Protokoll der Sitzung vom 30.05.2001

Aber zunächst zur ständigen Behauptung, Hamburg sei auf Platz eins. Nehmen Sie einmal Seite 4 und Seite 5 dieser Studie, es sind zwei Rankings.

(Dr. Holger Christier SPD: Das steht in sämtlichen Zeitungen bundesweit so!)

In dem Ranking, das den Ist-Zustand von Einkommen und so weiter mißt – das mittlere Einkommen war in Hamburg immer so –, steht Hamburg auf Platz eins. Im zweiten gleichwertigen Ranking – das ist das politische AktivitätsRanking, das ist das interessante – steht Hamburg nicht auf Platz eins. Durch ständiges Wiederholen, Herr Dobritz, wird es nicht richtiger. Hamburg steht da nicht auf Platz eins.

Jetzt nenne ich einmal die Plätze: Erster Platz Bayern, zweiter Platz Baden-Württemberg, dann Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Niedersachsen. Kommt dann endlich Hamburg? Nein, dann kommt sogar das Saarland. Das Saarland war sonst auf dem 15. Platz, hat seit drei Jahren aber Hamburg überholt. Und warum? Weil es eine neue CDU-Regierung hat.

(Lachen bei der SPD und der GAL)

Vergleichen Sie doch einmal die beiden Rankings der ersten Hälfte der neunziger Jahre. Tatsache ist doch, daß in den letzten drei Jahren in diesem Punkt das Saarland von Platz 15 an Hamburg vorbeigezogen ist. Und kommt nach dem Saarland endlich Hamburg? Nein, nach dem Saarland kommt Nordrhein-Westfalen, ein Flächenland, dann kommt Hessen, und dann kommen bis auf Bremen nur noch ostdeutsche Länder, und dazwischen liegt Hamburg. Wenn Sie hier also sagen, Hamburg stünde auf Platz eins, dann stimmt das einfach nicht.

Rankings kann man in meinen Augen dann seriös machen, wenn man das pro Parameter macht, zum Beispiel ein Hochschul-Ranking, ein Ranking der Inneren Sicherheit, meinetwegen auch des Einkommens. Aber das mit irgendwelchen Gewichtsfaktoren zu addieren und dann künstlich ein Fünftel Gewichtsfaktor vor die Innere Sicherheit zu setzen, ist Nonsens.

Der Bürgermeister hat schon im Dezember das „Focus“-Ranking gemacht.

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde: Ich?)

Er hat es genannt. – Er hat das „Focus“-Ranking hier zu einem wichtigen Punkt gemacht, und ich will noch einmal

(Werner Dobritz SPD)

wiederholen, was die „Morgenpost“ selbst zu diesem „Focus“-Ranking geschrieben hat.

(Oh-Rufe bei der SPD)

Als Argument Nummer eins steht da: „Abends tobt das Leben in Kneipen“, „Nettes Shoppen für Yuppies in überdachten Passagen“, „Segeln auf der Alster“. Das waren die Punkte, weswegen im „Focus“-Ranking Hamburg auf Platz eins war. Das mit den Yuppies als ein Lob für die Senatspolitik zu nehmen, ist goldig.

(Beifall bei der CDU)

Dagegen halte ich ein Ranking wie zum Beispiel das zur norddeutschen Hochschulausstattung für seriös. Bei der norddeutschen Hochschulausstattung ist Hamburg fast am unteren Ende. Das ist ein wahres Ranking und beschreibt die Situation. Auch ein seriöses Ranking ist das mit der Straffälligkeitsrate; da ist Hamburg weit vorne. Wenn Sie seriös sind, dann nehmen Sie Rankings pro Parameter, und da werden Sie genau sehen, was richtig ist.

(Barbara Duden SPD: Sie glauben immer nur die miesen Sachen!)

