Wenn Sie damit argumentieren, die KV überprüfe das, dann sind Sie auf dem falschen Dampfer.Und wenn Sie sagen, im Gesetz stehe es auch so, so glauben Sie doch nicht, daß Dinge ohne Kontrolle funktionieren. Es ist doch das Wesen der Kontrolle, das, was die KV abliefert oder was im Gesetz steht, zu überprüfen. Früher haben das die Krankenkassen gemacht – das haben Sie richtig gesagt, Frau Mandel –, aber seitdem wir die Budgetierung haben, gibt es für die Krankenkassen überhaupt keinen Grund mehr, in die einzelnen Abrechnungen hineinzugucken, da sowieso feststeht, wieviel sie zahlen. Wenn sich die Ärzte gegenseitig bescheißen, auf gut deutsch,
Wenn sich die Ärzte gegenseitig betrügen, dann kann es der Krankenkasse mittlerweile egal sein, weil es budgetiert ist, aber dem Sozialhilfegeber nicht. Die meisten Ärzte sind auch ehrlich – das ist gar keine Frage –, aber warum werden für den Hamburger Sozialhilfeempfänger 8000 DM jährlich ausgegeben, während es im Bundesdurchschnitt 5400 DM sind und im Bundesdurchschnitt der AOK 3900 DM, und das, obwohl es sehr viele junge Bezieher von Sozialhilfe und laufender Hilfe zum Lebensunterhalt gibt. Es sind eben nicht nur Rentner, die krank sind, die Alters- und Krankheitsstruktur dieser Empfänger ist nicht schlecht. Bitte erklären Sie mir, warum Hamburg da so viel teurer ist.
Das hat etwas damit zu tun, daß Hamburg nicht in der Lage ist, diese Ausgaben zu steuern und zu kontrollieren. Ich hoffe, daß die Behörde daran arbeitet und uns im Ausschuß darstellen wird, was sie tun will.
Ich erkläre es in zwei Sätzen. Herr Wersich, die Sozialmedizin hat in den zwanziger Jahren bis heute einen Zusammenhang darin gesehen, daß verarmte Menschen deutlich kränker sind als bessergestellte.
Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.Wer will den Antrag federführend an den Sozialausschuß und mitberatend an den Gesundheitsausschuß überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Diesem Begehren wurde einstimmig gefolgt.
Kommen wir zum Tagesordnungspunkt 14: Große Anfrage der SPD über Nachwuchsförderung von Frauen an Hochschulen.
[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Wissenschaftliche und künstlerische Nachwuchsförderung von Frauen an Hamburger Hochschulen – Drucksache 16/3969 –]
Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Die Große Anfrage der SPD hat eine offene und selbstkritische Antwort erfahren; dafür erst einmal vielen Dank. Leider ist diese Antwort nicht in allen Punkten zufriedenstellend.
Wenn man sich, wie wir, für die Gleichstellung von Frauen an den Hochschulen einsetzt, muß man sich stets die Kritik gefallen lassen, daß dies eine Marginalie sei. Nein, das ist es nicht, denn wer dort Politik macht, der macht einen Angriff auf eine der letzten Hochburgen der Ausgrenzung von Frauen aus Führungspositionen. Obwohl Wissenschaftlerinnen und Studentinnen sehr große Qualifikation aufweisen, vollzieht sich in diesem öffentlichen Segment stets eine Benachteiligung von Frauen. Für uns also gute Gründe für politisches Engagement, insbesondere, wie mein Kollege Jan Riecken hier letztlich ausführlich dargelegt hat, da demnächst ein Generationswechsel unter den Professoren ansteht und Frauen „Wege nach oben“ in den Universitäten und Hochschulen geöffnet werden können. Wenn wir also über diese Große Anfrage und ihre vielen Informationen reden, müssen wir über Professuren reden.
