Ein reguläres Besetzungsverfahren von Herrn Riez zum Geschäftsführer der Hamburger Arbeit ist nicht nachweisbar, aber es gibt diesen Anruf des Bürgermeisters. Das ist das, was wir mit Herrschaftspatronage meinen.
Das haben wir auch in den gesamten anderen Bereichen im Arbeitsmarkt.Wir hatten die AJa in Altona.Da sind schon bei der Gründung Geschäftsführung sowie Vereinsvorstand mit SPD-Mandatsträgern besetzt worden. Genau das hat zum Desaster geführt. Da hat sich der SPD-Fraktionsvorsitzende von Altona persönlich bereichert, ABM-Kräfte auf der privaten Baustelle eingesetzt und die AJa damit in den Konkurs geführt. Am Schluß mußte die Stadt aus der Konkursmasse der AJa für 300 000 DM die Sachdinge zurückkaufen, die sie vorher selber über Zuwendung finanziert hatte. Das ist die Art erfolgreicher Arbeitsmarktpolitik, für die sich Ortwin Runde rühmt.
Um mit dem Märchen aufzuräumen, Herr Runde: Ich glaube, Sie haben den Bericht nicht gelesen. Ihre Flüchtlingsunterbringung durch die Sozialbehörde ist in diesem Bericht massiv kritisiert. Nachgewiesenermaßen hat die Behörde die vollständige Kontrolle über die Vergabe der Mittel und die Belegung der Einrichtung verloren.
Die BAGS wollte die Hotels räumen, aber sie war nicht in der Lage sicherzustellen, daß die geräumten Hotels nicht von den Bezirken wieder besetzt worden sind. Ein einfaches Desaster der Belegungspolitik, und das steht auch in diesem Bericht. Das haben Sie mit festgestellt.
In dieses Bild der Herrschaftspatronage paßt auch die Philosophie, von der uns Runde im Ausschuß berichtet hat. Er hat nämlich keine klaren Anweisungen und Zielvorgaben gegeben, sondern er hat gesagt, es gibt zwei Alternativen: Man kann über Philosophie führen, oder man kann klare Anweisungen und Zielvorstellungen geben. Auf die Rückfrage, wie er das gemacht hat, sagte er: Ich habe es über Philosophie gemacht. Genau der Mangel an klaren Vorstellungen, an Controlling und Zielvorgaben hat zu diesen Mißständen geführt, die wir gemeinsam festgestellt haben. Deshalb ist diese Philosophie eine Philosophie des Filzes, die gescheitert ist.
Der Bericht ist voller vernichtender Zeugnisse über das Handeln der Behörde: systematischer Verstoß gegen Gesetze, Beamtenrecht, Verwaltungsverfahrensgesetz, Sozialgesetzbuch, gegen die Landeshaushaltsordnung. Die Stiftungsaufsicht und die Kontrolle im Bereich der Gutachtenvergabe wurden nicht wahrgenommen. Jede einzelne Stichprobe, die untersucht wurde, war fehlerhaft. Da wurden Gutachten an ehemalige oder aktive Mitarbeiter ohne jede Ausschreibung vergeben. Da wurde nicht geprüft, ob die Mitarbeiter die Arbeit in ihrer Dienstzeit machen kön
nen. Diese Mißstände gab es unter der Verantwortung von Ortwin Runde. Dann stellt sich die Frage, ob er das weiß. Da muß man einfach noch einmal sagen:Ortwin Runde selber hat sich gerühmt, die Innenrevision in der Behörde gegründet zu haben, und zwar als Führungsinstrument aus der freien Wirtschaft entlehnt. Was hat er mit den Innenrevisionsberichten gemacht? Er hat sie abgezeichnet, meine Damen und Herren.Er hat aus den Ergebnissen keine Konsequenzen gezogen. Er hat ein Führungsinstrument aus der freien Wirtschaft eingeführt, ohne offenbar zu wissen, wie man damit als Führender umgehen muß. Das ist Versagen.
Das gleiche hat er mit den Rechnungshofsberichten gemacht, ebenso wie im Fall der Altonaer Jugendarbeit des Parteikollegen Michael Pape, wo die Vorwürfe in der Öffentlichkeit und in der Behörde bekannt waren und er sich öffentlich bis zum Schluß schützend vor den Mann gestellt hat, bis er schließlich vom Gericht verurteilt worden ist.
Alle Ihre Argumente und Ihre Unsensibilität gegenüber diesem Thema ist Stück für Stück zu widerlegen und widerlegt worden. Wenn Sie auf den Abschlußbericht hinweisen, kann ich Ihnen nur empfehlen, die 50 Seiten zu lesen, die sich am Ende befinden.
