Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß es Hoffnung gibt, aber so richtig weit ist es mit der Politik in Hamburg noch nicht gekommen. Man ist sich darin einig, sich mit Bremen zu einigen und zu diskutieren, ob man gemeinsame Hafenpolitik macht. Deutschland versucht seit etlichen Jahren, eine europäische Gemeinschaft hinzubekommen, europäische Politik zu gestalten. Aber Hamburger Hafenpolitik bleibt immer noch in den deutschen Grenzen.Man ist ziemlich langsam, man freut sich immerhin schon darüber, daß man das gemeinsam bespricht, aber das ist natürlich noch viel zuwenig.

Es ist auch eine Katastrophe, wenn man sich die Inhalte dazu ansieht. Wenn es diese großen Pötte geben sollte, werden diese doch nicht einen Tiefwasserhafen in Deutschland ansteuern und dann noch einmal 100 Kilometer weiter nach Rotterdam fahren, sondern das wird eine gemeinsame Sache Nordrange. Es geht um einen Anlaufpunkt und nicht um mehrere. Dementsprechend muß hier europäische Gemeinschaft geplant werden und nicht Deutschland gegen Holland, wie Frau Scherweit-Müller uns hier vorführt, als Lieblingsfeind noch auserkoren. Das ist wirklich alte Geschichte, die endlich überwunden werden sollte.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Wir reden schon seit langem von Kooperation. Deswegen ist das ein kleiner Fortschritt. Immerhin kann man sich jetzt mit Bremen zusammen an den Tisch setzen und sagen, daß Kooperation im europäischen Maßstab wirklich sinnvoll und absolut notwendig ist.

Eine zweite wichtige Angelegenheit ist mir nicht klargeworden. Gegenwärtig ist es so, daß von Hapag-Lloyd größere Schiffe bestellt worden sind. Die werden – soviel ich weiß – im nächsten oder übernächsten Jahr ausgeliefert. Das Problem wird dabei sein, daß die Elbe nicht tief genug dafür ist. Ich möchte hier eine deutliche Aussage von der Politik haben, daß eine weitere Ausbaggerung der Elbe undenkbar ist und auch nicht stattfinden soll.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Ich finde es sehr wichtig, daß die Politik hier deutliche Zeichen setzt und nicht, wie Frau Scherweit-Müller, schon wieder darüber hinweghuscht nach dem Motto, es wäre vielleicht doch noch möglich, das durchzubekommen. Nur ein bißchen mehr ausbaggern, und dann wäre das möglich. Dazu muß von der Politik eindeutig etwas gesagt werden. Ich denke, daß das auch nur unter großen Kosten möglich wäre. Auch deswegen ist das nicht akzeptabel.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Die dritte Frage, die sich uns dabei stellt, ist, wenn tatsächlich ein Tiefwasserhafen kommen sollte, steht Hamburg natürlich nur eine Perspektive zur Verfügung, und zwar vor allen Dingen ein Feederschiffhafen zu werden.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Richtig!)

Das heißt, man bekommt dadurch große Schiffe, aber nicht mehr so riesige wie bisher nach Hamburg. Das bedeutet aber auch, daß weniger Schiffe hier herkommen werden und somit auch weniger entladen wird. Altenwerder war nicht nur ökologisch eine Katastrophe, sondern Altenwerder ist auch noch wirtschaftlich eine Katastrophe. Mit dem Tiefwasserhafen wird das deutlich bewiesen werden, und das ist eine Art und Weise von Politik, die euch noch deutlich um die Ohren pfeifen wird.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort erhält Herr Senator Dr. Mirow.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will mich nicht im einzelnen mit dem Gutachten beschäftigen, weil es dazu ein vereinbartes Verfahren gibt. Die Fragen, die beantwortet werden müssen, die Probleme, die diskutiert werden müssen, sind so vielfältig, daß sie in dem jetzigen Stadium hier an dieser Stelle sicher nicht adäquat behandelt werden können. Ich will mich statt dessen auf die Politik und auf die Hinweise und Vorwürfe, die dazu gegeben beziehungsweise erhoben wurden, konzentrieren.

