Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

(Hartmut Engels CDU: Das tun die Schulen doch gar nicht!)

Ich weiß ja nicht, wo Sie unterrichten! Jetzt kommen die Experten aus der CDU, die alle schon mal in der Schule gewesen sind.

(Karen Koop CDU: Wie lange sind Sie schon raus?)

Ich bin jede Woche mindestens in fünf Schulen. In Grundschulen,

(Michael Fuchs CDU: In der Pause!)

und ich sage Ihnen, daß es anders ist als in der Welt, die Sie darstellen wollen.

Es gibt in Hamburg eine sehr große Anzahl von Schulen, in denen es Kinder von der Grundschule an gelernt haben, mit Computern umzugehen. Ich finde es geradezu richtig und prächtig, wenn auch aus dieser Großen Anfrage hervorgeht, daß Hamburg eine große Offensive schafft, um weiter dazu beizutragen, daß die Lehrerinnen und Lehrer in den Stand gesetzt werden, mit neuen Medien umzugehen. Herr Engels, das werden Sie auch noch lernen, wenn Sie an dieser Fortbildung teilnehmen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Man muß es sich einmal vorstellen, daß innerhalb von drei Jahren mehr als 10 000 Hamburger Lehrkräfte in einem vierzigstündigen systematischen Kursangebot in der Nutzung der neuen Medien im Unterricht qualifiziert werden. Das ist schon was.

(Lutz Kretschmann SPD: Sie auch, Herr Engels!)

Gut, es gibt mehr als 10 000 Lehrer, da werden Sie vielleicht nicht dabei sein.

Es werden Fachberater als Multiplikatoren qualifiziert, am Studienseminar wird es zur Grundausbildung gehören, so daß jeder Referendar gründlich am Laptop ausgebildet und damit ausgerüstet wird und alle mit neuen Medien im Unterricht umgehen können. Ich denke, daß das ein ehrgeiziges Programm ist, das die Unterstützung dieses Parlaments verdient und nicht durch solche albernen Argumente zur Seite gewischt werden kann.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zur späten Stunde bin ich gern bereit – und das Parlament ist immer für jede Schelte und Anekdote über Lehrer dankbar, die nichts taugen, blöd oder unqualifiziert sind und so weiter –, dem Kollegen Marx eins noch zu sagen: Ich glaube nicht, daß es stimmt, daß die Hamburger Lehrerschaft resistent dagegen ist, mit Computern umzugehen und sich auf einen neuen Stand zu bringen. Meine Beobachtung ist – ehrlich gesagt – eine andere. Ich wünschte mir manchmal, daß die Hamburger Lehrerschaft für andere Themen genauso interessierbar ist wie für den Umgang mit Computern, denn ich glaube, daß die Motivation häufig daraus entsteht, daß man mit dem Computer auch privat

(Hartmut Engels CDU)

umgehen kann und er nicht nur für berufliche Zwecke dienlich ist.

Aber ich glaube, der Bildungsunwille bei der Lehrerschaft bei diesem Thema ist eine Mär. Ich glaube, daß das Qualifizierungsprogramm greifen wird, weil die Bereitschaft und die Einsicht der Kollegen vorhanden ist, daß man mit diesen Dingern umgehen muß und es kläglich ist, wenn man sich von kleinen Kindern erklären lassen muß, was mit so einer Maschine alles geht. Da gibt es eine gewisse Schamschwelle, über die Lehrer in Hamburg springen.

(Zuruf von Dr. Bettina Kähler)

Kollegin Kähler zweifelt daran, sie kennt die anderen 2500 Lehrer.

Lassen Sie mich noch eins dazu sagen. Es ist ein Irrtum, zu glauben, daß Medienerziehung reine Technikschulung ist. Natürlich geht es darum, mit dem Computer umzugehen, aber Schule muß auch noch auf etwas ganz anderes vorbereiten.

(Dr. Holger Christier: Auf das Leben!)

Schule muß darauf vorbereiten, welche sozialen Veränderungen der Einsatz von Computern mit sich bringt.

Wir lesen gerade von der Flexibilisierung in Arbeits- und Lebensbedingungen durch Computer, die Möglichkeiten, den Computer sogar für Heimarbeit bei Behördenangestellten und Beamten einzusetzen. Auf diese Situation muß vorbereitet werden, denn die Vorteile, die die Flexibilisierung bringt, ergeben auch die Nachteile durch die soziale Isolation, die damit verbunden ist. Auch hier hat die Schule eine wichtige Funktion.

Ich merke, daß an einem langen Tag die Bereitschaft, auch einem interessanten und guten Vortrag zuzuhören, ein wenig abschlafft.

(Heiterkeit bei der GAL und der SPD)

Darum will ich es verkürzen und noch auf drei Punkte eingehen. Vielleicht auch nur zwei, Kollege Christier, mal sehen, wie Sie aufpassen.

(Dr. Holger Christier SPD: Bei zwei paß ich auf!)

