Protokoll der Sitzung vom 25.04.2001

Sudmann, wenn du deine Redezeit einteilst, kannst du alles gleich von hier oben sagen.

(Beifall bei der SPD)

Es wird eine Garantie auf Kinderbetreuung geben, die weit über den bisherigen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz hinausgeht. Alle Kinder, deren Eltern in Hamburg berufstätig sind oder sich in der Ausbildung befinden, werden einen Anspruch auf eine Kinderbetreuung haben. Wer ganztags arbeitet oder lernt, kann für seinen Nachwuchs auch mit einem Ganztagsplatz rechnen.

Auf dem langen Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Herr Harlinghausen, werden wir spätestens 2005 in die europäische Spitzengruppe vorgedrungen sein.

Als wir vor zwei Jahren das Projekt Kita-Card begonnen haben, war noch nicht klar, daß das Ziel der bedarfsgerechten Platzversorgung nur durch einen weiteren Platzausbau zu erreichen sein wird. Die sinkenden Kinderzahlen sprachen seinerzeit dagegen. Heute wissen wir, daß es mit einer besseren Verteilung der Plätze und mit mehr Flexibilität allein nicht getan ist. Wir müssen die Versorgung ausbauen, und die SPD ist dazu bereit.

Wenn es sein muß, werden wir in diesem Bereich zu den knapp 600 Millionen DM noch einmal 100 bis 150 Millionen DM pro Jahr draufsatteln.

(Beifall bei der SPD – Rolf Harlinghausen CDU: Und vorher haben Sie um 40 Millionen DM gedrückt!)

Wir werden also noch einmal die Mittel für den Kita-Bereich aufstocken müssen, mit den Mehreinnahmen bei den Elternbeiträgen allein, so wie oft vermutet wurde, ist ein solches Programm nicht zu wuppen. Auch wenn die Mehreinnahmen aus den Elternbeiträgen nur einen Bruchteil der Finanzierung ausmachen, können wir nicht darauf verzichten. Die Mehreinnahmen bei den Elternbeiträgen verdanken wir unter anderem einer guten Konjunktur. Wir haben heute in Hamburg 30 000 Arbeitslose weniger als 1998. 20 000 Menschen, die bisher von Sozialhilfe lebten, wurden in den letzten Jahren in Arbeit gebracht. Wir haben auch durch das neue Elternbeitragssystem für eine größere Beitragsehrlichkeit gesorgt. Es gibt also aus Sicht der SPD keinen Anlaß, die Elternbeiträge wegen einer guten Arbeitsmarktpolitik und mehr Beitragsgerechtigkeit abzusenken.

Solange in Hamburg Familien nach einem richtigen Kindergartenplatz für ihre Kinder suchen, hat der Platzausbau erste Priorität. Die Beiträge zu senken, Herr Harlinghausen, und gleichzeitig das Platzangebot zu vergrößern, geht allenfalls in Ihrer virtuellen Welt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich komme auf das, was in einer großen Hamburger Zeitung nachzulesen war. Die Hamburger Preise von 40 Pfen

(Thomas Böwer SPD)

nig bis maximal 4 DM für eine Stunde Kinderbetreuung sind aus meiner Sicht nicht zu hoch.

Eltern tragen in Hamburg circa 16 Prozent der gesamten Kita-Kosten. Damit ist Hamburg entgegen den Berichten von Herrn Harlinghausen in der „Bild“-Zeitung noch längst nicht Spitzenreiter.

Lassen Sie mich noch einmal in die CDU-/CSU-regierte Wirklichkeit schauen: Die wenigen Auserwählten, die in Bayern einen Krippenplatz ergattern, müssen im Durchschnitt 600 DM monatlich zahlen. Die Höchstsätze – so schätzt Familienfreund Stoiber –

(Rolf Harlinghausen CDU: Sagen Sie mal was zu Frankfurt, Stuttgart, München und Leipzig!)

liegen bei 2200 DM. Herr Harlinghausen, das ist übrigens auf Seite 6 der entsprechenden Drucksache des Bayerischen Landtags vom Januar 2001 nachzulesen.

(Beifall bei der SPD)

Hamburger Eltern zahlen dagegen im Durchschnitt für den Krippenplatz 141 bis maximal 750 DM. Wenn im sozialdemokratisch regierten München die Kindergartenpreise etwas günstiger ausfallen als bei uns, so muß auch dazu gesagt werden, daß die bayerischen Krippen im Gegensatz zu den Hamburger Krippen kaum erschwinglich sind.

Kommen wir zu einem der Shootingstars in Ihrer CDURealität, dem Saarland. Dort gibt es das letzte Kindergartenjahr immer umsonst. Das ist eine schöne Sache. Das Saarland besitzt aber insgesamt nur die Hälfte der Anzahl an Hamburger Kitas. Versuchen Sie einmal in den landesweit 31 Ganztags-Kitas einen Platz zu erwischen.

(Rolf Harlinghausen CDU: Deswegen gibt es auch Wartezeiten von einem halben Jahr und länger!)

Zum Vergleich: Herr Harlinghausen, 31 Ganztags-Kitas finden Sie allein zwischen der Osterstraße und Sternschanze.

