Protokoll der Sitzung vom 27.03.2002

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Sie kennen das, jeder Tag hat seine bestimmte Bedeutung. Manchmal steht es auf dem Kalenderblatt, beispielsweise „Tag des Kindes“, „Tag des

(Christa Goetsch GAL)

Friedens“. Sie werden überrascht sein, was heute ist. Heute ist „Welttheatertag“.

(Beifall bei der FDP)

Ich dachte auch, das sei am vergangenen Freitag gewesen, aber die SPD zieht hier den Vorhang auf zu einem Stück, bei dem schon der Titel falsch ist. Gucken Sie sich doch erst einmal Ihre Anmeldung zu dieser Aktuellen Stunde an. Da steht:

„Senat schließt Berufsfachschulen und Fachoberschulen.“

Der Senat hat hier erst einmal überhaupt nichts beschlossen oder geschlossen.

(Michael Neumann SPD: Jetzt sagen Sie, es ist die Verwaltung gewesen, oder was?)

Ihnen gefällt nur offensichtlich der reißerische Titel besser für die Aufführung, die Sie hier veranstalten.

(Krista Sager GAL: Das ist Schmierentheater!)

Da wundern Sie sich dann, dass Sie Applaus nur noch von Ihren treuesten Abonnenten von der GEW oder Ähnlichen bekommen, Ihnen aber das freie Publikum allmählich wegläuft.

Kommen Sie ganz allmählich zur Ruhe, so wie das im Theater auch üblich ist, gucken Sie ganz in Ruhe das Stück an, das Sie hier aufführen wollen, und beurteilen Sie dann, ob es überhaupt für die große Bühne taugt. Es gibt – ich sage Ihnen das, auch wenn andere es eben schon einmal gesagt haben – für Realschüler drei Wege zur Fachhochschulreife: das Aufbau-, Technik- oder Wirtschaftsgymnasium, die Höhere Handelsschule plus Praktikum sowie eine Lehre plus Fachoberschule 12, also nur die einjährige.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Jetzt hören Sie mal auf mit Ihren Sozialpädagogen.

Wenn der Jugendliche jetzt keinen Ausbildungsplatz findet, dann sagen Sie, findet er ihn aber ganz bestimmt in zwei Jahren, und stecken ihn erst einmal in eine zweijährige Fachoberschule mit ihren minderen Qualifikationsmerkmalen. Sie glauben, dass er danach besser geeignet ist, eine Lehrstelle zu finden. Wenn die jetzt nicht vorhanden ist, dann besteht zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das auch in zwei Jahren nicht der Fall sein wird.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Da wir gerade die betriebliche Ausbildung stärken wollen, da wir aus der Ausbildungsplatznot heraus sind, da wir 1500 unbesetzte Ausbildungsplätze haben – und es geht um bis zu 1000 Schüler –, muss doch irgendetwas möglich sein. Das ist doch eine genügende Überdeckung. Da die Kammern zudem nach Auszubildenden rufen, warum sollen wir da nicht jede Möglichkeit nutzen, Schüler umgehend und intensiv dahin gehend zu beraten, eine Lehre zu beginnen, statt die wenig anspruchsvolle Fachoberschule zu besuchen?

Die ist in den Zeiten des Lehrstellenmangels als zweijährige Parkmöglichkeit eingerichtet worden. Wir müssen jungen Menschen klarmachen können, dass sie eine bessere Qualifikation erhalten, wenn sie eine der drei anderen Wege beschreiten und dasselbe Ziel erreichen können. Nichts anderes macht die Behörde jetzt. Der Senat schließt keine Schulen. Die FOS 12 bleibt. Das würden Sie hier sonst

nicht so deutlich sagen. Das ist Ihnen unangenehm, weil Sie Protest initiieren und sich dann wundern, wenn Sie den Leuten erklären müssen, warum der Protest so gering ausfällt. Die zweijährige FOS soll auslaufen und alles andere hieße auch, wir hätten keinen Erfolg damit, Schüler umzuberaten und ihnen bessere Alternativen zu vermitteln. Alles andere hieße, wir schleppen Bildungsangebote teuer mit uns herum, und zwar in Zeiten, wo Ausbildungsplätze frei bleiben. Das können wir uns ganz sicherlich nicht erlauben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Und jetzt unter uns 121 hier: Das, was wir hier hören, ist nichts, was akut mit Anträgen oder Debatten im Plenum zu verhandeln gewesen wäre. Das ist nichts, was ich mir ausgedacht habe, es ist nichts, was sich die FDP-Fraktion ausgedacht hat, das ist auch nichts, was Sie sich ausgedacht haben. Nein, das ist Handeln der Behörde.

(Oh-Rufe bei der SPD – Barbara Duden SPD: Der Senat hat sich das ausgedacht!)

Es gibt nachher eine zweite Runde, beruhigen Sie sich jetzt einen Moment, dann können Sie reden. Jetzt hören Sie mir ganz entspannt zu.

Leitlinien für dieses Handeln der Behörde sind, dass wir betriebliche Ausbildung stärken wollen, dass wir jungen Menschen eine dreifache Auswahl auf dem Weg zur Fachhochschulreife bieten wollen, dass wir junge Menschen beraten, dass wir endlich Ausbildungsplätze, die sonst frei bleiben, besetzen wollen. Wenn ich den ganzen Theaterdonner und Ihr Gemurmel und Ihre Aufregung vonseiten der Opposition überhöre, dann stelle ich fest, dass die Behörde nichts anderes gemacht hat und insofern voll und ganz mit den Leitlinien der Bürgerkoalition übereinstimmt.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Herr Senator Lange.

