Herr Zamory hat die Gelatine angesprochen. Heutzutage kann man schon Gelatine aus Kartoffelstärke machen; auch das müßte umgesetzt werden. Produkte, die Gelatine aus Tiermaterialien enthalten, müßten entsprechend gekennzeichnet werden.
Die Zusammenarbeit der verschiedenen Stellen – Länder, Bund und Europa – muß optimiert werden. Das Beispiel BSE zeigt doch gerade, wie schlecht die Zusammenarbeit in der Europäischen Gemeinschaft ist. Denken wir daran, daß Jahr für Jahr 1500 Tonnen Antibiotika legal in der Tierzucht verbraucht werden. Manche Keime, wie die Salmonellen, sind jetzt schon resistent. In Deutschland sterben jedes Jahr 200 Menschen an Salmonellenerkrankungen,
weil die Keime resistent sind. Wir müssen intensiv über ein Verbot von Antibiotika in der Tiermast diskutieren. Auf jeden Fall brauchen wir eine klare Deklarierung der Lebensmittel.
315 000 Tonnen Pflanzenschutzmittel werden Jahr für Jahr versprüht. Schwermetalle aus Dünger und Klärschlamm werden auf die Nahrungsmittel verbracht. Ein Verbot der Klärschlammaufbringung muß auch diskutiert werden. In jeder Krise steckt die Möglichkeit für einen Neuanfang. Nutzen wir diese Möglichkeit jetzt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dem Antrag der GAL-Fraktion zur Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung kann man im Prinzip nur zustimmen. Aber warum soll ein so umständliches Verfahren gewählt werden? Würden wir diesen Antrag heute überweisen, könnte in der nächsten Woche eine Ausschußsitzung stattfinden, die sich mit diesem Thema befaßt, und es könnte noch im Februar eine Expertenanhörung stattfinden. Sie wollen dem Senat bis Ende März Zeit geben, wir sind dafür, schneller zu handeln.
Zu Ihrem zweiten Antrag: Wir haben in Deutschland zu lange geglaubt, auf einer BSE-freien Insel zu leben. Dieses hat sich insbesondere auch in unserem Gesundheits- und Verbraucherschutz niedergeschlagen; es fanden nämlich keine besonderen Maßnahmen statt. Das trifft die alte Bundesregierung aus CDU, CSU und F.D.P. genauso wie die jetzige Bundesregierung. Ich möchte nur ins Gedächtnis rufen, daß es die jetzige Bundesregierung war, die 1999 gegen den Widerstand einiger Bundesländer durchgedrückt hat, daß wieder britisches Rindfleisch nach Deutschland importiert werden darf.
Wenn wir vorhin von Frau Senatorin Roth gehört haben, was in Hamburg alles getan wird, dann muß ich sagen, daß man in Hamburg wenig getan hat, bevor die Krise ausbrach. Die Falschdeklaration von Lebensmitteln war schon vor der BSE-Krise nicht erlaubt. Aber offenbar hat man erst jetzt mit Kontrollen begonnen, sonst hätte man sofort gewußt, wo die zweifelhaften Kameraden sitzen, und hätte mit den Kontrollen wahrscheinlich sehr viel schneller Erfolge erzielen können.
Die Lage stellt sich nun so dar, daß auf der einen Seite die Verbraucher zu Recht und auf der anderen Seite auch die Erzeuger von Lebensmitteln völlig verunsichert sind. Herr Dose hat vorhin darauf hingewiesen, wie es auch in ordentlich geführten landwirtschaftlichen Betrieben zugeht. Die Konsequenz daraus kann eigentlich nur lauten, dieses Thema mit soviel Sachverstand wie nur irgend möglich anzugehen, das heißt, eine unabhängige öffentliche Behörde zu schaffen, die sich der Themen Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung – Herstellung, Erzeugung und Vermarktung – annimmt. Wir brauchen ein Qualitätsmanagement, und da müssen wir alle beteiligten Seiten an einen Tisch bekommen, nicht nur die Landwirte, sondern auch die Futtermittelhersteller, die Lebensmittelhersteller, die Behörden, die Veterinäre und auch die Lebensmittelkontrolleure, und vergessen wir bitte nicht den Handel dabei. Wir wissen, daß in Deutschland 90 Prozent des Lebensmittelhandels von fünf großen Ketten kontrolliert werden. Solange diese fünf großen Ketten bei ein- und derselben Preispolitik bleiben, die heißt, der Preis muß möglichst
niedrig sein, so lange haben unsere Landwirte nur ganz geringe Spielräume, eine qualitativ hochwertige Erzeugung vorzunehmen, die dann eben auch ihren Preis hat. Bisher war es lange so, daß der Preis das einzige Kriterium war, und jetzt muß eben Qualität und Herstellung mehr Gewicht bekommen.