Die Wissenschaftsbehörde begründet in der Antwort intensiv ihren Willen, Frauenförderung an den Hochschulen in Hamburg zu betreiben. Doch die Frage stellt sich, ob unsere Hochschulen bereit sind, mit dem anstehenden Generationswechsel auch eine Art Gender-Wechsel einzuleiten. Wer die Große Anfrage gut durchliest, kommt vermutlich zu der gleichen Schlußfolgerung wie ich: Das sind sie nicht. Mit 11,7 Prozent Frauen unter den Professoren liegt Hamburg nur im Mittelfeld des Bundesvergleichs. Es mag sein, daß wir dort bleiben, wenn sich nichts ändert. Drei Punkte zu dem, was man ändern könnte.
Erstens: Die Große Anfrage zeigt uns, daß es unter den Hochschulen und Fachbereichen in Hamburg ziemlich schlimme Jungs gibt. Das sind zum Beispiel die Wirtschaftswissenschaften.
Dort gibt es keine Professorin. An der gesamten TU Harburg sind nur zwei Frauen Professorinnen, eine C3- und C2-Professur, keine Frau auf C 4. Sogar die gute alte HWP hat nur drei Professorinnen.
Das reicht mir nicht, vielleicht mag es dir reichen, Genosse Hajen. – Schlimmer noch: Die TU hat noch nicht einmal einen Frauenförderplan. Bei der TU scheint also noch nicht einmal der Wille da zu sein, die Situation zu analysieren und zu ändern.
Die TU, die Wirtschaftswissenschaften und die HWP sollten durch die Politiker vielleicht über Leistungsvereinbarungen dazu gebracht werden, innovative Modelle zu ent
wickeln, um diesen Mißstand abzubauen, und zwar bevor die Generationen gewechselt haben.Dies avisiert leider die Antwort des Senats nicht. Sie sagt uns nicht, wie so etwas geschehen kann. Das zum Punkt schlimme Jungs.
Zweitens: Der unüberwindbare Abgrund für die Frauen. Frauen erreichen überdurchschnittliche Studienabschlüsse, und Frauen sind – auch wenn hier die Angaben der Großen Anfrage mangelhaft sind – unter den Promovierenden und Habilitantinnen in Hamburg gut vertreten. Aber damit endet die Freude. Auf C1-Stellen sind 30 Prozent unter den Wissenschaftlerinnen noch Frauen, aber unter den Professoren sind es nur noch 11;davor liegt der Abgrund.
Denn eines ist klar: Die Ausgrenzung von Frauen aus den Professuren geschieht bei den Berufungsverfahren. Die Herren setzen dort gnädig Frauen auf Platz drei der Berufungsliste und stellen dann die Männer ein.Was ist zu tun? Ich habe zwei Vorschläge, die ich durch den Vergleich mit anderen Hochschulen in anderen Bundesländern erarbeiten ließ.Angesichts des Patchwork-Lebenslaufs vieler Wissenschaftlerinnen müssen andere Qualifikationsmerkmale für die Berufung geschaffen werden als bisher. Man zähle also nicht mehr die Menge der Veröffentlichungen und schaue nicht darauf, ob die Frau auch besonders umfänglich habilitiert ist, sondern man versuche zu schauen, ob das der oder die richtige Lehrende für die Fakultät sei. Um darüber hinaus zu erreichen, daß unter diesen neuen Qualifikationskriterien dann auch Frauen eingestellt werden, gibt es ein geeignetes Prinzip, das Kaskadenprinzip. Bei Stellenbesetzungen an den Hochschulen sollte dieses meiner Meinung nach in Hamburg alsbald verbindlich sein. Es funktioniert so: Stellen einer höheren Qualifikationsstufe werden so lange mit Frauen besetzt, bis ihr Anteil unter den Professoren zum Beispiel dem Anteil an der nächstniedrigeren Qualifikationsstufe entspricht, das heißt, wir berufen so lange Professorinnen, bis wir 30 Prozent Professorinnen haben. Ich bin überzeugt, das würde einen Wechsel herbeiführen.