Im übrigen, Herr Dobritz, noch ein letztes Wort. Ich finde es vom Polit-Stil her unmöglich, Leute der anderen Parteien mit dem Wort „Trotzkist“ zu bezeichnen; ob das stimmt, weiß ich nicht einmal. Und bei mir können Sie sich das „h.c.“ auch sparen, weil das nicht stimmt. Das ist typisch für Ihren miesen Stil, Herr Dobritz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Professor Salchow, ich gehe so weit mit Ihnen mit zu sagen, daß man die Studie in Fünf-MinutenBeiträgen hier nicht erschöpfend würdigen kann und sie je nach Blickwinkel viele Fragen offenläßt. Aber eines möchte ich ganz deutlich sagen: Sie haben uns noch einmal verschiedene Rankings präsentiert, das war auch nicht geschummelt, die gibt es ja. Aber welcher Aufgabe sollten wir uns stellen? Wir sollten uns der Aufgabe stellen, nicht nur statisch zu denken, sondern die Politik danach zu beurteilen, welche Richtung diese Regierung vorgenommen und zu verantworten hat. Bei dem Aktivitätsindex können wir, wenn man das denn unglaublich spannend findet, wenigstens sehen, daß es von 1996 bis 1998 in Hamburg deutlich vorangegangen ist. Das kann diese rotgrüne Regierung für sich in Anspruch nehmen, und das ist nicht falsch.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es ist wirklich nicht trivial – ich glaube, das haben Sie auch nicht ernst gemeint –, daß Hamburg seinen Abstand zu den anderen Ländern und vor allen Dingen zu den anderen Stadtstaaten weiter ausgebaut hat. Das ist nicht das Wichtigste, aber es ist schon ein Drama, was in Berlin passiert, und wenn die Politik schlecht ist, dann bekommen Sie Riesenprobleme in einer Stadt. Der Berliner Regierende Bürgermeister hat sich einem strikten Konsolidierungskurs verweigert, und man sieht, was dabei herauskommt. Politisch ist Berlin bei der Handlungsunfähigkeit angelangt. Das haben wir hier nicht, und das nehmen wir für uns als Erfolg in Anspruch.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte auch ganz deutlich sagen, daß ich es eine schon fast unpolitische Sichtweise des REGENBOGEN finde, wenn nicht erkannt wird – ich weiß, daß die CDU das nicht mittragen würde –, daß wir 230 Millionen DM für Beschäftigungsmaßnahmen ausgeben. Diese Entscheidung haben wir getroffen, und sie ist nicht von Rahmenbedingungen anderer Länder und vom Bund abhängig. Sie hat zu einem massiven Abbau der Arbeitslosigkeit beigetragen. Das verringert das Armutsrisiko in einer dicht besiedelten Region und ist eine der größten Herausforderungen, die Metropolen grundsätzlich zu bestehen haben.

Wenn Sie also das Heil in der öffentlichen Beschäftigung sehen und es nicht hinbekommen, die Konsolidierung des Haushalts zu balancieren mit einer Beschäftigungspolitik im Ersten und Zweiten Arbeitsmarkt, wenn Sie das nicht als eine vernünftige sozialpolitische Perspektive sehen, dann sind Sie in einer Statik gefangen, wo man für die Bevölkerung keine Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt in ausreichender Weise wird bereitstellen können.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir fühlen uns auch darin bestätigt, daß wir in das Humankapital – kein sehr schöner Begriff, aber es wird so genannt – investieren. Wir haben – das muß die CDU auch langsam akzeptieren – keine Schande auf uns geladen, die meisten Abiturienten zu haben, sondern das ist etwas Sinnvolles.

(Hartmut Engels CDU: Das ist ein sehr zweischnei- diges Argument!)

Da wird sich hoffentlich auch die Münchner Politik mal anstrengen. Es ist nichts Schlechtes, daß wir eine hohe Abiturientenquote haben; die Anforderungen des neuen Arbeitsmarkts und die zukünftigen Wissensforderungen werden das abverlangen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Gleichzeitig haben Sie 30 Millionen DM in den Schulen eingespart!)

Ein Hochschul-Ranking ist richtig und wichtig, und wir stehen vielleicht noch nicht da, wo wir stehen wollen. Aber die Richtung, die wir eingenommen haben, eine Steigerung in den Investitionen im Hochschulbereich in dieser Legislaturperiode von über 15 Prozent durchzusetzen, ist richtig. Wir nehmen auch für uns in Anspruch, die Investitionen in Humankapital zu steigern, nicht als einziges, aber als ein Schwerpunkt der rotgrünen Regierungspolitik. Das haben wir vorangetrieben, das fällt auch nicht vom Himmel, und das ist eine Entscheidung, die man bei einer schwierigen Haushaltslage erst einmal durchsetzen muß, und damit sind wir durchaus zufrieden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte mit einem Thema abschließen, das wir vielleicht in zwei Wochen noch einmal haben werden. Ich sehe diese Studie durchaus kritisch in der Weise, daß sie zumindest so kommentiert wird, sie würde den Wettbewerb der Länder predigen. Ich lese die Ergebnisse durchaus anders. Bestätigt wird vielleicht ein Wettbewerb der Regionen, aber es wird ganz deutlich, daß die Hamburger Politik auf dem richtigen Weg ist, nicht in Konkurrenz mit Nachbarländern – das sage ich auch zum Stichwort Länderfinanzausgleich –, sondern in Kooperation mit dem Umland zu agieren. Da müssen die anderen Stadtstaaten von uns noch lernen. Hamburg liegt zwar auf Platz eins im Ranking, geht aber trotzdem solidarisch mit den Nachbarregionen seinen Weg. Darin liegt eine vernünftige Richtung,