Es hätte mich wirklich gefreut, wenn dieser Senat in den vergangenen Wochen gesagt hätte, wir sind dabei, in Hamburg etwas zu entwickeln, wir geben den Startschuß zu einer bundesweiten Initiative, denn es wird wenig Sinn haben, jetzt ein Hamburger Qualitätssiegel, ein niedersächsisches Qualitätssiegel und so weiter zu entwickeln. Wir brauchen schon bundesweit einheitliche Kriterien.
Aber wenn wir uns tatsächlich strengeren Regeln unterwerfen, dann stellt sich auch die Frage – da ist mir der zweite GAL-Antrag zu unklar –, was eigentlich mit den Billigimporten ist. Die Situation ist doch heute schlicht und ergreifend die: Sie können in Deutschland ganz legal Fischmehl herstellen. Sie können das Fischmehl ganz legal exportieren, meinetwegen in die Niederlande. In den Niederlanden ist die Verfütterung von Fischmehl an Schweine völlig legal. Der Import von Schweinen aus den Niederlanden nach Deutschland ist völlig legal. Da ist Ihr Antrag einfach nicht konkret genug. Wollen Sie eine solche Verzerrung von Wettbewerbsbedingungen hinnehmen, oder wollen Sie das nicht? Wir wollen gleiche Wettbewerbsbedingungen, und solange die nicht europaweit herstellbar sind, müssen auf nationaler Ebene die nötigen Schritte ergriffen werden. Wir haben eine ganze Reihe von Punkten in unserem Antrag aufgeschrieben, mit denen wir den Senat auffordern, den Bund anzuschieben.
Wir werden – Frau Möller, Sie haben vorhin einige sehr bedenkenswerte Worte gesagt – zu einem Umdenken in der Agrarpolitik kommen und die Rahmenbedingungen ändern müssen. Sie haben zwar die Rahmenbedingungen wunderbar im Betreff Ihres Antrags aufgeführt, aber nachher finde ich dazu verdammt wenig, und das geht an der Sache vorbei. Zu den Rahmenbedingungen gehört, daß wir darauf hinarbeiten, daß europaweit die Förderung umgestellt wird, daß die Leistungen der Landwirtschaft für standortangepaßtes Wirtschaften, für ressourcenschonendes Wirtschaften, für artgerechte Tierhaltung
stärker belohnt werden, als dies gegenwärtig der Fall ist, denn das gegenwärtige Fördersystem der EU sieht nur auf Preis und Menge.
Ich möchte daran erinnern, daß es noch gar nicht lange her ist, daß der jetzige Bundeskanzler der Landwirtschaft gesagt hat, liebe Leute, richtet euch darauf ein, daß jetzt alles dereguliert wird, werdet bitte schön weltmarktfähig. Von diesem Pferd müssen wir den Bundeskanzler wieder herunterbringen.
Auch in Hamburg – das sind die letzten Punkte unseres Antrags und die letzten Punkte meiner Rede – wäre manches möglich, was der Senat tun könnte. In Baden-Württemberg übernimmt das Land, bis eine bundeseinheitliche Regelung oder eine EU-Regelung getroffen ist, die Kosten für die BSE-Tests. In Sachsen wurden sämtliche nicht mehr zugelassenen Futtermittel von den Betrieben eingesammelt. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, in welche Versuchung ein Landwirt geführt wird, der heute nicht imstande ist, seine Rinder zu verkaufen, weil er sie auf dem Markt nicht los wird, und der nicht mehr zugelassene Futtermittel auf Lager hat. Ich möchte gerne, daß wir hier jedes Ri
siko ausschalten, und hoffe, daß es dann gelingt, in Hamburg die Lage weiterhin unter Kontrolle zu haben, und uns BSE-Fälle erspart bleiben; aber sicher sein können wir nicht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte nur drei Sätze zu Herrn Reinert sagen. Manchmal ist weniger doch mehr, und der Betreff unseres Antrags, wie Sie so schön gesagt haben, hat schon versucht, die einzelnen Problempunkte darzustellen, also einerseits die Massentierhaltung, andererseits aber auch die Regularien zur Überprüfung des Futters, der Produkte und der Bestandteile von Nahrungsmitteln insgesamt. Wir haben uns im Antrag selbst dann auf den letzteren Teil konzentriert; es wird auch nicht der letzte Antrag zu diesem Thema sein.
Ihren Antrag überweisen wir, und für unseren bitten wir um Zustimmung, und dann treffen wir uns bei den nächsten Anträgen zu BSE wieder hier. – Vielen Dank.
Dann lasse ich zunächst über den Überweisungsantrag zur Drucksache 16/5435 abstimmen. Wer möchte die Drucksache an den Gesundheitsausschuß überweisen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Überweisung ist mehrheitlich abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich nur nach dem richten, wie Sie die Arme gehoben haben, und die Mehrheit hat die Arme bei Nichtüberweisung gehoben.
Ich bin bezüglich der Anlage hier sehr zurückhaltend und lasse deshalb noch einmal über den Überweisungsantrag zur Drucksache 16/5435 abstimmen, wenn das nicht zu verstehen war.
Wer möchte so beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Überweisungsantrag abgelehnt, wie eben bereits festgestellt, als die Lautsprecheranlage schlechter funktionierte.
Wer möchte sodann die Drucksache 16/5437 an den Gesundheitsausschuß überweisen? – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dieser Antrag ist an den Gesundheitsausschuß überwiesen.
Wer möchte sodann den CDU-Antrag, Drucksache 16/5481, an den Gesundheitsausschuß überweisen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dieses ist einstimmig so überwiesen.
Ich lasse nunmehr über den Antrag 16/5435 in der Sache abstimmen. Wer möchte dem seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.
Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 13 auf, Drucksache 16/5199: Große Anfrage der CDU-Fraktion zur Abwanderung ins Umland.
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Hamburg entstehen große Probleme durch die Abwanderung von Bürgern in das Umland. Dies ist seit Jahren so und verstärkt sich immer mehr. Man rechnet damit, daß pro Person ungefähr 6000 DM Kosten entstehen, da bekanntlich die Menschen, die im Umland wohnen, dort ihre Steuern zahlen, während sie in Hamburg arbeiten.
Dieses Problem wurde auch in einer Studie eindrucksvoll bestätigt, die von der Stadtentwicklungsbehörde herausgegeben wurde. Danach hat sich die Quote der Abwanderung um 50 Prozent von 6300 auf ungefähr 9400 Personen per saldo erhöht. Wenn wir weiter rechnen, gehen Hamburg per saldo jährlich 54 Millionen DM verloren, weil die Steuern im Umland bezahlt werden. Dieses strukturelle Defizit ist doch ganz erheblich, und dagegen muß eingeschritten werden.
Es ist aber nicht nur so, daß Steuerverluste entstehen. Die finanziellen Verluste sind noch größer, denn die Bürger wohnen im Umland, fahren aber zur Arbeit nach Hamburg und nutzen die Infrastruktureinrichtungen. Das heißt, Hamburg verliert Steuergeld, zahlt aber Steuergeld, um die Straßen zu reparieren und andere Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.
Auch ökologisch ist es nicht besonders begrüßenswert, denn wenn ich irgendwo in Tangstedt wohne, habe ich wenig Chancen, mit der U-Bahn in die Stadt zu fahren.
Diese Art der Stadtplanung fördert auch ökologisch nur umweltunverträgliche Dinge, die nicht im Sinne der Stadt liegen.
Letztendlich ist es auch soziologisch ein Problem, denn die Abwanderer bestehen überwiegend aus jüngeren Familien mit mittlerem und höherem Einkommen, und das ist die Basis, die eine Stadt braucht, um andere Gruppen aufzufangen.