Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der CDU, Sie betreiben hier Verweigerungspolitik und nichts anderes.
Ich möchte mich dem anschließen, was Frau Steffen gesagt hat. Meinem alten Fraktionskollegen Lutz Jobs muß ich widersprechen, wenn er sagt, am Ende werde das Original gewählt, wir würden einen Antrag abliefern, der die Verschärfung der Situation deutlich machen würde. Nein, es ist gelungen, einen ressortübergreifenden Antrag zu formulieren, der letztlich Jugendliche aus der Perspektive der Kriminalisierung ins Gesamtfeld lenkt.
Es geht in der Tat nicht nur um 5 Prozent Jugendliche, es geht um 100 Prozent Jugendliche in dieser Stadt.
Während der zweieinhalb Jahre hat sich die CDU standhaft geweigert, überhaupt mitzuarbeiten, und hat uns ständig sowohl hier im Parlament als auch in der Enquete-Kommission mit den entsprechenden Forderungen nach geschlossenen Heimen genervt. Das war Ihre Politik während der ersten eineinhalb Jahre. Erst dann sind Sie endlich eingeschwenkt und haben in der Tat auch inhaltlich mitgearbeitet. Das muß man einmal deutlich sagen.
Wenn es heißt: Es wird ersucht, es wird gebeten, zu berichten und zu prüfen, dann heißt das nicht, daß das Parlament den Senat aus seiner Pflicht entläßt, sondern wir werden selbstverständlich darauf achten, was in den Berichten steht.
Herr Hesse, normalerweise sitzt die Exekutive dort oben und wir hier sind das Parlament, wir kontrollieren den Senat. Wir geben Anregungen, und der Senat selbst hat bereits die ersten Initiativen ergriffen, frei nach Ihrem Motto: Handeln statt abzuwarten, bis die Enquete-Kommission ihre Arbeit abgeschlossen hat. Es sind bereits Dinge auf den Weg gebracht worden. Die Enquete-Kommission weist darauf hin, daß man letztlich auf viele Dinge aufbauen kann.
Deswegen ist das, was Sie heute abliefern, indem Sie den Eindruck erwecken, als würde hier überhaupt nichts getan, falsch. Frau Steffen hat eben dargestellt, daß durchaus auch Gelder bewegt werden. Es ist doch nicht so, daß überhaupt nichts stattfindet, das auch haushaltswirksam ist. Tun Sie nicht so, als würden wir nur irgendwelche nichtssagenden Berichte abfordern.
Es geht natürlich auch darum, auf delinquentes Verhalten Jugendlicher mit Repressionen zu reagieren. Das ist etwas ganz Normales. Übrigens finden diese normverdeutlichenden Gespräche, die Sie eben angesprochen haben, Herr Hesse, schon längst statt. Bei dieser Sache hat die En
Eine ganz wichtige Erkenntnis der Enquete-Kommission war, daß die Polizei nicht dafür zuständig ist, Strafverfahren einzustellen. Dazu waren wir immerhin mehrheitlich der Auffassung – und das halte ich auch für richtig –, daß dafür nicht die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft zuständig ist und bleiben muß.
Die rotgrüne Politik hat in diesem Bereich viele Facetten. Der Vorspann des Antrags macht es deutlich, es wird auf Sicherheitspartnerschaften, aber auch auf Sicherheitskonferenzen hingewiesen.
Bezüglich der Sicherheitskonferenzen haben wir in der GAL-Fraktion kürzlich eine interessante Anhörung mit über 70 Fachleuten im Publikum veranstaltet, und es ist deutlich geworden, daß es der richtige Ansatz ist, Konflikte möglichst mit den Beteiligten und dort zu lösen, wo sie stattfinden. Wenn man das auf das Problem Jugenddelinquenz bezieht, heißt das, daß man sie – wenn sie willig sind – an den Konfliktlösungen beteiligt. Es gibt keine eindimensionalen Lösungen, wie Sie es uns hier häufig glauben machen wollen.
Wir haben auch ein Thema angesprochen, das mir sehr am Herzen lag, wobei ich aber zugeben muß, daß die Enquete-Kommission da in der Tat keine abschließende Arbeit leisten konnte; da müßte man eine eigene Enquete-Kommission bilden. Das ist das Problem: Wie gehen wir eigentlich mit Drogen- beziehungsweise mit Suchtmittelabhängigkeit bei Jugendlichen um? Die Enquete-Kommission hat aber erkannt, daß das ein sehr großes Problem ist, und fordert den Senat auf, ein entsprechendes Konzept vorzulegen. Denn eines ist klar, viele Dinge, die uns in der öffentlichen Debatte immer wieder beschäftigen, haben natürlich auch damit zu tun, daß Jugendliche drogenabhängig sind. Deswegen können wir bei allen Maßnahmen, die wir einleiten, dieses Problem nicht vergessen. Meine Fraktion erwartet daher – ich denke, bei den Sozialdemokraten wird es nicht anders sein –, daß vom Senat ein schlüssiges Konzept vorgelegt wird. Hier ist Handlungsbedarf mehr als notwendig.
