Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will mich an den Versuchen der Ursachenforschung für Rechtsradikalismus nicht beteiligen.Ich habe dazu eine Meinung, die sehr nah an der des Ersten Bürgermeisters Runde und der des Ersten Bürgermeisters a.D.Klaus von Dohnanyi liegt, daß nämlich offenbar ein gewisser Rechtsradikalismus in einer Bevölkerung nicht völlig zu verhindern, verbieten oder abzuschaffen ist. Es wird immer Dumpfe und Blöde geben, ob es uns paßt oder nicht; das glaube ich.Aber worauf es ankommt, ist, zu verhindern, daß diesen Dumpfen und Blöden eigentlich Gutwillige nachlaufen und dieses auch noch in nennenswertem Umfang. Ich denke, man kann in dieser Stadt eine ganze Menge tun, denn wir reden doch über die Verhältnisse in Hamburg und nicht über Ideologien, die sich irgendwo in den neuen Bundesländern ansiedeln und in den Köpfen von Jugendlichen festsetzen.
Dazu, Herr Zuckerer, möchte ich das Zitat von Franz Josef Strauß, das Sie genannt haben, in etwas anderer Art, wie er es gesagt hat, ergänzen. Sie haben Franz Josef Strauß so zitiert, daß man nicht einfach reden solle. Ich setze fort: Man soll einfach mal handeln, Herr Zuckerer. Da liegt in dieser Stadt auch heute noch eine ganze Menge im argen, von dem ich glaube, daß es Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit den Boden entziehen könnte, wenn wir in diesen Bereichen etwas täten.
Wenn die Parolen, mit denen diese braune dumpfe Brut trommelschlagend durch diese Stadt läuft, sich als so offensichtlich falsch erweisen, glaube ich, kann man dauerhaft gegen solche Wahrheit auch nicht mehr von brauner Seite demonstrieren. So richtig, wie Symbole, Empörung und der Versuch sind, möglichst viele Menschen hinter diese Empörung gegen diese braune Brut zu bringen, so wichtig ist aus meiner Sicht, daß da, wo wir etwas tun können, etwas getan wird.
Vor zehn Jahren habe ich an dieser Stelle gesagt, nicht der ist ausländerfeindlich, der sieht, daß es Mißbräuche im Bereich von Ausländern gibt, sondern Ausländerfeindlichkeit schürt der, der dieses erkennt und nichts dagegen tut.
Ich glaube, eines der Ergebnisse haben wir jetzt zehn Jahre später zu beklagen.Wer jeden in die rechte Ecke stellt, der sagt, daß es Kriminalität von Ausländern auch überproportional zu ihrem Bevölkerungsanteil gibt, wer tabuisiert, daß dieses gesagt werden darf, wer das für faschistisch und rechte Ecke hält, schürt Ausländerfeindlichkeit, denn es ist leider richtig, daß das der Sachverhalt ist.
Es ist Sachverhalt und hat nichts mit rechter Ecke zu tun, zu sagen, daß dieses Sozialsystem natürlich auch von Ausländern mißbräuchlich genutzt wird; na klar doch. Das ist kein Tabu, sondern man muß etwas dagegen tun und damit dieser Tatsache, wenn sie denn von Rechtsradikalen behauptet wird, den Boden entziehen; darauf käme es an, und das können wir in dieser Stadt tun. Fangen Sie damit an, Sie haben dafür die Mehrheiten.
Daß Ausländer diesen Rechtsstaat ausnutzen, muß man doch sagen dürfen.Wir sind es doch nicht gewesen, die erfunden haben, daß Herr Boateng von Polizisten dieser Stadt im Freihafen vergewaltigt und bedroht worden ist.Wir sind es doch nicht gewesen, die Herrn Boateng aufgenommen haben. Das sage ich als Beispiel für die Ausnutzung dieses Rechtsstaates auch durch Ausländer. Wer sagt, dieses fände nicht statt oder sei entschuldbar, der schürt Ausländerfeindlichkeit.
Meine Damen und Herren, daß es Verletzungen der Regeln des Zusammenlebens auch durch Ausländer gibt, wird man sagen dürfen, ohne daß man in der rechten Ecke steckt. Was wäre denn passiert, wenn unter Zeigen von Symbolen einer verbotenen Organisation in dieser Stadt das KurtSchumacher-Haus nicht von Kurden, die es gemacht haben, überfallen worden wäre, sondern von Nazis mit Hakenkreuzfahnen? Wie wäre die Reaktion anders gewesen? Ich sage, daß dieses aus meiner Sicht die gleiche Art von Terror ist, die wir den Rechtsradikalen mit Recht ankreiden.
Noch einen letzten Satz, wenn ich zum Ende kommen muß. Frau Peschel-Gutzeit hat Ole von Beust vorgeworfen, er hätte sich in unzulässiger Weise in die Unabhängigkeit der Justiz eingemischt,
als er gesagt hat: Hier gibt es jemanden, der 30 Straftaten auf dem Kerbholz hat, da muß mal etwas passieren, da ist nichts passiert.
Aber Frau Peschel-Gutzeit war die erste, die sich vehement dafür eingesetzt hat, daß Rechtsradikale bestraft werden müssen. Damit hat sie recht, aber mit dem ersten Teil nicht.
