Es gab zwar mal einen Vorstoß des Landes Bremen zugunsten einer Art Stadtstaatenklausel, der aber im Jahr 1992 abgebügelt wurde, und zwar von der CDU/CSU-Regierung. Deshalb nenne ich diesen Antrag scheinheilig. Ich halte ihn für einen Täuschungsversuch, denn es geht in Wahrheit um etwas ganz anderes bei Ihnen. Es geht um eine Verlagerung von Landesaufgaben auf die Bezirke zu Lasten der Bürgerschaft. Dies ist für mich in doppelter Hinsicht nicht akzeptabel.
Zum einen ist das Bezirksverwaltungsgesetz gerade unter Ihrer Mitführerschaft am Anfang dieser Legislaturperiode vor drei Jahren verändert worden. Mit dem Ergebnis dieser Veränderung – ich scheue immer das Wort Reform – werden wir uns sicher noch befassen müssen. Vielleicht werden wir auch Korrekturen vornehmen müssen, aber doch nicht jetzt und in diesem Zusammenhang.
Dann steht dieses Petitum auch im krassen Widerspruch zu Ihrer ständigen, im übrigen zum Teil auch berechtigten Klage, daß die Bürgerschaft wie auch die übrigen Länderparlamente der Republik in ihren Kompetenzen geschwächt werden. Aber sehen Sie doch bitte ein, daß Sie dies nicht mit diesem Antrag ändern, daß Sie hiermit auf dem Holzweg sind. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe schon das Gefühl, daß mein Wirken in der Bürgerschaft nicht ganz umsonst ist, obwohl es schwierig ist, die eigenen Erfolge zu bewerten.
Im November 1995 hat die GAL einen Antrag eingebracht mit dem Titel „Wahlrecht für EU-Bürger und -Bürgerinnen, Wahlrecht für andere Ausländer – Schaffung eines Unionsbürgerrechts“.Dieser Antrag ist, um es gleich zu sagen, damals im Rechtsausschuß mit den Stimmen von SPD, CDU und STATT-Partei abgelehnt worden. Die CDU greift heute einen Teil dieses Antrags wieder auf, aber sie greift ihn, wie ich finde, sehr schlecht und falsch auf, denn das Problem des kommunalen Wahlrechts der Hamburgischen Bürgerschaft ist gewissermaßen ausgelutscht.
Zu Herrn Klooß muß man in der Tat dazu sagen, daß die heutige Rechtslage auf einem zwischen der Bundesregie
rung und dem Senat der Freien und Hansestadt Anfang der neunziger Jahre übereinstimmenden Verfahren beruht. Hamburg hat großen Wert darauf gelegt, daß die Bremer Initiative scheitert, und hat das auch in Bonn durchgesetzt. Deswegen hat sich die Bundesregierung in Brüssel so verhalten. Das nur zur Geschichte.
Was man herbeigeführt hat, könnte man auch wieder ändern. Aber ich finde sowieso, daß das Schnee von gestern ist. Man muß etwas ganz anderes tun. Man muß dafür sorgen, daß bei dem nächsten Reformschritt auf europäischer Ebene in dieser Richtung das eingeführt wird, was bereits im Jahre 1995 von der Generaldirektion Wissenschaft des Europäischen Parlaments vorgeschlagen wurde, nämlich die Ausweitung des Kommunalwahlrechts auf Regionalwahlrecht. Dort wurde formuliert:
„Die gleichen Gründe, Aufenthalt und Integration im Gastland, die zur Schaffung des aktiven und passiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen bestehen, können auch bei Wahlen zu regionalen Körperschaften und auch bei Wahlen zu staatlichen Parlamenten geltend gemacht werden.“
Das Europäische Parlament hat damals allerdings selbst darauf verzichtet, die damals fälligen Reformen des Maastrichter Vertrages mit einzubeziehen, und hat gesagt, das muß man später machen, wenn sich das Kommunalwahlrecht allseits durchgesetzt hat. Das ist der einzige Grund, weswegen wir beantragen, die Sache im Europaausschuß zu verhandeln, damit man dort den aktuellen Stand der Debatte in europäischen Gremien erfahren kann und dann vielleicht Hamburg darüber nachdenkt, was es tun könnte, um die Unionsbürgerschaft noch mit mehr Gewicht zu versehen, als sie jetzt schon hat. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann lasse ich über den Überweisungsantrag an den Europaausschuß abstimmen. Wer möchte so befinden? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dies einstimmig überwiesen.