(Dr. Roland Salchow CDU)

und auch das halte ich für eine wichtige politische Strategie, die wir unterstützen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

(Ole von Beust CDU: Trotzkist!)

Meine Damen und Herren! Wir wollen nicht alte Geschichten aufarbeiten, sondern die neue Politik diskutieren. Erst einmal zum Ranking im allgemeinen. Ich glaube, daß nach dem heutigen Tag die SPD aufhören sollte, diese Rankings anzumelden. Morgen wird zum Beispiel im „Stern“ erscheinen: „Spitzenreiter Hamburg in der Kriminalität“. Alles wird durcheinandergewirbelt, was man im Kriminalitätsbereich nur kennt. Das Ranking wirkt so, als wenn in Hamburg sonst was für ein Desaster wäre. Derjenige, der das dargestellt hat, sagt deutlich, diese Rankings sind unsinnig, wenn man sie nur so darstellt. Nicht nur für Kriminalität, sondern dann auch, wenn es Ihnen in den politischen Kram paßt, sollten Sie nicht so eine verdummende Politik machen und versuchen, etwas zu erklären.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der CDU)

Zwei inhaltliche Punkte, die immerhin diskutiert worden sind, möchte ich gerne aufnehmen. Das eine bezieht sich noch einmal auf die Arbeitsplätze. Herr Dobritz, ich freue mich über jeden der 30 000 Arbeitsplätze, die im privaten Bereich entstanden sind. Das ist gut und wichtig für diese Stadt, und es ist gut, wenn man so etwas fördert. Das Problem ist – da nehmen Sie vielleicht einmal Nachhilfeunterricht bei Herrn Professor Hajen –, daß es bestimmte Theoretiker in der Wirtschaftswelt gibt, die sagen, solche Arbeitsplätze werden nur dann entstehen, wenn der öffentliche Bereich kräftig abgebaut wird; dies auch für Sie, Frau Hajduk. Das heißt, wenn man möglichst wenig Arbeitsplätze im Bereich des öffentlichen Dienstes und der öffentlichen Unternehmen hat, wird es private neue Arbeitsplätze geben. Das ist eine falsche Theorie, und diese Vorstellung ist schlecht.

Das Schlimme an dieser Bertelsmann-Studie ist, Herr Professor Hajen, daß als positiver Faktor dargestellt wird, möglichst viele Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich abzuschaffen, denn derjenige, der die meisten Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich abgebaut hat, bekommt möglichst viele positive Aktivitätspunkte, und das ist eine schlechte Sache. Herr Dobritz, sagen Sie doch bitte dazu etwas und nicht zu irgendwelchen anderen Fragen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Es ist neoliberale, dumme Ideologie, die zum Teil durch diese Studie unterstützt wird, das muß man hier auch einmal sagen können, und die leider auch mit einem guten Namen wie Bertelsmann dann und wann verbunden dargestellt wird. Setzen Sie sich einmal mit dem auseinander, warum man Aktivitätspunkte bekommt, ob das gut oder schlecht ist, und nehmen Sie sie nicht unkritisch hin und sagen, sie ist toll in dem Augenblick, wo wir auf Platz eins stehen. Das ist verdummende Wahlkampfpolitik. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Herr Senator Dr. Mirow.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich würde mich gern mit der zentralen These der CDU auseinandersetzen, daß es zwischen der Entwicklung, die die Studie festgestellt hat, und der Politik der Stadt eigentlich keinen rechten Zusammenhang gibt. Ich will dies gern anhand des vielleicht interessantesten Textteils der Studie tun, nämlich dem jeweiligen Schluß bei den einzelnen Länderberichten, der Einschätzung. Diese Einschätzung enthält aus meiner Sicht ganz klar die Wiederlegung Ihrer These.

Da heißt es erstens: