Protocol of the Session on May 30, 2002

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Der neue Senat hat es nun in der Hand, die damalige provinzielle Entscheidung zu korrigieren. Er kann mit dem Beitritt ein politisches Signal setzen und symbolisch eine Brücke nach Skandinavien schlagen. Dieses Signal wird von den skandinavischen Ländern mit Sicherheit so verstanden, noch enger und intensiver mit Hamburg zusammenzuarbeiten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Frank.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs hat der Ostseeraum eine einmalige Entwicklungschance erhalten. Darüber sind wir uns alle einig. Zurzeit gehen circa 10 Prozent der deutschen Exportwirtschaft mit über 100 Milliarden Dollar in die Länder der Ostseeregion. Mit den Anrainern des Baltikums wird mehr Handel betrieben als mit den USA und Japan zusammen.

In der gesamten Ostseeregion werden zurzeit Güter und Dienstleistungen im Werte von 900 Milliarden Dollar erstellt. Die Öresund-Region – Herr Roock hat schon darauf hingewiesen –, repräsentiert durch Kopenhagen und Malmö, hat die höchsten Wachstumsraten in Europa. Dies alles wird sich durch die EU-Erweiterung noch verstärken. In einer Sondersitzung des Europaausschusses hat Thomas Mirow angemerkt, dass allein für den Transportsektor bis 2010 mit einer Volumensteigerung von 50 Prozent zu rechnen sei.

Der Stadtstaat Hamburg und Hamburg als Metropole in der nördlichen Region Deutschlands hat durch diese Entwicklung enorme wirtschaftliche Chancen erhalten. Die Chancen Hamburgs, in diese Entwicklung einbezogen zu werden, davon zu profitieren und auch sicherzustellen, dass die Waren- und Verkehrsströme, die Touristik- und Wachstumsentwicklung nicht an Hamburg vorbeigehen, werden natürlich durch schnellere und effizientere Verkehrsverbindungen verbessert; darüber sind wir uns alle einig. Aus der Interessenlage Hamburgs heraus ist eine Hochgeschwindigkeitstrasse bis Stockholm – und vielleicht weiter – als auch eine feste Fehmarnbeltquerung von großer Bedeutung. Die feste Querung ist geradezu Voraussetzung für eine leistungsfähige Europalinie. Das ist die Interessenlage Hamburgs, die in Ihrem Antrag auch deutlich genannt wird.

Der Europa-Korridor ist die Region, die sich zwischen Stockholm und Göteborg, Kopenhagen und Hamburg erstreckt; hier leben – das haben Sie gesagt – circa 20 Millionen Menschen. Hinter dem Europa-Korridor steckt der Gedanke, ein Verkehrssystem zu schaffen, das den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts entspricht.

Der rotgrüne Senat hat im Bundesrat den Leitlinien für die transeuropäischen Netze – TEN – und damit der schnellen Verkehrsverbindung zwischen Hamburg und Stockholm über den Fehmarnbelt zugestimmt. Auch im Rahmen des Projektes STRING – das wurde hier auch schon erwähnt;

Herr Dr. Maier hatte bei einem Treffen der Partner in Hamburg den Vorsitz und gehörte auch zu den Unterzeichnern der Resolution – wurde die Bedeutung einer festen Fehmarnbeltquerung herausgestellt.

Die Europäische Kommission hat sie inzwischen in die transeuropäischen Netze mit aufgenommen. Die Bundesregierung liegt gemeinsam mit Dänemark im vereinbarten Zeitplan. Insofern sind diese Projekte auf einem guten Weg.

Dass man sich mit anderen Interessenlagen auseinandersetzen muss, versteht sich von selbst. Ich möchte einige Stichworte nennen: Das Land Mecklenburg-Vorpommern oder die Bewohner Fehmarns, die natürlich eine andere Interessenlage haben, und der Aspekt der Ökologie. Dass die Finanzierung nicht einfach wird, ist auch klar.

Auch wenn alles auf einem guten Wege zu sein scheint, macht der Beitritt Hamburgs zum Verein „Europa-Korridor“ dennoch Sinn. Es verbietet sich zwar für Hamburg, sich in regionale Streitigkeiten über Trassenführungen einzumischen, denn der größte Teil der im Projekt genannten Maßnahmen liegt auf schwedischem Boden. Aber eine Mitgliedschaft gibt Hamburg die Chance, die eigene Interessenlage – feste Querung, schnelles Verkehrsnetz – noch stärker vorzutragen. Insofern sehen wir die Dinge hier ähnlich oder gleich lautend.