Ein Hinweis ist notwendig. Wir haben im letzten Monat gerade die Haushaltsberatungen gehabt, und ich denke, daß uns allen klar sein muß, wenn wir begrüßen, daß die neuen Medien flächendeckend in den Bildungsbereich Einzug halten, welche ungeheuren finanziellen Anstrengungen damit verbunden sind. Es sind zum Teil keine einmaligen Investitionen. Es werden Computer zur Verfügung gestellt, und dabei sind Softwareentwicklung, Wartung und Betreuung wichtige Punkte.

(Hartmut Engels CDU: Abschreibung!)

Wir haben im Haushalt der Wissenschaftsbehörde gesehen, welche enormen Anstrengungen dort zu verbuchen sind. Es gibt eine Steigerung von 5,3 Millionen DM im Jahr 2000 auf 8,8 Millionen DM im Jahr 2004, und wir werden es in den nächsten Jahren ausweiten müssen. Wenn wir auf der einen Seite begrüßen, daß dort neue Medien angeschafft und angewandt werden, muß uns klar sein, daß wir dafür auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen müssen.

Ein weiterer Punkt ist die Frage, die von der SPD an den Senat gestellt wird, warum eigentlich so wenig Schülerinnen in Leistungskursen das wichtige Fach Informatik belegen. Dafür gibt es eigentlich keine Erklärung. Es ist ein

wichtiges und zukunftsfähiges Fach, zu dem die Schülerinnen und Schüler nur so hinströmen müßten.

Ich will Ihnen eine Erklärung dafür nennen: Schüler entscheiden sich bei Fächern, die sie freiwillig belegen können, natürlich auch danach, welches zu erzielende Ergebnis sie zu erwarten haben. In der gymnasialen Oberstufe, wo am Ende das Abitur steht und wo es dann Notenberechnungen gibt, entscheiden sich viele Schülerinnen und Schüler für die Fächer, bei denen sie davon ausgehen können, daß sie eine sehr gute Note kriegen können. Das haben Sie als Eltern vielleicht selbst feststellen können. Meine Tochter entscheidet sich gegen Informatik und für Musik, obwohl sie zwei Instrumente spielt und weiß, daß sie eine Eins kriegen wird und dabei nicht viel lernen kann. Genau das ist der Grund dafür, und ich denke, daß wird man ein bißchen berücksichtigen müssen. Auch hier muß sich etwas weiterentwickeln. Wenn die Noten so im Vordergrund stehen, haben die notwendigen und sinnvollen Fächer Schwierigkeiten, tatsächlich an die Schülerinnen und Schüler zu gelangen.

Abschließend meine ich, daß es beim eigentlichen Thema zur Kooperation Schule und Hochschule in der Tat Optimierungsmöglichkeiten gibt. Ich würde mir wünschen, daß mehr Hochschulen auf Leistungskurse in Oberstufen zugehen und diesen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, schon vor Eintritt in die Hochschulen festzustellen und kennenzulernen, was dort angeboten wird; dann wird es auch mehr Studierende geben, die sich für diese Fächer entscheiden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Frau Senatorin Pape.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch zu später Stunde möchte ich doch die Gelegenheit nicht auslassen – anläßlich dieser Debatte, die Sie angemeldet haben –,

(Barbara Duden SPD: Tja, hätten wir gewußt, wie spät es ist!)

zwei wesentliche Feststellungen zu unterstreichen.

Erstens: Wir sind in Hamburg bundesweit führend hinsichtlich der flächendeckenden Einführung der neuen Medien an Schulen.

(Beifall bei der SPD – Dr. Roland Salchow CDU: Vorreiter heißt das!)

Das ist einem Kraftakt zu verdanken, und wir sind bei dem Programm, das aufgelegt worden ist, erst auf der Halbzeit; es geht bis zum Jahr 2003 weiter.

Zweitens: Lernen mit neuen Medien stellt den gesamten Bildungssektor von der Grundschule bis zur Hochschule, vom Schulunterricht bis zur Lehrerfortbildung vor umfassende Aufgaben. Diesen stellen wir uns mit Nachdruck und dem Ziel einer nachhaltigen Weiterentwicklung.

Meine Damen und Herren, wichtig ist immer, daß man bei solchen Prozessen die Menschen mitnimmt, daß man sie nicht übergeht. Neue Technik und Know-how sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

Das oberste Gebot bleibt dabei, den Einsatz neuer Medien im Lernprozeß zu befördern. Schülerinnen und Schüler sollen Medienkompetenz erwerben. Sie müssen lernen, eigenständig zwischen sinnvollem und unnützem Me

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

dieneinsatz und zwischen Datenmüll und wichtigen Informationen zu unterscheiden.

(Barbara Duden SPD: Das geht uns auch so!)

Herr Engels, mit der vierten Kulturtechnik hat der Bürgermeister nicht gemeint, daß man sie alternativ einführen sollte und die anderen drei weglassen, ganz im Gegenteil.