Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Sodann erhält das Wort Senator Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Schulz, als Sie begonnen haben, fand ich es richtig überraschend. Sie haben die Argumentation gegen die Zersiedlung der Fläche so vorgetragen, wie ich sie auch immer gerne vortrage: Ökologische Probleme, soziale Probleme, Verkehrsprobleme, Flächenprobleme. Ich dachte, Mensch, da ist jemand neu missioniert worden für die Ökosteuer

(Beifall bei Andrea Franken GAL)

und hat begriffen, daß man viele Mittel anwenden muß, um das Zersiedlungstempo zu begrenzen. Aber wenn ich die CDU richtig verstehe: Dieses Mittel darf es gerade nicht sein, obwohl es doch auch wirken würde.

Ich muß zugeben, daß mich die Abwanderung, insbesondere in den Bereich der Nordheide, mit einiger Sorge erfüllt, und natürlich wird diese Abwanderung durch die bessere Verkehrserschließung, die mit dem vierten Elbtunnel bevorsteht, noch zunehmen. Auch über solche Dinge müßte man einmal reden, ob man das eigentlich will.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Die A 26!)

Daß Sie nun sagen, es gäbe so etwas wie einen ideologischen Affekt gegen das Eigentum, ist eine völlig unglaubhafte Begründung. Die Regierung in Berlin überlegt sich gerade, ob sie in das neue Rentenkonzept auch den Erwerb von Wohneigentum als Alterssicherung einbindet, weil alle wissen, daß die bisherigen Formen der Alterssicherung nicht mehr alleine tragen werden, sondern daß Vermögensbildungen nötig sind. Wie kommen Sie dann auf die verrückte Idee zu sagen: Aber ihr wollt keine Eigentumsbildung? Die Regierung in Berlin tritt geradezu unter Schwierigkeiten dafür ein, daß eine neue Vermögensbildungswelle angeregt wird, um Alterssicherung zu betreiben, und Sie haben plötzlich die Idee, die wollen kein Eigentum. Das kann doch irgendwie nicht zusammenpassen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn Sie aber sagen, daß die Bildung von Wohneigentum in Hamburg nicht gleich nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen worden ist, dann haben Sie wahrscheinlich recht. In einer so zerstörten Stadt, wie Hamburg es war,

(Dr. Stefan Schulz CDU: Seit 1970!)

mußte dieser Wiederaufbau zunächst mit großem kollektiven Kapital und dem staatlichen Einsatz im Bereich des sozialen Wohnungsbaus in Gang gesetzt werden. Anders konnte das mit einigem Tempo nicht passieren. Das ist übrigens schon nach dem Ersten Weltkrieg so passiert. Das ist nicht zufällig, daß der Städtebau, den wir heute als gründerzeitlichen lieben und der vor dem Ersten Weltkrieg im wesentlichen von Eigentümern mittlerer Größe gemacht

worden ist, nachher nicht mehr weitergehen konnte, weil diese Eigentümer nicht mehr da waren. Die waren durch Krieg und Inflation enteignet, und es ging auf diesem Wege nicht mehr weiter. Es ist dann in gesellschaftlichen Formen gebaut worden durch große Investoren, Genossenschaften oder durch die Stadt.

Gegenwärtig wird die Gesellschaft aber wieder ein Stück differenzierter und wohlhabender und kann sich kleinere Eigentumsformen leichter leisten. Wir haben es richtig zum Programm gemacht zu sagen, ja, das soll überall dort, wo es möglich ist, auch möglich werden. Sogar in der Veränderung der Förderungsbedingungen hat der Bausenator vorgeschlagen, den sozialen Wohnungsbau dahin gehend umzustellen, daß die Eigentumsmaßnahmen stärker gefördert werden.

Aber das Hauptproblem einer Stadt wie Hamburg ist doch nicht, die Förderungsbedingungen für Eigentumsmaßnahmen zu schaffen, sondern unser Problem sind Flächen. Unser Problem ist, daß wir die Eigentumswünsche nicht in der gleichen Weise wie auf dem Land befriedigen können, also die Villa im Grünen. Wir müssen uns daran machen, städtische Formen des Eigentums zu entwickeln. Das ist einigermaßen mühsam, aber es gibt Tendenzen, die darauf hinauslaufen. Wohnprojekte und Bauherrengemeinschaften treten auf, die sagen: Ja, wir wollen zwar die Kontrolle unserer Umgebung haben, wir wollen unsere Privatheit, wir wollen aber auch gemeinsam mit anderen Eigentum bilden. Hier sollten wir sagen: Genau solche Möglichkeiten wollen wir eröffnen. Wir haben Ihnen als Anlage zur Drucksache eine lange Liste von Projektfeldern über Flächen gegeben, die jetzt wieder frei werden. Das sind neue Baumöglichkeiten in der Stadt und am Rande der Stadt. Es steht jeweils dabei, wieweit die Vorbereitung ist, und Sie halten hier eine völlig ideologische Debatte darüber, daß der Senat eigentumsmäßig hier irgendwie im Verdacht sei.

