Sie sind beim ersten schweren Vorfall ausgestiegen, und Sie sind jetzt ausgestiegen. Herr von Beust, es ist eine Stärke des Rechtsstaats und der Politik in dieser Stadt, wenn man so einen schwierigen Weg geht, und es wäre eine Stärke für alle Demokraten gewesen, wenn Sie weiterhin mit dabei gewesen wären, nicht bei jedem Schritt und nicht in allem, was Sie richtig finden müßten oder nicht, aber dabei gewesen wären.Wir fragen uns, warum Sie jetzt ausgestiegen sind.
Die Antwort sind Sie schuldig geblieben.Sie haben gesagt, seit November sei das klar gewesen. Aber wenn Sie die Protokolle des Ausschusses nachlesen, so haben die CDU-Abgeordneten im letzten November nicht erklärt, daß jetzt der Ausstieg da sei. Und deswegen müssen Sie uns auch unsere Befindlichkeit lassen, so wie Sie ja auch eine Befindlichkeit und Vermutungen haben.
Sie werden den Eindruck, daß Sie Richter Schill und Hunke auf der rechten Spur überholen wollen, nicht vermeiden können. Sie müssen das dementieren, und zwar nicht in Worten, sondern in Taten. Und das bedeutet, daß man auch von seiten der CDU eine Innenpolitik betreiben muß, die einen verantwortlichen kontinuierlichen Kurs erkennen läßt und nicht eine Schaukelpolitik nach dem Motto „heute verhandeln und morgen auf der Seite des Volksempfindens stehen“. Das geht nicht, das ist nicht politisch verantwortlich.
Wir haben den Eindruck, daß die politische Positionsbestimmung der CDU das fluoreszierende Abziehbild der jeweiligen TED-Umfragen und der Durchschnittsmeinung dieser Stadt ist, und das ist keine politische Führung. Sie müssen sich vorhalten lassen, nicht politisch zu führen, sondern auf irgendeiner Woge mitzuschwimmen. Das können Sie weiter machen, aber die Hamburger werden es nicht honorieren.
Herr von Beust hat gesagt, die „Bild“-Zeitung habe die Krawalle nicht geschürt, und er wollte damit den Eindruck erwecken, daß alle anderen es gut finden, wie die Demo geendet ist. Sie können sicher sein, daß niemand sagt, es ist toll, wie die Demo geendet ist.Es wird aufzuklären sein, wer Steine geworfen hat, es wird auch der Vorwurf aufzuklären sein, ob wirklich zivile Ermittler und Ermittlerinnen einer der Aktivposten beim Steinewerfen waren. Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Ich kann Ihnen wahrscheinlich recht geben, daß die „Bild“-Zeitungsleute die Steine nicht geworfen haben, aber was Krawalle angeht, hat die „Bild“Zeitung eine sehr große Verantwortung. Jetzt versucht sie
mit heftigen Überschriften – Sie tragen es teilweise hier vor mit „feige“ und „Gewaltstadt Hamburg“ –, den Eindruck zu erwecken, als wenn in Hamburg alles schlimm sei. Sie haben von Feigheit gesprochen,
(Ole von Beust CDU: Ja, Gewaltstaat! – Dr. Roland Salchow CDU: Können wir mal was Ernsthaftes hören?)
Sie haben davon gesprochen, es sei feige, nicht einzuschreiten. Ich weiß nicht, wie Sie Feigheit definieren. Ich kenne Feigheit in einer Definition, die sehr, sehr übel ist. Denken Sie einmal an den Ersten Weltkrieg zurück, wo massenhaft Soldaten nach Verdun geschickt wurden unter dem Vorwurf, ihr seid feige, wenn ihr euer Vaterland nicht verteidigt. Wir können aktuell sehen, was in den Schulen abgeht, was Sie sonst ja immer beklagen, wenn Kids anderen Kindern sagen, du bist feige, wenn du nicht von dieser Mauer, nicht von diesem Fünf-Meter-Turm springst. Diese Feigheitsdebatte können Sie sich schenken.
In einem Punkt haben Sie dasselbe Problem wie die „Bild“-Zeitung. Die „Bild“-Zeitung hat einen heftigen Rückgang bei den Leserinnen, Sie haben einen Rückgang bei den Wählerinnen. Deswegen versuchen Sie jetzt, mit sehr populistischen Themen einiges zu erreichen.Daß das nicht der richtige Weg ist, sollten Sie vielleicht lernen.
Was mich wirklich ärgert, ist, wenn Senator Maier versucht, mir zu unterstellen, nur weil ich gesagt habe, ich sei gegen Gewalt gegen Menschen, ich wäre für die Steine auf diese Bar gewesen. Ich finde es völlig idiotisch, Leuten, die eine andere Meinung haben, dann die Bar, Scheiben oder was auch immer einzuwerfen.
Aber jetzt zurück zu Herrn von Beust. Wenn Sie sagen, es gebe eine alltägliche Bedrohung aus der Flora, wenn Sie sagen, Geschäftsleute würden von „Floristen“ bedroht, dann frage ich mich, wie das eigentlich aussieht.Haben die Leute, die diese Drohung aussprechen, die ich auch unter aller Würde finde, um kein unparlamentarisches Wort zu gebrauchen, einen Stempel auf dem Kopf „Ich bin aus der Flora“, oder ist es so, wie Herr Warnholz behauptet, daß es ein Bekennerschreiben aus der Flora zu dem Attentat auf das Auto von Herrn Wrocklage gibt?
