Drittens: Die Vermeidung von Fehlplanungen und unnötigen Kosten durch die frühzeitige Einbeziehung der Sichtweise von Kindern und Jugendlichen.
Die Projekte zeigen einen Ausschnitt aus der ganzen Bandbreite der möglichen Bereiche, in denen Beteiligung sinnvoll und erforderlich ist und in welchen Formen sie umgesetzt wird.
Forderungen, die im Antrag der CDU – ich erinnere an die Drucksache 16/5854 – erhoben werden, sind schon umgesetzt und praxiserprobt, so die aktive Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in den Prozeß der Jugendhilfeplanung oder die Darlegung von Strategien zur Beteiligung junger Menschen durch die Einrichtungen oder Qualifizierung der Beteiligungsstrukturen innerhalb der Kinder- und Jugendarbeit.
Die CDU hat ihren Antrag auch gar nicht erst zur Debatte angemeldet. Ich meine, aus gutem Grund, denn, lieber Herr Harlinghausen, wir sind schon lange da. Sie kommen mal wieder zu spät. Herr Harlinghausen, es gibt hier eine Broschüre „Kinder-Leben in Hamburg“. Mit ihr können Sie sich darüber informieren, was bereits alles läuft. Ich würde sie Ihnen gerne überreichen, falls Sie sie noch nicht haben. Dann würden Sie auch sehen, daß es bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen nicht nur um die Angebote der Einrichtungen der Jugendarbeit selbst geht, sondern um die Beteiligung in allen für sie wichtigen Entscheidungen und Bereichen, sei es im Schulbereich, in der Grünund Bauplanung oder im Verkehrsbereich. Gott sei Dank sind die Mitarbeiterinnen der Jugendhilfeeinrichtungen da schon weiter als Sie, denn die machen solche Projekte mit den Jugendlichen.
Nun zu unserem Antrag. Es geht darum, das Begonnene auf breiter Basis fortzuführen, Erfahrungen weiterzugeben und zu weiteren Projekten zu ermutigen. Dabei wollen wir, daß die Ansätze, die im Rahmen von „Kinder-Leben in Hamburg“ erfolgreich entwickelt werden, insbesondere in Gebieten der sozialen Stadtteilentwicklung und in Neubaugebieten weiter vorangetrieben werden und die regelmäßige Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Einrichtungen, zum Beispiel durch Beiräte, verstärkt wird. Es ist die besondere Aufgabe der Bürgerschaft, das Thema Beteiligung von Kindern und Jugendlichen aufmerksam zu begleiten und darauf zu achten, daß die beteiligten Behörden in ihren Anstrengungen nicht nachlassen. Wir haben dies schon in der Vergangenheit immer wieder getan und setzen diese gute Tradition mit unserem Antrag fort.
Jugend- und Familienpolitik erschöpft sich nicht in der Verteilung finanzieller Zuwendungen. Sie hat viele andere wichtige Aufgaben. Eine davon ist, daß Kinder und Jugendliche partnerschaftlich und weitgehend gleichberechtigt behandelt und beteiligt werden. Das Hineinwachsen in die Gesellschaft, Bildung, Ausbildung, das tägliche Leben junger Menschen, alles das darf nicht allein von uns Erwachsenen bestimmt werden. Die Sicht- und Denkweise aller, auch die der Kinder und Jugendlichen, ist erforderlich. Wir brauchen selbstbewußte, gut ausgebildete junge Menschen, die sich in einer demokratischen Gesellschaft zurechtfinden und behaupten können. In diesem Sinne bitte ich um Annahme und nachträgliche Überweisung unserer Drucksache, ebenso auch um Überweisung des Zusatzantrages von REGENBOGEN. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kahlbohm, Sie haben allerdings in den letzten Jahren sehr viel Papier produziert.