Drittens:An den Hamburger Hochschulen wird, seitdem ich dort studiert habe und arbeitete – das sind insgesamt 15 Jahre –, darüber diskutiert, wie man ein Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung installieren könne. An dieser Diskussion sind hochkompetente Professorinnen insbesondere von der Universität Hamburg beteiligt.
Die Große Anfrage verspricht uns die Einrichtung eines Studiengangs nach dem Vorbild eines jetzt schon vorhandenen Studiengangs an der HWP.Gewollt und nötig ist aber ein hochschulübergreifendes Forschungszentrum, das die Lehre in die Forschung implementiert. Es existieren Pläne, dieses Forschungszentrum zu schaffen, das auch frauenfördernd wäre, denn diese Studienform fördert die Erkenntnis über Frauenwelten und eröffnet neue Wissenschaftsgebiete und gesellschaftliche Räume für Frauen.
Das Parlament sollte der Debatte über die Große Anfrage und deren Antwort eine Initiative folgen lassen, die dazu führt, daß ein solches Zentrum eröffnet und besetzt wird, so daß alle Hochschulen – und nicht nur die HWP – daran teilhaben können.
Die Antwort des Senats zeigt einen Widerspruch zwischen der Erkenntnis des noch nicht Erreichten, der Mißstände,
und den Konzepten zum Handeln. Mit dem HSP III entfällt ein effektives Instrument der Frauenförderung. Daß aus den Restgeldern ein EXPO-Projekt gefördert wird, kann nicht darüber hinwegtrösten, daß wir dieses Instrument nicht mehr haben.
Die Große Anfrage zeigt, daß an Stelle des HSP III leider kein strukturiertes Vorgehen tritt, denn sonst hätte uns der Senat dieses darstellen können. Das macht er aber nicht. Die Datenlage ist lückenhaft, eine Evaluation ist noch nicht strukturiert angegangen worden. Es hilft auch nichts, daß die Große Anfrage auf das punktuell greifende EmmyNoether-Programm der Bundesregierung verweist. Das ist so, als wenn man einem Ertrinkenden einen Strohhalm reicht.
Erstens:Warum ist die innovativ und effektiv arbeitende Koordinierungstelle für Frauenforschung mit so geringen Mitteln ausgestattet?
Zweitens: Wie viele Stellen für Habilitantinnen werden aus den Geldern des HSP IV geschaffen werden?
Und vor allem: Nachdem der Senat so viele Fragen beantwortet hat, frage ich den Senat: Was wird getan, damit alle bisherigen Instrumente zur Frauenförderung endlich greifen? Wann werden endlich große, effektive Instrumente eingesetzt? Wo sind die neuen Ideen, die lang anhaltenden, wirksamen Strukturen? Wie will es der Senat schaffen, daß zum Generationswechsel wirklich etwas getan wird? Diese Antworten stehen noch aus.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer die Anfrage aufmerksam gelesen hat – ich will hoffen, daß es die meisten getan haben –, ist mit dem Ergebnis unzufrieden. Diejenigen, die diese Antworten aufgeschrieben haben, hätten beim Niederlegen der Zahlen eigentlich ein wenig rot werden müssen. Aber da es sowieso die Roten waren, konnten sie nicht mehr rot werden.
„Frauenförderung stellt ein wesentliches Element auch im Rahmen der Wissenschaftspolitik in Hamburg dar.“
Die Zahlen sprechen aber deutlich eine andere Sprache. Denn abgesehen von wenigen Ausnahmen – Frau Urbanski hat das dargestellt – ist die Frauenbeteiligung auch weiterhin gering. Sie ist sogar trotz steigender Studentinnenzahlen bei den Professorinnen rückläufig.
Bei der Hochschule für Wirtschaft und Politik kann man natürlich von einer phantastischen hundertprozentigen Steigerung sprechen: Jetzt lehrt dort eine Professorin, zuvor hatte die HWP keine.