Das Wort erhält Herr Klooß. Es sind nunmehr noch vier Minuten Redezeit, Herr Klooß, danach ist die Aktuelle Stunde zu Ende.
(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke:Herr Wrocklage, gehen Sie mal an das Mikro- fon, wir können das mit dem Hakenkreuz doch nicht stehenlassen!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich schwerpunktmäßig etwas zum Demonstrationsrecht sagen.Aber Ihre Worte, Herr Ehlers, müssen beantwortet werden.Es ist selbstverständlich, daß Sie und auch Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion das Recht haben, alles, was Sie für beanstandungswert halten, auch zu sagen. Es ist aber nicht erlaubt, es in unzulässiger Weise mit Dingen zu vermischen, die nichts miteinander zu tun haben.
Wenn Sie alles, was Ihnen nicht gefällt, auf ein Konto bringen, das mit dem Satz überschrieben ist: Ursachen für Rechtsradikalismus, dann haben Sie das Thema verfehlt und sind einer von den Simplifikateuren, die so gefährlich sind.
Meine Damen und Herren, Demonstrationsrecht hat erheblich etwas mit Meinungsfreiheit zu tun. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt den Zusammenhang zwischen Artikel 8 und Artikel 5 Grundgesetz hergestellt. In diesem Licht müssen wir auch das Demonstrations- und Versammlungsrecht betrachten. Einiges hat Herr Schmidt schon zutreffend gesagt.
In diesem Spannungsfeld befindet sich auch die Verwaltung, wie das Verfassungsgericht sagt, die Versammlungsbehörde, wenn sie darüber zu befinden hat, ob eine Versammlung durchgeführt werden darf oder nicht. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus – das ist meines Erachtens richtig –, daß jemand, der eine Demonstration anmeldet, zunächst den Anspruch darauf hat, sie durchzuführen, es sei denn, daß er gegen elementare Grundsätze verstößt. Das ist die Schwierigkeit, in der sich dann die Behörde befindet, herauszufinden, ob es erlaubt ist oder nicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat in dem konkreten Fall vom 20. August, der auch durch die Presse gegangen ist, dem Senat gesagt, so wie es angeordnet war, nämlich das Verbot dieser Demonstration, soll es nicht sein, ist sie in gewissen Grenzen erlaubt.
Ob man dieser Meinung folgt oder nicht, ist in diesem Moment vielleicht nicht so wichtig, aber es zeigt einmal schlaglichtartig, wie das Bundesverfassungsgericht und die herrschende Verfassungsmeinung damit umgehen. Es werden strenge Anforderungen gestellt. Das Bundesverfassungs
gericht hat beispielsweise gesagt, daß, wenn aus der Versammlung selbst keine Gewalttätigkeiten hervorgehen, das ein wesentlicher Umstand ist, der für die Entscheidung eine Rolle spielt. Ferner hat das Gericht erklärt, daß die Abwägung auch nicht auf mögliche Folgen gestützt wird, die auf der Annahme beruhen, es handele sich bei der Anmeldung um die Tarnung einer in Wahrheit geplanten oder zu erwartenden Rudolf-Heß-Gedenkveranstaltung.Hier hat sich das Gericht von der Beurteilung der Innenbehörde entfernt.
Das ist das Risiko.Man kann der Innenbehörde aber in dieser Situation sicherlich nicht vorwerfen, sie habe die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. Sie ist durch das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht auch bestätigt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat in Auslegung dieser besonders strengen Maßstäbe gesagt, es könne die Sache nicht in vollem Umfange verbieten, sondern müsse etwas zulassen, nämlich eine stationäre Veranstaltung mit gewissen Auflagen.
Ja. Ich will damit sagen, daß wir der Innenbehörde zugestehen und ihr dafür dankbar sein müssen, daß sie energisch versucht hat, diese Veranstaltung zu verhindern.
Es kann aber selbstverständlich nicht dabei bleiben, daß wir uns auf die Anordnungen von Verwaltungsbehörden verlassen, sondern wir müssen insgesamt als Gesellschaft daran mitwirken, daß eine Gegenmeinung nicht nur gebildet wird, sondern es auch zu einer Darstellung kommt, damit diese zu bekämpfende Meinung keine weitere Verbreitung findet. – Vielen Dank.
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Wirtschaftsbehörde – Drucksache 16/4587 –]
Der Stimmzettel liegt Ihnen vor. Er erhält Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Wahlenthaltung. Ungültig sind insbesondere Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten. Bitte nehmen Sie Ihre Wahlentscheidung vor. Ich darf die Schriftführerinnen und den Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.
Sind alle Stimmzettel eingesammelt worden? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann schließe ich hiermit die Wahlhandlung. Das Wahlergebnis wird nun ermittelt. Ich gehe von Ihrem Einverständnis aus, daß wir ohne weitere Unterbrechung mit der Tagesordnung fortfahren und das Ergebnis dieser Wahl im Laufe der Sitzung bekanntgeben.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: Senatsantrag: Haushaltsplan-Entwurf für das Haushaltsjahr 2001 und Finanzplan 2000 bis 2004 sowie zusätzlicher Versorgungsfonds für die Altersversorgung der Bediensteten der Freien und Hansestadt Hamburg.