Protokoll der Sitzung vom 08.05.2002

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn die SPD eine Debatte „Konzeptlosigkeit im Strafvollzug“ anmeldet, dann hat das für mich schon irgendwie etwas Märtyrerhaftes.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Dass ausgerechnet die SPD von Konzeptionslosigkeit spricht, ist für mich ein Ausdruck von absoluter Wahrnehmungsstörung.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Konzeptionslos ist das, was Sie gemacht haben, nämlich für eine Strafanstalt eine elektronische Außensicherung zu planen, die über fünf Jahre nicht installiert wird, nicht funktioniert, aber fünf Jahre lang schon eine Million Mark zu bezahlen.

(Michael Neumann SPD: Sie tragen Verantwortung! – Alles olle Kamellen!)

Herr Neumann, Sie können sich gerne melden und dann losblähen, aber so verstehe ich eh kein einziges Wort.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wenn man über fünf Jahre eine Million Mark bezahlt und dann feststellt – oder besser gesagt: der neue Senat feststellen muss –, dass lediglich einzelne Teile gebaut worden sind, die nicht funktionieren, ist das Konzeptionslosigkeit.

Ebenfalls konzeptionslos war Ihr Modell Spritzentausch.

(Michael Neumann SPD: Was wollen Sie denn bes- ser machen?)

Herr Neumann, Sie können sich gerne zur Debatte melden, ich verstehe kein Wort von dem, was Sie da rumplappern.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Michael Neumann SPD: Was wollen Sie besser machen! Wie sieht Ihr Kon- zept aus?)

Eine Minute, dann erzähle ich Ihnen unser Konzept.

(Michael Neumann SPD: Die CDU hat mitgestimmt! – Wolfgang Franz SPD: Sie haben das doch mitge- tragen!)

Ich weiß ja, dass Sie nicht hören wollen, was Sie für einen Mist gemacht haben, aber hören Sie sich das ruhig einmal an.

(Rolf-Dieter Klooß SPD)

Sie machen das Projekt Spritzentausch, stellen sich als Gutmenschen dar, die Gutes für die Gefangenen tun wollen, lassen das auch noch durch ein wissenschaftliches Gutachten untermauern, bei dem dann leider von Ihrem SPD-Genossen Professor Pfeiffer attestiert wurde, dass dies keinesfalls dazu beitrage, das Infektionsrisiko zu minimieren. Das wollten Sie aber nicht hören und haben das Gutachten in einem Akt von Altersstarrsinn, muss man schon fast sagen, schnell weggeschlossen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Obwohl Sie dieses Gutachten kannten, hat Ihre Senatorin angeordnet, das Projekt fortzuführen und auszudehnen. So etwas nenne ich konzeptionslos.

(Michael Neumann SPD: Und jetzt kommt Ihr Kon- zept! – Ingo Egloff SPD: Sagen Sie doch mal was zu Ihrem Konzept!)

Ganz entspannt, Herr Egloff, kommt alles. Ich habe noch genug Zeit, keine Sorge.

Konzeptionslos ist es auch, wenn man sich anguckt, dass Hamburg jetzt schon nach Berlin die höchste Versorgung mit Haftplätzen im offenen Vollzug hat. Hamburg ist ein Stadtstaat, wir wissen alle, dass es die Verbrechenshauptstadt ist. Im Moment werden dreimal so viele Drogendealer verhaftet. Das bedeutet, dass wir auch mehr Haftplätze brauchen. Wir haben eine Überversorgung im offenen Vollzug, notwendig sind immer noch viel mehr Plätze im geschlossenen Vollzug. Da muss man einfach umdenken und dazu waren Sie nicht in der Lage, Herr Neumann.