Ich rufe die Drucksache 16/4996 auf: Mitteilung des Senats zur Einführung einer Festbetragsfinanzierung und Steuerungsoptimierung bei der Förderung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen.
[Senatsmitteilung: Einführung einer Festbetragsfinanzierung und Steuerungsoptimierung bei der Förderung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen – Drucksache 16/4996 –]
Diese Drucksache wurde am 2.November 2000 dem Haushaltsausschuß im Vorwege zur Beratung überwiesen. Die GAL-Fraktion hat die Senatsmitteilung dennoch zur Debatte angemeldet.Darüber hinaus beantragt sie, die Drucksache mitberatend an den Sozialausschuß überweisen zu wollen.
Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Die Drucksache wurde bereits an den Haushaltsausschuß überwiesen. Wer möchte sie dann mitberatend an den Sozialausschuß überweisen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses einstimmig beschlossen.
Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 56 auf: Antrag der Gruppe REGENBOGEN zum Beitrag der Hamburger
[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Beitrag der Hamburger öffentlichen Unternehmen zur NS-Zwangsarbeiter/innenentschädigung – Drucksache 16/5046 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie bekannt ist, war die Stadt in Hamburg der größte einzelne Arbeitgeber beim Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern. Der Senat hat dementsprechend für die öffentlichen Unternehmen Zahlungen in Höhe von 10 Millionen DM an die Bundesstiftung zugesagt.
Bedauerlicherweise hat er aber gleichzeitig bekanntgegeben, daß er diese Summe in den Fonds der deutschen Wirtschaft einzuzahlen gedenkt. Die Abmachung im Stiftungsgesetz ist dagegen eindeutig.Die deutsche Privatwirtschaft hat für das Aufbringen von 5 Milliarden DM geradezustehen, und für den Fall, daß dieser Betrag nicht zustande kommt, gibt es die Zusage der Gründungsunternehmen, durch Erhöhung der eigenen Beiträge den fehlenden Betrag zu den vereinbarten 5 Milliarden DM aufzustocken. Ohne diese Zusage wäre das Stiftungsgesetz nicht zustande gekommen. Das heißt, die Auszahlungen an ehemalige NS-Zwangsarbeiterinnen und -Zwangsarbeiter dürften nicht daran scheitern, daß die deutsche Wirtschaft das Geld nicht zusammenbringt.
Seit Monaten ist nun das unsägliche Schauspiel zu beobachten, wie sich der Großteil der Unternehmen vor den Zahlungen drückt, und die Gründungsunternehmen haben natürlich auch keine Lust, vorschnell die zugesagten 5 Milliarden DM zu komplettieren. Die deutsche Wirtschaft läßt deswegen nichts unversucht, um den Anteil der öffentlichen Gelder an der Bundesstiftung zu erhöhen und eigene zu vermindern. Hatte der Senat uns noch auf unsere Kleine Anfrage, Drucksache 16/4556, zugesichert, daß – Zitat –:
„... entsprechend dem für unmittelbare Mehrheitsbeteiligungen des Bundes in Paragraph 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stiftungsgesetzes vorgesehenen Verfahren“
das heißt also nichts anderes, als daß diese Anteile den Bundesanteilen zugerechnet werden sollen –, so begründet der Senat seine neuerliche Entscheidung, nämlich nun doch in den Fonds der deutschen Wirtschaft einzuzahlen, in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage, Drucksache 16/5021, so – Zitat –:
„Der Senat verknüpft damit die Erwartungen, daß die öffentlichen Unternehmen mit diesem bundesweit vorbildlichen Engagement ein Beispiel für die private Wirtschaft geben, der im Stiftungsgesetz übernommenen Verantwortung gerecht zu werden.“
Der Hamburger Senat geht also der deutschen Wirtschaft mit leuchtendem Beispiel voran, indem er die Wirtschaft der Verpflichtung enthebt, für die zugesagten Beiträge aufzukommen? Das ist seitens des Senats keine glaubwürdige Argumentation, es ist – ehrlich gesagt – unverschämt.
