Herr Präsident, meine Damen und Herren! Abschiebehaft ist ein Bestandteil des Ausländerrechts, und den Vollzug führt die Justizbehörde in Amtshilfe durch.
Der Antrag der CDU enthält einige konkrete, einige eher allgemeine Forderungen und Prüfungsersuchen. Ich finde es bemerkenswert – und dafür danke ich Ihnen, Herr Ploog –, daß Sie am Anfang Ihrer Ausführungen festgestellt haben, daß der Vollzug, so wie er ist, rechtsstaatlich einwandfrei ist.
Ich gebe Ihnen allerdings auch darin recht, daß es bei der Abschiebehaft in der Justizvollzugsanstalt Glasmoor einigen Verbesserungsbedarf gibt, insbesondere im Bereich der Freizeitgestaltung und der Betreuung der Abschiebehäftlinge. So ist etwa die geforderte Betreuung der Abschiebehäftlinge durch eine sozialpädagogische Vollzeitkraft ohne Zweifel sinnvoll und wünschenswert. Sie muß aber finanziert werden, und darüber muß man nachdenken.
Auch die Forderung nach einer Erweiterung der Möglichkeiten für die sportliche und körperliche Betätigung ist nicht neu. Der Eingabenausschuß der Bürgerschaft – Sie hatten es erwähnt – hat sich bereits nach seinem Besuch bei der Justizvollzugsanstalt Glasmoor übereinstimmend dafür ausgesprochen, daß es bedenklich erscheint, daß die Inhaftierten nur vier Stunden täglich die Möglichkeit haben, ihre Zellen zu verlassen, und eine Überprüfung der Erweiterungsmöglichkeiten hinsichtlich der Freizeitangebote und der Arbeitsmöglichkeiten gefordert. Hier ist sicherlich Prüfungs- und Verbesserungsbedarf vorhanden.
Unverständlich allerdings, Herr Ploog, ist die Kritik an dem Einsatz von privatem Wachpersonal. Sie haben es hier nicht so deutlich wie in Ihrem Antrag ausgedrückt, aber das ist von Ihnen so gefordert.
Der Einsatz privater Wachleute in diesem sensiblen Bereich ist sicherlich diskussionswürdig, aber es wundert mich zunächst einmal, daß diese Kritik gerade von der Seite der CDU kommt, die sonst die Privatisierung so stark propagiert. Es gibt dort nun einmal eine klare Aufgabenteilung.Die privaten Wachleute verrichten allein Aufgaben der Sicherheitskontrolle, der Beaufsichtigung und der Versorgung der Gefangenen. Alle wichtigen Entscheidungen, wie die über organisatorische Abläufe, die verbindlichen Absprachen mit den Gefangenen, die Regelung der Tagesabläufe und die Entscheidungen über die Maßnahmen der Anstaltssicherung im Einzelfall und des unmittelbaren Zwangs fallen weiterhin in jedem Fall in die Zuständigkeit von Anstaltsbediensteten, so daß die Tätigkeit der privaten Wachleute hier nur als unterstützend betrachtet werden kann. Der Einsatz dieser privaten Wachdienste führt zu
einer deutlichen Entlastung der Vollzugsbediensteten, so daß diese sich intensiver den Organisations- und Betreuungsaufgaben zuwenden können, die Sie auch – und das mit Recht – in verstärktem Maße einfordern.
Selbstverständlich – auch das stimmt – muß auf die Qualifikation des privaten Wachpersonals geachtet werden, aber ihnen generell – wie es bei Ihnen durchscheint – die Qualifikation für die unterstützende Tätigkeit abzusprechen, das können wir nicht nachvollziehen.
Es ist auch nicht verständlich, wieso von diesem flexiblen, wie es geschieht, und letztendlich auch bewährten Einsatz von privatem Wachpersonal, der auch in anderen Bundesländern erfolgreich praktiziert wird, abgesehen werden soll.
Weiterhin ist mir unklar, was Sie sich unter einer baulichen Überprüfung der Abschiebehaft vorstellen.Das Gebäude – Sie kennen es ja – ist aus vorgefertigten Teilen – Containerbauweise – erstellt, so daß eine räumliche Umgestaltung ziemlich schwierig sein dürfte.
Gegen eine Prüfung, inwieweit Bedarf nach Möglichkeiten für die Verbesserung der Besuche von Angehörigen besteht, habe ich nichts. Allerdings wird nach unseren Kenntnissen bereits jetzt der Besuch, je nach Auslastung und Bedarf, flexibel gehandhabt, aber wir prüfen selbstverständlich Verbesserungen.