Seit 1992 ist die innerbehördliche Arbeits- und Lenkungsgruppe „Kinder-Leben in Hamburg“ darum bemüht, die
Belange von Kindern und Jugendlichen in der Stadtentwicklung zu berücksichtigen. Es gibt seit 1993 das Konzept „Spielraum Stadt“, seit 1994 den Arbeitskreis zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, seit 1995 Hamburgs Forum „Spielräume“, seit 1996 die Aktion „Körbe für Kids“, die Steuerungsgruppe „Große Bauvorhaben“ und noch viele andere Gruppierungen, die sich formal mit den Wünschen und Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt beschäftigen. Arbeitskreise und Runde Tische soweit das Auge reicht. Und immer wieder konstituieren sich neue Diskussionsplattformen, auf denen so lange geredet wird, bis auch das letzte Kind, das von etwaigen Maßnahmen profitieren könnte, längst erwachsen ist, denn der vorliegende Antrag signalisiert nur wieder, was wir schon längst alle wissen. Passiert ist im vergangenen Jahrzehnt seit Beginn der Konstituierungswelle von behördenübergreifenden Arbeitsgruppen so gut wie gar nichts. Trotz all der Mühen, zahlreicher Studien und Untersuchungen sind es bis jetzt eben nur formale Bemühungen gewesen. Der Senat mußte eingestehen, daß noch immer nicht alle Stadtteile mit ausreichend Spiel- und Freizeitflächen versorgt sind. Drei Jahre nach Konstituierung der innerbehördlichen Arbeitsgruppe lag das Verhältnis zwischen Einwohnern und Spielplatzhaus sowie Jugendclub noch immer bei 15 000 zu 1. In Neubaugebieten, wie beispielsweise Neu Allermöhe-West, ergab sich bereits in der Planungsphase, daß Kinder- und Jugendeinrichtungen mit erheblicher Verzögerung fertiggestellt werden würden, nämlich erst nach Schaffung von Wohnungsraum und Gewerbeflächen, also wieder einmal als letztes. Interessenvertretungen für Kinder finden nur unzureichend statt. Die Vorgaben im öffentlich geförderten Wohnungsbau sehen für Kinder gerade einmal acht Quadratmeter Wohnfläche vor, weniger als einem Auto zugestanden wird.
Die CDU weist schon lange auf diese konzeptionelle und miserable Prioritätenverlagerung des Senats hin. Noch immer liegt kein normiertes Verfahren für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, zum Beispiel in städtebaulichen Entscheidungsprozessen, vor und ist – so liest man immer wieder in den Antworten des Senats – auch gar nicht vorgesehen.
Die Fachbehörden arbeiten nicht mit dem Nachwuchs zusammen – siehe Drucksache 16/863. Auf bezirklicher Ebene sind Kooperationen zwar erwünscht, werden aber nicht umgesetzt. Gerade in den Bereichen Verkehrs- und Stadtplanung fehlen geregelte Verfahren, wie sich die Betonherren in dieser Stadt mit den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen auseinanderzusetzen haben und wie sie sie darüber hinaus möglicherweise auch noch beteiligen.
Die CDU forderte eine Effizienzsteigerung der Jugendarbeit – siehe Drucksache 15/1793 – durch selbständige Verwaltung in Teilbereichen durch Jugendliche selbst, sprach sich für die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in der Bedarfsplanung von Häusern für Jugendliche aus – siehe Drucksache 16/1221 – und sah auch das eigenverantwortliche Arbeiten der Jugendlichen selbst vor. Die Anträge wurden allesamt abgelehnt, bis auf einen, und der läßt seit über zwei Jahren auf seine Beantwortung warten, nämlich die Drucksache 16/2058.
Schon lange forderte die CDU die generelle Miteinbeziehung von Kinderbelangen in die Planung unter Einbindung eines sogenannten Jugendvorstandes, und zwar nicht nur bei der Entwicklung neuer Stadtviertel an sozialen Brenn
punkten, sondern in einem engmaschigen Raster für den gesamten Großraum Hamburg. Eine der Forderungen der CDU zielte auf die Einrichtung von Jugendräumen im Leerbestand von Wohnungsbaugesellschaften. Dieser Antrag wurde ebenfalls abgelehnt.