(Hallo-Rufe von der Zuhörertribüne – Glocke)

Meine Damen und Herren, ich hatte vorhin vorsorglich darauf hingewiesen, dass Beifalls- und Missfallenskundgebungen nicht gestattet sind. Ich bitte Sie, das zu unterlassen, sonst müssen Sie den Raum verlassen. – Herr Senator, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem hier so viel von Schwachsinn und Blödsinn und ähnlichen Dingen die Rede war, möchte ich die Dinge sehr sachlich darstellen, so wie sie sind.

Durch die von der Behörde eingeleitete Beratungsoffensive für potenzielle Schülerinnen und Schüler der Fachoberschulklassen 11 und 12 und der Berufsfachschule Handel und Industrie haben wir lediglich auf die sich erheblich verbessernde Ausbildungsplatzsituation reagiert. Sparen ist doch grundsätzlich wohl nichts Unanständiges. Vielleicht wird das von manchen hier so gesehen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Uwe Grund SPD: Kommt darauf an, zu welchen Lasten!)

Die Knappheit der dualen Ausbildungsplätze stand seinerzeit Pate bei der Einführung dieses Ausbildungsganges

(Martin Woestmeyer FDP)

A C

B D

FOS 11 und 12. Es ist zu Recht gesagt worden, dass der vorherige Senat bereits einen Teil dieser Ausbildung abgeschafft hat, ohne darüber eine ähnliche Diskussion anzustellen, wie das jetzt der Fall ist.

Es ist auch richtig, dass die duale Ausbildung weiterhin das Zentrum der Ausbildung ist und die weiteren Wege, um die Fachhochschulreife zu erreichen, die hier auch aufgezeigt wurden, über die Höhere Handelsschule, über das Wirtschaftsgymnasium und so weiter weiterhin offen stehen, so dass niemand auf der Straße steht und niemandem der Weg zu einer höheren Ausbildung und Bildung verbaut wird.

Die Angebots- und Nachfragesituation beim Arbeitsamt sieht so aus, dass derzeit auf 100 Bewerber 140 bis 150 freie Ausbildungsplätze kommen, und darauf haben wir reagiert. Die Handelskammer mit ihren Mitgliedsunternehmen geht von etwa 1000 freien Ausbildungsplätzen aus. Hinzu kommen noch eine ganze Reihe von Ausbildungsplätzen, die die Hamburger Unternehmen gar nicht anmelden, weil sie bisher in Hamburg niemanden gefunden haben und von daher ein Drittel der neu zu besetzenden Ausbildungsplätze aus anderen Bundesländern rekrutieren. Auch das ist ein Zustand, den man nicht bis in die Ewigkeit fortschleppen muss.

Es hat sich außerdem gezeigt, dass ein Teil der Bewerber für die Fachoberschule 11 und 12 nach Erreichen der Fachhochschulreife in die duale Ausbildung geht, und das heißt, die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen, denn das ist die falsche Reihenfolge. Wir wollen diese potenziellen Bewerber so schnell wie möglich durch eine verstärkte Beratung erreichen, denn die Ausbildungsplätze sind, anders als es zum Teil gesagt wird, jetzt frei. Deswegen kann jetzt reagiert werden und die Überlegungen, die ich zur Fachoberschule 11 genannt habe, gelten gleichermaßen für die Berufsfachschule Handel und Industrie.

Ein Wort noch zur angeblichen Zusage – es ist hier von Frau Freund schon erwähnt worden –: Paragraph 4 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für berufliche Schulen beschreibt die Anmeldung zutreffend als einen Antrag, über den zu entscheiden ist.

Ich fasse zusammen: Die eingeleiteten Maßnahmen führen nicht zur Schließung von Schulen und zu keiner Einschränkung der Bildungschancen der jungen Leute.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Sie sind eine notwendige Strukturbereinigung mit dem Ziel der Qualitätssicherung. Soweit insbesondere die noch berufsschulpflichtigen Jugendlichen nicht erfolgreich bei den Bemühungen um einen dualen Ausbildungsplatz sind, haben die Kammern zugesagt, gerade diese jungen Leute jetzt besonders unter ihre Fittiche zu nehmen, und wir werden ihnen dabei helfen. Wenn sich herausstellen sollte, dass tatsächlich nicht alle einen Ausbildungsplatz finden, wird das Programm noch fortgesetzt, ehe es im nächsten Jahr dann endgültig ausläuft.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat jetzt Herr Buss.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Drews, es ist schon sehr er

staunlich zu sehen, wie schnell man, wenn man glaubt, die Geschicke der Stadt richtig zu verwalten und zu gestalten, sich zur Arroganz herablässt.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Na, na! Von Arroganz verstehen Sie etwas!)

Das finde ich sehr bedauerlich.

(Beifall bei der SPD – Karl-Heinz Warnholz CDU: Reine Verbitterung!)

Zum zweiten Vorwurf, Frau Freund, wir seien keine richtige Opposition, sondern würden hier nur ein paar Schülerinnen und Schüler angeblich wild machen, könnte ich jetzt polemisch sagen, seit 44 Jahren – das ist doch immer Ihre These – ist dieses Haus eigentlich eine richtige Opposition gar nicht gewohnt gewesen.