Die Erörterung aller dieser Fragen ist am besten im Ausschuß aufgehoben, und deshalb bitte ich um Überweisung dieses Antrages an den Rechtsausschuß. Gleiches gilt für den Zusatzantrag der Gruppe REGENBOGEN, zu dem ich nur einige wenige Worte sagen möchte.
Dieser Antrag befaßt sich in seinem Hauptteil nicht mit dem Vollzug angeordneter Abschiebehaft, wie es der CDU-Antrag tut, sondern mit der Anordnung von Abschiebehaft und nach den Vorstellungen der REGENBOGEN-Gruppe mit dem Verzicht auf diese Anordnung. Der Senat soll danach in bestimmten Fällen gar nicht erst den Antrag auf die Anordnung der Abschiebehaft stellen dürfen, über den dann später die Gerichte – so sieht es das Gesetz vor – entscheiden.Damit stellen Sie sich, meine Damen und Herren von der REGENBOGEN-Gruppe, gegen geltendes Bundesrecht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die REGENBOGEN-Krieger dafür eine Mehrheit bekommen. Von der SPD sicherlich nicht. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ploog, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Rede und die Sensibilität, die Sie da an den Tag gelegt haben.
Ich sehe auf jeden Fall ein Ergebnis des Besuches des Eingabenausschusses in der Abschiebeanstalt Glasmoor, und das zeigt, daß handlungsorientierter Unterricht auf jeden Fall wichtig ist,
denn es ist nicht üblich, daß sich die CDU-Bürgerschaftsfraktion mit Anträgen für das Wohl der Flüchtlinge einsetzt. Insofern habe ich mir auch nicht die Mühe gemacht, alle Anträge herauszusuchen, die genau das Gegenteil wollen, denn dann hätte das sicherlich lange gedauert.
Lassen Sie mich zunächst einmal etwas Grundsätzliches sagen. Abschiebungen sind und bleiben eine höchst schwierige Angelegenheit, denn sie basieren auf einer bundesrechtlichen Regelung, die korrekterweise den Namen Abschiebungsgesetz verdient hat. Die Einflußnahme der Länder ist deshalb auch sehr gering. Wenn aber auf der Ebene der Ausführungen auf Länderebene zum Wohle der Betroffenen etwas an Verbesserungen zu tun ist und getan werden kann, dann halte ich das absolut für richtig und ist immer wieder einzufordern.
Abschiebehaft ist in diesem Zusammenhang ein exemplarischer Aspekt.Als letztes Mittel zur Durchführung der Ausreisepflicht ist sie im System immanent.Als Ultima ratio soll Abschiebehaft nur dann gegriffen werden, wenn weniger einschneidende Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen. In diesem Sinne wurde die Verminderung der Abschiebehaft bereits im Koalitionsvertrag formuliert.Wenn es aber zu Situationen kommt, in denen sich die Abschiebehaft politisch nicht verhindern läßt, dann ist es sicherlich richtig, dieses Übel so gut es geht zu verringern, auch wenn dieses systemimmanent ist.
Man muß natürlich sehr aufpassen, daß es nicht ein bißchen Ballspielen ist, denn dann kommt man schnell an die Grenzen des Zynismus. Insofern sind die mit dem Antrag angeregten Maßnahmen sicherlich richtig, aber manchmal sind sie nicht mehr und nicht weniger als die Qualität eines Trostpflasters. Dennoch sind sie richtig, weil sie wenigstens das hohe Rechtsgut der Menschenwürde betonen, das bei dem Vollzug des Ausländergesetzes oft allzu leicht in Vergessenheit gerät. Insofern sind solche Maßnahmen wichtig, daß die Inhaftierten immer noch Respekt verdienen. Die Umsetzung ist hilfreich, ihre Situation dann weniger unerträglich zu machen. Es zeigt, daß dort eine Unerträglichkeit war, weil die Anstalt selbst eine Kommission eingesetzt hat, um zu prüfen, was alles nicht in Ordnung ist.
Ich denke, daß die im Antrag aufgenommenen Anregungen längst nicht alle Defizite berühren. Herr Mahr, Herr Zamory und ich waren drei Wochen vor dem Eingabenausschuß dort und halten es deshalb für absolut notwendig, auch den medizinischen und psychiatrischen Bereich der Betreuung zu betrachten.Ich will das gar nicht länger ausführen.Im Ergebnis ist der Vorstoß richtig. Ich halte es für sinnvoll, das im Rechtsausschuß in aller Intensität zu diskutieren und vielleicht dort ein Paket von Maßnahmen zu schnüren, das zügig umzusetzen ist.