(Beifall bei der SPD)

Wir mögen in Hamburg vielleicht manchmal teurer sein als andere, aber dafür haben wir auch ein Angebot, mit dem die Eltern etwas anfangen können. Im Augenblick bieten wir Krippen und Horte in allen Bereichen für jedes fünfte Kind an. Die Hälfte aller Plätze im Kindertagesbereich stehen für eine tägliche Betreuung zwischen sechs und zwölf Stunden zur Verfügung.

Wer wie die CDU in den Wahlkampf zieht und die Kitas billiger machen oder gar wie die Gruppe REGENBOGEN umsonst anbieten will, der wird entweder das breite Angebot schmälern oder aber die pädagogischen Standards absenken müssen.

(Glocke)

Herr Böwer, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

(Thomas Böwer SPD: Vom Abgeordneten Harling- hausen gerne!)

Bitte, Herr Harlinghausen, Sie haben das Wort zu einer Zwischenfrage.

Herr Böwer, Sie sagen, daß es keine Wartezeiten gibt. Ist Ihnen bekannt, daß aus der Großen Anfrage hervorgeht, daß bei den von Ihnen so hochgelobten Kita-Plätzen allein im Bezirk Eimsbüttel 609 auf der Warteliste für einen Krippen

platz stehen und im Elementarbereich 593 Kinder, in Hamburg-Mitte für einen Krippenplatz 400 und 493 Kinder im Elementarbereich und in Altona 200 Kinder? Andere Bezirke haben keine Angaben gemacht. Ist das nur Zufall, sind es nur Einzelfälle, oder wie beurteilen Sie das?

Nein, das ist nicht so. Wir werden das Platzangebot drastisch ausbauen. Deswegen werden wir eben nicht die Standards erhöhen oder bei den Elternbeiträgen etwas tun, sondern

(Dr. Roland Salchow CDU: Ich denke, es ist alles in Ordnung?)

das habe ich nicht gesagt, Sie müssen auch zuhören – wir befinden uns, was die gesamte Kindertagesbetreuung in der Bundesrepublik Deutschland angeht, im europäischen Mittelfeld und unteren Feld. Die Hamburger Sozialdemokratie macht es sich zur Aufgabe, daß wir bis 2005 in der Champions League spielen werden.

(Beifall bei der SPD)

Die Kita-Card hat es nicht immer ganz leicht gehabt. Als wir vor zwei Jahren unseren Antrag vorbereiteten, wollten wir damit ausdrücklich eine breite Diskussion in der Stadt anschieben, wieviel Kinderbetreuung wir brauchen, wie die pädagogischen Standards aussehen sollen und was Kinderbetreuung heute eigentlich leisten muß. Ich glaube, Kindertagesbetreuung steht heute nicht nur bei den Eltern und der Fachöffentlichkeit, sondern auch bei Presse, Politik und sogar auch bei der Wirtschaft fest auf der Tagesordnung. Es gibt, anders als Sie behauptet haben, Herr Harlinghausen, mittlerweile einen breiten und stabilen Konsens darüber, daß wir das nachfrageorientierte System brauchen, das sich hinter dem Stichwort Kita-Card verbirgt.

(Beifall bei der SPD)

Die Gruppe REGENBOGEN und Familienpower haben versucht, in den letzten Wochen und Monaten gegen die KitaCard zu sammeln und einen Runden Tisch zur Kita-Qualität aus der Taufe zu heben. In wenigen Monaten ist der Runde Tisch zum Katzentisch verkommen, sie sitzen dort mittlerweile allein. Die großen Verbände und die „Vereinigung“, selbst die CDU ist von der sachgerechten Arbeit nicht mehr überzeugt.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Wenn die SPD droht, den Geldhahn abzu- drehen!)

Die vorliegenden Mitteilungen des Senats zeigen – das signalisieren auch die Gespräche mit den Trägern –, daß man sich über die offenen Punkte in den Leistungsvereinbarungen einigen wird. Mitte 2002 wird der dafür notwendige Gesetzentwurf vorliegen. Ich lade alle Beteiligten ein, sich weiterhin konstruktiv daran zu beteiligen.

Mit der Garantie auf Kinderbetreuung auf dem von mir gerade skizzierten Weg werden wir in den nächsten vier Jahren einen bundesweiten Standard setzen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat Frau Steffen.

(Thomas Böwer SPD)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz auf die Senatsmitteilung und auf die Große Anfrage von Herrn Harlinghausen eingehen.

Insgesamt ist es ein wenig schwierig, Herr Harlinghausen. Wir waren uns alle in diversen Diskussionen darüber einig – auch im Jugend- und Sportausschuß –, daß das von uns einzuführende nachfrageorientierte System

(Rolf Harlinghausen CDU: Aber was ist daraus ge- worden? Was haben Sie daraus gemacht?)

von einer breiten Basis getragen wird. Unter anderem ist von Ihnen richtigerweise erwähnt worden, daß dieses auch unter Beteiligung von Eltern und Trägern zu passieren hat.

Nun stehen wir heute vor einer Senatsmitteilung, die nichts anderes macht, als uns über den von uns geforderten Fortgang des laufenden Prozesses des Systemwechsels zu informieren. Diese Forderung geht zurück auf einen Antrag, den wir zu den Haushaltsberatungen im Dezember letzten Jahres gestellt haben.