Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

Ich habe schon mancherlei gehört, aber das noch nicht.Ich war übrigens auch in Neuenfelde, und zwar lange vor der Veranstaltung, auf die Sie sich bezogen haben.Es war eine schöne Veranstaltung im Spätherbst oder Winter, auf der 400 oder 500 Menschen aus Neuenfelde und die Arbeitnehmer der DASA anwesend waren. Haben Sie keine Sorgen,

(Ingrid Cords SPD: Die CDU war nicht da!)

daß ich meine Anliegen nicht auch in Neuenfelde verträte.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Davon abgesehen, will ich Ihre zwei Hauptpunkte aufnehmen.

Erstens das Argument Kosten. Wer würde an der Bürgerschaft vorbei ausgabewirksame Entscheidungen in einem solchen Zusammenhang treffen wollen oder auch können? Das ist ganz undenkbar. Man muß nur die richtige Reihenfolge einhalten. Die Reihenfolge lautet: Jetzt bewerben wir uns. Wenn wir mit der Bewerbung Erfolg haben, entscheidet sich das Unternehmen für Hamburg.Wenn sich das Unternehmen für Hamburg entscheidet, müssen wir wissen, womit genau es sich für Hamburg entscheidet.Dann werde ich in aller Offenheit und Klarheit der Bürgerschaft eine umfangreiche Drucksache vorlegen, die erstens darüber berichtet, welche strukturellen Elemente die Entscheidung von Airbus enthält, zweitens welche Folgen es in der Nutzung von Flächen hat, um in der Notwendigkeit die Infrastruktur zu realisieren, und drittens, welche Kosten damit verbunden sind und wie das zu finanzieren ist. Darauf können Sie sich fest verlassen.

(Antje Möller GAL)

Der zweite Punkt betraf die ominöse Startbahnlänge. Abgesehen davon, daß Sie dazu eine Anfrage gestellt haben, die auch in aller Form beantwortet wird, kann ich es von diesem Pult aus schon einmal versuchen.

Antragsteller für die jetzige Startbahnverlängerung, die Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist, ist die DASA selbst. Glauben Sie ernsthaft, die DASA würde eine Start- und Landebahn in einem Planfeststellungsbeschlußverfahren beantragen, von der sie weiß, daß sie sie gar nicht gebrauchen kann? Das ist nicht besonders logisch.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Haben Sie eine Erklärung dafür?)

Ein weiterer Hinweis: Ich neige nicht zur Polemik, aber sich unter dem Stichwort Wahrheiten und Klarheiten ausgerechnet auf Herrn Koch zu beziehen, ist auch ein gewisser Mut.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das war nicht gut!)

Ich weiß, daß Ihnen das nicht gefällt, aber es fiel ein bißchen auf.

Wir haben aus unserer Haltung gar kein Geheimnis gemacht, das ist mein entscheidendes Argument. Ich habe in aller Offenheit in Neuenfelde, auf einen Senatsbeschluß gestützt, der öffentlich gemacht wurde, gesagt, daß, wenn das Unternehmen eine verlängerte Start- und Landebahn braucht, und zwar, Herr Ehlers, nicht nur auf die 3050 Meter bezogen...

(Glocke)

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, wenn ich meinen Satz beendet habe.

Selbstverständlich!

...dann wäre der Senat bereit – das habe ich persönlich, wie der Senat auch, natürlich vorbehaltlich eines Planfeststellungsverfahrens sagen können, also als politische Erklärung –, eine Startund Landebahnlänge von 3000 Metern bis zu 3500 Metern herbeizuführen, wenngleich es uns natürlich lieber wäre, dieses würde nicht benötigt. Eine offenere Erklärung als diese ist schlechterdings nicht vorstellbar.

Herr Ehlers, bitte.

Haben Sie eine Erklärung dafür, Herr Senator, warum Airbus offenbar eine geringere Länge beantragt hat, als sie selbst in ihrem Anforderungsprofil angekündigt hat, als Voraussetzung, für den Fall, daß das Auslieferungszentrum mit gebaut werden sollte? Warum sind sie selbst darunter geblieben? Das ist doch eine Lücke.

