Protokoll der Sitzung vom 30.05.2001

(Antje Blumenthal CDU: Mit Schlüssel!)

wie die Gefährdung der Bevölkerung verhindert werden kann. Wir werden Ihre Vorschläge hierzu aufnehmen und an geeigneter Stelle erörtern.

(Ole von Beust CDU: Jahre später!)

Nur eines wollen wir sicher nicht: bayerische Verhältnisse. Dort sind im letzten Jahr 62 Insassen aus dem Maßregelvollzug entwichen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Hört, hört!)

Wir wollen keine bayerischen Verhältnisse im Bereich unserer Drogenpolitik. Der restriktive, teilweise ignorante Umgang mit Drogenkranken hat dort dazu geführt, daß die Zahl der Drogentoten in Bayern stetig ansteigt. Der Hamburger Weg mit dem Methadon-Programm und den vielen Einrichtungen der Drogenhilfe gibt den Drogenkranken die Möglichkeit, therapiert zu werden. Konsequenterweise ist die Zahl der Drogentoten in Hamburg stetig zurückgegangen. Unsere sozialdemokratische, christliche Politik richtet sich an den Menschen,

(Ole von Beust CDU: Vor allem an die Dealer! – Wolfgang Beuß CDU: Wahlkampf!)

auch an die Drogenabhängigen. Auch hierfür trägt Frau Senatorin Roth Verantwortung.

(Beifall bei der SPD – Dr. Stefan Schulz CDU: Aber nicht mehr lange!)

Die großen Verbraucherkrisen BSE und MKS haben auch die Hamburgerinnen und Hamburger verunsichert. Eine

(Dietrich Wersich CDU)

konsequente Verbraucherpolitik gibt allen Beteiligten mehr Sicherheit. Auch hierfür trägt Frau Senatorin Roth Verantwortung. In Hamburgs Parks und Straßen sind praktisch keine freilaufenden gefährlichen Hunde mehr zu sehen.

(Zurufe von der CDU)

Die rasche, konsequente Umsetzung der gerichtsfesten Hundeverordnung hat Hamburg sicherer gemacht. Auch hierfür trägt Frau Senatorin Roth Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Hamburgs Krankenhausplanung mit dem Neubau des Krankenhauses Barmbek, eine der modernsten Kliniken Europas, unterstreicht die Metropolfunktion Hamburgs in der Krankenversorgung. Auch hierfür trägt Frau Senatorin Roth Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich gehe davon aus, daß die Frage, wo Frau Senatorin Roth Verantwortung trägt, ausreichend beantwortet ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Dr. Freudenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ziel des Maßregelvollzugs ist die Therapie und die Resozialisierung von psychisch kranken Straftätern.

(Wolfgang Beuß CDU: Deswegen braucht er auch einen Schlüssel!)

Sinn des Maßregelvollzugs ist gleichzeitig der Schutz der Allgemeinheit. Therapie und Resozialisierung sind nur mit Vollzugslockerungen möglich, denn ohne sie kann der Patient nicht auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Das Therapieziel ist, daß der straffällig gewordene Patient lernt, mit Freiheit umzugehen.

Therapie hat im Maßregelvollzug keinen Vorrang vor Sicherheit, sondern vielmehr geht es im Maßregelvollzug – so steht es auch im Gesetz – gleichwertig und gleichzeitig immer um beide Aspekte. Wer hier etwas anderes als zur Zeit die CDU behauptet, betreibt Volksverdummung, wenn nicht sogar Volksverhetzung und handelt unverantwortlich.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Antje Blumenthal CDU: Gehen Sie mal auf die Op- fer ein!)

Meine Damen und Herren von der CDU! Wie gehen Sie mit diesem Thema um? Wann übernehmen Sie endlich die Verantwortung, die Sie als Demokraten haben?

(Beifall bei der GAL – Ole von Beust CDU: Im Sep- tember! Das ist nicht mehr lange hin! – Dr. Michael Freytag CDU: Dieser Senat ist das Rückfallrisiko!)