Eine andere Frage, die Sie angesprochen haben, Herr Ploog, ist, daß es oft nicht nur vier Wochen, sondern leider sehr oft über sechs Monate sind, wie wir feststellen müssen. Insofern kann auch der Antrag der REGENBOGEN-Gruppe intensiv diskutiert werden. Ich hoffe, wir kommen dann alle zu einem Ergebnis im Sinne der Menschen, die dort sind. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schmidt hat es gesagt. Jetzt kann ich nicht mehr dagegen sein. Das ist – zugegeben – auch meistens mein Problem gewesen. Als ich die Überschrift gelesen habe,
habe ich, wie gelegentlich, erst einmal die Luft angehalten. Dann dachte ich, soweit ist es schon, jetzt muß ich CDU-Anträgen zustimmen, obwohl ich eine rotgrüne Landesregierung habe, deren Initiative genau das eigentlich sein sollte. Das hat mich zugegebenermaßen dann doch überrascht.
Ich finde es immer schön, daß Sie sich so erregen und soviel reden, wenn ich spreche. Wenn Sie sich wieder beruhigen, dann rede ich auch weiter.
Ich finde die Anregungen in dem CDU-Antrag sehr erstaunlich.Wir hätten ihm auch heute sofort zugestimmt.Ein Aspekt fehlt allerdings.Sie haben dargestellt, wie die Situation in Abschiebehaft ist und daß es eher selten ist – das muß man auch anfügen –, daß die Menschen dort nur zwei, drei, vier Wochen sind, sondern in der Regel sind sie dort erheblich länger, zum Teil bis zu einem halben Jahr oder sogar länger. Das in einer Situation, obwohl sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Das ist die einzige Form von Knast in diesem Lande, wo Menschen sitzen, ohne sich irgend etwas zuschulden kommen lassen haben, außer daß sie aus Bürgerkriegen geflohen sind, und das macht ihnen umgekehrt dieser Staat mit Abschiebehaft unter anderem zum Vorwurf.
Es gibt einen weiteren Aspekt. Es geht auf der einen Seite darum, diese Situation möglichst erträglich zu gestalten, aber es geht auch darum, möglichst wenig Menschen in eine solche Situation zu bringen, also Ultima ratio maximal.
Die Ausländerbehörde Hamburg betrachtet Abschiebehaft nicht als Ultima ratio.Wir kennen viele Fälle, insbesondere von kranken Flüchtlingen, für die die Ausländerbehörde immer und immer wieder beantragt, diese Abschiebehaft zu verlängern, obwohl die Leute schwerstkrank sind. Erst in den letzten Wochen gab es den Fall von Herrn Gülbasan. Sie haben den auch in der Zeitung verfolgen können, zumindest in Ansätzen. Herr Gülbasan ist schwer traumatisiert von seinen Erlebnissen in der Türkei. Dennoch hat die Ausländerbehörde, obgleich sie das wußte und ein unabhängiger Arzt Herrn Gülbasan dort untersucht hat und trotz der vielen Streits, die ich mit Herrn Bornhöft geführt habe, immer wieder die Verlängerung dieser Abschiebehaft beantragt. Am Schluß hat dann das Gericht eingesehen, daß das nicht mehr sein kann, und hat bestimmt, daß er die Abschiebehaft verlassen kann. Das ist nicht nur ein Einzelfall, davon gibt es viele Fälle.
Es ist mitnichten ein Verstoß gegen Recht, Abschiebehaft nicht zu beantragen. Das sind die Möglichkeiten, die die Innenbehörde hat, die im übrigen in anderen Bundesländern
wahrgenommen werden. Dort gibt es den sogenannten Kniola-Erlaß. Bekanntermaßen war das ein sozialdemokratischer Innenminister, der diesem Gedanken folgt. Die Beantragung von Abschiebungshaft geht von der Ausländerbehörde aus. Erst die Ausländerbehörde beantragt Abschiebehaft, und darauf kann sie in vielen Fällen verzichten. Das ist verfassungs- und gesetzeskonform. Viele Aspekte des Ausländergesetzes im Zusammenhang mit Abschiebehaft sind es nicht. Das haben verschiedene Verfassungsrechtler festgestellt. Vielleicht sollten Sie das als Ausgangspunkt wählen und nicht darüber nachdenken, wie man das noch steigern kann.