Auch das gibt es nicht. Das einzige, was es gibt, sind die Erkenntnisse der CDU, ganz genau zu wissen, daß es die Flora war.Sie versuchen darzustellen, daß alles, was es an Problemen im Schanzenviertel gibt, von der Flora kommt. Die Flora hat eine Kollektivschuld, seit Wochen wird gesagt, die Flora sei schuld am Drogenproblem, und dabei wird völlig übersehen, daß es eine staatliche Regelung gegeben hat, nämlich eine Vertreibung vom Hauptbahnhof über den Schanzenpark zur Flora. Aber das interessiert Sie nicht, Hauptsache, Sie haben wieder einen Punkt, wo Sie glauben, ordentlich Stimmen in dieser Stadt gewinnen zu können; ich finde dies wirklich unerträglich.
Wenn Sie wirklich ins Schanzenviertel gehen – auch Herr Warnholz – und sich einmal umhören würden, dann würden Sie feststellen, daß es nicht so ist, wie Sie es beschreiben. Sie versuchen aber, den Leuten Angst einzureden, und das ist unverantwortlich auch vor dem Hintergrund, daß Sie mit dazu beitragen, daß Neonazis diese Suppe ganz hervorragend abkochen, und da können Sie sich nicht herausziehen.
(Petra Brinkmann SPD: Ab ins Tote Meer! – Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Warum hat man Sie nicht mitgenommen?)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zumindest die CDU-Fraktion geht von dem Grundsatz aus, daß zu einem verträglichen Miteinander auch das Einhalten einfachster Regeln des Zusammenlebens zählt.Diese Regeln einzuhalten, ist nicht nur ein Anspruch der Roten Flora gegenüber dem Staat, sondern auch eine Pflicht der Flora gegenüber der Stadt und den hier lebenden Bürgern.
Den Rechtsstaat als Einbahnstraße zu begreifen, indem man Subventionen annimmt, die Gesellschaft aber ansonsten bekämpft, wird es mit der CDU nicht geben.
Für die Mehrzahl der Bürger in unserer schönen Stadt ist es nicht nachvollziehbar, warum eine Gruppe von Randalierern und Chaoten, die sich gegen den Staat mit allen seinen Einrichtungen stellt, vom Senat dann auch noch hofiert und mit Subventionen unterstützt wird. Unterstützt wird die Rote Flora unter anderem dadurch, daß auf Zahlungen, die jeder normale Steuerzahler zu erbringen hat, großzügig verzichtet wird. Seit zehn Jahren verzichtet der Senat auf Mietzahlungen für das 1300 Quadratmeter große Grundstück und alle weiteren mit dem Grundstück anfallenden Kosten. Allein der Mietausfall der letzten zehn Jahre übersteigt bei weitem die Millionengrenze – und das trotz angespannter Haushaltslage.
Zudem nutzt die Rote Flora das Gebäude auch noch gewerblich als Kneipe und Diskothek, obwohl die Flora eigentlich nur ein Kulturzentrum des Stadtteils sein soll, und das nicht nur ohne Genehmigung, sondern auch noch absolut steuer- und kostenfrei.
Nein, das geht von meiner Redezeit ab. – Für eine Konzession im Bezirk Altona fallen normalerweise 100 DM pro Quadratmeter an. Bei mehreren hundert Quadratmetern gehen der Staatskasse da schnell mehrere zehntausend Mark in einem Jahr verloren.
Die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wurde allerdings verworfen. Die Justizsenatorin geht davon aus, daß in der Flora alles seine Ordnung hat.
Aber auch auf direkte Unterstützung der Stadt kann sich die Flora verlassen.Als Beispiel möchte ich nur den Kauf eines
preisgünstigen Verstärkers für 20 000 DM und eine Gastherme für 8000 DM anführen.Wie viele weitere Zahlungen der Senat zusätzlich geleistet hat, weiß der Senat auch nicht. In einer Antwort auf meine Anfrage vom 29. Juni letzten Jahres teilte mir der Senat mit, daß die Rote Flora überhaupt keine öffentlichen Mittel erhalte. Mit diesen Zahlungen will sich der Senat scheinbar die Gunst der Autonomen und der linksradikalen Szene erkaufen, weil er diese gewalttätigen Gruppierungen nicht mehr in den Griff bekommt. Das konnte man zuletzt auch am 1. Mai sehen.
Die Folge ist, daß die Stadt die alte Flora praktisch an eine kriminelle Minderheit verloren hat. Auch befürchten Bürgermeister Runde und Innensenator Wrocklage, daß sich die Rote Flora zu einer zweiten Hafenstraße ausweiten wird. Der Senat, obwohl er Träger des Gewaltmonopols ist, scheut die Auseinandersetzung mit den Autonomen, vielmehr zahlt er lieber gleich die Steuergelder der Hamburger Bürger. Im Falle der Hafenstraße waren das mehrere Millionen. Bevor auch die Rote Flora zu einem Millionengrab größeren Ausmaßes wird, muß der Senat endlich mit allen Konsequenzen auch für einzelne Senatoren die Notbremse ziehen.Sollte der Senat unbeirrt an seinem Kurs festhalten, ist er auch weiterhin von den Chaoten erpreßbar.
Mit dieser Auffassung von Rechtsstaat entfernen Sie sich vom überwiegenden Teil der Hamburger Bevölkerung und vor allem auch von der Idee einer gerechten, funktionierenden Gesellschaftsordnung.
Herr Warnholz, wenn die Präsidentin klingelt, haben Sie zu stoppen, auch wenn Sie eine weiße Fahne in der Hand halten.
Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aktuelle Stunde hiermit geschlossen.
[Unterrichtung durch den Ersten Vizepräsidenten der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde – Drucksache 16/4083 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung – Drucksache 16/4156 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales – Drucksache 16/4157 –]