Protokoll der Sitzung vom 15.02.2001

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten de Lorent.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war interessant, wie der Kollege Okun die Kurve von der Flexibilisierung der Stundentafel in den Grundschulen zur Frage der Überprüfung des bestehenden Stützpunktsystems auf Bundes- und Länderebene gekriegt hat. Ich glaube, daß Ihnen Ihr sportpolitischer Zettelkasten ein bißchen durcheinandergeraten ist.

Es sind bei diesem Thema ja nicht alles Experten im Hause. Lassen Sie mich einige Informationen zum Olympia-Stützpunkt in Hamburg geben.

Die meisten von Ihnen werden nicht wissen, daß schwerpunktmäßig die Sportarten Schwimmen und Rudern gefördert werden, daß es um einen Etat für 2001 von ungefähr 1,5 Millionen DM geht, daß im Olympia-Stützpunkt ungefähr 130 bis 170 Athleten gefördert werden – mit steigender Tendenz – und daß jedes Mitglied der A-, B- oder C-Nationalmannschaft Anspruch hat, dort zu trainieren.

Wenn wir die Argumente ein bißchen abchecken, werden wir zu dem Ergebnis kommen, daß der SPD-Antrag unterstützt werden muß. Ein Pro-Argument ist: Bei einer Schließung des Olympia-Stützpunkts wäre der gesamte norddeutsche Raum bis Wolfsburg mit Angeboten dieser Art nicht abgedeckt. Es muß unser gemeinsames Ziel sein, talentierte Sportlerinnen zukünftig in Hamburg zu halten und auch weiter nach Hamburg zu holen. Ohne diese wäre ein Serviceangebot des OSP deutlich gefährdet, denn es ist klar, daß talentierte Nachwuchssportler dort hingehen, wo sie die beste Unterstützung erhalten.

Die Zusammenlegung des Olympia-Stützpunkts Hamburg und Kiel mit Mecklenburg-Vorpommern scheint uns auch nicht sinnvoll zu sein, weil aufgrund der räumlichen Entfernung zusätzliche Kosten entstehen würden. Für uns ist ein wichtiges Argument, daß Leistungssport immer noch wichtige Impulse für den Breiten- und Gesundheitssport gibt. Das kann man an vielen Beispielen sehen. Ein Paar, das in Sydney eine Bronzemedaille gewonnen hat, sind die beiden Hamburger Beach-Volleyballspieler Hager und Ahmann. Ein solcher Impuls geht auch in den Breitensport. Das hat man in den anderen Sportarten ebenfalls erlebt.

Vielleicht noch zwei Kontra-Argumente. Wir sind ja sonst immer dabei, nur positive Argumente zu finden. Wirklich angewiesen sind die Aktiven in ihrer täglichen Trainingsarbeit nicht auf einen Olympia-Stützpunkt. Es gibt zum Teil sehr gute Rahmenbedingungen bei gutsituierten und re

(Volker Okun CDU)

nommierten Sportvereinen, vielleicht mit der Ausnahme des Schwimmsports in Hamburg. Sandra Völker trainiert hier, weil es in Hamburg eine exquisite Gegenstromanlage gibt, die eine gute Voraussetzung für herausragende Leistungen ist. Für Jugendliche ist der Weg nach Dulsberg oftmals zu weit. Jugendliche, die auch noch anders als nur mit Sport beschäftigt sind, trainieren häufig lieber in ihren Heimatvereinen.

Bevor ich zu dem Fazit komme, daß der Olympia-Stützpunkt in Hamburg erhalten bleiben muß, möchte ich noch folgendes feststellen: Herr Okun, ich halte das Prinzip für richtig, die bestehenden Stützpunktsysteme auf Bundesebene, das heißt die Olympia-Stützpunkte und die Bundesleistungszentren, nach bestimmten Kriterien zu überprüfen, um festzustellen, ob wirklich effektiv gearbeitet wird. Das ist legitim. Ich komme allerdings zu dem Ergebnis, daß der Olympia-Stützpunkt in Hamburg diesen Leistungskriterien standhält und von daher auch weiter gefördert werden muß.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn der Präsident mich fragen würde, ob ich eine Zusatzfrage zulassen würde, würde ich dies verneinen. Aber er hat mich noch nicht gefragt.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, darf ich das dahin gehend deuten, daß Sie auf keinen Fall eine Zwischenfrage des Abgeordneten Okun zulassen wollen?