Die Begründung kann ich Ihnen geben. Sie hat etwas damit zu tun, daß die Anforderungen zu einem Zeitpunkt formuliert werden mußten, zu dem überhaupt noch nicht klar war, ob es über die Grundversion hinaus weitere Versionen geben würde. Zweitens war nicht klar, in welcher Form eine Endlinienfertigung an welchem Ort stattfinden sollte; das ist das Thema „heavy and light“.Drittens war nicht klar, falls es zu einer Arbeitsteilung kommen sollte, wie diese aussehen würde.

Da das deutsche Planrecht verlangt, daß ein Planfeststellungsbeschluß gesicherte Antragsunterlagen zur Grundlage haben muß, blieb gar keine andere Wahl, als sich auf das zu beziehen, was gesicherte Erkenntnis ist.Das haben sie getan. Aber ich sage noch einmal: Eine weitergehende politische Äußerung, als der Senat sie zu dem Thema gemacht hat, kann man nicht machen. Ob die Bürgerschaft dem in der Mehrheit folgen wird und ob es gelingt, das, wenn es notwendig ist, in einen Planfeststellungsbeschluß zu bringen, ist eine zweite Frage. Aber der Senat hat sich in aller Offenheit geäußert.

Eine kurze Bemerkung zum Thema Europäische Union und Ausgleichskonzeption. Abgesehen davon, daß ich nahezu täglich während vieler Wochen und Monate von allen Sachverständigen oder vermeintlich Sachverständigen gelesen habe, es sei vor dem Hintergrund der Hamburger Bewerbung völlig ausgeschlossen, daß die Europäische Kommission diese Planung genehmigen werde. Da haben sich die Auguren ein bißchen geirrt.

(Jürgen Schmidt SPD: Aber nur ein bißchen!)

Nein, ziemlich grundlegend.

Es ist nicht so – das möchte ich in Richtung der GAL-Fraktion sagen –, daß sich die Europäische Kommission nicht mit der Ausgleichskonzeption befaßt hätte.Es ist auch nicht so, daß sie nicht den Versuch unternommen hätte, eine fachliche Bewertung der Hamburger Ausgleichskonzeption vorzunehmen. Die Bemerkung, die in der Stellungnahme am Ende enthalten ist, hat den Sachzusammenhang, daß die Europäische Union bekanntlich unzufrieden damit ist, daß die deutschen Länder insgesamt noch nicht hinreichende FFH-Flächen angemeldet haben und damit aus der Sicht der Europäischen Union der Gesamtzusammenhang von Natura 2000 noch nicht abschließend beurteilbar ist. Das ist nicht dasselbe, als wenn man zu dem Ergebnis oder zu der Feststellung käme, die Europäische Kommission habe sich nicht mit der Qualität der Ausgleichskonzeption befaßt.Ich kann Ihnen jedenfalls darüber berichten, daß in den abschließenden Gesprächen und Verhandlungen, die ich mit den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Frau Wallström geführt habe, die Frage der Qualität der Ausgleichskonzeption eine sehr intensive Rolle gespielt hat. Da der Staatsrat der Umweltbehörde mich begleitet hat, wird er Ihnen das sicher in allen Details auch berichtet haben oder erzählen können.

(Antje Möller GAL: Das ist eine Unterstellung!)

War aber eine freundliche, gar nicht anders gemeint.

Daß die Europäische Union diesen letzten Punkt aufgreift, wenn sie insofern ein Defizit bei ihrem Vertragspartner Bundesrepublik Deutschland insgesamt noch sieht, kann man ihr nicht verdenken.Andererseits kann man das aber Hamburg nicht zum Nachteil anrechnen, sondern es liegt ein bißchen in der Natur der Sache.

Die Position von Herrn Hackbusch, der dagegen ist, kann ich verstehen. Es ist in Ordnung, daß es in einem demokratisch gewählten Parlament fünf Abgeordnete gibt, die gegen ein solches Projekt sind. Die anderen sind dafür. Herr Ehlers, Sie haben ein bißchen Schwierigkeiten vor Ort. Das kann ich auch verstehen, da muß man tapfer sein. – Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

(Senator Dr. Thomas Mirow)

Zwei kleine Anmerkungen.

