Selbstverständlich hat die Polizei in jüngerer Zeit auf die Geschehnisse reagiert. Seit Anfang Mai arbeitet sie an der
Erstellung eines Lagebildes, um herauszufinden, was in den Diskotheken eigentlich los ist. Dazu gehört selbstverständlich, daß zivile Kräfte des Jugendschutzes in den Diskotheken arbeiten und daß wir in jeglicher Weise die Erkenntnisse ausschöpfen, um zu Ergebnissen zu kommen.
Auch dabei dürfen wir nicht stehenbleiben. Selbstverständlich spielt auch das Ausländerrecht eine Rolle. Aber, Herr Vahldieck, es muß rechtsstaatlich und – wie wir das immer machen – in einer Weise angewendet werden, die vertretbar ist, und nicht als populistische Forderung: Wer uns ärgert, fliegt raus. So einfach können wir uns das nicht machen.
Ich möchte vor einer Verharmlosung warnen. Was wir an den verschiedenen Tatorten in den Diskotheken erleben, spielt sich nicht isoliert in der Gesellschaft ab. Wir haben eben mehr Waffen in unserer Gesellschaft; deswegen die Initiative des Senats zur Verschärfung des Waffengesetzes. Es gibt bestimmte Entwicklungen, worüber wir uns Sorgen machen müssen. Hier geht es in bestimmten Fällen – wobei die Tathintergründe bei diesen Straftaten sehr unterschiedlich sind – auch um die Frage, ob Drogen im Spiel sind. Selbstverständlich geht es auch um Integrationsprobleme.
Wenn jemand aus verletzter Ehre handelt und in einem Ausmaß zur Gewalt greift – das kann natürlich am Bahnhof oder in einer Diskothek geschehen –, die wir uns normalerweise nicht vorstellen können, dann zeigt das doch, daß hier ganz unterschiedliche Verhaltenskodizes aufeinandertreffen. An diesen Problemen zu arbeiten und eine Strategie zu entwickeln, ist die gemeinsame Aufgabe, und nicht die billige Polemik eines Herrn Vahldieck.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, daß die Kollegen Sozialdemokraten und die der GAL das Problem der Betroffenheit bei den Menschen – das haben ihre Ausführungen deutlich gemacht – bei weitem unterschätzen.
Ich verstehe auch Ihr Gestöhne nicht, wenn ich das sage. Es ist nun einmal eine Tatsache, es ist keine Panikmache von irgendeiner Person, daß wir seit Dezember durch Vorfälle in zehn verschiedenen Diskotheken drei Tote zu beklagen hatten. Diese Vorfälle wurden überwiegend mit Schußwaffen begangen.Teilweise wurde mit Messern hantiert, wodurch es über ein Dutzend Verletzte gab.Wenn dieses Problem vor diesem schrecklichen Hintergrund angesprochen wird, kann man das nicht als Panikmache bezeichnen. Das ist einfach unangemessen.
Wir müssen uns überlegen, was aufgrund dieser Vorfälle zu tun ist.Natürlich weiß ich auch, Frau Sudmann, daß Gewalt Ursachen hat, die wir vermutlich mit keinem Gesetz oder anderen Dingen – auch im regulären Raum – lösen können; da haben Sie völlig recht. Manchmal führt diese Analyse dazu, daß ich sage, wenn wir nichts ändern können, brauchen wir auch nichts zu tun. Das halte ich für die falsche Reaktion.
Die Reaktion von Herrn Neumann war, uns Populismus vorzuwerfen. Auch das ist zu wenig, denn das Problem ist objektiv vorhanden. Herr Senator Wrocklage hat einige interessante Ideen genannt. Bei der wichtigen Frage des Ausländerrechts haben Sie Herrn Vahldieck das vorgeworfen, was Herr Wrocklage gesagt hat. Ihre doppelbödige Argumentation finde ich erstaunlich.
Wir sollten uns darüber Gedanken machen, nicht nur kurzfristig etwas zu tun. Warum ist es denn so absurd, daß die Zahl der Zivilstreifen, die aus Kostengründen flächendeckend verringert wurden, in den erkennbaren Problemregionen erhöht wird? Natürlich können Zivilfahnder Verdachtsmomente viel schneller feststellen. Wenn uniformierte Polizisten in diesem Bereich auftreten, werden sie vermutlich kaum etwas ermitteln können. Darum lautet unsere Forderung:
Erstens: Wir brauchen in den Bereichen, in denen diese Vorfälle geschahen, mehr Zivilstreifen, die unerkannt schneller und präzise zugreifen können.
Zweitens: Sie haben Herrn Vahldieck verspottet, weil er über Kontrollen auf den Zufahrtswegen gesprochen hat. Diese Formulierung war vielleicht nicht ganz glücklich. Er meinte natürlich, daß die Straßen um diese Diskotheken herum nicht großräumig gesperrt werden sollen. Die Besucher müssen auf den Zufahrtswegen der Parkplätze – man weiß doch, wo diese Parkplätze sind – und vor den Diskotheken stärker kontrolliert werden, um festzustellen, ob sie mit Waffen in die Diskotheken hinein wollen. Das ist das Problem. Warum sollen dort nicht verstärkt die Besucher auf Waffen kontrolliert werden? Das ist doch vernünftig und nicht populistisch.
Drittens: Ist es denn völlig absurd zu überlegen, ob man nicht – auch überraschend – vor Diskotheken genau das macht, was am Flughafen gang und gäbe ist, nämlich beim Eintritt mit Detektoren festzustellen, ob die Menschen Waf
fen dabei haben? Ich bin der Meinung, Diskothekenbesucher sollten den gleichen Anspruch auf Sicherheit haben wie Fluggäste. Warum denn bitte nicht?
Kommen Sie doch davon ab, komplexartig auf die Problematisierung von Sorgen und Ängsten, die die Menschen empfinden, zu reagieren, nur weil es um den Bereich Innere Sicherheit geht. Die Bürger haben kein Verständnis für diese Verdrängung, sie haben Verständnis dafür, daß wir selbstverständlich nicht alle Probleme lösen können. Es wäre unredlich, und das würden wir auch nicht tun, zu sagen, wir garantieren eine hundertprozentige Sicherheit.
Sie müßten aber zustimmen, wenn wir sagen, wir tun alles in unserer Kraft Stehende jetzt und nicht erst in einem halben Jahr, um ein bißchen mehr Sicherheit zu schaffen.Daß Sie das nicht tun, zeigt, wie erbärmlich Sie hier reagieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Beust, Sie machen den vergeblichen Versuch, einen Streit um Tatsachen anzuzetteln, und das kann nichts werden.Wir sind uns völlig einig – darüber kann man gar nicht streiten –, daß es im Umfeld von Diskotheken in der letzten Zeit Vorgänge in etwas verdichteter Abfolge gegeben hat.Wir haben dort ein politisches und sachliches Problem und sind aufgefordert, es zu lösen, und ich bin zuversichtlich, daß wir es lösen werden.
Aber man muß vorsichtig sein, wie man mit diesem Thema umgeht. Ich sage ganz deutlich: Man darf Gewalt nicht verharmlosen, aber man kann Gewalt auch hochreden. Das unterstelle ich Ihnen, und das verurteile ich.