Das ist auch Teil des Abschlußberichts, und es ist der Teil, der nicht unter der Koalitionsdisziplin zustande gekommen ist.
Das ist die wahre Leistung der SPD, die Grünen von Anfang an in die Koalitionsdisziplin in Sachen PUA eingebunden zu haben.
Die Unfähigkeit der SPD, die politische Verantwortung zu benennen, ist in Wahrheit die Unfähigkeit, die politische Verantwortung zu übernehmen.
Ihr mangelndes Bekenntnis zu dem Fehler dieser offensichtlichen Filzstrukturen fördert bei den Bürgern Staatsund Parteienverdrossenheit. Deshalb, im Sinne der Demokratie und zum Wohle der Stadt: Hamburg braucht politische Veränderungen,
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe zunächst den Eindruck, sehr geehrter Herr Wersich, Sie wollen das so machen, wie das damals im alten Rom war – „Im übrigen ist Karthago zu besiegen“ –, und so die nächsten zehn Monate all Ihre Reden beenden. Viel Spaß, aber auch dieses wird sich abnutzen, und es wird nicht viel nützen.
Zu unser aller Überraschung hat Herr Wersich ausgeführt: Erstens ist die SPD an allem schuld, und zweitens hat wenigstens Herr Runde schuld, sollte einmal die SPD nicht schuld sein.
Diese Argumentation wird aber durch Wiederholung auch nicht viel richtiger. Auffällig ist doch, daß der Arbeitsstab des Untersuchungsausschusses in keinem Bereich Anhaltspunkte dafür fand, was Sie finden wollten, nämlich daß Entscheidungen der Behörde durch die Farbe des Parteibuches beeinflußt wurden. Daß Ihnen das nicht gefällt, weil Sie damit Ihr selbstgestecktes Klassenziel nicht erreicht haben, ist für Sie bitter, aber nichtsdestotrotz wahr.
Es gab an vielen – viel zu vielen – Stellen fehlerhaftes Behördenhandeln, welches der Untersuchungsausschuß in jahrelanger Detailarbeit aufgeklärt hat.Aber es gab keine sozialdemokratische Nebenregierung in der Sozialbehörde. Selbst dort, wo manche Bedienstete auch in anderen Zusammenhängen außerdienstlich aufeinander trafen, wurde diese oft mangelhafte dienstliche Kommunikation offensichtlich nicht ausgeglichen.Denn wie anders ist zu erklären, daß in Sachen Alida-Schmidt-Stiftung die Vermerke von der Sachbearbeiterebene hoch zur Senatorin immer die Route A und runter immer die Route B gingen, und nie wußte irgendwer von irgendwem irgend etwas. Vielmehr haben wir im Ausschuß sehr widersprüchliche Ergebnisse erleben dürfen. Sie in Ihrer Formalopposition bei der CDU haben davor natürlich die Augen fest geschlossen.Vor lauter Filz vor den Augen sehen Sie bald die Bäume nicht mehr.
Zur Hamburger Arbeit bleibt festzustellen – da möchte ich auf die Ausführungen von Herrn Hackbusch eingehen, und Herr Hackbusch wird da sicherlich wieder aufschreien –, daß in dem Sammelbescheid, der dann nach einigen Jahren erteilt worden ist, die gesamte Zuwendungssumme übrigens nach den Ergebnissen des Arbeitsstabes um mehr als 1 Million DM unter der Summe der Einzelbescheide liegt. Typisch für den Untersuchungsausschuß ist allerdings auch, daß die Sozialbehörde selbst diesen Umstand wohl nicht so recht bemerkt hat.
Ein anderes Problem im Ausschuß war, daß die Abgeordneten ein sehr unterschiedliches Verständnis von oft banalen handelsrechtlichen Fragen hatten, zum Beispiel beim schönen Thema Rücklagen. Herr Hackbusch glaubt noch heute, daß die Rücklagen der Hamburger Arbeit in 1000erBündeln im Tresor des Geschäftsführers liegen. Dieses ist ein Irrtum bei Kapitalgesellschaften aller Art übrigens. Fragen Sie doch mal bei großen deutschen Verlagen, ob die ihre Rücklagen in Form von Geld haben. Jedes Geld ist zwar Kapital, aber nicht jedes Kapital ist Geld.
Ich will rückblickend noch einmal ein bißchen politisch analysieren, wie ich die Arbeit des Untersuchungsausschusses wahrgenommen habe.
In der ersten Phase gab es ein großen Medieninteresse, und jeder wartete fast täglich auf neue Sensationen. Aber außer einem Non-Paper gab es nichts Sensationelles. In der zweiten Phase, so etwa ab Ende November 1999, kam dann der CDU als größter Oppositonsfraktion der eigene Elan abhanden, denn was sind schon 100 000 DM für ein Alkoholikerprojekt zu den Millionen in Bonn und Hessen? Der Öffentlichkeit ging es übrigens genauso. Ich will damit nichts relativieren oder schönreden.
Die dritte Phase begann, als Herr Wersich quasi Frau Blumenthal als Obfrau der CDU im Ausschuß ablöste. Da wurde wieder mit Vermutungen Politik gemacht nach dem Motto: Wir werfen mal einen Stein ins Wasser und gucken, was passiert.Sie hatten das ja schon einmal gemacht, Herr Wersich, bei der zweiten Vernehmung von Herrn Runde. Sie fragten, ob Herr Runde mit gelben Zetteln, diesen sogenannten Post-its, wenn soviel Schleichwerbung erlaubt ist, regiert. Alle vermuteten sonst etwas. Aber was kam? – Gar nichts. Und selbst wenn, ist es verboten, mit diesen Dingen irgend etwas zu machen?
Genauso machten Sie es dann, als Sie das Jagen in der CDU übernommen hatten. Es begann damit, daß Sie den Status von Betroffenen für den Beschuldigtenstatus hielten. Das ist aus Oppositionssicht auch legitim, daß Sie versuchen, das Untersuchungsausschußgesetz in Paragraph 19 so umzudeuten, wie es irgend geht. Aber das Gesetz gibt es nicht her. Nachdem Sie aus den Betroffenen dann doch keine Beschuldigten machen konnten, ging es weiter. Sie haben zunächst Anzeige gegen Herrn Meyer erstattet, im März 1999. Herr Strate als renommierter Hamburger Strafverteidiger hat sich sehr deutlich öffentlich zu dem großen politischen Geschick, das Sie hatten, geäußert. Aber Sie hatten die Anzeige erstattet, weil Sie Zweifel an der Aussage von Herrn Meyer hatten. So weit, so gut.
Kaum aber schickt Herr Meyer seine Stellungnahme als Betroffener ab, verwenden Sie diese Stellungnahme als Vorwand, Herrn Runde erneut vorzuladen. Der Erkenntnisgewinn: Herr Meyer verweigert weiterhin die Aussage, und Herr Runde bekräftigt das, was er schon vorher gesagt hatte. Ich kann verstehen, daß Sie, wenn Ihr Kartenhaus zusammenbricht, noch versuchen, daraus ein Strohfeuer zu entfachen. Aber wenn man einmal das politische Resümee sieht für das, was die CDU mit dem Untersuchungsausschuß bewegen wollte, womit Sie vor zweieinhalb Jahren gestartet sind. Die CDU ist im PUA als Tiger gestartet und sehr früh schon als Bettvorleger gelandet.
Ihre rührigen Versuche, Herr Wersich, den Bettvorleger zu reanimieren, sind mißlungen, aber ein bißchen Druckerschwärze haben Sie erobert. In dieser themenarmen Stadt ist ja jeder Journalist dankbar, wenn die CDU mal erwacht, und die schönsten Themen sind immer noch Personalia. Viel wichtiger ist doch aber, um einmal mit den Worten des „Bimbes“-Kanzlers zu sprechen, das, was hinten rauskommt, denn darauf kommt es doch schließlich an, auch bei diesem PUA.
Die Ergebnisse, die wir heute beschließen werden, sind sehr deutlich, und der Senat wird bis zum 31. Mai darüber zu berichten haben. Zu den Konsequenzen, die wir beschließen, haben Herr Frank und Herr Christier schon einiges gesagt. Das will ich nicht wiederholen.
Ich möchte zum Schluß noch eine Bemerkung zu dem machen, wie, ich glaube, die Politik in Hamburg seit den letzten Wochen von der CDU betrieben wird. In der Sachpolitik haben Sie offensichtlich öffentlich keine Erfolge gegen die rotgrüne Koalition aufzuweisen. Also beginnen Sie schon zehn Monate vor der Wahl, die politische Auseinandersetzung auf die persönliche Ebene zu ziehen. Die unrepräsentative Minimalbefragung irgendeines Instituts wurde prompt an den „Focus“ durchgereicht.Wenn Sie außer persönlichen Diffamierungen nichts mehr zu bieten haben, dann Gnade für diese Stadt angesichts des nächsten Wahlkampfes. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will – soweit es möglich ist – mich der Angriffe auf die CDU enthalten,