Meine Damen und Herren, ich will dazu weiter nicht mehr viel sagen, die CDU hat es jedoch leider versäumt, ein Konzept vorzulegen.
(Dr. Holger Christier SPD: Nix war das! – Dietrich Wersich CDU: Machen Sie sich doch nicht lächer- lich!)
Herr Wersich, kommen Sie nach vorn, erzählen Sie uns etwas. Sie haben kein Konzept vorgelegt und rügen uns, daß wir eins vorlegen. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen dann zu den Abstimmungen. Wer den Antrag aus der Drucksache 16/5079 an den Jugend- und Sportausschuß überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Dann ist der Überweisungswunsch mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse über den Antrag abstimmen und beginne mit den Petita zu den Punkten I bis VIII. Wer diese annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe.
Die Abstimmung über das abschließende Petitum, die Änderung des Haushaltsplan-Entwurfs 2001, auf den Seiten 8 und 9, wird bis zu den Beratungen über den Haushalt 2001 ausgesetzt.
Wir kommen zum CDU-Antrag aus der Drucksache 16/4930. Wer diesen annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Es gibt keine Enthaltungen. Dann ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt. Im übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 53 auf, Antrag der Gruppe REGENBOGEN zum Thema öffentlicher Zugang zu Entscheidungsgrundlagen der Sozialämter, Drucksache 16/4977.
[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Öffentlicher Zugang zu Entscheidungsgrundlagen der Sozialämter – Drucksache 16/4977 –]
Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Sozialausschuß überweisen. Wer meldet sich zu Wort? – Frau Sudmann, Sie haben es.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir möchten, daß Sozialhilfe und Sozialhilfeleistungen in Hamburg transparenter werden. Ich will versuchen, Ihnen zu erläutern warum, und hoffe, daß Sie uns dann auch zustimmen können.
Die Aufgabe der Sozialhilfe – das dürfte unbestritten sein, zumal es auch im Bundessozialhilfegesetz steht – heißt, sie soll den jeweiligen Hilfeempfängerinnen eine menschenwürdige Teilhabe an dem gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Die Sozialhilfe soll den Bedarf der Hilfeempfängerinnen decken. Die Bedarfsdeckung – ich denke, darin sind wir uns auch alle einig – entspricht bei weitem keinerlei Luxus, ganz im Gegenteil, es wird der notwendigste Bedarf abgedeckt und nicht mehr. Nun kann man natürlich sagen, jeder Mensch weiß doch, was er braucht, jede Hilfeempfängerin weiß es selbst. Die Praxis sieht aber anders aus.
Wenn Hilfeempfängerinnen im Sozialamt Leistungen beantragen, die ihnen abgelehnt werden, werden sie zunächst verunsichert sein und nicht wissen, was ihnen zusteht. Viele Menschen, die Sozialhilfe bekommen, denken immer noch, daß sie nicht mehr beantragen können; sie haben teilweise Scham, weil über die Sozialhilfe immer noch so diskutiert wird, als sei es ein Almosen. Viele Menschen wissen auch gar nicht, was ihnen zusteht. Ich kenne das aus eigener Erfahrung, als ich im Sozialamt gearbeitet habe. Dort habe ich – ich sage es einmal im Verwaltungsdeutsch – langjährige Fälle übernommen, bei denen ich feststellen mußte, daß die Hilfeempfängerinnen und -empfänger beispielsweise jahrelang keine Weihnachtsbeihilfe oder einmalige Hilfen bekommen haben. Sie haben es nicht bekommen, weil sie selbst nichts von ihren Rechten wußten. Deshalb steht im Gesetz, daß es eine Beratungspflicht gibt, und wir meinen daher, daß diese Beratungsund Informationspflicht in Hamburg wesentlich besser wahrgenommen werden muß.
Eine gute Information der Hilfeempfängerinnen und -empfänger sowie der Beratungsstellen ist auch ein Mittel gegen Willkür. Sie mögen nun vielleicht denken, daß es das im Amt nicht gebe. Ich muß aber sagen, daß es das doch gibt. Es gibt teilweise Entscheidungen – aus welchen Gründen auch immer –, bei denen Menschen die Leistungen verweigert werden, die ihnen aber zustehen. Man kann in Hamburg auch immer wieder erfahren, daß es ganz unterschiedliche Bewilligungen gibt; teilweise sind sie schon von Sozialamt zu Sozialamt unterschiedlich. Das eine Amt zahlt 50 DM für eine bestimmte Leistung, das andere Amt zahlt 60 DM. Auch das ist sicherlich kein Beitrag zur Transparenz.