Ich verstehe allerdings nicht, Herr Roock, warum Sie unserem Zusatzantrag nicht zustimmen wollen. Die vielen Mitgliedschaften sind – wie auch beim Städtenetzwerk „Eurocitys“ – nach einiger Zeit einer Bewertung zu unterziehen. Das sind doch Selbstverständlichkeiten. Das, was Sie vorgetragen haben, überzeugt nicht, zumal der jetzige Senat das gerade praktiziert hat. Das ist kein falsches Signal, sondern eine Prüfung unsererseits, ob die eine oder andere Mitgliedschaft effizient, in Ordnung ist und weitergeführt werden soll.

Lassen Sie sich das bitte noch einmal durch den Kopf gehen. Unser Zusatzantrag ist durchaus vernünftig. – Schönen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Herr Wohlers, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Zusammenwachsen der europäischen Volkswirtschaften durch die wirtschaftliche Verknüpfung und die technische Harmonisierung der zahlreichen internationalen Transportsysteme bilden einen zentralen Punkt der europäischen Einigungspolitik.

Die Fortführung und Bearbeitung der Transport-Infrastruktursysteme liegt in der nationalen Zuständigkeit. Doch sind die länderübergreifenden Verbindungsachsen Gegenstand gesamteuropäischer Korridorkonzepte, bei deren Installation insbesondere der EU mit ihren Förderinstrumenten eine Schlüsselrolle zukommt.

Das Projekt Europa-Korridor soll unter anderem die nordeuropäischen Metropolen Kopenhagen, Stockholm und Hamburg mit einem Hochgeschwindigkeitszug verbinden. Die Reisezeit von Stockholm nach Hamburg verringert sich auf nahezu fünf Stunden, die von Kopenhagen nach Hamburg auf noch nicht einmal zwei Stunden. Der Flugverkehr

(Hans-Detlef Roock CDU)

A C

B D

verliert seinen Zeitvorteil und bekommt von der umweltfreundlicheren Schiene Konkurrenz.

Davon wird aber nicht nur der Personenverkehr profitieren, sondern auch Gütertransporte werden deutlich beschleunigt. Somit lässt sich der erwartete Anstieg des Lkw-Verkehrs deutlich reduzieren. Hier wird bis 2010 eine Zunahme um 60 Prozent erwartet. Vorstudien haben gezeigt, dass das Projekt – nicht zuletzt durch den geringeren Schadstoffausstoß – zu erheblichen Umweltverbesserungen führt.

Die Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Stockholm und Hamburg ist Bestandteil der Europalinie. Sie ist eine von 14 durch die EU geschaffenen Projekten im Rahmen der transeuropäischen Netze. Die Europalinie bildet den Knotenpunkt des nordeuropäischen Verkehrssystems, mit dem nicht nur Dänemark, Schweden und Finnland, sondern auch wichtige Teile des europäischen Russlands – insbesondere der Raum um St. Petersburg – vom Kontinent aus leicht zu erreichen sein werden.

Hamburg hat vor allem durch seinen Hafen mit den Anliegerstaaten der Ostsee eine wichtige Funktion im Handel und in der Logistik. Heute sind die Verbindungen in diese Region ungenügend. Vor allem die dynamischen Wirtschaftsräume Skandinaviens wie Kopenhagen, Malmö und Stockholm haben ein großes Interesse an einer schnellen und leistungsfähigen Verkehrsverbindung. Die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit den skandinavischen Partnern kann für die Entwicklung der wirtschaftlichen, touristischen und kulturellen Beziehung nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der Europa-Korridor ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Zusammenarbeit. Die Region Hamburg wird von dieser Zusammenarbeit selbst und von den Ergebnissen des Projekts auf jeden Fall profitieren.

Um die Realisierung der Hochgeschwindigkeitstrasse zu unterstützen und voranzutreiben, wurde in Schweden eine Aktiengesellschaft gegründet. Sie wird von den an der Trasse liegenden dänischen und schwedischen Städten und Regionen getragen. Das Kapital dieser Aktiengesellschaft gehört zu 100 Prozent der Vereinigung Europa-Korridor. Die Stadt Lübeck ist bereits seit dem Jahr 2000 Mitglied dieses Vereins.

Wir ersuchen den Senat, dem Verein als zweite deutsche Stadt beizutreten. – Schönen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Sager.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass die Kooperation mit den umliegenden Staaten im Ostseeraum für Hamburg hohe Priorität hat, ist doch eine Selbstverständlichkeit; das brauchen wir uns nicht gegenseitig zu erzählen. Es gibt dort auch erfreuliche Entwicklungen, wie zum Beispiel die intensiven Kooperationen der Hamburger Hochschulen mit den Hochschulen im Öresund-Bereich.

Wir haben natürlich ein Interesse daran, dass die Verkehrsverbindungen, gerade die Schienenverbindungen zwischen Hamburg und den skandinavischen Ländern, möglichst schnell verbessert werden. Aber ich habe kein Verständnis dafür – wenn Ihnen dies auch so wichtig ist –,

warum Sie nicht bereit sind, diese Fragen mit uns im Ausschuss zu erörtern.