Heute findet sich eine Vielzahl der von der CDU formulierten Forderungen fein aufgelistet in dem vorliegenden Antrag wieder. Diese Fleißarbeit, Herr Kahlbohm, muß belohnt werden. Inhaltlich treten SPD und GAL mit diesem Antrag dem Senat auf die Füße. Auch die Koalitionsfraktionen halten die Darstellungen in der Senatsmitteilung über die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen für so schlecht, daß sie den Senat mit einem Antrag politisch in die Pflicht nehmen wollen. Wir unterstützen das Bemühen von SPD und GAL, ihrem Senat eine politische Vorgabe zu machen, auch wenn zu den einzelnen Antragspunkten noch so manches zu sagen wäre. Den Zusatzantrag vom REGENBOGEN unterstützen wir ohne Einschränkung. Er greift das auf, was damals bei der AG KJHG schon sehr bemängelt wurde und sich nun als dringender Handlungsbedarf erwiesen hat. Zu hoffen ist, daß auch die Regierungsfraktionen diese Einsicht und den Mut zeigen, gleich und ohne Verzögerung zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.
Frau Abgeordnete Steffen, wenn ich das Herannahen als Wortmeldung interpretieren darf, dann bekommen Sie das Wort.
Danke schön. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Harlinghausen, das alleinige Antragstellen in bezug darauf, Räume zu schaffen, heißt natürlich noch nicht, daß Kinder und Jugendliche in angemessener Weise beteiligt werden.
Auch wenn Sie jetzt eine Reihe Ihrer abgelehnten Drucksachen aufgezählt haben, geht das natürlich am eigentlichen Thema vorbei, weil die Zurverfügungstellung von Räumen zwar gut gedacht sein mag, aber nicht heißt, daß es dann auch wirklich das ist, was Kinder und Jugendliche wollen.
Warum ist uns die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Bedeutung so wichtig? Deshalb – und das ist heute schon am Anfang zu dem Thema Wilhelmsburg von dem Abgeordneten Schmidt gesagt worden –, weil Beteiligung ermöglicht, daß man eine Perspektive sieht, und weil man merkt, daß es etwas bringt, wenn man sich einmischt. Das ist bei Kindern und Jugendlichen, die die Bürgerinnen und Bürger der Zukunft in diesem Land sind und die dieses Land mitgestalten sollen, besonders wichtig, weil man nämlich lernen muß, wie man gestaltet. Man kann nur lernen, wie man gestaltet und daß es sich lohnt, daß man sich einmischt, wenn man die Beteiligungsmöglichkeiten von Anfang an wahrnimmt und ergreift. Wer sich beteiligen kann, der fühlt sich ernstgenommen, wer sich beteiligen kann, der lernt Verantwortung zu übernehmen, und wer sich beteiligen kann, der lernt auch, Gestaltungsspielräume zu nutzen und sich mit seinem Umfeld und den Dingen und dem, was es zu tun und zu entscheiden gibt, zu identifizieren und das Bestmögliche zu versuchen. So ist
auch der Antrag, den Herr Kahlbohm schon im einzelnen vorgestellt hat – deshalb will ich das nicht wiederholen –, zu verstehen. Jugendliche sind konkret zu beteiligen. Das, was der REGENBOGEN-Antrag ausdrückt, ist inhaltlich überhaupt nicht falsch – das würde ich auch so sehen –, ist aber genau das, Herr Harlinghausen, was Sie versucht haben, in Ihrer Rede zu kritisieren, nämlich nur ein weiteres formales Merkmal, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen abzusichern. Das schadet nicht, aber es nützt auch nichts, wenn man nicht vor Ort, und zwar konkret in den Einrichtungen, in den Bezirken, in den Stadtteilen, den Jugendlichen die Möglichkeit gibt, auch mitzuwirken. Das soll dieser Antrag bewirken, und das ist wichtig.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Rolf Harlinghausen CDU: Und wer muß die Rah- menbedingungen dafür schaffen?)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist wichtig. Das finden alle gut. Dementsprechend gibt es hier auch wenig Kontroverse in der Debatte, obwohl das Wie natürlich Anlaß für eine Kontroverse sein muß, denn das Motto des Senates bei diesem von allen so wichtig erachteten Thema kann dann nur heißen: Puzzle statt Plan. Es ist nichts gegen Puzzle-Spiele zu sagen, nur sind diese ausgesprochen frustrierend, wenn beim Puzzle Teile fehlen oder niemand weiß, wo einige Teile liegen. Genauso sieht es auch mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Stadt aus, denn wenn Kinder und Jugendliche in dieser Stadt mitgestalten wollen, dann müssen sie – und nicht nur sie – ganz viele Hürden nehmen, bevor das klappt.