Man fragt sich, wie es seitens des Senats zu diesem Positionswechsel kommen konnte. Wenn man die Debatte in ihrer Bandbreite und ihrer geschichtlichen Entwicklung verfolgt hat, wird deutlich, daß die Mehrheit der deutschen Unternehmen nicht daran denkt, sich an Entschädigungszahlungen zu beteiligen. Die Stiftungsinitiative selbst hat es in die Diskussion gebracht, daß die öffentlichen Unternehmen auch in den Fonds der Wirtschaft einzahlen sollen.
Der Deutsche Städtetag empfahl daraufhin, dieses Ansinnen abzulehnen. Daraufhin wendete sich die Stiftungsinitiative der Privatwirtschaft am 14. September mit einem Schreiben direkt an die Aufsichtsräte der kommunalen Wirtschaft, in dem sie diese aufforderte, Entschädigungszahlungen in den Wirtschaftstopf einzubringen.
Am 11. Oktober machte schließlich BDI-Chef Henkel den Vorschlag, das Stiftungsgesetz so zu ändern, daß es die Zahlungen öffentlicher Unternehmen in den Fonds der Wirtschaft ermöglicht.Dieses – wie auch die Forderung, die Telekom, Post und Bahn sollen in den Wirtschaftsfonds einzahlen – wurde einhellig von allen im Bundestag vertretenen Parteien, vom Bundesfinanzministerium und vom Bundeskanzler abgelehnt.
Die Ablehnung erfolgte natürlich auch zu Recht, weil überhaupt nicht einzusehen ist, weshalb die öffentliche Hand auch noch den Wirtschaftsanteil tragen und damit die Kaltschnäuzigkeit der Unternehmen, die sich weigern, einzuzahlen, honorieren soll.
Inzwischen wollen bereits einige öffentliche Unternehmen in Hamburg in den Topf der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft einzahlen. Ob die zugesagten Summen bereits geflossen sind, weiß ich nicht.Unter diesen öffentlichen Unternehmen befinden sich zum Beispiel die Hamburger Hochbahn, die Hamburger Wasserwerke, der LBK, die Hamburger Friedhöfe und der Hamburger Flughafen.
Wir verlangen vom Senat, dafür zu sorgen, daß weitere Zahlungen von Hamburger öffentlichen Unternehmen nicht mehr auf das Konto der deutschen Wirtschaft gehen, sondern als Zustiftung an die Bundesstiftung gezahlt werden, und zwar deshalb, weil der Bund im Zusammenhang mit der Steuerreform die Länder davon entlastet hat, sich am Bundesanteil zu beteiligen. Insofern sind die Kommunen – auch die Stadt Hamburg – über eine Zustiftung in der Lage, für mehr Verteilungsgerechtigkeit bei den Zahlungen an die Opfer von Zwangsarbeit zu sorgen.
Aus genau diesem Grund tritt übrigens auch der Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Deutschen Bundestag, Herr Wolfgang Bosbach, dafür ein, daß die kommunalen Unternehmen ihre Beiträge in Form einer Zustiftung an die Bundesstiftung zahlen, um damit die Gesamtsumme der den Opfern zur Verfügung stehenden Gelder zu erhöhen. Auch der Rat der Stadt Köln hat im September einen Beschluß in Richtung Zustiftung gefaßt.
Es kann unserer Meinung nach nicht sein, daß Hamburg die Drückebergerei der deutschen Wirtschaft mit dem Einsatz weiterer öffentlicher Gelder honoriert.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Anfang zwei Worte der Anerkennung sagen, die sowohl an die betroffenen Unternehmen als auch an diejenigen gehen, die erst vor kurzem gegründet wurden und sich in der letzten Zeit an der Initiative beteiligt haben.