Nein, möchte ich nicht, weil ich weiß, Herr Okun meldet sich immer noch einmal wieder. Dann kann er im Zusammenhang sagen, was er an dem, was der Kollege Schmidt und ich vorgetragen haben, nicht überzeugend findet.

(Rolf Harlinghausen CDU: Schnack nicht rum!)

Solange ich hier stehe, schnacke ich herum, wie ich möchte.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich weise darauf hin, Sie reden maximal noch 66 Minuten.

(Heiterkeit im ganzen Hause)

Danke schön, das sieht meine Fraktionsgeschäftsführerin, glaube ich, anders.

Mein Fazit.

Erstens: Der Olympia-Stützpunkt muß erhalten bleiben, damit Hamburg im Bereich des Leistungssports nicht weiter ins Hintertreffen gerät.

Zweitens: Die Spitzenathleten gehen dort hin, wo sie die besten Bedingungen haben. Es ist richtig, daß eine Hamburger Spitzensportlerin wie Sandra Völker, die auch außerhalb Hamburgs und der Bundesrepublik bekannt ist, in Hamburg trainiert.

Drittens – und dieser Punkt geht über den unmittelbaren Antrag hinaus –: Die jetzige Diskussion über den OlympiaStützpunkt sollte Anlaß sein, in Hamburg grundsätzlich über Leistungssport nachzudenken und neue Wege ins

Visier zu nehmen. Man sollte beispielsweise darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll ist, halbkommerzielle Trainingszentren für Leistungssportler zu errichten, sowie über eine eventuelle direktere finanzielle Unterstützung der Athleten. Man sollte stärker dafür sorgen, daß Hilfestellung bei der Akquise von Sponsoren geleistet wird, die für den Leistungssport notwendig sind.

Unabhängig von der Frage des Erhalts des Olympia-Stützpunkts muß im Sport verstärkt etwas für die Nachwuchsförderung getan werden. Da möchte ich zum Schluß noch einmal drei Felder nennen.

Erstens halte ich es für richtig und notwendig, weiterhin den Aufbau von sportbetonten Schulen zu fördern. Sie wissen, daß nach dem Hamburger Schulgesetz Schulprogramme mit besonderem Schwerpunkt Sport entwickelt werden können. Wir würden uns wünschen, wenn davon Gebrauch gemacht wird. Das kann allerdings nach dem Schulgesetz nicht vom Senat verordnet werden, sondern auf den Gedanken müssen Schulen in Schulkonferenzen selber kommen. Aber wenn Eltern und Schüler und Lehrer das wollen, wäre es sinnvoll und gut, wenn mehr sportbetonte Schulen in Hamburg entwickelt werden, damit Kinder und Jugendliche, die besondere Fähigkeiten in dem Bereich haben, besonders gefördert werden.

Zweitens: Im Juniorbereich sind Förderstrukturen zu schaffen, die eine stärkere Verbindung zwischen Bildung und Sport berücksichtigen. Es kann nicht sein, daß Vierzehn- bis Sechzehnjährige sich entscheiden müssen, ob sie lieber Hochleistungssport betreiben oder eine qualifizierte Schulbildung haben wollen. Was dabei herauskommt, sieht man an Boris Becker, der mit 15 Jahren aufgehört hat, zur Schule zu gehen. Der hat zwar viel Geld verdient, aber es hapert bei anderen Dingen, wie man in letzter Zeit sehen konnte.

(Jan Ehlers SPD: Worauf muß man denn verzichten in so einer Entscheidungsfrage?)