Zur Erläuterung. Erstens müssen Kinder und Jugendliche erst einmal Erwachsene davon überzeugen, daß es gut und richtig wäre, auch die Meinung von Kids anzuhören. Dann müßten im zweiten Schritt diese Erwachsenen loslaufen und einen Entscheidungsträger, zum Beispiel für den Bau einer Straße oder eines Spielplatzes, davon überzeugen, daß sie die Vorstellungen von Kindern anhören und berücksichtigen sollen. Damit dann nicht genug. Die Erwachsenen müssen auch noch in dem Wust von unterschiedlichen Programmen verschiedener Behörden herausfinden, wer nach welchen Spielregeln Geld für ein mögliches Beteiligungsprojekt vergeben könnte, dann wieder die Überzeugungsarbeit leisten und dann wieder den ganzen Weg laufen. Daß bei diesem „Spiel“ manches Kind und auch mancher Erwachsene nicht zum Ziel kommen, ist genauso leicht vorstellbar, wie es natürlich auch völlig falsch ist, so vorzugehen. Aber vielleicht ist das auch ein bißchen im Sinne der Verantwortlichen, denn der rotgrüne Senat hat – und das ist aus dem vorliegende Antrag der Regierungskoalition deutlich geworden – viele Vorteile von dem Spiel. Die Broschüre, die irgend jemand meiner Vorredner hier liegenlassen hat, macht es deutlich.
Es gibt immer einzelne Projekte, die aufgezählt und gelobt werden. Diese Projekte sollen jetzt alle noch ein bißchen größer und schöner werden. So schafft man sich dann für Wahlkampfzeiten – und dafür ist das Ding wohl auch gedacht – eine lange Liste von guten Taten, ohne viel tun zu müssen und vor allem ohne Gefahr zu laufen, daß Kinder
und Jugendliche regelhaft – und darum geht es uns ja – bei Dingen mitreden dürfen, weil Rotgrün weiterhin ganz alleine bestimmen will.
Die Zeiten, in denen Kinder und Jugendliche für Beteiligungsspiele à la Hamburg dankbar sein müßten, sind eigentlich vorbei, denn es gibt ja inzwischen Kinderrechtskonventionen,
in denen festgeschrieben ist, daß Kinder und Jugendliche ein Recht darauf haben, bei allen sie betreffenden Entscheidungen beteiligt zu werden. Deshalb ist es auch an der Zeit, dieses Recht in Landesgesetzen verbindlich zu verankern. Dann müssen Kinder und Jugendliche nämlich nicht erst lange dafür kämpfen, daß ihnen überhaupt zugehört wird, sondern die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung sind in der Pflicht, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, mitzugestalten und auch mitzubestimmen. Damit Beteiligung in Hamburg endlich über das bißchen Kosmetik hinausgeht, was gemacht wird und auch gut ist, und richtig nach vorne kommt, haben wir einen Zusatzantrag gestellt, der einen Weg aufzeigt, wie dies vernünftig vorangebracht werden kann. Damit Sie jetzt nicht einwenden, es müßten erst Erfahrungen damit gemacht werden, bevor Sie dem zustimmen, kann ich Ihnen nur sagen, daß das bereits in anderen Bundesländern gemacht wird. Schleswig-Holstein macht es vor, und dort klappt es. Also hören Sie auf mit dem Puzzle-Spiel, machen Sie endlich einen vernünftigen Plan für eine verbindliche Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auch in Hamburg.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Wir kommen dann zur Abstimmung, zunächst zum Antrag der Gruppe REGENBOGEN, Drucksache 16/6002. Wer ihn an den Jugend- und Sportausschuß überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so erfolgt.
Wer den SPD- und GAL-Antrag aus der Drucksache 16/5944 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Wer stimmt einer nachträglichen Überweisung der Drucksache 16/5944 an den Jugend- und Sportausschuß zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist einstimmig so geschehen.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 7 aufrufe, möchte ich Ihnen das Ergebnis der Wahl vortragen. Bei der Wahl eines stellvertretenden Mitglieds der Kreditkommission sind 104 Stimmzettel abgegeben worden; alle waren gültig. Herr Volker Ernst erhielt 88 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen. Damit ist Herr Volker Ernst gewählt.