desländern. Hamburg nahm Ende 2000 mit einem Anteil von 22,8 Prozent im offenen Vollzug an der Zahl aller Haftplätze für männliche Strafgefangene einen Spitzenplatz ein und liegt somit mehr als 6 Prozent über dem Bundesdurchschnitt und das wollen wir ändern.
Wir werden diesen Anteil deutlich zurückfahren und mit der Justizvollzugsanstalt Billwerder mehr Haftplätze im geschlossenen Vollzug entstehen lassen. Im Koalitionsvertrag steht auch unmissverständlich:
„Im Mittelpunkt des Straf- und Maßregelvollzugs steht zukünftig der Schutz der Bevölkerung. Vollzugslockerungen werden restriktiv gehandhabt.“
Nehmen Sie aber auch zur Kenntnis, dass der Kurs des gnadenlosen Kaputtsparens in der Justiz vorbei ist.
Auch Ihre Praxis, möglichst viele Strafgefangene frühzeitig und unkontrolliert in den offenen Vollzug zu schicken, werden wir nicht fortführen, sondern stoppen.
Das Interesse der rechtschaffenen Bürger, vor Straftätern geschützt zu werden, wiegt schwerer als das Interesse der Strafgefangenen nach mehr Freizügigkeit und Hafturlaub. Das haben wir im Wahlkampf gesagt, das gilt noch heute und wird auch umgesetzt.
Uns allen ist doch bekannt, dass in den letzten Jahren aufgrund der zu geringen Anzahl von Haftplätzen im geschlossenen Vollzug immer mehr Strafgefangene, die für den offenen Vollzug gar nicht geeignet waren, in den offenen Anstalten Glasmoor und Vierlande untergebracht wurden. Das hat große Probleme verursacht, um es einmal gelinde auszudrücken.
Bei der Belegung der Zellen streben wir nach wie vor die Einzel- und Doppelbelegung der Zellen an, werden aber eine jahrzehntelang verfehlte Politik nicht in wenigen Monaten völlig umkehren können.
Sie, meine Damen und Herren von der SPD, wollen mit dieser Anfrage von Ihrer Verantwortung für die gescheiterte Justizpolitik in unserer Stadt in den zurückliegenden Jahren ablenken.
Wir werden in Billwerder zügig eine moderne Haftanstalt errichten, um dem dringenden Bedarf nach mehr Haftplätzen im geschlossenen Vollzug schnell gerecht zu werden.
Im Gegensatz zu Ihnen werden wir den Drogenhandel in den Strafanstalten auch nicht akzeptieren, sondern alles dafür tun, um ihn möglichst gegen null zu führen.
Dem Spritzentausch in den Gefängnissen hat Senator Kusch bereits ein Ende bereitet. Dazu gehören aber auch weitere wirksame Kontrollen und möglicherweise sogar Einschränkungen bei den Besuchen. Wir werden die Zellen wieder kontrollierbar machen und ihre Ausstattung auf das Nötigste beschränken. Das ist auch im Interesse der Strafgefangenen, die sich nicht mit dem Fernsehprogramm oder Videospielen, sondern mit sich selbst und ihrer Tat auseinandersetzen sollen.
Strafe soll auch Strafe sein. Ihre Unterstellung, wir würden den Resozialisierungsgedanken im Strafvollzug vernachlässigen, läuft auch ins Leere. Sie waren es doch, die bis Ende 2003 70 Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst einsparen wollten. Auf diese Weise schaffen wir überhaupt erst den Rahmen, der eine vernünftige Wiedereingliederung der Strafgefangenen in die Alltags- und Berufswelt möglich macht. Wir brauchen keine Nachhilfe in der Justizpolitik, von Ihnen schon gar nicht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Der Senat hat sich noch nicht abschließend mit der Neukonzeption der Justizvollzugsanstalt Billwerder beschäftigt“ ist fürwahr ein fast schon geflügeltes Wort, mit dem der Senat Kleinen und Großen Anfragen der Opposition begegnet.
Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der SPDFraktion ist keine Antwort. Sie zeigt, dass der Senat eine politische Entscheidung getroffen hat, die allein die Rahmenbedingungen für eine neue Haftanstalt absteckt, zum Beispiel die Anzahl der Haftplätze, anfallende Kosten und Fertigstellung. Die inhaltliche Neuausrichtung scheint dagegen noch völlig unklar. Egal, welche Anfragen man diesbezüglich in den letzten Monaten an den Senat gerichtet hat, man erhielt meistens die Antwort: „Damit hat sich der Senat noch nicht beschäftigt.“
Aber in einem ist die Politik von Justizsenator Kusch verlässlich. Erst gibt es eine ideologische Entscheidung, die alle Erkenntnisse der letzten 30 Jahre zum Strafvollzug hinwegwischt
wir stehen nicht alleine in dieser Gesellschaft, mein Lieber –, und dann reibt man sich in der Behördenspitze die Augen und überlegt, wie eine solche Entscheidung konzeptionell umgesetzt werden kann. Die Öffentlichkeit stellt fest, dass dieser Justizsenator auch nach fünf Monaten eigentlich kein wirkliches Konzept hat: Hauptsache wegsperren und zuschließen.
