Protokoll der Sitzung vom 12.12.2000

Abgesehen davon, daß wir alle Jahre wieder um die Auskömmlichkeit der Mittel rätseln, gab es ein Lehrstück über den Umgang des Senats mit gesetzlich vorgeschriebener Chancengleichheit und Prioritätensetzung. Die defizitäre und katastrophale Lage des LEB ist seit langem kein Geheimnis. Nach dem Willen des Senats sollte das Unternehmen durch einen Wechsel in der Geschäftsführung Aufschwung erhalten und die Motivation der Mitarbeiter gestärkt werden. Die Übernahme der Leitung durch einen Mitarbeiter aus dem Amt für Jugend sei:

„... ein Beitrag zur Realisierung der Optimierungsprozesse und zur Entwicklung von Angeboten des LEB, die eine Steigerung der Nachfrage bewirken.“

Wer hatte eigentlich die Aufsicht über den LEB? Die Mitglieder sollen sich wahnsinnig über den neuen Chef gefreut haben, besonders die, die umgehend in die Bezirke abgeordnet wurden.

Bei der erhofften Steigerung der Nachfrage verließ man sich aber keineswegs auf das akquirierende Lächeln des neuen Chefs. In den Bezirken gab es vielmehr eindeutige, zum Teil sogar „fahrlässigerweise“ schriftliche Anweisungen, den LEB bei der Vergabe eindeutig zu bevorzugen. Wen scheren schon gesetzliche Bestimmungen, die eine vorrangige Inanspruchnahme Freier Träger vorschreiben? Aber damit nicht genug. Dem LEB werden im vorliegenden Haushaltsplan noch mindestens 2 Millionen DM „Genesungsgeld“ gewährt, damit das Lächeln des neuen Chefs und der politisch Verantwortlichen erhalten bleibt. Viele Freie Träger würden bei wesentlich geringeren Summen schon in Jubel ausbrechen. Hier muß der Steuerzahler wieder einmal für politische und Managementfehler des Senats aufkommen, zu Lasten vieler junger Menschen in unserer Stadt.

Ein Wort noch zu den vorliegenden Anträgen. Wie gut die CDU-Anträge sind, erleben wir immer wieder, wenn diese

trotz spontaner Ablehnung später wieder in einem anderen Gewand auftauchen. Sie können sich die Mühe und Arbeit des Umschreibens ersparen, wenn Sie gleich heute zustimmen. Mal sehen, ob Sie den Mut dazu finden. Wir lehnen nicht grundsätzlich alle Ihre Anträge ab. Den im Schnittstellenantrag enthaltenen Hinweis an den Senat, endlich die ihm von der Bürgerschaft auferlegten Hausaufgaben zu machen, können wir voll unterstützen. Wir haben dem Anliegen auch vorher schon inhaltlich zugestimmt.

Ihrem Kita-Card-Antrag, in dem der Senat aufgefordert wird, erneut zu berichten, wie er sich das alles vorstellt, kann man hingegen beim besten Willen nicht zustimmen. Weniger wegen der lyrischen Beschreibung der Anlaufphase oder des Eigenlobs oder der Entschuldigungsversuche, sondern weil er einfach zu dünn ist und nicht auf notwendige Fortschritte abzielt.

Mit der Drucksache zum Thema Elternbeiträge soll ein bißchen Statistik abgefragt werden. Das könnte man auch mit einer Kleinen Anfrage. Weiter wollten Sie wissen, ob die demographische Entwicklung von Dezember bis März Auswirkungen auf die Ressourcen hat. Die Frage macht nur Sinn, wenn sich vorher keiner um dieses Feld gekümmert hat. Und dann sind Sie noch neugierig, ob die 100 000 DM teure ISKA-Studie recht hat. Sie wird im März Thema im Ausschuß sein. Ich bin gespannt, ob Sie diesem Antrag wirklich zustimmen werden.

Die REGENBOGEN-Anträge sind typische Anträge, die man stellt, wenn man sicher sein kann, sie nicht selbst umsetzen zu müssen.

(Beifall bei der CDU)

Sie enthalten kleine Wahrheiten, nicht ungeschickt, Frau Sudmann, aber die Finanzierungsvorstellungen zeugen nicht von einer Gesamtverantwortung für unsere Stadt. Sie sind einfach nicht seriös.

Gerade weil wir nicht das Geld haben, auf Kosten nachfolgender Generationen zu leben, müssen wir sorgfältig darauf achten, Programme für Wachstum und Beschäftigung in unserer Stadt nicht durch falschen Mittelabzug zu gefährden. Wir alle stehen in der Verantwortung für die Jugend, und das nicht nur bis zu den nächsten Wahlen, meine Damen und Herren.

Diesen Haushalt lehnen wir ab, weil er kein Garant ist für das, was Kinder und Jugendliche in dieser Stadt erwarten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Rogalski-Beeck.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Das war sie wieder, Herrn Harlinghausens Märchenstunde kurz vor Weihnachten.

(Beifall bei der SPD – Rolf Harlinghausen CDU: Ich habe Ihr Redekonzept schon hier!)

Tatsache ist, entgegen allen Schwarzmalereien der CDU im allgemeinen und Herrn Harlinghausen im besonderen

(Rolf Harlinghausen CDU: Das ist eine Diffamie- rung des Oppositionsredners!)

ist es auch im Millenniumsjahr im Kinder- und Jugendbereich nicht zum Kollaps gekommen. Auch im Jahre 2001

(Rolf Harlinghausen CDU)

werden die negativen Voraussagen der CDU nicht eintreten. Aber solche Erfahrungen muß man machen, wenn man der mit Augenmaß und Konsequenz durchgeführten Regierungspolitik nichts Konstruktives entgegenzusetzen hat.

