir Häuser in guten Wohnlagen an die Mieter verkaufen, die die Verantwortung für diese Objekte übernehmen und damit zu einer Entlastung beitragen. Zum anderen bin ich der Auffassung, daß es sich nicht nur um die guten Wohnlagen handelt. Sie können durchaus von einem anderen Bundesland lernen, das auch von Ihnen regiert ist. Man sagt, daß die Gruppe REGENBOGEN sehr, sehr enge Kontakte zur PDS haben soll.
(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Echt? – Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke: Wer sagt das?)
Insofern gucken wir doch einmal, Frau Uhl, nach Mecklenburg-Vorpommern. Da haben wir eine tiefrote Regierung, mit einem PDS-Minister, der für diesen Bereich zuständig ist, der aber in der Veräußerung von städtischem Wohnungseigentum sehr viel fortschrittlicher ist, als sie es hier sind und waren. Ich möchte Ihnen das gern erklären, Frau Uhl. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es ein Programm, nach dem 840 Wohnungen im Plattenbau mit Hypotheken gefördert werden sollen. Es sind schon 100 Bewilligungen erteilt. Das heißt, eine rotrote Landesregierung versucht dort, eine strukturelle Verbesserung in sehr, sehr schwierigen Gebieten, zum Beispiel im Dreesch in Schwerin. Das soll zu einer Durchmischung der Sozialstruktur führen. Der Ansatz dort ist richtig: Günstig an die Mieter verkaufen, die Mieter in die Verantwortung nehmen, Geld einnehmen und damit die Sozialstruktur verbessern sowie Geld für die fälligen Sanierungen einsparen. Davon kann sich Hamburg tatsächlich eine Scheibe abschneiden. Aber das haben Sie in dieser Stadt so noch nicht gelernt.