Protokoll der Sitzung vom 14.02.2001

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Würde sterben ist aus meiner Sicht ein wichtiges Thema für uns alle, für die gesamte Gesellschaft, weil in der Tat viele Menschen, die sich auf das Sterben vorbereiten müssen, allein gelassen werden. Dieses Alleinsein führt dann dazu, daß wir selbst uns Vorwürfe machen müssen, denn wir wissen um die Situation insbesondere auch der chronisch kranken Menschen in unserer Stadt. Wir wissen auch, daß das Bedürfnis vorhanden ist, zu helfen und in Verantwortung einer Gesellschaft, die human ist, den letzten Teil des Lebens würdig zu gestalten. Deshalb bin ich sehr froh, daß die Initiative, die ich einberufen habe, Landesinitiative Hospiz „In Würde sterben“, von Ihnen allen gleichermaßen unterstützt wird.

Wir haben in der Tat ein Defizit, welches wir nur gemeinsam bewältigen und voranbringen können, und zwar auch in der gemeinsamen Verantwortung, in der wir sehen, daß es nicht nur mit Hauptamtlichen und Professionellen geht, sondern auch mit sehr viel ehrenamtlicher Tätigkeit. Glücklicherweise sind wir in Hamburg diejenigen, die im Zusammenhang mit der Hospizbewegung durchaus sagen können, daß wir in der Vergangenheit schon sehr viel getan haben, denn immerhin haben wir bereits zwei Hospize – ein drittes kommt hinzu –, und wir haben auch ambulante Hospizdienste.

Trotzdem ist es richtig, daß der Anspruch „In Würde sterben“, vor allen Dingen zu Hause, noch nicht so organisiert ist, wie wir es uns alle gemeinsam wünschen. Deshalb habe ich auf der Gesundheitsministerkonferenz die Initiative ergriffen und einen Antrag eingebracht, dieses Thema im Rahmen dieser Konferenz zu behandeln und zu bear

beiten. Dazu haben wir einen einstimmigen Beschluß gefaßt, dieses voranzubringen.

Im Zusammenhang mit dieser Frage steht natürlich auch immer die Frage der Finanzierung. Wie diese Infrastrukturen organisiert werden, ist die eine Frage, aber wie sie finanziert werden eine andere. Insofern gibt es bezogen auf den Bundesrat zwei Initiativen, Frau Rudolph, von zwei Ländern. Wir selbst haben geprüft, inwieweit wir dieser Bundesratsinitiative beitreten können, sowohl der badenwürttembergischen als auch der von Rheinland-Pfalz. Es sind wichtige Initiativen auf Bundesebene, und Sie wissen auch, daß man im Bundesrat Mehrheiten braucht. Wenn es sozusagen über das A- und B-Land hinaus eine gemeinsame Initiative wird, ist das für die Sache gut.

Wir prüfen zur Zeit, ob dies auch aus unserer Sicht richtig und vernünftig ist, weil wir wissen, daß die Länder unterschiedliche Interessen haben und auch die Organisation der Sterbebegleitung unterschiedlich ist. Insofern müssen wir selbst abwägen, ob wir nicht mit einem eigenen Antrag in diese Richtung gehen. Es findet aber eine Anhörung seitens des Bundesrates und des Bundestages zu diesem Thema statt, und meine Vorstellung ist, daß wir das abwarten, um dann gemeinsam eine Initiative zu starten.

Ich bin froh, daß dieses Thema nicht polarisiert diskutiert wird, sondern auch in diesem Haus gemeinsam, denn es geht darum, vernünftige Organisationsmodelle zu schaffen.

In Hamburg haben wir Angebote der Palliativmedizin an einigen Standorten. Insofern kann man sagen, daß das bezogen auf diesen Teil recht gut organisiert ist. Trotzdem haben wir auch Finanzierungsprobleme, manchmal beim Thema Hospiz insgesamt, dabei denke ich an die Diskussion über „Leuchtfeuer“. Da gab es doch einige Auseinandersetzungen um die Frage der Pflegesätze.

Daher denke ich, daß uns das Thema ambulante und stationäre Hospizarbeit in den nächsten Wochen und Monaten begleiten wird. Wir möchten gern, daß die ehrenamtliche Arbeit durch Qualifizierung unterstützt wird und auch durch Finanzierung seitens der Kranken- und Pflegekassen. Das ist aus meiner Sicht die richtige Richtung. Wir in Hamburg machen das im Rahmen unserer Landesinitiative Hospiz, die an diesem Wochenende eine große Konferenz veranstaltet, bei der sehr viele haupt- und ehrenamtliche Sterbebegleiter zusammenkommen. Ich wünsche mir, daß diese Landesinitiative Vorschläge für ein gemeinsames Projekt in Hamburg entwickelt und darüber hinaus auch für die gesamte Bundesrepublik. Daher hoffe und wünsche ich, daß wir hier noch mehrmals über dieses Thema sprechen, so solidarisch, wie wir es heute getan haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stelle ich fest, daß die Große Anfrage besprochen worden ist.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf, Drucksache 16/5328, Große Anfrage der SPD-Fraktion zu Fluglärmschutzmaßnahmen.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Fluglärmschutzmaßnahmen – Drucksache 16/5328 –]

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Frau Dr. Schaal hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es hat lange keine Debatte mehr zum Thema Fluglärmschutz in der Hamburgischen Bürgerschaft gegeben. Die Große Anfrage der SPD gibt Gelegenheit zu sehen, wo wir stehen. Ich stelle fest: Der Lärmschutz am Hamburger Flughafen wird immer besser.

Vor vier Wochen haben wir Richtfest für die zweite Lärmschutzhalle gefeiert, im Frühjahr wird sie fertig sein, und dann müssen die Testläufe nicht mehr im Freien stattfinden. Das ist eine große Erleichterung für die Anwohner des nördlichen Flughafens.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ferner hat die rotgrüne Koalition 1998 den Fluglärm gedeckelt. In die Betriebsgenehmigung wurde hineingeschrieben, daß der Flughafen nicht lauter werden darf als 1997, auch wenn die Zahl der Flugbewegungen weiter wächst. Das deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Göttingen hat diese These jetzt überprüft und erstmals für 1999 festgestellt, daß die Lärmbelastung in 1999 gegenüber 1997 sogar um 18 Prozent abgenommen hat.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

Dabei ist die Zahl der Flugbewegungen sogar noch um 3,7 Prozent gewachsen.

Der Rückgang des Lärms, meine Damen und Herren, ist bereits das Resultat einer kontinuierlichen Modernisierung der Flugzeugflotte. Alte und laute Flieger werden ausgemustert, der Anteil der Krachmacher ist auf einen geringen Prozentsatz zurückgegangen. Im April nächsten Jahres werden dann, so sieht es jedenfalls eine EU-Richtlinie vor, die sogenannten Donnerböcke ganz vom Himmel verschwinden. Dann wird es noch leiser werden um den Flughafen.

Meine Damen und Herren, in Fuhlsbüttel wird kräftig investiert. Airport Hamburg erweitert seine Kapazitäten und baut sein Vorfeld aus. Im Jahr 2000 wurden 136 000 Bewegungen der gewerblichen Luftfahrt gezählt. Bis zum Jahr 2010 erwartet der Flughafen 172 000 Bewegungen.

Wenn der Flughafen expandiert, muß der Lärmschutz mit wachsen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Der Lärm muß erst stattfinden!)

Richtig, danke Frau Sudmann.

Dazu müssen alle Airlines, die Hamburg anfliegen, deutlich in leiseres Fluggerät investieren. Ein Anreiz dazu soll das differenzierte lärmabhängige Landeentgelt bieten. Seit 1998 erhebt der Flughafen zwar ein lärmorientiertes Grundentgelt, aber dabei – das wissen alle Experten – sind die Lärmkategorien viel zu grob. Da ist der Jumbo in dieselbe Kategorie eingestuft wie die leisen und leichten Regionaljets.

Um also einen wirklichen effektiven Anreiz zum Einsatz leiser Flugzeuge zu haben – vor allem zur Vermeidung der Flugbewegungen in die Nacht hinein – muß ein nach tatsächlichem Lärm differenziertes Landeentgelt her.

Dazu hat sich der Flughafen im Mai letzten Jahres mit dem Regulierungsvertrag verpflichtet.

Nun haben sich allerdings inzwischen die Eigentumsverhältnisse am Flughafen verändert. Aer Rianta und Hochtief sind eingestiegen. Die neuen Gesellschafter haben sich,

(Senatorin Karin Roth)

wie wir im letzten Sommer lesen konnten, verpflichtet, die besonderen Anforderungen an einen Stadtflughafen zu akzeptieren. Aer Rianta und Hochtief müssen den Flughafen jetzt darin unterstützen, seine Verpflichtungen für das vereinbarte differenzierte, lärmabhängige Landeentgelt auch einzulösen.

(Beifall bei Antje Möller und Axel Bühler, beide GAL)

Ich betrachte die Lärmdifferenzierung aber auch als ein Stück Standortpolitik für Hamburg, denn ich gehe davon aus, daß viele Fluggesellschaften schon jetzt ihre leisen, neuen Flüsterjets in Finkenwerder bestellen.

Meine Damen und Herren! Die Lärmschleppe des einzelnen Flugzeugs ist wesentlich kürzer geworden. Allerdings kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Lärmbelastung im unmittelbaren Nahbereich des Flughafens wächst, wenn die Flugbewegungen mehr werden. Der Flughafen und die Stadt haben deshalb bis heute 63 Millionen DM in passiven Lärmschutz investiert. Davon sind nur Maßnahmen im Wert von 1,3 Millionen DM vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Das zeigt, daß Lärmschutz um den Hamburger Flughafen wirklich groß geschrieben wird.

Ein kritischer Punkt beim Lärmschutz ist allerdings der Flugverkehr in den Abend- und Nachtstunden. Zwar verfügt Hamburg im Vergleich zu den meisten anderen Flughäfen über ein scharfes Nachtflugverbot; Ausnahmeregelungen werden sehr restriktiv gehandhabt. Dennoch hat die Zahl der Flugbewegungen nach 23 Uhr in den Jahren 1998 und 1999 sehr stark zugenommen; die Ursachen waren vor allen Dingen Verspätungen. Die Veränderungen, die wir in der Antwort auf die Große Anfrage für 1999/2000 sehen können, lassen einen Rückgang erkennen. Weil Verspätungen nicht nur ein Ärgernis für die Anlieger, sondern auch für die Fluggäste selbst sind, haben die Fluggesellschaften – namentlich die Lufthansa – regelrechte Pünktlichkeitsoffensiven gestartet

(Ole von Beust CDU: Wie die Bahn!)

und acht zusätzliche Flugzeuge mit dem Ergebnis eingesetzt, daß die Verspätungen überwiegend aufgefangen werden können. Allerdings – und das sagt nicht nur die Lufthansa – ist der größte Teil der Verspätungen, nämlich über zwei Drittel, dadurch bedingt, daß es Probleme bei der europäischen Flugsicherung gibt, insbesondere bei der Koordinierung militärischer und ziviler Fliegerei. Da muß in Brüssel und auch in den Nachbarländern noch erheblich gearbeitet werden; aber das ist ein neues Thema. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Röder.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Flughafen Fuhlsbüttel ist der viertgrößte Flughafen Deutschlands und ein sehr profitabler Flughafen, und als solcher ist er natürlich von großer Bedeutung für Hamburg. Diese positive wirtschaftliche Entwicklung liegt natürlich an der Steigerung des Passagieraufkommens und damit einhergehend der Zunahme der Flugbewegungen.

Heute haben wir nun eine Große Anfrage der SPD, deren einziger Zweck es zu sein scheint festzustellen, wie toll der Flughafen Fuhlsbüttel nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch hinsichtlich seiner Lärmentwicklung ist; Herr

Porschke nickt. Herr Porschke, er ist ganz leise, man merkt ihn kaum noch, kein Wunder, wenn man sich die abgefragten Daten anguckt. Sehen wir uns zum Beispiel einmal die Ausführungen zum Lärmkontingent an – man könnte denken, der Lärm würde begrenzt, wie der Name suggeriert –: Werden festgelegte Lautstärken überschritten, wird der Flugverkehr reduziert. Das Lärmkontingent begrenzt aber nicht den Lärm, sondern eine Fläche. Diese Fläche beträgt immerhin 20 Quadratkilometer, meist dicht besiedeltes Stadtgebiet, und auf dieser darf der Flughafen so laut sein, wie er will. Das Lärmkontingent ist nicht etwa gemessen, es ist vor allem errechnet; begrenzt wird der Fluglärm so nicht, er wird heruntergerechnet. Der Fluglärm steigt, das hat Frau Dr. Schaal eben selber gesagt.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das habe ich nicht gesagt! – Gegenruf von Ole von Beust CDU: Aber gemeint!)

Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. Im Stadtteil Langenhorn war 1999 ein errechneter Dauerschallpegel von 65,4 db (A) zu verzeichnen; das ist um 2,1 Dezibel höher als 1993. Man muß dabei aber wissen, daß eine Steigerung von drei Dezibel eine Verdoppelung des Lärms bedeutet, und das war die letzten sechs Jahre so. Und wir wissen, daß der Flughafen weiter expandiert.

Zum Lärmdeckel muß entgegnet werden, daß sich die Lärmqualität ändert. Frau Dr. Schaal, sicher werden viele Flugbewegungen leiser, aber es sind mittlerweile viel mehr Flüge geworden, und die betroffene Bevölkerung hat viel weniger Lärmpausen. In den Abendstunden – das hatten Sie angesprochen – nimmt der Lärm überproportional zu. Im Koalitionsvertrag heißt es zwar, daß die Belastung für die Anwohner in der Zeit zwischen 22 und null Uhr reduziert werden solle.

(Antje Möller GAL und Heike Sudmann REGEN- BOGEN – für eine neue Linke: Genau!)

Das sind aber bloße Lippenbekenntnisse der Unterzeichner, denn wenn Sie sich die Zahlen des Jahres 1999 anschauen, so sind zwischen 22 und 23 Uhr 5080 Flugbewegungen erfolgt und zwischen 23 und null Uhr sogar 6584 Flugbewegungen; das muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das ist keine Reduzierung, wie es in Ihrem Vertrag steht, sondern das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr von über 12 Prozent, und das finde ich haarsträubend.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei REGEN- BOGEN – für eine neue Linke)

Herr Senator Porschke, Sie wissen ganz genau, daß Störungen des Nachtschlafs gesundheitsschädlich sind. Deshalb hat dringend eine nachhaltige Reduzierung der Flugbewegungen in den Abendstunden zu erfolgen.