Sie, Herr Harlinghausen, haben das Regierungsprogramm kritisch unter die Lupe genommen. Das gehört zu Ihrer Aufgabe als Oppositionspolitiker.

(Dr. Roland Salchow CDU: Gut, daß Sie das sagen, das hätten wir nicht gewußt!)

Es bei der Kritik bewenden zu lassen, ist aber etwas zu wenig. Meiner Aufforderung anläßlich der letzten Haushaltsberatung, konstruktiv mitzuarbeiten und mitzugestalten, haben Sie sich wieder einmal entzogen. Das, was ich zum Haushalt 2001 und von Ihnen gehört habe, läßt mich nicht hoffen, daß Sie willens und in der Lage sind, meiner nochmaligen Aufforderung nachzukommen.

Der vorliegende Haushaltsentwurf ist eine gute Grundlage für die Fortführung der soliden und richtungweisenden Kinder- und Jugendpolitik in Hamburg.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Applaus!)

Herr Harlinghausen, auch Sie sollten einmal zuhören. Auch Sie könnten noch etwas lernen, was Sie vielleicht im nächsten Jahr konstruktiv einbringen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Im kommenden Haushaltsjahr stehen rund 253 Millionen für die unterschiedlichen Hilfeformen im Bereich der Hilfen und Erziehung zur Verfügung. Damit ist gesichert, daß Kinder und Jugendliche in Hamburg die individuelle Hilfe, die ihnen nach dem KJHG zusteht, auch bekommen.

Befürchtungen der Opposition, wegen der Steuerungsmaßnahmen der Regierungsfraktionen müßten die Hilfen für Kinder und Jugendliche eingeschränkt werden, trafen für dieses Jahr nicht zu und werden auch im nächsten Jahr nicht zutreffen. Die Kontingentvereinbarung mit den Trägern der Hilfen zur Erziehung hat sich als sinnvoll und richtig erwiesen.

Das verbesserte Controlling in den Bezirken zeigt erste Erfolge. Ganz sicher trägt auch die sogenannte Bonusregelung dazu bei, indem 50 Prozent der ersteuerten Beiträge im Bezirk verbleiben. Durch die Neuregelung, daß bis zu 40 Prozent für den Ausgleich von Personalkonsolidierung im Allgemeinen Sozialen Dienst eingesetzt werden dürfen, erhoffen wir uns eine noch zielgenauere Einsetzung der vorhandenen Mittel.

Wir werden die Entwicklung weiter beobachten und erwarten vom Senat weiterhin eine regelmäßige und umfassende Berichterstattung, um gegebenenfalls rechtzeitig lenkend eingreifen zu können.

Für die Kindertagesbetreuung werden im kommenden Jahr 587 Millionen DM zur Verfügung stehen. Mit einem Betreuungsangebot für 67 600 Kindern im Alter bis zu zwölf Jahren nimmt Hamburg damit einen deutlichen Spitzenplatz in Deutschland ein.

(Beifall bei der SPD)

Im letzten Monat hat die Jugendsenatorin, Frau Pape, erklärt, daß die Einführung der Kita-Card erst im Jahre 2003 erfolgen solle. Das ist einerseits sehr bedauerlich, wir sehen andererseits aber auch, daß der ursprüngliche Zeitplan nicht einzuhalten ist. Hier gilt ganz eindeutig: Gründ

lichkeit geht vor Schnelligkeit. Die Regierungsfraktionen halten genau wie die Träger und Verbände an der Absicht fest, von einem Angebotssystem auf ein nachfrageorientiertes System umzusteuern. In zahlreichen Gesprächen mit Eltern und Mitarbeitern vor Ort in den Kitas hat die SPD-Fraktion erfahren, daß sie mit dieser Zielsetzung richtig liegt.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Da haben Sie nicht richtig zugehört!)

Nach anfänglicher Skepsis herrscht jetzt deutlich der Aufbruchgedanke vor.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja? Wo denn?)

Für die Umstellung muß es jedoch ein klares Verfahren und einen präzisen Zeitplan geben. Der Erfolg dieser Reform hängt maßgeblich davon ab, wie sorgfältig die Systemumstellung vorbereitet wird. Deswegen fordern wir den Senat auf, der Bürgerschaft einen weiteren Zwischenbericht zu geben.

Leider weiß die CDU auch bei der Kita-Card wieder nicht so richtig, was sie will. Die Bürgerschaftsfraktion sagt, sie sei für die Kita-Card.

In den Bezirken mäkelt sie daran herum und möchte sie vielleicht doch nicht; mal hü, mal hott. Das kennzeichnet die Politik der CDU. Das ist nicht verantwortlich, sondern unverantwortlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei Sonja Deuter GAL)

Das zentrale Thema für das nächste Jahr wird die Umsetzung des von uns eingebrachten Antrags zu den Ergebnissen der Enquete-Kommission sein. In der letzten Bürgerschaftssitzung haben wir darüber schon ausführlich debattiert. Darum nenne ich jetzt nur noch einmal in aller Kürze die Schwerpunkte.

Erstens: Eine schnelle und konsequente Reaktion auf delinquentes Verhalten Jugendlicher durch Stärkung und Ausbau des Antiraubkonzepts.

Zweitens: Eine weitere Verkürzung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren.

Drittens: Gegen die sogenannten Intensivtäter soll spätestens drei Monate nach der Tat Anklage erhoben werden.

Viertens: Der Täter-Opfer-Ausgleich soll weiter ausgebaut werden.