Ein Rückfallrisiko? Wir müssen die Situation einmal darstellen, wie sie ist, und das tue ich auch.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das Risiko sind Sie!)

Ein Rückfallrisiko gibt es bei allen Straftätern, vor allem bei Sexualstraftätern und nicht nur bei denjenigen, die als psychisch krank und deshalb schuldunfähig angesehen werden. Wir müssen das Sicherheitsrisiko minimieren. Das ist unsere Aufgabe.

(Antje Blumenthal CDU: Wie machen Sie das?)

Das werde ich gleich sagen.

Aber wir werden immer mit einem Restrisiko leben müssen. Die Alternative wäre, Straftäter nach der ersten Verurteilung lebenslang wegzusperren. Das ist unvereinbar mit unserem demokratischen Rechtsstaat.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Glocke)

Frau Dr. Freudenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht. – Das Risiko der Wiederholungstat ist deutlich geringer, wenn ein Täter seine Strafe im Maßregelvollzug und nicht im Strafvollzug hinter Gittern verbringen mußte. Das ist auch der CDU bekannt, aber sie verschweigt es. Nach dem Maßregelvollzug gibt es bei Sexualstraftätern knapp 30 Prozent weniger Rückfälle als beim regulären Strafvollzug, bei dem rund 60 Prozent Rückfälle zu beklagen sind.

Keine Frage – jede Rückfalltat ist eine zuviel. Aber die deutlich besseren Ergebnisse des Maßregelvollzugs sind ein Grund dafür, daß die Gerichte immer mehr Sexualstraftäter nicht ins Gefängnis, sondern in die Psychiatrie, in den Maßregelvollzug, einweisen.

Das Gesetz schreibt vor, daß ein Täter nicht wesentlich länger im Maßregelvollzug untergebracht werden darf als im Strafvollzug, zu dem er ansonsten auf Grundlage seiner Tat verurteilt worden wäre. Der Behandlung sind also zeitliche Grenzen gesetzt, und der Patient muß irgendwann auch wieder entlassen werden, ob er geheilt ist oder nicht.

(Glocke)

Frau Dr. Freudenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Andreas P., der mit zwei Vergewaltigungen auf dem Klinikgelände die aktuelle Debatte um die Sicherheit und die Verantwortung der Senatorin im Maßregelvollzug ausgelöst hat, ist seit zehn Jahren im Haus 18 untergebracht.

(Dietrich Wersich CDU: Kennen Sie eigentlich die Einzelheiten?)

Wäre er aufgrund seiner Taten ins Gefängnis gekommen, hätte er dort seine Strafe verbüßt, wäre er längst entlassen worden. Ob das gutgegangen wäre, wissen wir nicht. Im Haus 18 wurde er im Rahmen der Therapie auf seine Entlassung vorbereitet. Das ist nur durch stufenweise Vollzugslockerungen möglich. Die Lockerungen in Form unbeaufsichtigter Freigänge erfolgten aufgrund von Fehlbeurteilungen seiner Entwicklung. Zu dieser Fehlbeurteilung wiederum kam auch ein externer Gutachter, was die Erfahrung bestätigt, daß auch Zweitgutachter zu Fehleinschätzungen kommen können.

Natürlich muß gewährleistet sein, daß ein Präses der Gesundheitsbehörde unverzüglich über besondere Vorkommnisse – dazu zählen selbstverständlich Straftaten wie Vergewaltigungen – informiert wird, denn letztendlich hat die Spitze der Behörde die Verantwortung.

Selbstverständlich müssen auch die Sicherheitsvorkehrungen in der forensischen Psychiatrie neu überprüft werden. Das passiert zur Zeit auch.

(Glocke)

(Dr. Mathias Petersen SPD)

Frau Dr. Freudenberg, Ihre Redezeit ist um.

Es wird zur Zeit polizeilich ermittelt und im Einzelfall genau analysiert, wo hier die Sicherheitslücken waren. Das ist notwendig, und es ist gut, daß es geschieht.