(Beifall bei Antje Möller GAL)

Es gibt hier durchaus eine Reihe von Fragestellungen, die für eine Ausschusserörterung interessant wäre.

Die Fehmarnbeltquerung ist insofern in einem laufenden Verfahren, als dass das Interessenbekundungsverfahren für eine private Finanzierung läuft und Ende des Jahres die entsprechenden nationalen Regierungen entscheiden werden.

Das ist ein laufendes Verfahren und dafür braucht man nicht in so einem Verein Mitglied zu werden.

Ebenfalls ist die Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Stockholm über Schonen und Kopenhagen nach Hamburg auch Teil der so genannten TEN, der Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes. Da ist die Fehmarnbeltquerung schon drin, dafür braucht man also so einen Verein auch nicht.

Nun wurde dieser Verein, in dem wir jetzt Mitglied werden sollen, ursprünglich gegründet, weil es in Schweden eine Diskussion gab, eine andere Linienführung für die bereits in den TEN enthaltene Hochgeschwindigkeitstrasse haben zu wollen, als sie 1996 von der schwedischen Regierung angemeldet worden war. Es ist auch legitim, über die Linienführung noch einmal nachzudenken, nur gebe ich folgendes zu bedenken. Es ist nicht sinnvoll, dass Hamburg sich zum Ziel nimmt, sich zum Schiedsrichter der unterschiedlichen Stimmen auf der dänischen und der schwedischen Seite zu machen, was die richtige Linienführung betrifft. Es gibt vor allen Dingen eine Diskussion darüber, ob es sinnvoll ist, nach der Querung des Öresunds von Kopenhagen nach Malmö noch einmal eine nördliche Querung zwischen Helsingør und Helsingborg zu haben. Das ist aber keine Hamburger Frage, das müssen die dänische und die schwedische Regierung entscheiden. Deswegen hätte ich gerne die Frage beantwortet, was die spezifische Hamburger Rolle in diesem Verein sein soll,

(Hans-Detlef Roock CDU: Haben Sie denn nicht gehört, was ich eben gesagt habe?)

was wir nicht auf anderen Wegen bereits erreicht haben oder erreichen können, weil die Verfahren schon laufen.

Es gibt aber etwas, woran wir ein hohes Interesse hätten, das in diesem Zusammenhang zu erörtern, dass nämlich alle Diskussionen über diese Höchstgeschwindigkeitstrasse davon ausgehen, dass die Realisierung erst etwa im Jahre 2012 kommen wird, wenn die Fehmarnbeltquerung privat finanziert würde. Anders herum ist es aber so, dass es schon Möglichkeiten gibt, den Weg von Hamburg nach Kopenhagen auf der Schiene auf drei Stunden und fünf Minuten zu reduzieren. Wenn man relativ schnell den Ausbau der Schienenverbindung auf 160 Stundenkilometer, eine schnelle Fährverbindung und eine Optimierung des Fahrplans realisieren könnte, dann wäre das ein Riesenvorteil für diese Kooperation. Und da frage ich Sie, warum wollen wir im Ausschuss nicht einmal darüber reden, ob der Senat diese Entwicklung nicht beschleunigt vorantreiben kann. Das wäre doch etwas, wovon wir relativ schnell etwas hätten und nicht erst im Jahre 2012. Da Sie nicht bereit sind, mit uns im Ausschuss zu erörtern, was wir in diesem Verein sollen, können wir Ihrem Antrag nicht einfach zustimmen, sondern werden uns natürlich enthalten.

(Beifall bei der GAL)

(Reiner Wohlers Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat der Abgeordnete Rumpf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit 1994 gibt es das Weißbuch der Europäischen Kommission „Europa 2000 plus“ – Frau Sager kennt es vielleicht, auf jeden Fall kennt es Herr Maier, der im Ausschuss der Regionen gesessen hat – zur Regionalentwicklung der Verkehrsverbindungen in Europa und den Notwendigkeiten, die sich für die Nationalstaaten aus dem Weißbuch ergeben; man sollte sich dieses Weißbuch besorgen, wenn man es noch nicht kennt. Es ist ganz spannend, weil dort sehr beispielhaft dargestellt wird, wie sich die Landkarte Europas verändert, wenn man die Entfernungen nicht in Kilometern, sondern in Zeit misst. Da stellt man nämlich fest, dass das Herz Europas, das Coeur d’Europe, wie es heißt – die Benelux-Staaten, große Teile Ostfrankreichs, Westdeutschlands und Südenglands –, sehr viel enger zeitlich und geographisch zusammenrückt, als es von der Entfernungskilometerzahl her der Fall ist, während die Außenbereiche sehr viel weiter weg sind.