Protokoll der Sitzung vom 24.05.2000

Wer hier von anderen Konzepte fordert, darf selbst nicht als Symbol geistigen Stillstands auftreten.

(Beifall bei der SPD, der GAL und bei Heike Sud- mann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Erste Bemerkung: Wir haben uns um dieses Thema in der Vergangenheit massiv gekümmert, Sie haben das Stichwort Waffen genannt. Wir sind es gewesen, die eine sehr weitgehende Initiative zum Waffenrecht nach vorne gebracht haben, nicht nur für Schußwaffen, sondern auch für andere Waffen. Aus Ihrer Fraktion sind damals kritische Stimmen gekommen.

Zweite Bemerkung: Diese Diskotheken sind vor allem anderen privatwirtschaftlich geführte Unternehmen. Also ist es eine Frage der Gewichtung, zu sagen, die Verantwortung für die Sicherheit liegt zunächst einmal bei den Betreibern, und davon darf man nicht abweichen und sie daraus entlassen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Hier ist doch eine ganze Menge passiert, Sie müssen die Zeitungen lesen. Herr Metterhausen hat aus der Sicht der

Wache sehr breit dargestellt, was an Beratungs- und Kontrolleistungen erfolgt. Dort wird sich um dieses Thema gekümmert, und auch die Polizei vor Ort geht die Probleme an.Von daher sind die Vorwürfe, wir würden uns nicht kümmern, völlig unberechtigt.

Ich werde einen Vergleich ziehen.Wir hatten vermehrt Probleme im Bereich der Drogen. Wir haben dort einen Schwerpunkt gebildet, und die Probleme Drogenkriminalität und Folgekriminalität waren rückläufig.Wir hatten Probleme im Bereich des Raubes.Wir haben ein Raubkonzept entworfen, und die Raube sind zurückgegangen. Ich bin ganz sicher, daß es auch hier gelingen wird, zusammen mit den Betreibern ein Konzept zu entwickeln, das zu mehr Sicherheit führt. Wir haben keine perfekte Lösung und können auch kein Rundumkonzept vorlegen, aber wir haben den speziellen Gedanken – Herr Wrocklage hat darauf hingewiesen – eines Gütesiegels. Wenn wir Vorschläge machen, dann müssen sie sinnvoll sein, dann müssen sie umgesetzt werden können und dürfen nicht populistisch sein.

Jeder weiß, wie schwierig das Thema Abschiebung ist. Dort darf man es sich nicht zu leicht machen und auch nicht mit Gedanken wie Straßensperrungen oder so etwas kommen. Ressentiments gegen Kennzeichen WL oder SE haben wir nicht und sollten wir an dieser Stelle auch nicht einführen.

Wir haben ein konkretes politisches und sachliches Problem zu lösen, das in letzter Zeit vermehrt aufgetaucht ist. Ich entnehme den Ausführungen des Innensenators und den bisherigen Bemühungen der Polizei, daß sie an dieser Thematik dran sind und wir natürlich eine Lösung finden müssen. Aber ein Anlaß für populistische Sprüche und für schnellatmige Forderungen darf dies in keinem Fall sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Dr. Schmidt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist eine interessante Frage, wie man eine Aktuelle Stunde gestaltet. Bei der CDU geht das so: Erst wird Herr Vahldieck, der das irgendwie psychisch gar nicht richtig rüberbringen kann, als scharfer Hund vorgeschickt.

(Erhard Pumm SPD: Er muß sich die Zähne aus- beißen!)

Er muß behaupten, daß der Innensenator total versagt hat, daß man von ihm gar nichts erwarten kann und gewissermaßen in Hamburg wegen dieser Regierung alles schief geht.Er kann das wirklich nicht sehr gut rüberbringen, aber er wird vorgeschickt.

Dann sagen die SPD- und GAL-Vertreter und der Senator selbst, das kann doch nicht richtig sein, und weisen es zurück.

(Ole von Beust CDU: Letztes Mal war ich der erste!)

Und dann kommt Ole von Beust als braver Mann und sagt, wir wollten doch miteinander reden.

Das kann doch nicht stimmen, vielleicht drehen Sie es in Zukunft um. Sie schicken erst einmal einen richtigen Scharfmacher nach vorne oder sagen gleich, Sie wollen mit uns reden; das wäre auch eine gute Idee.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

(Ole von Beust CDU)

Dann wird höhnisch zurückgewiesen, daß es eine wesentliche Frage sei, wie die Diskotheken selbst ihre Sicherheit organisieren; das gilt als Ablenkung. Dann kommt Herr von Beust und sagt, die sollen es zum Beispiel so organisieren wie am Flughafen, die müßten das doch auch machen.Was war also an dem Argument von Herrn Vahldieck dran? Nichts, denn Sie haben es selbst zurückgezogen. Sie haben gesagt, die Diskothekenbesitzer sollten sich um ihre Probleme kümmern. Warum ist es falsch, wenn die SPD das Problem aufgreift, wenn Sie es tun, aber nicht? Das finde ich sehr lustig.

Dennoch ist als Nichtdiskothekenbesitzer mein persönliches Sicherheitsgefühl nicht beeinträchtigt; aber das ist kein Argument. Ein Argument ist aber, daß wir in Hamburg in der Tat eine Häufung innerhalb weniger Wochen hatten. Dennoch darf ich vielleicht darauf hinweisen, daß dieser Häufung Monate gegenüberstehen, in denen nichts dergleichen geschehen ist und die Polizei in einem ganz wichtigen Fall die Sache sehr schnell aufgeklärt hat. Eines können wir sagen, das hat heute schon jemand gesagt:Die Polizei arbeitet ziemlich gut.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dietrich Wersich CDU: Was meinte er mit „ziemlich“?)