Herr Mirow, leider hat mir die Anmerkung zu den falschen Zahlen der EU-Kommission im Zusammenhang mit den Arbeitsplätzen gefehlt.Die Wirtschaftsbehörde oder irgend jemand anders muß uns noch erklären, woher diese eindeutig falschen Zahlen kommen. Und sie sind eindeutig falsch, Herr Hajen, das wissen Sie und haben es deutlich gesagt.

Nach Ihrem Vortrag, Herr Hajen, werden wir jetzt natürlich jeden Arbeitsplatz, der in Hamburg geschaffen wird, verdoppeln, weil es volkswirtschaftlicher Logik entspricht. Das heißt, wenn Phoenix 100 neue Arbeitsplätze schafft, werden wir gleich von 200 sprechen.

(Dr. Leonhard Hajen SPD: Da haben Sie heute et- was dazugelernt!)

Aber dann müssen wir diese Rechnung auch einmal neu machen und allgemein durchsetzen. Das ist zwar etwas verrückt, aber es ist Ihre Logik.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Im Zusammenhang mit der Finanzierung der DASA-Erweiterung ist natürlich eine politische Debatte absolut notwendig.Wenn die Zahl von 1,7 Milliarden DM stimmt, bedeutet das für Hamburg, wenn 2000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, eine Unterstützung von 1 Million DM pro Arbeitsplatz. Wenn wir davon ausgehen, daß durch die geteilte Endmontage wahrscheinlich nur die Hälfte der Arbeitsplätze kommt, sind das schon 2 Millionen DM. Darauf wird vom Bund pro Arbeitsplatz noch eine Unterstützung im Zusammenhang mit 650 Millionen DM gepackt. Das sind Riesensubventionierungen.Da können Sie nicht sagen, wir sind toll und schaffen Arbeitsplätze. Nein, wir haben damit auch große Probleme, das staatlich zu finanzieren. Herr Ehlers hat völlig recht.Wir haben in Hamburg schon schwer daran zu schlucken, Ihre verrückte Geschichte in Altenwerder zu finanzieren.Wir wissen jetzt schon nicht, wie wir das bei dem Handlungsrahmen noch schaffen können. Diese Fragestellung politisch nicht zu debattieren, finde ich falsch.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Frau Möller, früher haben wir als Grüne immer um die Ohren bekommen, wir wollen keine Industriearbeitsplätze, sondern statt dessen Fahrradwege schaffen. Das kann man meinetwegen jetzt auch auf uns übertragen. Das ist eher noch eine Ehre. Aber ich will ein Beispiel nennen.

(Antje Möller GAL: Straßenbahn!)

Einigen von Ihnen, die sich in Hamburg in wirtschaftspolitischen Diskussionen auskennen, will ich folgendes noch einmal vor Augen führen. Es gab in den siebziger Jahren eine Diskussion darüber, inwieweit die Sietas-Werft nicht zu beengt an der Este liege und eventuell einen Zugang zur Norderelbe bekommen sollte.Es war in der Diskussion, zur Norderwerft zu ziehen. Die Sietas-Werft hat das nicht gemacht und die natürliche Beschränkung der Este auf sich genommen. Sie ist durch diese natürliche Beschränkung, die dazu geführt hat, daß man nur Schiffe bis zu 5000 Bruttoregistertonnen bauen kann, ein äußerst erfolgreiches Unternehmen geworden.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das war sehr natürlich! – Dr. Leonhard Hajen SPD: Ist da nicht noch etwas Breiteres?)

Das ist völliger Unsinn. Genau diese natürliche Beschränkung hat dazu geführt, daß man in der Lage war,

dort vernünftige Industrie zu bauen. Sie können herumschreien, wie Sie wollen. Das zeigt, daß man natürlicher Beschränkung nicht aus dem Weg gehen, sondern sie akzeptieren sollte. Gerade als Grüne sollten Sie das wissen. – Danke.