Ihre Senatorin hat im offenen Vollzug eine Anstalt mit 350 Plätzen geplant. Der Bedarf dafür war gar nicht vorhanden und da ist es doch ganz natürlich zu sagen, wir bauen das, was wir auch wirklich brauchen. Deswegen hat dieser Senat entschieden, nicht erst eine große Anstalt mit 350 Plätzen im offenen Vollzug und dann noch eine zweite Anstalt im geschlossenen Vollzug zu bauen, sondern möglichst schnell und fast ausschließlich Plätze im geschlossenen Vollzug zu schaffen. Deswegen wird möglichst schnell eine Anstalt im geschlossenen Vollzug gebaut, die größer ist und günstiger gebaut wird und das ist ein ausgezeichnetes Konzept.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Herr Klooß, wenn Sie sagen, in dieser Vollzugsanstalt würden Ladendiebe, Mörder und Betrüger zusammen untergebracht, so ist das nun einmal schlichtweg so. Sie können nicht eine Anstalt nur für Ladendiebe, eine Anstalt nur für Mörder, eine Anstalt nur für Betrüger bauen. Es ist nun einmal leider so, dass im Vollzug diese ganzen Gruppen zusammenkommen.

(Michael Neumann SPD: Das will doch keiner! Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Das ist so, Herr Neumann, gucken Sie sich das einmal an. Ich weiß, dass Sie von Justizpolitik keine Ahnung haben, aber gucken Sie sich einmal eine Vollzugsanstalt an.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Zu Ihren Ausführungen, Herr Klooß, zum Konzept Resozialisierung möchte ich nur sagen, dass das Konzept der

Resozialisierung im Strafvollzugsgesetz festgeschrieben ist und wir daran überhaupt nichts ändern. Selbstverständlich müssen die Gefangenen, die in Billwerder in einer geschlossenen Anstalt sind, resozialisiert werden. Dazu gehört, dass man ihnen beibringt, morgens aufzustehen und zu arbeiten.

(Wolfgang Franz SPD: Warum nehmen Sie ihnen die Arbeit weg?)

Wir nehmen ihnen die Arbeit nicht weg, wir versuchen, noch mehr Strafgefangene in Arbeit zu bringen. Wir streichen vielleicht die Zulagen, weil sie nicht notwendig sind, aber wir bringen noch mehr Leute in Arbeit.

(Michael Neumann SPD: Im Haushaltsplan steht etwas anderes!)

Nein, Sie haben ihn nicht verstanden, Herr Neumann. Weniger Geld bedeutet nicht, dass weniger Leute in Arbeit kommen.

An den Konzepten wird nichts geändert. Die Leute werden weiter ausgebildet und resozialisiert. Nur: Sie möchten möglichst viele Strafgefangene in den offenen Vollzug bringen und wir wollen die Leute erst im geschlossenen Vollzug haben; das ist der Normvollzug. Wenn sie sich da bewährt haben, kommen sie irgendwann in den offenen Vollzug.

Der Senat hat ganz hervorragende Konzepte, jedenfalls bessere Konzepte als Sie.

(Michael Neumann SPD: Wo denn?)

Sie müssen sich vielleicht nur einmal daran gewöhnen, dass wir einen Regierungswechsel hatten und Ihre Konzepte abgewählt worden sind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Schaube.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD spricht von einer Konzeptionslosigkeit des neuen Senats im Strafvollzug.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Zu Recht!)

Meine Damen und Herren von der SPD, Sie müssen uns in der Sache nicht folgen, aber zu behaupten, wir hätten kein Konzept, ist reichlich vermessen. Oder hat nur derjenige ein Konzept, der Ihrer Meinung ist?

Ich kann mir kaum vorstellen, dass Ihnen im Zuge der Haushaltsberatungen entgangen ist, dass wir die Innere Sicherheit unserer Stadt und damit auch die Justiz zu einem zentralen Schwerpunkt unserer politischen Arbeit gemacht haben.

(Michael Neumann SPD: Genauso wie bei der Bil- dungspolitik!)

Wir haben die vom rotgrünen Vorgängersenat beschlossenen Sparzwänge in den Kernbereichen Gerichtswesen, Staatsanwaltschaften und allgemeiner Vollzugsdienst der Justizvollzugsanstalten zurückgenommen.

Zu Ihrer Anfrage selbst: Ihre einzige Sorge scheint dem offenen Vollzug zu gelten. Sie fragen unter anderem nach dem Anteil der Haftplätze des offenen Vollzugs im Verhältnis zur Gesamtzahl der Haftplätze in den einzelnen Bun

(Carsten Lüdemann CDU)