Wenn Sie das aber an dem Thema Erbpacht festmachen, ist das doch verrückt. Natürlich kann Eigentumserwerb in Form der Erbpacht passieren.

(Barbara Duden SPD: Ja, völlig in Ordnung!)

Die Kirchen gehen seit Jahrhunderten mit ihrem Eigentum so um, daß sie das in Erbpacht weggeben, und diejenigen, die darauf sitzen, haben nie das Gefühl gehabt, unsicher darauf zu sitzen. Das hat mit dieser Frage in Wirklichkeit gar nichts zu tun.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Wir wollen aber noch einmal über das Thema reden, wie wir mit der Fläche umgehen müssen. Selbst, wenn wir sehr enge Formen des Reihenhauses machen, kommen wir auf einen Hektar Fläche für etwa 25 Wohnungen. Wenn wir Geschoßwohnungsbau haben, kommen wir auf etwa 70 Wohnungen für den Hektar. Das ist natürlich für die Stadt ein ständiges Problem, daß wir mit unseren Flächenreserven möglichst so umgehen müssen, daß zumindest die Möglichkeiten im Bereich der inneren Stadt oder der sich erweiternden inneren Stadt nicht einfach um den Faktor 3 oder um den Quotienten 3 verringert werden.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann? – interjection: (Zustimmung)

(Dr. Stefan Schulz CDU)

Herr Senator, weil Sie gerade so schön beschrieben haben, wie flächenfressend Doppelhäuser und Einzelhäuser sind, wie erklären Sie sich dann, daß der rotgrüne Senat nur 848 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit öffentlichen Mitteln fördert, aber fast 6000 Wohnungen in Doppelhaushälften, Reihenhäusern, Einfamilienhäusern oder Zweifamilienhäusern? Das ist doch ein Widerspruch zu dem, was Sie gerade gesagt haben.

Ich habe gerade versucht, klarzumachen, daß es darauf hinausgehen muß, verdichtete Wohnformen zu bringen. Ich kann aber doch nicht daran vorbeigehen, daß die Leute zunächst einmal die Motive haben, die sie haben,

(Petra Brinkmann SPD: Ja, so ist es!)

und daß ich mit den Motiven, die sie haben, umgehen muß und daß wir in Wirklichkeit nur verdichtete Formen im Bereich des Eigentums durchsetzen können, wenn wir Modelle vorbauen können, von denen die Leute sagen, das ist aber toll, das ist gelungen. Ohne solche Modellprojekte bekommen wir verdichtete Wohnformen in den Bereichen, wo die Leute selber als Bauherren auftreten, nicht hin. Da können wir doch nicht sagen, das baut dann die Genossenschaft oder die SAGA und die müssen dann einziehen, weil sie gar keine andere Alternative haben, sondern da, wo Menschen die Alternative selber in der Hand haben, weil sie höhere Einkommen beziehen, müssen wir für die verdichteten Wohnformen durch Projekte werben, die vorbildlich wirken. Anders kommen wir da nicht weiter.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Ein Letztes, Herr Schulz. Sie hatten gesagt, beim Kornweg haben selbst 180 Wohnungen keine Akzeptanz. Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein, wenn diese 180 Wohnungen und Häuser in verschiedenen Formen gebaut werden, werden wir überhaupt keine Akzeptanzprobleme dahin gehend haben, diese Wohnungen zu verkaufen.

(Barbara Duden SPD: Genau!)

Die Akzeptanzprobleme bestehen bei den Leuten, die jetzt dort wohnen. Die sagen, wir sitzen so schön im Grünen, wir möchten keine 180 weiteren Familien haben.

(Barbara Duden SPD: Genau!)

Das ist das Akzeptanzproblem.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stelle ich fest, daß die Große Anfrage besprochen ist.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 22 aufrufe, teile ich Ihnen mit, daß mir nun die Ergebnisse der drei Wahlen vorliegen.