Weitere Wortmeldungen zum ersten Thema sehe ich nicht.

Dann rufe ich das zweite, von der GAL-Fraktion angemeldete Thema auf:

Eine moderne Gesellschaft braucht ein zukunftsfähiges Ausländerrecht – zusammen Leben und Arbeiten möglich machen

Frau Goetsch wünscht das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nicht nur die aktuelle Green-Card-Debatte und die Rede des Bundespräsidenten vom 12. Mai machen deutlich, daß Migration in all ihren Facetten zur politischen Tagesordnung gehört und die Neufassung gesetzlicher Bestimmungen sicher erst am Ende der Diskussion eine Rolle spielt. Allerdings gibt das bestehende Ausländerrecht Anlaß genug, eine grundlegende Veränderung zu fordern, denn das Ausländergesetz von 1990 ist ein Produkt konservativer Mehrheiten, in erster Linie dazu angelegt, Menschen auszugrenzen, die keinen deutschen Paß besitzen. Man kann immer noch sagen, daß es überhaupt kein Ausländerrecht gibt, sondern nur das Recht gibt, freiwillig auszureisen.

(Doris Mandel SPD: Wieso das denn?)

Hervorragendes Beispiel für diesen groben Unfug in Gesetzesform ist das Verbot, ausländische Studierende nach ihrem Abschluß nicht hier leben und arbeiten zu lassen.Neben den vorprogrammierten menschlichen Katastrophen führt dieser Unsinn nämlich dazu, daß hochqualifizierte Leute, die wir hier ausgebildet haben, in die USA oder nach Kanada abwandern und ihre Karriere machen. Daß die Politik mit der Green-Card-Idee jetzt in einigen Branchen auf den diagnostizierten Mangel an Fachkräften reagiert, zeigt um so deutlicher, wie dringend hier eine Änderung nötig ist.

(Beifall bei der GAL)

Eine besonders tragische Blüte ist das Arbeitsverbot für Flüchtlinge, das auf einem unsäglichen Erlaß der Kohl-Re

gierung beruht, und dieses Arbeitsverbot muß ohne Wenn und Aber fallen.

(Beifall bei der GAL und bei Helga Weise SPD und Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Es wird zur Zeit Gott sei Dank in Berlin verhandelt, und ich fordere an dieser Stelle alle innen- und sozialpolitischen Akteure in Berlin auf, schnell zu einem Ergebnis zu kommen, und zwar zu einem möglichst unbürokratischen, flexiblen und handhabbaren. Wir warten in den Kommunen und Ländern händeringend darauf, auch um die öffentlichen Kassen zu entlasten.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Es ist natürlich bedauerlich, daß insbesondere ökonomische Gesichtspunkte der Grund sind, mehr Liberalität in die Migrationspolitik zu bringen, und nicht humanitäre Gründe. Trotzdem ist es dringend erforderlich, diese Entwicklung aufzugreifen und zu gestalten. Dabei ist es Aufgabe der Politik, von dieser traditionellen Abschottungsmentalität wegzukommen und der Gesellschaft einmal Weltoffenheit zuzumuten. Hamburg könnte eine Vorreiterrolle spielen und die vakante Stelle des Vorbildes übernehmen.Wir könnten stolz sein, wenn es gerade hier gelingen würde, eine gute Integrationspolitik mit ökonomischer Weitsicht und Vernunft zu verbinden.

(Beifall bei Antje Möller GAL)

Wie Manfred Mahr richtig sagte: Wenn wir Frieden in dieser Stadt haben wollen, dann können wir das nur, wenn wir Menschen arbeiten lassen. Wenn wir miteinander leben sollen, müssen Menschen auch arbeiten dürfen.

Für die, die es gar nicht verstehen, läßt sich das auch anders formulieren. Eine konstruktive Migrationspolitik ist ein Standortfaktor ersten Ranges. Hier gilt es, auch Menschen ohne deutschen Paß und Flüchtlingen Möglichkeiten aufzuzeigen und ihre Kompetenzen fruchtbar zu machen. Genau hierin läge der entscheidende und erforderliche Paradigmenwechsel, nämlich weg von diesem ängstlich Kleinkarierten, von dieser Abwehrmentalität hin zu einem konstruktiven Gestalten.

Meine Damen und Herren von der CDU! Wir brauchen wirklich konstruktives Gestalten und keine Scharfmacher wie neuerdings Herrn Huber aus München oder Rupert Scholz, die jetzt schon eine Kampfansage gegen die Verhandlungen und Ergebnisse einer Erleichterung des Arbeitsverbots in Berlin ankündigen. Sie sollten es lieber mit dem Arbeitgeberpräsidenten Hundt halten, der ausdrücklich dazu auffordert, eine vernünftige Einwanderungspolitik zu gestalten, denn so sind sie ein Standortrisiko.

(Beifall bei der GAL und bei Elisabeth Schilling und Dr. Monika Schaal, beide SPD)

Daß wir ein vernünftiges Einwanderungsgesetz brauchen und nicht nur eine verkniffene Green-Card-Debatte, versteht sich von selbst. Es ist eben nicht möglich, Migrationspolitik abzuschieben.Mehr denn je brauchen wir einen Zukunftsentwurf für ein Zusammenleben, der auch die rechtlichen Rahmenbedingungen erfaßt. Hier muß gehandelt werden, und zwar so, wie Johannes Rau es anmahnt: ohne Angst und Träumereien. – Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Pumm.

(Dr. Martin Schmidt GAL)

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Frau Goetsch hat schon angemerkt, daß unser neuer Bundespräsident am 12.Mai seine erste Berliner Rede

(Dr.Roland Salchow CDU:Sagten Sie „junger“ Prä- sident?)