Wenn Sie von Richterschelte sprechen, um diesen Irrtum einmal zu beseitigen, Herr Kleist: Gerichte sind unabhängig. Gerichte sollen unabhängige Entscheidungen fällen, und das ist gut so. Bevor sie ihre Entscheidungen nicht gefällt haben, sollen sie frei sein, auch das ist in Ordnung. Aber wenn Gerichte ihre Entscheidung gefällt haben, müssen sie sich auch der öffentlichen Kritik stellen, das ist Bestandteil dieser Gesellschaft und gehört zur Demokratie dazu.
Im übrigen wundere ich mich über Ihre Feinsinnigkeit. Als das Verwaltungsgericht Hamburg den Gegnern des Airbus recht gegeben hat, habe ich auch von der SPD ganz andere Töne gehört; da war auch Richterschelte an der Tagesordnung. Bitte keine Bigotterie und Doppelmoral.
Nachdem sich nun einige Herren in der Öffentlichkeit geäußert haben – jetzt Herr Woydt, vorher Herr Freiberg sowie Herr Edler und andere –, las man doch voller Erstaunen einige Tage später auch im „Hamburger Abendblatt“ einen Beitrag von Herrn Christier, der gesagt hat: Ja, auch wir Sozialdemokraten denken darüber nach.
Wir denken darüber nach, ob wir eventuell doch Brechmittel einsetzen oder ob wir im Sinne von Freiberg das SOG verschärfen müssen. Das stand im „Hamburger Abendblatt“. Zwei Tage später hieß es: April, April, weil er zurückgepfiffen wurde. Das ist die Wahrheit. Sie können sich intern nicht einigen.
Bei Ihnen weiß die eine Seite nicht, was die andere will. Bei der GAL will eine Fraktionshälfte, daß es so weiter geht, andere wollen intern und leise, nach außen aber hinter vorgehaltener Hand, Druck machen. Herr Schefe, Herr Kleist und andere sagen: Uns laufen die Wählerinnen und Wähler weg, wir müssen etwas tun. Herr Christier sagt: Ja, wir wollen etwas tun. Am nächsten Tag wird er dann zurückgepfiffen und sagt: April, April, unser Kurs stimmt. Das ist kein Kurs, das ist Zick-Zack, ein trauriger Kurs.
Darum sage ich Ihnen noch einmal: Wir werden mit den beiden Säulen, jede Hilfe für Süchtige, aber alle Härte gegen Dealer, im Wahlkampf in der Tat argumentieren, weil die Wählerinnen und Wähler wissen sollen, was die einzelnen Parteien dazu sagen. Darauf haben sie ein Recht, um eine vernünftige Entscheidung am 23. September fällen zu können. Ich bin sicher, sie werden es tun.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Beust, mit Ihrer letzten Bemerkung haben Sie nun endgültig die Katze aus dem Sack gelassen. Ihnen geht es nicht darum, dieses Thema sachlich zu diskutieren und an Lösungen mitzuarbeiten,
Der entscheidende sichtbare Erfolg ist der Rückgang der Drogentoten in Hamburg. Die Zahl der Drogentoten ist entgegen dem Trend in den anderen Bundesländer zurückgegangen, und das ist ein großer Erfolg.
Ich frage Sie, Herr von Beust, welche größere Hilfe kann man den Menschen angedeihen lassen, als ihnen das Leben zu retten?
Wenn von verschiedenen Rednern beklagt worden ist, daß hier unerträgliche Zustände herrschen, dann sage ich Ihnen ganz deutlich, daß in so einer schwierigen Materie der Umgang der CDU mit diesem Thema am unerträglichsten ist.
Die Erfolge unserer Drogenpolitik sind kein Zufall, sondern sie stützen sich darauf, daß wir es waren, die in der Vergangenheit immer mit den Konzepten an der Spitze standen, ob es die Gesundheitsräume sind, das MethadonProgramm oder die Heroinabgabe ist, die jetzt kommt. Sie sind es gewesen, die in der Vergangenheit einen unklaren Kurs gefahren haben. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in den nächsten Monaten auch hier völlig zweifelsfrei klarstellen, wie Ihr Kurs in der Drogenpolitik ist.