Bei der Wahl zum Richterwahlausschuß haben die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten unterschiedliche Stimmergebnisse erzielt. Bis auf Professor Dr. Ulrich Karpen sind alle Vorgeschlagenen gewählt worden. Die genauen Ergebnisse werden zu Protokoll gegeben. In der kommenden Bürgerschaftssitzung am 14. Februar wird eine erneute Wahl für ein Mitglied des Richterwahlausschusses durchgeführt werden.

Bei den Wahlen zum Deutschen Städtetag und des Datenschutzgremiums sind alle Vorgeschlagenen gewählt

worden. Die genauen Ergebnisse werden zu Protokoll gegeben.

Ich fahre fort mit dem Tagesordnungspunkt 22, Drucksache 16/5418: Senatsmitteilung zu Einnahmen im Haushaltsjahr 2000 aus der Abschöpfung von Gewinnen aus Straftaten.

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11./12./13. Dezember 2000 (Drucksache 16/5288) – Einnahmen im Haushaltsjahr 2000 aus der Abschöpfung von Gewinnen aus Straftaten – – Drucksache 16/5418 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Kleist hat es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Rund 1 Million DM beschlagnahmter Verbrechensgelder werden für die Strafverfolgung und die Opfer von Verbrechen verwendet.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Herr Abgeordneter, es hat sich noch nicht hinreichend herumgesprochen, daß das Wort der Abgeordnete Kleist hat, und zwar allein.

Ich bedanke mich, Herr Präsident.

Mit den Einnahmen aus der Abschöpfung von Gewinnen aus Straftaten folgt der Senat den Anträgen der Regierungskoalition aus den Drucksachen 16/3585 aus dem Jahre 1999 und 16/5288 aus dem Jahre 2000. Der Senat ist den Anträgen der Regierungskoalition sehr kurzfristig gefolgt und hat die Spiegelstriche dieser Anträge voll umgesetzt. Froh darüber sind wir auch, daß mit dem Beschluß, der mit dieser Drucksache einhergeht, zum ersten Mal auch keine Steuergelder ausgegeben werden sollten. Möglich wurde dieses durch die Änderung der Strafprozeßordnung und des Strafgesetzbuches. Die weiterentwickelte Gewinnabschöpfung hat den wünschenswerten Aspekt der materiellen Bestrafung der Täter. 1999 konnten bereits 12,6 Millionen DM kriminell erzielter Gewinne beschlagnahmt werden. Im November 2000 konnte die Polizei im Rahmen einer Aktion des LKA Hamburg in Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein sechs Beschuldigte festnehmen und Arrestbeschlüsse mit einer Gesamtsumme von 37,2 Millionen DM erwirken. Das sind schöne große Zahlen, nur leider sind die Urteile noch nicht rechtskräftig. Ob sie denn in der Form rechtskräftig werden und diese Summen dann letztendlich auch vorhanden sind, wissen wir heute noch nicht, weil zum Beispiel diese Dinge dann auch tatsächlich vorhanden sein müssen. Bei Immobilien wird der Wert unter Arrest gesetzt, also bei einem Gebäude mit einem Wert von 10 Millionen DM haben wir die 10 Millionen DM, aber ob letztendlich die Veräußerung später mit der Eintragung im Grundbuch mit dem Wert übereinstimmt, wissen wir nicht, so daß die Summe anders sein kann. Nichtsdestotrotz können wir heute 1 Million DM für Dinge ausgeben, die die Arbeit der Polizei und der Justiz erheblich erleichtern, und es wird durch die zusätzlichen Gelder die Arbeit intensiviert.

Siehe Anlagen 2 bis 4 Seiten 4553 ff.

Es handelt sich dabei in erster Linie um Maßnahmen für Opfer von Frauenhandel. Im Rahmen von Zeugenschutzprogrammen können Frauen gegen ihre Zuhälter und Menschenhändler aussagen und in das Schutzprogramm aufgenommen werden. Dafür möchten wir gerne 100 000 DM der Organisation KOOFRA zur Verfügung stellen.

Zur Verbesserung der Technikausstattung bei der Polizei sollen für 200 000 DM Laptops gekauft werden, von denen fünf funkgesteuert in Mobilen Einsatzkommandowagen beziehungsweise auch in den Einsatzkommandowagen der jeweiligen Direktion eingesetzt werden können. Die restlichen – das mögen ungefähr 40 bis 50 sein, je nach Preislage, wie die Geräte eingekauft werden –, werden der Kriminalpolizei zur schnelleren Ermittlung und besseren Bearbeitung von Einzelfällen zur Verfügung gestellt.