Ich plädiere für eine stärkere Verzahnung von Hochleistungssport und einer qualifizierten Schul- oder Berufsausbildung. Das wäre eine gesellschaftliche und eine politische Aufgabe.

(Beifall bei der GAL – Karl-Heinz Ehlers CDU: Schützt aber nicht vor Wäschekammern!)

Nein, davor nicht.

Wichtig wäre in dem Zusammenhang eine stärkere Kooperation zwischen Schulen und Sportvereinen. Darin sind sich alle Fraktionen einig.

Drittens: Notwendig ist es natürlich auch, in den folgenden Altersstufen eine optimale Betreuung zu haben. Die Förderung darf nicht mit dem Übertritt ins Erwachsenenalter beendet sein. Arbeit, Studium und sportlicher Wettkampf könnten besser miteinander kombiniert werden. Ich halte es nicht für der Weisheit letzter Schluß, daß alle Leistungssportler in Bundeswehrsportkompanien tätig sind, wie es heute noch ist, weil es für sie häufig keine Alternative gibt, ihren Hochleistungssport mit Beruf oder Ausbildung zu verbinden.

Das Thema Nachwuchsförderung wird für uns alle gemeinsam in der nächsten Zeit ein wichtiger Punkt sein.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Hackbusch.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Meine Damen und Herren, wir merken, der Olympia-Stützpunkt regt die Phantasie an. Nach meiner Meinung ist es auch dringend notwendig, diese Fragen kritisch zu überprüfen, denn spätestens das Ergebnis von Sydney hat gezeigt, daß es mit den Ergebnissen, die dort produziert wurden, nicht so weit her ist. Dementsprechend ist es auch nur allzu vernünftig, daß man ein Konzept auf den Prüfstand stellt, inwieweit es den Anforderungen, die man daran hat, genügt.

Wichtig ist auch zu sagen – Herr de Lorent hat es bereits ausgedrückt –, daß der Spitzensport ansonsten in die Krise geraten ist. Das betrifft nicht nur solche Erscheinungen wie bei Boris Becker und seinen Aussetzern, sondern ferner die Dopingfälle, bei denen es bestimmte Entwicklungen im Spitzensport gibt, die in der zugespitzten Art und Weise zu schlechten bis katastrophalen Ergebnissen geführt haben. Deswegen ist das auch kritisch zu bewerten.

Oft ist auch die Verbindung zum Nachwuchssport nicht ausreichend. Mir gegenüber wurden teilweise schon kritische Stimmen erhoben, wie es beispielsweise in Dulsberg um den Nachwuchssport steht, wie man sich dort überhaupt integrieren kann. Diese kritischen Fragen sollten noch einmal untersucht werden. Demzufolge bin ich für eine kritische Überprüfung, denke aber, daß ein dezentrales Prinzip von Olympia-Stützpunkten notwendig ist, das Hamburg auch weiterhin haben wird.

(Jürgen Schmidt SPD: Sehr gut!)

Neben den direkten sportpolitischen Angelegenheiten muß aber noch eine weitere Sache besprochen werden. Im Zusammenhang mit allen Sportdiskussionen ist in den letzten Jahren auch aufgefallen, daß sich im Bereich der Sportverbände mittlerweile eine derartig unbewegliche und katastrophale Bürokratie, ein Filz – ein Begriff, den Sie hier vielleicht besser kennen –,

(Walter Zuckerer SPD: Wie? Was?)

verfestigt hat, der es äußerst fraglich erscheinen läßt, ob diese Clique von Sportfunktionären noch in der Lage ist, die Geschicke des deutschen Sports gut zu verwalten. Genau darauf sollten wir kritisch achten, weil dort meiner Meinung nach bestimmte Entwicklungen völlig kontraproduktiv sind. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann lasse ich zunächst über den CDU-Antrag aus der Drucksache 16/5483 abstimmen. Wer möchte denselben annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wer stimmt dem SPD-Antrag aus der Drucksache 16/5434 zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag mehrheitlich angenommen.