Herr Ehlers, Wirtschaft – und Sie sprechen ja als wirtschaftspolitischer Sprecher Ihrer Partei – hat den großen Vorteil, daß man Realitäten mit Zahlen abbilden kann. Wie ein wirtschaftspolitischer Sprecher einer großen Fraktion ernst genommen werden will mit dem Hinweis, dieser Senat vernachlässige den Hafen, das ist mir schleierhaft.

(Beifall bei der SPD und bei Axel Bühler GAL)

Wenn Sie sich die Mühe machten, mit Ihrem Kollegen Kruse darüber zu sprechen oder bei der Hafenwirtschaft in Hamburg einmal zu hören, wie es denn so in den letzten Jahren gegangen ist, dann wird man Ihnen, glaube ich, den Hinweis geben, daß das, was Sie gesagt haben, mit der Wirklichkeit absolut gar nichts zu tun hat, sondern wir haben unter allen denkbaren Kriterien – ob es Produktivitätsentwicklung ist, ob es Kapazitätsentwicklung ist, ob es Modernisierungsentwicklungen sind – gegenwärtig eine außerordentlich produktive Zeit. Wir haben riesige Investitionen im Hafen. Allein Altenwerder ist eine Investition, an der Hamburg als Stadt unmittelbar und mittelbar mit weit über 1 Milliarde DM beteiligt ist. Wenn Sie sich einmal zeigen ließen, welches Betreiberkonzept es für Altenwerder gibt, dann würden Sie den Vorwurf, dieser Senat vernachlässige den Hafen, glaube ich, ganz leise wieder einstecken.

Zweite Bemerkung. Das trifft sich mit einem Hinweis von Herrn Hackbusch, und deswegen will ich das gerne aufnehmen. Sie haben sich, lieber Herr Ehlers, aus meiner Sicht schon vor ein paar Wochen vergaloppiert mit dem Hinweis, aus der Sicht der CDU sei eine abermalige Vertiefung der Elbe nicht vorstellbar. Das ist ausdrücklich nicht meine Meinung, sondern meine Meinung ist, daß wir sehr sorgfältig auswerten müssen, welche Folgen die letzte Vertiefung gehabt hat, daß wir gemeinsam mit den zuständigen Bundesämtern prüfen müssen, ob eine gewisse weitere Vertiefung der Elbe möglich ist. Ich rate der CDU eindringlich dazu, sich diese Position nicht zu eigen zu machen und sie nicht zu verfestigen. Es könnte Ihnen bitter leid tun.

(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke: Und uns?)

(Axel Bühler GAL)

A C

B D

Herr Hackbusch, Sie sind – mit Verlaub – in diesem Zusammenhang nicht ganz so wichtig.

(Dr. Roland Salchow CDU: Nein, arrogant ist er nicht!)

Dritte Bemerkung. Sie haben gesagt, Herr Ehlers, die Notwendigkeit eines Tiefwasserhafens ist hochgradig anzunehmen. Das ist eine Bemerkung, die aus meiner Sicht einen politischen und realen Erkenntniswert nur dann bekommt, wenn man sich größere Klarheit darüber verschafft, für wann das denn hochgradig anzunehmen ist. Deswegen ist es auch nicht so, wie Sie gesagt haben, daß eine Entscheidung zwischen Cuxhaven und Wilhelmshaven durch Gutachten erfolge, sondern Gutachten sind dazu da, Entscheidungen vorzubereiten – nicht mehr und nicht weniger. Wenn sie besonders qualifiziert sind, helfen sie dabei. Wenn sie nicht ganz so gut gemacht sind, muß nachgearbeitet werden.

Jetzt komme ich zum Kern meiner Bemerkung, Herr Ehlers, und da glaube ich, daß Sie wiederum auf dem falschen Fuße sind.Das ist viel ernster als die Frage, ob Sie den Senat für schlafmützig halten oder nicht. Das beurteilt die Öffentlichkeit und die Hafenwirtschaft sowieso nicht danach, was Sie sagen, und vielleicht auch nicht danach, was ich sage, sondern anhand der Realitäten.