Deshalb fordern wir, daß die aktuellen Fachlichen Weisungen, Globalrichtlinien und andere behördliche Weisungen, daß sämtliche Bestimmungen wie einmalige Beihilfen, Mehrbedarfszuschläge und andere Leistungen, die Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger betreffen, öffentlich zugänglich gemacht werden; das ist für die Hilfeempfängerinnen wichtig. Wir wollen, daß nicht nur die Beratungsstellen diese Unterlagen bekommen, sondern auch die Hilfeempfängerinnen und -empfänger sollen eine tabellarische Übersicht der Leistungen erhalten, die sie beantragen können und die ihnen zustehen. Das deckt, wie ich eingangs bereits sagte, nur den Bedarf ab. So eine Liste hat also nichts mit Luxus zu tun, sondern stellt das dar, was den Menschen nach dem Bundessozialhilfegesetz gegeben werden soll.
Ein weiteres Beispiel – das erschreckend ist – betrifft Kinder, deren Eltern Sozialhilfe beziehen und die, wenn sie zur Schule kommen, oft überhaupt nicht wissen, welche Leistungen die Kinder in Anspruch nehmen können. Da wir seit zwei Wochen offiziell wissen, daß in Hamburg jedes fünfte Kind unter sieben Jahre Sozialhilfe bezieht, finden wir, daß es auch in diesem Fall wichtig ist, den Eltern bei der Einschulung eine Liste über die Leistungen zu geben, die den Kindern zustehen; angefangen bei der Einschulungspauschale über Beihilfen zu Klassenreisen und so weiter.
Das einzige, was bisher veröffentlicht wurde – allerdings auch nur im Internet –, sind die Globalrichtlinien. Dabei handelt es sich um die Richtlinien zu Paragraph 39. Ich bin sicher, daß Sie alle nicht wissen, was in Paragraph 39 steht. Dieser Paragraph beinhaltet die Hilfe zur Pflege, und es sind insbesondere Leistungen für Behinderte. Für den größten Teil der Fälle bei den Sozialhilfeempfängerinnen, nämlich die laufenden und einmaligen Leistungen, gibt es aber bisher keine Globalrichtlinien. Trotzdem wird in Hamburg jeden Tag danach gehandelt, werden Leistungen ausgezahlt.
Wir finden deshalb, daß Sozialhilfeleistungen keine geheime Kommandosache sein dürfen, sondern daß sie transparent und nachvollziehbar für alle Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfänger und für alle Beratungsstellen in Hamburg sein müssen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag von der Gruppe REGENBOGEN läßt bei mir einiges Unverständnis aufkommen. Zunächst wird von der mangelnden Transparenz gesprochen – Frau Sudmann, sie haben es in Ihrer Art dar
gestellt – und werden die Entscheidungen der Sozialdienststellen beklagt. Überhaupt sei ein ausreichender öffentlicher Zugang zu den Entscheidungsgrundlagen der Sozialämter nicht gewährleistet.
Ich frage mich, wie Sie angesichts der Bemühungen aller Beteiligten überhaupt zu diesem Urteil kommen können. Daß die Information über Rechtsgrundlagen von Entscheidungen nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz Pflicht und ein maßgeblicher Grundsatz demokratischer Verwaltung ist, wissen die Mitarbeiter in den Sozialdienststellen genauso wie Sie. Sie haben vorhin ein beredtes Beispiel dafür abgelegt, wie Sie als Sachbearbeiterin in einer Sozialdienststelle gearbeitet haben. Ich gehe davon aus, daß alle Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen in den Sozialdienststellen so handeln wie Sie.
Schließlich hätten auch Sie in Erfahrung bringen können, daß die Behörde zur Zeit die Voraussetzungen dafür schafft, die Rechtsgrundlagen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, als es bisher schon geschehen ist.
Daß das Internet dazu besonders geeignet ist – wie Sie schreiben, in digitaler Form –, ist allerdings auch bei der Sozialbehörde bekannt. Die Globalrichtlinien werden in der Zwischenzeit schrittweise erlassen und ersetzen Zug um Zug – und jetzt hören Sie zu – die alten Fachlichen Weisungen. Die technischen Möglichkeiten, diesen Internetzugang auch für eine breite Öffentlichkeit zu gewährleisten, werden geschaffen. Die Zeit dazu müssen wir den Fachleuten jedoch lassen; denn es ist ja „nicht mal eben“ ins Internet gestellt, ohne daß daran gearbeitet wird.
Um die Bemühungen der Stadt deutlich zu machen und zu Ihrer Information, erhält die Stiftung der Öffentlichen Bücherhallen im nächsten Jahr eine weitere Million DMark, um die Internetkapazitäten in den Bücherhallenstandorten auszubauen. Eine Veröffentlichung im Internet – so lautet jedenfalls Ihre Pressemitteilung vom 27. November 2000 – reicht Ihnen nicht aus, Sie wollen noch die Druckmaschinen anschmeißen. Mein Motto ist: Was der Mensch kann, muß er auch selbst einbringen. Der Gang zur Bücherhalle ist den Leistungsempfängern, die gut zu Fuß sind, und erst recht den Trägern für die Beratungen, aus meiner Sicht, sehr wohl zuzumuten.