Dann werden beispielhaft die Plätze im offenen Vollzug heruntergefahren, da Hamburg sich ja, wie wir wissen, an Bayern orientieren muss. Auf welcher Grundlage werden diese Entscheidungen getroffen? Symbole über Symbole scheint es geben zu müssen, weil dieser Senat nichts anderes zu bieten hat. Und, Herr Schaube, es kann doch nicht ernsthaft angehen, dass Sie die Resozialisierung daran messen, ob Sie eine gewisse Schlagzahl im statis
tischen Durchschnitt erreichen, sondern Sie haben sich an dem einzelnen Menschen zu orientieren. Das ist doch das Entscheidende und der Grundgedanke von Resozialisierung.
Wie sagte der Justizsenator doch in der Haushaltsdebatte: Erstmals seit vielen Jahren haben jetzt Opferschutz statt Täterschutz sowie der Rechtsstaat wieder eine Mehrheit.
Opferschutz wird dabei offensichtlich als Bau von mehr Haftplätzen missverstanden. Uns ist nicht bekannt, dass der Senat mehr Geld für die Begleitung der Opfer von Straftaten ausgibt.
In einem Artikel der „Welt“ vom 7. Januar 2002 kündigt der Justizsenator an, dass die Lockerungen zur Entlassungsvorbereitung künftig verstärkt werden sollen; eben wurde das hier auch wieder vehement begrüßt. Nach unserer Kenntnis lagen die Missbräuche bei Ausgang und Urlaub in den letzten Jahren unter einem Prozent. Da muss doch die Frage erlaubt sein, wie der Justizsenator die bisherige Praxis der Lockerungsgewährung in Hamburg beurteilt, dass er glaubt, die Lockerung restriktiver handhaben zu müssen. Will er überhaupt keine Lockerung mehr oder wie ist das zu verstehen? Haben sich die Missbräuche von Lockerungen seit dem Regierungswechsel möglicherweise überdimensional erhöht? Welche Gefangenen werden künftig in der neuen Haftanstalt Billwerder-Moorfleet untergebracht? Da der Senat nicht antwortet, muss man sich selbst aus älteren Pressemitteilungen Details heraussuchen, um sich die Antwort zusammenzubasteln, denn in der Pressemitteilung des Senats vom 29. Januar 2002 ist er wesentlich auskunftsfreudiger als bei der Beantwortung der Großen Anfrage. Dort heißt es, dass – Zitat –:
„... namentlich Gefangene mit kürzeren Freiheitsstrafen, die für den offenen Vollzug nicht oder nicht mehr geeignet sind, schwache Gefangene mit psychisch bedingten Verhaltensauffälligkeiten, Erstbestrafte sowie Jungerwachsene“
„Für diese Gefangenen wird die Anstalt ein bedarfsgerechtes Arbeits- und Qualifizierungsangebot vorhalten.“
Oder ist für diese Angaben die Halbwertszeit von Senatsankündigungen bereits abgelaufen? Was ist nach Auffassung des Senats denn in diesem Zusammenhang bedarfsgerecht und für welche Gefangene sieht dieser Senator eigentlich noch den offenen Vollzug vor?
Genau. Ich gewinne immer mehr den Eindruck, Herr Ehlers, dass sich Herr Kusch und vielleicht auch Sie Strafvollzug nur noch vergittert vorstellen können, denn bei Ihnen läuft alles frei nach dem Motto: Nach der Haft ist vor der Haft. Wofür braucht man bei diesem Weltbild eigentlich noch Arbeit in den Justizvollzugsanstalten, noch Entlassungsvorbereitung?
Herr Senator Kusch, Ihr Konzept eines fast reinen Verwahrvollzugs ist ein Spiel mit dem Feuer. Sie entziehen sich damit letztlich dem Auftrag des Strafvollzugsgesetzes. Es bleibt zu hoffen, dass Gefangene, die ohne weitere Gründe
vom offenen in den geschlossenen Vollzug verlegt werden, wie es zum Beispiel auch in der Frauenanstalt passiert ist, erfolgreich vor Gericht gegen Sie vorgehen werden. Das Perfide dabei ist nur, dass Sie offensichtlich davon ausgehen, dass die meisten sich nicht trauen werden und einfach nicht die Kraft haben, diesen rechtsstaatlichen Weg zu beschreiten.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die Beantwortungspraxis des neuen Senats lässt mehr als zu wünschen übrig. Wenn die CDU sich in der Opposition zum Teil zu Recht über das Antwortverhalten des Senats beklagt hat, dann müsste sie jetzt bei ihren eigenen Senatoren dauernd Alarm schreien. Roger Kusch und die ihn tragende Koalition wissen offensichtlich nur präzise, was sie nicht wollen. Danach ist jede rotgrüne Politik des Teufels. Wenn sie aber ihre eigene Politik konzeptionell begründen sollen, kommen nur Schulterzucken, Verzögerungstaktik und heiße Luft und das ist an Verantwortungslosigkeit, vor allem für diesen sensiblen Bereich, kaum noch zu überbieten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, Sie werfen uns hier ernsthaft Konzeptlosigkeit im Strafvollzug vor; sorry, aber Frau Peschel-Gutzeit ist jetzt nicht mehr im Amt.