Was wirklich ernst ist, ist die Frage, welches Gewicht Hamburg politisch hat, seine Position zu vertreten.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Richtig!)

Ja, da sagen Sie richtig, aber ist es da nützlich, daß der wirtschaftspolitische Sprecher der Opposition sagt, wer ist Herr Gabriel? Das ist nicht nützlich, sondern Herr Gabriel ist der gewählte Ministerpräsident des Landes Niedersachsen,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Von dem haben Sie sich das Heft aus der Hand nehmen lassen!)

und auf den wird man in diesem Zusammenhang zählen müssen. Das, was Sie dazu gesagt haben, was es zunächst noch einmal an politischen Verabredungen mit den politisch Verantwortlichen in Bremen gibt, war ebensowenig nützlich, denn, wenn es uns nicht gelingt, uns in der Frage des Tiefwasserhafens und möglichst darüber hinaus auf gemeinsame Positionen mit den Kollegen in Bremen zu verständigen – abgesehen davon, daß der Wirtschaftssenator von Bremen Ihrer Partei angehört und Ihnen insofern vielleicht nicht ganz fernstehen sollte –,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Gott sei Dank, sonst wäre das vor 14 Tagen gar nicht passiert!)

dann stellt sich die Frage, ob dieses beeindruckend große Bundesland Freie und Hansestadt Hamburg mit 1,7 Millionen Einwohnern allein und für sich genommen eine Entscheidung, die doch auch einen nationalen Charakter hat, beeinflussen kann. Deswegen rate ich, Herr Ehlers, von Hochmut und Dünkelhaftigkeit herzlich ab.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir werden in den nächsten Monaten eine schwierige Arbeit in der Ausbalancierung von sachlichen Betrachtungen einer sehr komplexen Materie zu bewältigen haben, bei der übrigens viele Mitspieler dabei sind, unter anderem die Reeder, einerseits und der Notwendigkeit, im Vieleck der norddeutschen Länder und des Bundes eine Entwicklung mitzuprägen und mitzugestalten, die Hamburg zugute kommt. Wer da glaubt, das geschehe am besten dadurch, daß man

sagt, wir waren immer schon die Größten und die Besten und was aus Bremen kommt, interessiert uns nicht und wer ist Herr Gabriel, der ist dabei schief gewickelt. So kommt man nicht zu Ergebnissen.

(Beifall bei der SPD und bei Axel Bühler GAL)

Deswegen kann ich Ihnen nur sagen, daß der Senat die Entwicklung nicht verschlafen hat. Teilen tue ich Ihre Bemerkung, daß wir es mit einem Langstreckenlauf zu tun haben. Also seien wir gemeinsam dabei, das Ziel im Auge zu behalten, unser politisches Gewicht richtig zu erkennen und die fundamentalen Interessen unserer Stadt gemeinsam zu vertreten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält Herr KarlHeinz Ehlers.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das hat offenbar gesessen, Herr Senator. Ich will mich mit dem, was Herr Bühler vorgetragen hat, gar nicht auseinandersetzen. Mir ist nur im Laufe seiner Rede klargeworden, warum bei mir im Zusammenhang mit Bühler immer der Begriff Pflaume auftaucht.

(Unmutsäußerungen)

Aber Frau Scherweit-Müller war da schon etwas ernster zu nehmen. Frau Scherweit-Müller, ich habe überhaupt nicht darauf abgehoben zu sagen, daß die Vorteile von Cuxhaven hier dargestellt werden müssen. Sie ergeben sich aus meiner Sicht relativ natürlich.Worauf ich abhebe – und, Herr Senator, das möchte ich Ihnen auch noch einmal klarmachen –, ist, daß ich finde, daß Sie in einer Phase, in der Entscheidungen vorbereitet werden – das ging los mit der Frage, wer ein solches Gutachten macht, das ging los mit der Frage, wie man sich darauf einstellt, wenn der Ministerpräsident von Niedersachsen einen bestimmten Standort aus dem Gutachten ableitet –, aus unserer Sicht nicht die Position Hamburgs vernünftig dargestellt und klargemacht haben.