Wofür steht eigentlich die CDU? Oder ist nicht vielmehr der Eindruck berechtigt, daß das, wie viele andere Sachen auch, eines Ihrer vielen Beliebigkeitsthemen ist, bei denen man heute so und morgen so redet. Sie wissen ganz genau, daß es bei dem Thema Drogenpolitik nicht nur darum geht, Papier zu beschreiben, sondern wir brauchen für diese Politik in dieser Stadt auch Akzeptanz, da müssen viele Menschen mitgenommen und es muß diskutiert werden. Wir brauchen dafür einen möglichst großen Zusammenhalt, und daran lassen Sie es fehlen.
Das war der Punkt Hilfe. Nun kommt das Stichwort Härte. Sie fragen nach der Gewöhnung an die offenen Drogenszene. Dazu sage ich Ihnen ganz klar: Nein, wir gewöhnen uns nicht daran. Aber das kann Sie doch gar nicht überraschen. Haben Sie denn die Große und die Kleine Anfrage nicht gelesen?
Dafür machen wir doch den großen Einsatz, und dafür gibt es die operierenden Einheiten. Dazu gibt es die 100 Polizisten, die Sie in Ihrem Sicherheitspakt gefordert haben; sie sind längst da. Darüber darf ich Sie informieren.
Es sind die 100 BGS-Beamten, die wir für die Drogenbekämpfung einsetzen. Das ist ein großer Erfolg des Innensenators.
Unser Bestreben in 1996 und den folgenden Jahren ist es immer gewesen, die Handlungssicherheit für die Polizei herzustellen und entsprechend aktiv in dieser Frage zu reagieren. Darüber braucht man sich nicht groß zu erheben, sondern nur auf die Tatsachen hinzuweisen, wenn beispielsweise 157 Kilogramm Cannabis, 32 Kilogramm Heroin und so weiter gefunden wurden. Das ist ein ganz aktives Vorgehen der Polizei. Uns vorzuwerfen, wir würden diesen Bereich neben dem anderen Bereich, den Herr Schäfer bereits dargestellt hat, vernachlässigen, ist eine Unverschämtheit und Verkennung der Wirklichkeit.
Ich will noch eine Bemerkung zum Brechmittel machen, weil bei solchen Punkten immer Ablenkungsdebatten geführt werden. Wenn Sie abschrecken wollen, lassen Sie
sich etwas anderes einfallen. Brechmittel sind ein Beweissicherungsinstrument, und sie dienen nicht der Abschrekkung. Das Ganze ist in Frankfurt in den letzten zwei Jahren zwölfmal praktiziert worden. Trotzdem hat Frankfurt die größte neue Drogenszene in der gesamten Bundesrepublik, nämlich die Crackszene. Es schreckt nicht ab, sondern ist eine Scheindebatte, und so sollten wir sie auch führen und qualifizieren.
Es ist bei der CDU immer dasselbe, falsche Fakten und unsicherer falscher Umgang mit der Rechtslage. Sie sind uns unverändert die Aussage darüber schuldig, was in den nächsten Monaten Ihre Drogenpolitik sein wird. Stehen Sie auf der Seite derjenigen, die sich bemühen, in einem schwierigen Umfeld eine klare Politik zu machen und die Probleme schrittweise und punktuell zu lösen, oder wollen Sie dies zu einem Beliebigkeitsthema machen und neue Hektik und immer neue Wendungen hineinbringen? Wir brauchen keinen Sicherheitspakt oder derartige Dinge. Solchen unernsten taktischen Sondermüll packen Sie bitte zukünftig anderen Leuten vor die Tür. Wir brauchen einen klaren Kurs, der Durchhaltevermögen erfordert und auch die Bereitschaft, Rückschläge hinzunehmen, und daran arbeiten wir. Ich glaube, daß wir die Drogenpolitik vorantreiben.