Natürlich ist der Hamburger Hafen, Frau Scherweit-Müller, von der Qualität, wie Sie es sagen.Uns geht es jetzt um die Frage, wie man diese Qualität des Hamburger Hafens, wenn man – in der norddeutschen Bucht haben Sie es genannt – irgendwo im norddeutschen Raum an der Nordsee einen Tiefwasserhafen bekommt, darüber hinaus erhält. Wie erhalten wir das, was wir hier in Hamburg getan haben? Wie nehmen wir die hamburgischen Interessen bei einem Tiefwasserhafen, wo immer er in Niedersachsen stattfindet, wahr? Da hat dieser Senat am Anfang die Chance verschlafen, sich rechtzeitig in diese Diskussion einzumischen.Deswegen war es eher ein Verzweiflungsakt und eine Notbremse, so richtig es in der Sache war, Herr Senator, sich mit den Bremern darauf zu verständigen, im übrigen sich mit den Bremern darauf zu verständigen, seit es einen CDU-Senator in Bremen gibt. Die Sozialdemokraten haben das 40 Jahre untereinander nicht auf die Reihe gebracht, als in beiden Städten Genossen regierten. Aber das spielt keine Rolle. Die Hauptsache ist, daß es geschehen ist. Daß dieses aber eher ein Akt der Verzweiflung war, liegt auf der Hand, wenn man sich die ganze Entstehungsgeschichte anguckt.

Deswegen ist es gut, Herr Senator, wenn wir dieses Problem heute abend diskutieren, und einige Dinge haben Sie ja gesagt, sehr zu meinem Erstaunen übrigens. Sie haben gesagt, aus Ihrer Sicht ist das Ende der Fahnenstange, was

(Senator Dr. Thomas Mirow)

die Elbvertiefung angeht, nicht erreicht. Ich habe nicht gesagt, daß das aus unserer Sicht nicht in Frage kommt. Ich sage, ich halte es für illusorisch. Wenn ich die Diskussion sehe, die wir gehabt haben – Sie innerhalb des Senates und innerhalb der Koalition, die Schwierigkeiten, die wir gehabt haben mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein, denen ist es ja nicht leichtgefallen, diese Ausgleichsflächen auch zur Verfügung zu stellen –, dann glaube ich, per Stand heute, nicht, daß Sie dieses werden durchsetzen können.

Um so wichtiger ist es doch, sich in die Frage einzumischen, wo wir einen Tiefwasserhafen bekommen, damit das möglicherweise nicht nötig wird. Der Begriff ist doch von Herrn Hackbusch genannt worden. Der heißt Feederschiffe.Das heißt doch nicht, daß wir bis in alle Ewigkeit den Hamburger Hafen anlauffähig machen müssen für alle möglichen Schiffe. Das ist doch eine Illusion, zu glauben, daß man das herstellen kann.Dieses wird nicht stattfinden. Herr Senator, da haben wir offenbar momentan eine Meinungsverschiedenheit. Sie haben deutlich gemacht, daß Sie es weitermachen wollen. Sie haben auch deutlich gemacht, daß der Hamburger Hafen gut positioniert wird.Dies ist auch nicht zu bestreiten.

Was ich sage, ist, daß die Lebensfähigkeit dieses gut positionierten Hafens nicht dadurch aufs Spiel gesetzt werden darf, daß wir einen Tiefwasserhafen in der norddeutschen Bucht an der falschen Stelle bekommen. Das ist die Art der Diskussion, die wir heute führen wollen und die wir gebeten haben, heute zu führen. Ich denke, da sind wir einen Schritt weitergekommen, jedenfalls in der Aussage, die Sie hier an drei, vier Stellen getroffen haben. Das fand ich schon sehr interessant, dieses dem Parlament auch auf diese Weise zu sagen. Insofern war diese Diskussion aus unserer Sicht hoch nützlich.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Herr Hackbusch.